Triclinium | cena am Abend

  • Wer kommen würde, wusste er nicht, ob überhaupt jemand kommen würde, wusste er eben so wenig. Doch, er hatte die Sklaven angewiesen den hier verweilenden Herrschaften Bescheid zu geben, dass ein wichtiger Besucher sie heute Abend zum Essen erwartete.
    Und dieser wichtige Besucher war auch als erster da. Bevor er den Raum betrat, ließ sich Furianus, in eine einfache Toga gehüllt - die Tunika zu tragen vermied er, wenn er in Gesellschaft war, denn es gebührte ihm nicht, nicht nehmen, einen Blick auf den Saal zu werfen.
    Frisch gebadet, frisch rasiert, ebenso parfümiert und mit einigen Goldringen, meist den Insignien seiner Abstammung oder Amtsringen, bestückt, blieb er am Eingang zum Triclinium kurz stehen und ließ den Blick über alles ausgiebig schweifen.


    "Die Vase da, nimmst du weg.", wie er sogleich einen Sklaven an, der nichtsnützig in der Ecke herum stand. Alles, was ihn störte, wollte er beseitigt wissen. In dem Haus seines Vaters sowieso, denn es war seines. Und diesen Anspruch würde er gleich am ersten Abend zur Schau stellen. Denn auch wenn er ein der Familie sehr zugeneigter Mann war, musste er, wie so oft in der Politik, seinen Platz festigen, bevor er Vertrauen fassen konnte.


    Langsam näherte er sich dem Tisch und begutachtete die Werke der Küche nur einen Augenblick, zupfte sich eine Weintraube ab und ließ sich mit einem Seufzer auf die Kline in der Mitte nieder. Die Kline des Hausherren.
    Er würde warten, auch wenn dies bedeutete ohne Essen zu bleiben. Nichts sollte den ersten Eindruck stören - kein Fleck auf der Toga wie auch kein voller Mund.

  • Es waren schlechte Tage in diesen Tagen, alles schien den Bach herunter zu gehen; irgendwie schienen die Parzen es nicht gut mit Marcus zu meinen; Sklaven geflohen, Frau entführt, Frau zurück gebracht, Frau in die Ferne verschwunden; seine mentale Stütze und Vertrauter in der Familie, Flavius Gracchus, war von schwerer Krankheit geplagt und auch fern von Rom und die Bürde ruhte nun ganz alleine auf den Schultern von Marcus, sowieso plagte ihn das Amt und obwohl ihn bestimmt seine Familie dazu gedrängt hätte, schaffte Marcus es nicht, sich für eine zweite Amtszeit zu bewerben; das vertagte er auf einen anderen Zeitpunkt und wenn er sich von dem ersten Amt erst einmal erholt hatte. Eine geschlagene hora nachdem er von einem langen und ermüdenden Tag nach Hause gekehrt war, an dem er Kleinkriminelle und belanglose Verbrecher, samt der ewigen Streitereien unter den römischen Bürgern - wie die Höhe des Zaunes vom Nachbarn oder das Bellen des Metzgerhundes – aburteilen mußte, also eine Stunde danach saß er immer noch über seine Kithara gebeut und ließ die Finger über die Seiten gleiten, ohne auch nur einen einzigen Ton hervor zu bringen ehedem es dann doch an der Tür klopfte; Marcus hob den Kopf und ein Sklave streckte seinen Schopf durch den Spalt.
    „Herr, euer Neffe ist eingetroffen, Flavius Furianus.“
    - „Lucius ist hier? Wie erfreulich, wo ist er?“
    „Im Speisesaal, Herr, die cena ist bald bereit.“
    Marcus nickte zufrieden und erhob sich erleichtert, legte das Instrument beiseite, daß er heute nicht hätte spielen können und machte sich, schon lange von seiner Amtskleidung entledigt, auf in Richtung des Speisesaals. Ein Sklave eilte ihm entgegen, eine Vase im Arm, was auf Marcus Stirn ein Runzeln weckte.
    „Was soll das?“
    , fragte er den Sklaven barsch, der darauf hin zusammen zuckte und leise und entschuldigend flüsterte.
    „Senator Flavius Furianus hat das angeordnet, Herr.“
    Irritiert sah Marcus auf den Sklaven und die Vase – die von seinem Vetter ausgesucht worden war, von Gracchus – und winkte dem Sklaven aus seinem Sichtfeld zu verschwinden; die marginale Irritation erstmal beiseite schiebend, betrat Marcus den Raum; ein joviales Lächeln breitete sich auf seinem jetzt gutmütig wirkendem Gesicht.
    „Lucius, Neffe, welche Freude, daß Du wieder in Rom bist.“
    Es schockierte Marcus schon auf den zweiten Blick den gealterten Sohn seines Bruders zu erblicken; er hatte sogar schon graue Haare? Herrje, das erinnerte Marcus daran, daß er selber mal nachsehen sollte, irgendwie führte ihn Furianus einen sehr unangenehmen Spiegel vors Gesicht.
    „Wie geht es Dir? Hattest Du eine gute Reise?“
    Erst da fiel ihm auf, wie sich Furianus im Raum platziert hatte und erneut zuckte Irritation über sein Gesicht, er schob es jedoch darauf, daß sein Neffe einfach einen Platz gewählt hatte, um sich erstmal von den Strapatzen zu erholen und sich nicht groß dabei gedacht hatte.

  • Auch Vera hatte von dem Treffen zu hören bekommen und sich besonders dafür zu Recht gemacht. Noch hatte sie den Rest der Familie nicht kennen gelernt und wollte jetzt das nachholen.
    Es hatte lange gedauert bis Serafina mit ihren Haaren fertig waren. Sie vielen in vielen kleinen Locken über ihre Schultern und waren mit vereinzelnden Perlen geschmückt. Vera hatte von natur aus dunkelblondes Haar doch schmückte sie es immer wieder mit einzelnen hellblonden Haarsträhnen auf und betonte das noch damit das die Perlen nicht weiss waren sondern in einem schwarz schimmerten. Das türkisfarbene Kleid wurde auch von einer Perlenkette in der gleichen Farbe geschürt und betone ihre schlanke Figur. Als einziger Schmuck trug sie einen goldenen Oberarmreif den sie aus Alexandria mitgebracht hatte.
    Vera liebte schöne Sachen doch achtete sie immer sehr darauf das alles für sich gut zur Geltung kam und vor allem sie selbst. Nichts an ihr lenkte von ihrer Natürlichkeit ab sondern unterstrich es sogar eher.
    Als sie nun das Triclinium betrat blieb sie kurz stehen und sah auf die beiden Männer die schon anwesend waren. Einer auf dem Platz des Hausherren und einer der wohl auch gerade erst den Raum betreten hatte.
    Misst, ihr Bruder war noch nicht da wer mag jetzt wer sein?


    Salve die Herren.


    Grüßte sie und machte einen Schritt weiter in den Raum.

  • Furianus fing schon an sich zu langweillen, als plötzlich ein ihm sehr vertrautes Gesicht den Raum betrat. Sofort warf er seine Prinzipien, sein Vorhaben, unbewusst über Bord und erhob sich, um dem einzigen Onkel, den er hatte mit weit ausgebreiteten Armen entgegen zu kommen. Erst als er zufrieden lächelnd Aristides mit einer kräftigen Umarmung begrüßt hatte, fiel ihm auf, dass dies doch anders geplant war.


    "Und welch´eine Freude für mich, Marcus, Onkel!", sprach er freudig aus und blickte Aristides theatralisch von oben bis unten an.


    "Ich sehe, du hast dich kaum verändert.", was natürlich als sehr großes Kompliment zu verstehen war und darauf abzielen sollte, eine ehrliche Meinung über sein eigenes, nun grau melliertes, Haar zu erhalten. Sein Arzt sagte, er wirke damit erhaben, aber wem konnte man denn mehr trauen als dem Lieblingsonkel, zumal der Vater ja nie da war?


    Mit einem leichten Nicken bedeutete er aber gleichsam Aristides Platz zu nehmen, strebte aber selbst zielstrebig den alten Platz in der Mitte an, um sich sogleich darauf nieder zu lassen und ein anderes Gesicht zu erblicken.
    Verwundert ob der blonden Haare, welche doch sehr untypisch für eine Römerin waren, wusste er nicht so recht, wie er sie einordnen sollte. War das Epicharis? Nein, so weit er gehört hatte, war die Ehefrau seines Onkels nicht mit blonden Haaren gesegnet. Für eine Sklavin war sie zu gut gekleidet, also nahm er an, es könnte die Gespielin von Flavius Aquillus sein. Ein flatterhafter Charakter, auch wenn er zur Familie gehörte, den Furianus nicht ausstehen konnte.


    "Aristides, ich wusste gar nicht, dass Venus heute zu Gast bei uns ist.", begrüßte er die junge Frau und brauchte einige Sekunden, um den Blick von dieser Schönheit abwenden zu können.
    Ein anderes Szenario, diese holde Blüte als Geschenk für ihn von seinem Onkel, spielte sich in genau jenem Moment ab und der Senator selbst konnte nicht umhin, sich daran sehr stark zu klammern. Ein pompöseres Geschenk als das hier könnte es wohl nicht geben.

  • Wie dankbar war sie Fortuna das sie jetzt zumindest wusste wer der eine war, Marcus Flavius Aristides das neure Oberhaupt der Familie, nur warum nahm sich der andre das Recht heraus den Platz des Hausherren so selbstverständlich einzunehmen? Vera war eine sehr aufmerksame Beobachterin wenn es ihr wichtig war und hier war es so. Sie könnte ihren Bruder ohrfeigen das er nicht wie versprochen hier war und sie vorstellte, wenn man ihn mal brauchte glänzte er durch Abwesenheit oder zu spät kommen.
    Eine sanfte röte schoss ihr über das Gesicht bei dem Kompliment des doch sehr attraktiven Mannes. Sie hatte graue Schläfen bei Männern schon immer als etwas Besonderes gehalten, mehr als lichtes Haar.


    „Verzeit falls ich euch störe und verzeit auch meinem Bruder Piso das er euch wohl nicht mitgeteilt hat das ich Flavia Vera, Tochter von Ganeus Flavius Aetius, seit heute morgen in diesem Haus weile. Leider bin ich dann doch nicht Venus, ich muss euch entäuschen“


    Ihre dunklen Augen lächelnten ihn verschmitzt an.
    Vera wusste genau wie ihr Auftritt wirkte und war es Absicht oder ein Zufall der Götter das genau jetzt, als sie auf die beiden Männer zuging, ein Lichtstrahl sie traf und in Licht tauchte.

  • Dass Piso noch erschien hatte er einzig und alleine Cassivellaunus zu verdanken, welcher ihm in letzter Minute von einer cena erzählt hatte. Ein Besucher? Wer mochte das sein? Wie dem auch sei, dann konnte Piso die Gelegenheit nutzen, um allen seine Schwester vorzustellen, welche heute am Morgen eingetroffen war. Beide waren sie vor Kurzem erst zurückgekommen von ihrem Ausflug in der Stadt. Er hatte sich, totmüde, sofort aufs Bett gehaut und war, um ehrlich zu sein, gerade am Schlafen, als ihn sein Sklave aufschreckte. Er suchte also aus dem Chaos in seinem Zimmer eine ordentliche Tunika hervor und ließ sich von seinem Sklaven eine Toga überwerfen und umwickeln. So. Er streckte die Arme nach vorne aus. Das sah doch eigentlich ganz ordentlich aus. Ein Gürtel aus edelstem Material rundete das Erscheinungsbild ab.
    Mit Togen konnte man so würdevoll schreiten. Dies tat Piso auch halbwegs, als er die Stiege herunterging, so schnell, wie es nur mit der Toga möglich war, ohne das Gesicht zu verlieren. Er fand das Zimmer sofort und öffnete die Türe.
    Fast hätte er sich mit seiner Toga am Türknauf verheddert, als er eintrat, doch er konnte die Falte gerade noch rechtzeitig vom Knauf abstreifen und somit verhindern, dass es sie ihm weggezogen hätte, als die Türe zuging und er noch vorne trat. Geschafft. Er blickte sich im Zimmer um. Aristides war schon da, ihn sah er sofort. Dass Vera schon hier sich eingefunden hatte, ließ nur die Schlussfolgerung zu, dass sie sich schon gegenseitig vorgestellt hatten und somit seine Position als potentieller Vorsteller redundant gemacht hatten. Nun, tja. „Salve Vera, salve Marcus.“, meinte er zu den beiden, als er den Dritten im Raum erblickte.
    Er musste den Drang, seine rechte Augenbraue zu heben, krampfhaft unterdrücken, denn ein gutes Bild hätte das nicht gemacht. „Öhhh.... salve.... Besucher?“, machte Piso deshalb und räusperte sich. „Kennen wir uns?“, fragte er deshalb, weniger den Besucher als sich selbst. „Ich bin Aulus Flavius Piso, Sohn des Gnaeus Flavius Aetius. Meine Schwester, Flavia Vera, habt ihr beide schon kennengelernt...?“ Letzteres war formuliert wie eine Feststellung, klang aber wie eine Frage.

  • Furianus wusste nichts von dieser Schönheit, aber noch weniger konnte er mit einem gewissen Piso anfangen. Nach der Schlussfolgerung, die ihm zwangsweise beim Anblicke von Aristides´Gesicht in den Sinn kam, war dieser eben so überrascht.
    Aber das lenkte ihn nur etwa ein paar Wimpernschläge von der Frage ab, die er intuitiv begann sofort im Geiste zu lösen. Wie weit war jener Gnaeus Flavius Aetius von seinem Vater, insbesondere von Furianus selbst, verwandt? Namen glitten vor seinem geistigen Auge mal nach vorne, dann zurück, nach oben und unten, bis er endlich mit fast sicherem Gefühl sagen konnte, dass die Verwandtschaft weit genug war, um eine mögliche Verbindung mit der Holden eingehen zu können.
    Aber da Furianus im Grunde stets ein Politiker war und an erster Stelle nicht um die Staatsräson, sondern um eben jene Familie besorgt war, ging er gleich die Liste der möglichen Aspiranten durch, welche dieser Schönheit gewiss ihre Aufwartung würden machen wollen. Und da Furianus nicht nur selbstkritisch, sondern auch sehr wählerisch war, konnte ihm kein würdiger Ehemann für solch einen flavischen Schatz einfallen. Noch nicht.
    So lächelte er, dem Umstande entsprechend ein wenig reserviert und nickte leicht.


    "Du störst keineswegs, Flavia Vera. Und auch wenn du nicht Venus bist, so dürfen sich die Flavier ab heute eines Ebenbildes dieser Göttin in diesem Hause rühmen.
    Lucius Flavius Furianus ist mein Name. Sohn von Secundus Flavius Felix."


    Das sollte genügen, obwohl dies sehr untypisch für Furianus war. Aber sie gehörte zur Familie, doch für gewöhnlich stellte er sich mit seinen Titeln und Ehrenämtern vor und hatte sich schon immer angewöhnt den Titel seines Vaters, den eines Senators, auch niemals zu unterschlagen. Man konnte und sollte, besonders als Patrizier, stolz auf das Erreichte und die Abstammung sein. Und in diesem Metier konnte Furianus bis heute wohl niemand das Wasser reichen. Außerdem würde sie schon den Senatorenring sehen, sowie auch gut belesen im Stammbaum der Flavier sein. Hoffentlich.


    Mit einer leichten Handbewegung deutete er auf einen Korbsessel am Ende der jeweiligen Formation von Klinen.
    Frauen gehörten auf den Korbsessel, nicht auf die Kline und jede gut erzogene - nach seinem Vorstellungsbild sehr konservativ erzogen - Frau würde auch ihren Platz wissen. Gegen alles andere schien er gewisse Aversionen rasch entwickeln zu können. Das sollte man nur wenige Augenblicke später merken...


    Gerade, als er seinen Onkel vorstellen wollte - die Gastgeberrolle brachte auch dies mit sich - trat ein eher hagerer und wohl erst vor kurzer Zeit dem Kindesalter entronnener Mann, nein Jüngling, ein. Auch seine Augenbraue glitt merklich nach oben, als er sah, wie ungeschickt der Jüngling mit der Toga umging. Ja, es musste nicht lange her sein, als er sie zum ersten Mal tragen musste.
    Und nach den ersten Worten stellte sich heraus, dass eben jener ein Flavius Piso war. Sie waren Geschwister, zumindest hatten sie den gleichen Vater, wie man unschwer heraus hören konnte.
    Noch immer die Augenbraue in sichtbarer Höhe haltend, schmunzelte Furianus und wies auch dem Jüngling mit der flachen Hand eine Kline zu. Sehr weit entfernt, denn wer wusste schon, wie er mit Speisen hantierte, wenn er nicht einmal imstande war würdevoll einen Raum zu betreten.
    Außerdem mussten seine Rhetorikstunden auch nicht die erstklassigsten gewesen sein, so, wie er Furianus plump "Besucher" nannte. Dies alles führte zu einem ausgesprochen schlechten ersten Eindruck, den Furianus entschied auch offen zur Schau zu tragen.
    Erziehung hörte ja bekanntlich nie auf.


    "Senator Lucius Flavius Furianus, ehemals Proconsul von Hispania und Praetor Urbanus, Stadtpatron Tarracos, Princeps Factionis der Purpurea und Sohn von Senator Secundus Flavius Felix und Aemilia Claudia Ingens Animi.
    Und was machst du hier in Rom, Aulus Piso?"
    , vollführte er danach wie aus einem Guss die Formel, die seiner Eitelkeit immer wieder einen großen Stoß in die Höhe versetzte. Und natürlich eine kleine Frage, die eine gewisse Rangfolge würde sofort aufkommen lassen können.

  • Vera nahm das Angebot gerne an und setze sich in den recht bequemen Stuhl. Nicht nur das sie, ohne es zu wissen, ihm im Punkte der Erziehung und Schicklichkeit bei Frauen voll zustimmte fand sie im liegen zu essen immer recht unbequem. Sie liebte es zwar sehr Männer zu reizen und ihnen auch den Kopf zu verdrehen aber sicher nicht auf diese billige Art, das sie sich auf eine Kline lümmelte und sich dann noch verschmierte, was oft genug dort passierte. Als ein Sklave zu ihr trat um ihr zu trinken anzubieten verlangte sie nur Wasser.


    Es freut mich sehr den Sohn von Flavius Felix kennen zu lernen. Ich habe einiges von ihm gehört und du…. Sie überlegte damit sie nichts durcheinander brachte…warst du nicht in Hispania. Ich war auf meiner ersten Reisen auch einmal dort aber da war noch Martinus Agrippa Proconsul.


    Bevor sie weiterreden konnte, wobei sie mit ihren Ausführungen zu Ende war, stolperte ihr Bruder in den Raum. Vera entwich ein leises aufstöhnen, sie liebte ihn sehr aber ab und zu war es schon peinlich.
    Sie musste dann aber schmunzeln als ihr der unterschied der Vorstellung von Furianus bei ihrem Bruder auffiel. Ein Mann mit vielen einflussreichen Ämtern dachte sie sich im stillen.

  • Auch bis zu Antonia war es vorgedrungen, dass ein, laut wörtlichem Zitat, wichtiger Besucher in der Villa weilte. Ein Name ließ sich dem Sklavenfunk nicht entlocken und so musste die Claudia wohl oder übel die Gesellschaft ihres Sohnes mit der Gesellschaft der restlichen Familie tauschen. Einfach ignorieren, dass ein womöglich Fremder im Hause weilte, konnte sie als besorgte Mutter schließlich nicht. Zu lebhaft war ihre Phantasie, zu grausam all die Szenarien, die sich vor ihrem inneren Auge abspielten. Nein, sie musste sich selbst davon überzeugen, dass jener geheimnisumwitterte Besucher keinen schädlichen Einfluss auf ihren Minimus würde ausüben. Umso mehr, da ihr Gatte fernab von Rom weilte.


    So durchquerte sie die Villa, wie stets seit der Geburt ihres Sohnes eher schlicht denn herausgeputzt, bis sie am Ziel ihrer kleinen Odysse ankam. Lediglich ihre Ohrringe klingelten ein wenig, als sie das Triclinium betrat und abrupt inne hielt. Zwei junge Gesichter – eines musste sicher Flavius Piso sein, von dem sie bereits das ein oder andere gehört hatte – sowie zwei.. etwas.. reifere. Aristides, natürlich, wenn auch nicht am erwarteten Platz und.. Furianus. Dies war in der Tat eine Überraschung. Für einen Moment die Irritation ob seines Platzes auf der Kline des Hausherrn fortwischend, stand Antonia die Erleichterung über einen Verwandtschaftsbesuch mit einem Lächeln ins Gesicht geschrieben. Soweit waren also keine moralischen Gefahren für Minor zu erwarten. Schließlich hatte der Flavius, wie sie wusste, nach seinen jungen, wilden Jahren die eher unkonventiell verlaufen waren, noch die Kurve bekommen und war in die Fußstapfen seiner Ahnen getreten. Während sie bereits grübelte, wann sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, trat sie näher.
    „Furianus! Bei Iuno, welch eine schöne Überraschung. Willkommen zurück in Rom.“
    Die grauen Haare, an die sich die Claudia eindeutig nicht erinnerte, riefen ihr schmerzlich ins Gedächtnis, dass auch sie selbst seit dem letzten Zusammentreffen nicht jünger geworden war.
    Sich die guten Manieren ins Gedächtnis rufend, wandte sie sich endlich auch an die drei anderen Anwesenden, von denen Aristides wie selbstverständlich das wärmste Lächeln erntete. Es fiel ernstlich schwer, seine joviale Art nicht zu mögen.
    “Doch entschuldigt meine Unaufmerksamkeit. Salvete, wir kennen uns wohl noch nicht. Ich bin Claudia Antonia, Gemahlin von Flavius Gracchus.“

  • Soooo. Das hatte er jetzt einmal ganz gründlich versemmelt. Innerlich hätte er sich abwatschen können. Aber jetzt war es zu spät. Begrüßt hatte er seinen Verwandten wie ein Bauer aus dem hintersten Winkel in den Apennninen. Doch es war zu spät, und ihm wurde ein Blick entgegnet, der Piso wünschen ließ, er würde im Boden versinken. Dies geschah jedoch nicht. Innerlich seufzend hörte er sich die lange Liste an Titeln an, die ihn Furianus herunterrasselte. Ein wichtiger Mann, und er musste unbedingt ihr erstes Treffen verdackeln. Fast hatte er das Gefühl, der Neuankömmling nahm ihn wahr wie ein Kind, obwohl er selber die 20 schon lange hinter sich hatte, ja, den 30 sogar schon ein bisschen näher war. Aber Furianus hatte ja recht, er hatte einen Auftritt hingelegt wie ein Knabe. Es war nicht so, dass er unerfahren beim Togatragen war, er hatte sie jedes Mal an, wenn er zur Arbeit ging. Praktisch jeden Tag. Doch gerade heute war ihm ein Misgeschick mit der Toga passiert, welches eigentlich keines war, weil er die Faltenpracht noch retten konnte. Doch die Sache mit dem Türknauf war Furianus nicht entgangen. So versuchte er das beste aus der Situation zu machen und erinnerte sich an die Worte seines frühreren Rhetoriklehrers, den er einmal tatsächlich gehabt hatte.
    Er blickte auf den anscheinend so bedeutenden Verwandten (sowie man das aus seinem pompösen Verhalten schliessen konnte) und antwortete: „Es freut mich ohne Maßen, dich kennen zu lernen, Lucius Furianus. Dies ist... fürwahr Besuch, höher und ehrbarer, also ich es mir gedacht hätte." Die Wogen zu glätten konnte man ja versuchen. "Mein Aufenthalt hier in Rom ist nicht gänzlich ohne Grund; ich bin Primicerius a libellis an der kaiserlichen Kanzlei. Ich habe vor, dies den ersten Schritt zu einer respektablen Karriere werden zu lassen.“, meinte er tapfer. Er setzte sich auf die Kline, die ihm zugewiesen worden war. „Ich weiß, dass ich noch vieles lernen muss, aber ich denke, ich bin auf einem guten Weg, Lucius Furianus. Wenngleich ich, bis ich dein Alter erreicht habe, sicher niemals so viel erreichen werden kann wie du, so hoffe ich...“ Er nahm eine etwas bequeme Position ein... „die Familie stolz zu machen. Wenn es die Götter so wollen.“ Er meinte es ehrlich, wiewohl seine Worte angesichts seines unmöglichen Auftrittes ein bisschen seltsam anmuteten.
    Er blickte kurz zu Vera und schluckte leicht. Er hatte ihr Seufzen sehr wohl gehört. Jetzt hatte er ihr auch noch Schande gemacht. Wirklich, am Liebsten hätte er sich verkrümelt, aber dies war jetzt unmöglich. Er lächelte also und versuchte, nicht allzu verlegen zu wirken. Er dachte kurz darüber nach, ob er sich bei Furianus wegen des Faux-Pas entschuldigen sollte. Doch dies kam jetzt nicht mehr in Frage. Es wäre unangebracht gewesen und es war jetzt eh schon zu spät dafür.
    Gerade, wie er sich auf der Kline einen geeigneten Platz gesucht hatte, trat eine weitere Frau ein. Das war doch die Frau von Manius Gracchus. Claudia Antonia, die Piso bisher noch nicht genauer kennen lernen konnte, nur am Rande. Er wartete ihre Vorstellung ab. „Salve Claudia Antonia!“, begrüßte er sie deshalb. „Es ist eine wahre Freude, dich zu sehen.“ Hatte sich die Gemahlin des Gracchus doch einige Zeit sehr zurückgehalten und nicht viel Kontakt mit anderen Familienmitgliedern als ihrem Sohn gehabt. Er ergriff deshalb auf die Initiative und erhob sich von seiner Kline. „Die beiden Herren kennst du schon, wie ich sehe? Ich bin Aulus Flavius Piso, vielleicht erinnerst du dich noch? Und dies ist meine Schwester Flavia Vera. Heute am morgen ist sie hier in Rom eingetroffen.“ Er hoffte, wenigstens Antonia gegenüber ein gutes Bild zu machen.


    Sim-Off:

    EDIT: Da ist mir doch Antonia zuvorgekommen. :D

  • Eher normal, fast schluderig gekleidet schlenderte ich ins Esszimmer, um das abendliche Mahl mit der Familie einzunehmen. Völlig überrascht erkannte ich schon an der Tür, das dieses Mahl anders sein würde als die vergangenen Tage. Flavius Furianus war also zurück gekehrt. So recht wußte ich nicht von wo aber ich erinnerte mich an eine lange und schwierige Krankheit die die Glieder des Furianus bedrückte. Nun war er wieder da. Naja so recht vermisst hatte ihn aber auch keiner.


    Ich ließ mich nieder. Dort wo ich immer lag. "Salve." grüßte ich kurz alle. "Furianus, wie ich sehe bist du wieder in Rom, freut mich." wandte ich mich auch aus Höflichkeit an den Heimkehrer und wartete was es denn heute zum Schmausen gab.

  • Sim-Off:

    Aufgrunddessen, daß Furianus nicht zur Hochzeit erscheinen konnte, da er zu dieser Zeit noch in Ägypten weilte, müßte die cena zeitlich nach der Hochzeit von Marcus Aurelius Corvinus und Flavia Celerina angesiedelt werden. ;)


    Im Laufe des Tages war mir zu Ohren gekommen, daß einige Familienmitglieder in der Villa Flavia angekommen waren. Dabei sollte es sich zum einen um Furianus handeln, der bis vor kurzem noch in Ägypten weilte. Von dem zweiten Familienmitglied wußte ich lediglich, daß es sich um eine junge Frau handelte. Ich selbst weilte nach meiner Hochzeit für einige Tage in meinem alten Heim, um noch gewisse Dinge zu einem Ende zu bringen. Als Unterkunft diente mir mein altes cubiculum.
    Um ein Auge auf die Neuankömmlinge zu werfen und sie auch ein wenig kennen zu lernen, bot sich idealerweise die cena an, die wie so oft, im Kreise der Familie eingenommen wurde.
    Wie immer ließ ich mich von meiner Sklavin zurechtmachen. Ich hatte mich heute für eine eher einfache apricotfarbene Tunika entschieden, die zwar aus Seide war, jedoch keine besonderen Stickereien oder sonstige Applikationen aufwies. Auch mein Schmuck und die Frisur waren nicht übertrieben aufwendig. In letzter Zeit mochte ich eher das Bequeme.
    Es war mir bewußt, daß ich spät dran war. So verwunderte es mich auch nicht, daß einige Stimmen aus dem triclinium an mein Ohr drangen. Einige davon waren mir wohl bekannt.
    "Salvete allerseits!", rief ich aus, als ich eintrat. Unweigerlich fiel mein erster Blick auf einen Mann, den ich noch nicht kennengelernt hatte. Keine Frage, dies mußte Furianus sein! Desweiteren erblickte ich Marcus, Antonia, Aulus Piso, Quartus Lucullus und jene jung Frau,von der ich noch rein gar nichts wußte.
    Ich ließ mich neben Antonia nieder. Ein Sklave schenkte mir Wein in meinen Becher ein. "Wie ich sehe, dürfen wir heute gleich zwei Heimkehrer begrüßen. Du mußt Lucius Furianus sein, nicht wahr? Ich bin Celerina, Tochter des Gaius Flavius Maximus und der Foslia Milonia", meinteich lächelnd. Dann wandte ich mich zu der jungen Frau. "Und mit wem habe ich das Vergnügen?", fragte ich sie freundlich.

  • Langsam füllte sich der Raum und immer mehr Familienmitglieder erschienen. Ihr Bruder versuchte sich bei Lucius Furianus mehr recht als schlecht zu entschuldigen als, als erstes eine junge Frau das Triclinium betrat. Vera war froh nicht mehr die einzige zu sein und sah ihr freundlich entgegen. Die Frau von Flavius Gracchus, noch jemand dessen Name ihr nur irgendwie still im Hinterkopf rumspukte…oder nein war es nicht Gracchus den Aulus erwähnt hatte als es um ihren Wunsch Priesterin zu werden ging. Das musste sie später noch einmal genauer nachfragen.


    „Es ist mir eine Ehre, Claudia Antonia, dich kennen zu lernen. Mein Bruder war ja so freundlich mich dir vorzustellen. Ich bin erst heute morgen in Rom angekommen und muss mich entschuldigen für mein unangemeldetes erscheinen, aber wohl ist meine Nachricht aus Epesus nicht vor mir angekommen.“


    Das weitere Familienmitglied, sie sah ihn als solches den so ungezwungen und selbstverständlich wie er sich benahm lies nichts anderes zu, das nun den Raum betrat beachtete die Anwesenden kaum und begrüßte nur Furianus.
    Vera überlegte kurz wie sie darauf reagieren sollte, sie konnte es gar nicht leiden wenn man sie nicht wahrnahm und sie war sich auch absolut sicher, dass dies niemals vorkam, außer es lag in ihrer Absicht. Sie war nicht die Hausherrin, also lag es nicht in ihrer Aufgabe sich hier hervorzutun. Sie unterließ es also darauf zu reagieren, sondern behielt den Vorfall im Kopf.
    Als vorerst letztes betrat erneut eine junge Frau den Speisesaal und begrüßte freundlich alle Anwesenden. Vera schaute kurz zu Furianus ob er auf ihre Begrüßung etwas erwidern wollte doch der war gerade mit einem Sklaven und irgendetwas was ihm wohl so nicht passte beschäftigt. Vera wollte Clerina auch nicht warten lassen nachdem sie, sie direkt angesprochen hatte.


    „Ich bin Flavia Vera, die Schwester von Aulus Piso und auch erst heute in Rom eingetroffen. Es freut mich sehr dich kennen zu lernen Celerina.“


    Ein Sklave reichte ihr einen Teller mit Brot und Oliven, den sie annahm und vor sich abstellte.

  • Scheinbar war die Kunde, daß an jenem Abend wieder die Familie zusammen essen würde und das mit einem Rückkehrer und dem Sohn seines Bruders, wohl noch mehr flavische Ohren erreicht, was Marcus nicht wunderte, die Sklaven waren in diesem Hause doch schnell damit, es herum zu erzählen und manche eben so klug, es auch den Familienmitgliedern mitzuteilen. Eigentlich hatte Marcus das Abendessen sonst, wie in den letzten Tagen, alleine eingenommen, war ihm doch in jenen Zeiten nicht gerade nach Gesellschaft; doch die Familie und die Kunde von Furianus' Rückkehr hatte Marcus aus seinem Zimmmer heraus getreiben. Natürlich war Marcus als Familienmensch sehr erfreut, seinen Neffen wieder zu sehen, von dem er auch sehr viel hielt, schon von je her seitdem sie sich das erste Mal im Garten in der villa Flavia begegnet waren, lang schien es her zu sein und bevor Marcus den Weg eines Soldaten gewählt hatte. Zudem schmeichelten Marcus die Worte von Furianus gerade ungemein, denn seitdem er vierzig geworden war, was immerhin noch nicht lange her war, meinte Marcus wirklich alt zu werden, vorher konnte er sich immer noch einbilden, kaum das dreißigste Lebensjahr hinter sich gelaßen zu haben, seine Mundwinkel hoben sich gleich um deutliche Längen und seine Augen funkelten gutmütig-glücklich für den Augenblick und er begrüßte seinen Neffen ebenso freundlich mit der verwandtschaftlichen Umarmung.
    "Dir hat die Sonne von Ägypten aber auch gut getan, wie ich finde. Wie fandest Du die Provinz, Lucius, ist es nicht herrlich dort?"
    , fragte er als er justament die leichten Schritte hinter sich vernahm und das Eintreten von einer jungen Frau; Marcus mußte nur kurz schauen, ehe er die junge Frau wieder erkannte, die er zwar in den letzten sechs Jahren kein einziges Mal mehr gesehen hatte, aber davor umso öfter:
    "Vera, mea puella bella, wie schön, daß Du nach Rom gekommen bist. Dann bist Du aus Griechenland zurück? Wo warst Du noch mal? Athen?"
    Auch Vera kam nicht umhin, in die Arme von Aristides geschloßen, als sich Marcus wieder abwandte, erspähte er, daß sich Furianus erneut auf dem Platz, den zeitweilig Gracchus, dann er, eingenommen hatte und marginale Irritation keimte wieder in ihm auf, aber Marcus war zu gutmütig und viel zu jovial gegenüber ganz besonders seiner Familie, als daß er darin einen beabsichtigen Affront erkennen wollte. Außerdem konnte Marcus sowieso keinen Gedanken daran verschwenden, denn schon trafen die nächsten Familienmitglieder ein, Piso, der es schaffte, daß Marcus breit grinsen mußte, als dieser Furianus ansprach, schnell wandte Marcus den Kopf in eine andere Richtung und schien nach den Sklaven mit Wein zu spähen, während sein Mundwinkel immer noch heftig zuckte.


    Auch Marcus erwiderte das warme und freundliche Lächeln, das er an Antonia gab. Obwohl zugeheiratet, gehörte sie schon lange gänzlich zur Familie und nicht nur, weil sie die Ehefrau seines engsten Vertrauten in der Familie war, sondern weil sie selber eine bewundernswerte und graziöse kluge Frau war, die Marcus Zuneigung auf eine dezente und sehr angenehme Art gewonnen hatte. Und dermaßen Ungestüm schien wiederum Celerina zu sein, die die Energie eines Wirbelwindes in sich zu tragen schien und das wohl durch ihre Ehe mit dem Aurelier, der in dem Zusammenhang auch völlig bedeutungslos in Marcus' Augen war, nicht gemindert war.
    "Salvete!"
    , grüßte Marcus alle freundlich und wandte sich um, um auf einer der Klinen dann doch Platz zu nehmen; mißbilligend betrachtet er hinwieder, daß wohl die alten und schier eingemotteten Stühle wieder hervor gezogen worden waren. Altmodisch, unpraktisch und völlig verquer empfand Marcus, der doch in Baiae aufgewachsen war, diese Stühle. Und meinte nicht seine Mutter einst: Wenn schon die Töchter und die Ehefrau des Augustus auf Klinen gelegen haben, dem Kaiser, der die Gesetze für Anstand und Benehmen verabschietet hat, warum sollte es dann nicht auch für eine Patrizierin standesgemäß sein? Und Marcus schloß sich natürlich sofort ihrer Meinung an, wie bei fast allen Dingen im Leben. Endlich kam auch ein Sklave mit dem Appetit anregenden Wein, den er an die Familienmitglieder reichte und auch Marcus tat sich an dem Tropfen gütlich, dabei dem munteren Plappern der Frauen lauschend.

  • Vera freute sich sehr über die liebevolle Begrüßung ihres Lieblingsvetters und begab sich gerne in seine offenen Arme.


    „Oh Marcus, ich freue mich ja so sehr dich zu sehen und dann noch so als stattlicher Mann“


    Sie lachte ihn offen und ehrlich an. In ihren Augen war er eher gereift als gealtert. Sie mochte Männer mit grauen Schläfen, sie hatten so etwas Erhabenes an sich.


    „Ja ich war in Athen aber jetzt komme ich aus Damaskus, doch es wurde mir da zu unruhig. Ich dachte mir, in Rom war ich noch nie also komme ich mal hierher.“


    Vera löste sich von ihm und nahm ihren Platz wieder ein.

  • Gerade noch schaffte es der Senator seinen Kopf zu der flavischen Venus - diesen Namen würde sie wohl tragen, bis sie alt und unansehnlich war - zu drehen.


    "Wohl wahr, ich herrschte einst über diese fruchtbare und sonnige Provinz. Zu schade, dass sich unsere Wege nicht zu anderer Zeit gekreuzt haben, sonst hätte ich dir, Flavia Vera, eine private Führung durch den Statthalterpalast wohl nicht verwehrt."


    Und schon stürmten zahlreiche Gesichter, teilweise bekannt, doch überwiegend neue, in den Raum.


    "Ah, Antonia! Welch´ schöne Überraschung. Dein Mann ist wahrlich nicht zu beneiden, so fernab von Rom und vor allem einer solch strahlenden Schönheit.", bezirzte er die Claudia wie gewohnt und üblich. Man kannte es schließlich nicht anders. Und doch fuhr er, nachdem sie nun näher gekommen war, in intimerem Tone, recht andächtig, fort.
    "Ich hoffe, dass es nicht allzu schlimm um Manius steht. Was ist es denn für ein Leiden?"
    Man hörte ja so viel, vor allem, wenn man es hören wollte. Ganz nebenbei irgend welche Gerüchte zu hören war eine Sache, sich aber im Vorfeld genau um jedes Detail zu bemühen, etwas anderes.


    Dann meldete sich wieder der Jüngling zu Wort und nahm seine Aufmerksamkeit auf sich. Ein wenig unkonventionell fand Furianus diese Anstellung schon und verzog theatralisch die Augenbraue.
    "Primicerius ab libellis also? Ja, dies ist wirklich eine gute Position, um einen gewissen Vorteil durch den regen Kontakt mit dem Kaiser zu erhalten. Zu schade, dass der Kaiser nicht mehr in Rom weilt."
    Er konnte nicht umhin, auch dies zu rügen. Insgeheim jedoch war es etwas Anderes als die letzten Erkenntnisse über seine Verwandten, welche im Cultus Deorum ihren Lebensinhalt sahen. Es war unbestritten höchst ehrbar, doch Furianus, der selbst so Einiges in seiner Laufbahn hatte stürmisch erobert und ausprobiert, war dem Exoten nie abgeneigt gewesen. So sah er in dem Jüngling doch ein wenig von sich selbst und konnte nicht umhin, diesen milde anzulächeln.
    "Oh, Aulus Piso, ich hoffe doch, dass du in meinem Alter viel mehr wirst erreicht haben, als ich. Du musst nur niemals vergessen, dass ein Mann nach seinen Worten und nach seinen Taten bewertet wird, nicht nur nach dem jeweils einen. Sprich deutlich und klar, schweige nicht, auch wenn deine Meinung unangebracht sein sollte, denn ich bin der Meinung, dass jede Ansicht gehört werden sollte."
    Diese kleine Vaterrolle, in die er voller Enthusiasmus doch schneller hinein gezogen wurde als es ihm lieb und teuer war, ließ den doch so nachtragenden Flavius recht schnell den desaströsen Auftritt des Jünglings vergessen. Er war schließlich ein Familienmensch und dieser Piso gehörte, auch wenn um entfernte Ecken verwandt, zu eben dieser.
    "Ahja, und zögere natürlich nicht die Familie um Rat zu fragen. In gewissen Dingen kann auch ein Mann wie ich weiter helfen.", fügte er noch schnell vielsagend ein und wandte sich schon dem nächsten Neuankömmling zu.


    Es war kein Anderer als Flavius Lucullus, der schweigsame Bruder seines Vetters, der doch eigentlich sein Onkel war.
    "Salve, Quartus. Wie ich sehe, bist auch du nun in Rom.", wandte er sich an eben jenen Schweigsamen und erwiderte den Gruß ebenfalls mit einem leichten Lächeln.
    Er konnte sich noch vage daran erinnern, dass ihn Lucullus einst angeschrieben hatte. Ja, seine zahlreichen Ländereien betreffend, wenn er sich nicht irrte. Dieser Gedankengang musste auch schnell sein jähes Ende finden, als eine weitere Frucht des flavischen Gartens das Triclinium betrat.
    Da ein ungeschickter Sklave neben Furianus etwas Wein verschüttet hatte und dieser ihn erst einmal mit harschen Worten zurecht weisen musste, begrüßte die flavische Venus die junge Dame, die sich als Flavia Celerina vorgestellt hatte.
    Sofort erinnerte er sich an die vielversprechende Verbindung zu den Aureliern, welche diese Frau mit Aurelius Corvinus besiegelt hatte und war sichtlich erfreut.


    "Salve, Flavia Celerina. Und ja, ich bin der Schuldige, welcher deine Vermählung mit Aurelius Corvinus, wohlbemerkt einem sehr guten Freund, nicht mehr als mit seiner Vakanz bereichert hat. Dafür möchte ich mich noch einmal entschuldigen, werte Celerina. Doch ich muss schon sagen, dass ich mir bei deinem Anblicke sicher bin, dass nicht unsere Familie die ist, die den größeren Gewinn aus dieser Vermählung wird tragen können. Ja, das erinnert mich an den Raub der schönen Europa und zweifelsohne werden wir den Tag beweinen müssen, an dem du endgültig den aurelischen Haushalt wirst übernehmen müssen.", begrüßte er sie ausschweifend, wie es ein jeder Gastgeber getan hätte, der nicht auf der Hochzeit der eigenen Verwandten hatte sein können.


    Und damit befand er auch, dass das Begrüßungszeremoniell dem Ende entgegen strebte. So breitete er seine Hände aus und lächelte in die Runde.


    "Meine Lieben, ich denke, wir sollten uns an den guten Speisen güttlich tun, bevor sie noch kalt und ungenießbar werden.", und gab damit das Stichwort für die Sklaven allerlei Köstlichkeiten herbei zu tragen und für die Familienmitglieder schließlich mit dem Essen und den spannenden und illustren Gesprächen zu beginnen...

  • Sein Verwandter hatte eine... blumige Ausdrucksweise. Die Art und Weise, mit der er die Frauen begrüßte, faszinierte Piso irgendwie. Sie hatte so etwas herrlich Pompöses, Überkanditeltes, Ausschweifendes an sich. Dies zog den jungen Flavier auf eine unerklärliche Weise an, wie eine Fackel einen Mückenschwarm oder wie ein Honigtopf den Bären. Er kam nicht darum umhin, die aufgeblähte Rhetorik seines Neffen zweiten Grades, der aber um einiges älter war als er selber, zu bewundern. Innerlich entspannte er sich. Er wusste, den ersten Eindruck hatte er gründlich – fachmännisch, möchte man fast meinen – versaubeutelt. Beileibe nicht, dass dies das erste Mal war. Doch er musste sich jetzt einfach zusammenreißen.
    Als er seinen Beruf gegenüber Furianus erwähnte, hob dieser erst mal seine Augenbraue. Aha, das gute alte Zeichen flavischer Abkunft. Er sollte es sich, so dachte er, auch angewöhnen, es häufiger zu machen. Sonst könnte man denken, er wäre – die Götter sollten ihn davor behüten – aus dem kläglichen plebejischen Zweig der Familie, von der sich jeder patrizische Flavier, der auf etwas sich hielt, Abstand nahm.
    Das Augenbrauenheben hatte natürlich einen Grund. Jeder Flavier wusste um das gespannte Verhältnis zwischen dem Imperator und der Vorgängerdynastie. Dass da jemand in die kaiserliche Kanzlei gelangte, war durchaus merkwürdig... und, so dachte Piso selbstgefällig, schon ein kleines Bravourstück. Doch hatte er Glück gehabt, dass sein prudentischer Chef, im Gegensatz zum Kaiser, die Flavier nicht verachtete... nun ja, das war ein starkes Wort. Dass die Distanz nicht so groß war. Genau, so war es viel besser.
    Er nickte also nur und lächelte höflich. „Zu Schade.“, meinte er ebenfalls und dachte sich seinen Teil dabei. Sosehr er auch fand, dass die Aelier und Flavier bei einer gegenseitigen Fehde nur verlieren konnten, so dachte er auch, dass der Kaiser... nicht unbedingt... die Fußstapfen, die sein Vorgänger hinterlassen hatte, ausfüllen konnte. Um es diplomatisch zu sagen.
    Er nickte eifrig weiter, als Furianus weiterphilosophierte. „Das ist nett von dir...“, machte er und fügte hinzu: „Ich danke dir. Das sind weise Worte...“ Weiter kam er nicht, denn Furianus wandte sich schon Quartus Lucullus zu. Der arme Vetter, der seine wilden Tiere nicht an den Mann hatte bringen können. Piso nickte ihm freundlich zu und schaute dann zu Vera hinüber. Die flavische Venus, hihi, damit könnte er sie jetzt sicherlich ganz großartig aufziehen. Er zwinkerte ihr unauffällig zu.
    Und da kam ja auch schon das Essen! Na also. Der Abend war gerettet. Wenn auch Piso vielleicht noch ein bisschen schmollen würde über den ungünstigen Anfang seiner Beziehung mit Furianus, sicher würde das noch 2, 3 Tage anhalten, doch dann würde er es eh schon wieder längst vergessen haben.
    Es gab sowieso Wichtigeres. Essen zum Beispiel. Piso blickte mit einem gewissen Ausdruck von Gier in seinen Augen zum Fresschen hinüber, das nun zu fassen war. Ein unwiderstehlicher Duft durchströmte seine Nase. Doch wollte er nicht anfangen zu essen, bevor die älteren Familienmitglieder das nicht auch getan hätten.

  • Die Atmosphäre war doch ruhiger als er es angenommen hatte. Und so erhob er seinen Kelch voller Wein, natürlich verdünnt, in die Höhe.


    "Trinken wir auf das Leben und die Götter!", gab er dann sogleich kund, verschüttete ein wenig auf dem Boden, als Zeichen, dass den Göttern doch stets der erste Schluck gebührte und nahm einen kräftigen Schluck.


    Er fühlte sich neuerdings vitaler denn das ganze Jahr zuvor. Gesundet war er ja nun, die politische Rehabilitierung sollte noch folgen.

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