Allabendliches Essen im Kreise der Familie

  • Auch Callista nahm einen der gereichten Becher entgegen und zwar den mit Met. Der war süßer als das Bier und an dessen herben Geschmack wollte sie sich nicht so recht gewöhnen können. Sie beobachtete fröhlich lächelnd die Menschen um sich herum, die nun alle ausgelassen wurden und die beiden beglückwünschten und dann fiel ihr Blick auf ihren Mann, der wie immer neben ihr saß. Sein Gesicht spiegelte - neben dem Glück - auch eine gewisse Spur Verdrießlichkeit und natürlich bezog Callista das sofort auf sich. Wahrscheinlich hatte er grade realisiert, dass er selbst noch keinerlei Aussichten darüber hatte, selber Vater zu werden. Und nun fühlte sich Callista unter Druck gesetzt, nicht unbedingt durch ihn, sondern durch sich selber. Sie verlangte von sich schwanger zu werden und jedesmal, wenn ihre Blutungen einsetzte und sie merkte, dass sie es nicht war, lag ihr das sehr schwer im Magen. Etwas verhalten trank sie ihren Met und hoffte die anderen würden sie in der allgemeinen Ausgelassenheit nicht allzu genau ansehen.


    Ein dicker, schwarzer Klumpen bildete sich in ihrer Magengrube, eine gefährliche Mischung aus Angst, Verzweiflung und Neid. Es wäre einfacher gewesen, wenn Elfleda nicht schon schwanger wäre. Jetzt würde jeder auf sie gucken und sich fragen, wann sie es endlich wurde. Und sie fragte sich das ja auch. Machten sie etwas falsch? Waren die Götter beleidigt? War sie unfruchtbar? Oh ihr Götter, alles aber nicht das! Erschrocken über ihre eigenen Gedanken hielt sich Callista an ihrem Becher fest und versuchte ihren Pulsschlag zu beruhigen. Eigentlich hätte sie fröhlich sein sollen.

  • Und Callista war nicht die einzige, in deren Magengrube sich ein Klumpen bildete. Auch Eila saß zunächst wie angewurzelt da. Ja, sie hatte in der letzten Zeit sehr viel gearbeitet, aber war wirklich schon so viel Zeit vergangen? Diese Erkenntnis erschreckte sie doch schon sehr... und dann, was viel schlimmer war, spürte auch sie ein leichtes Zwicken des Neides. Anders sicher als Callista, aber immerhin war diese schon verheiratet und brauchte nur zu warten, bis der Storch kam. Eila, die schon etwas älter sowohl als Callista als auch als die werdende Mutter, war nicht einmal verheiratet, was ihr in diesem Moment schlagartig und schmerzhaft bewusst wurde. Hatte sie sich deshalb in der letzten Zeit so in ihrer Arbeit vergraben? Weil sie zu verdrängen suchte, was in ihrem Leben sonst alles so schief lief. Sofort sah sie wieder die alten Bilder von Marbod und Irminar... Erst einige Momente später, aber wie es schien unbemerkt aufgrund der vielen Aufregung, erlangte sie ihre Fassung wieder und setzte ein breites Lächeln auf, welches ihr unglaublich schwer fiel.
    "Meinen herzlichsten Glückwunsch ihr Beiden!! Das ist Großartig!" Und irgendwo in ihrem Innern freute sie sich natürlich für die beiden und vor allem für ihren Bruder, den sie mehr als alles andere liebte, aber... aber da war halt auch dieser fiese Schmerz...tief drinnen. Sie ließ den Blick über die Anwesenden schweifen und merkte, dass es keinen gab, mit dem sie ihre wahren Gefühle hätte teilen können. Und warum war es gerade Silko, an den sie dann denken musste? Wegen dem Gespräch, das sie einst im Garten geführt hatten... Und selbst Silko war nicht mehr hier. Sie konnte nur hoffen, dass er in Nubien glücklich war.

  • Die werdenden Eltern nahmen die Glückwünsche der Familie mehr oder minder erfreut an. Elfleda eher erfreut, Lando etwas benommen, weil in seinem Kopf gerade fünftausendeinhundertsiebenundachtzig Gedanken um seine Aufmerksamkeit kämpften.
    Mit zunehmendem Alkoholgenuss an dem Abend wurden es dann weniger, denn die gute Nachtricht bot der römisch-germanischen Runde Anlass zur Traditionspflege: trinken, trinken, trinken!


    Und so wurde noch bis spät in die Nacht gefeiert..

  • "Och.. ich weiss nicht was die Hebamme noch hätte sagen sollen, wenn sie eine Schwangerschaft allein durch ihre Untersuchungen feststellen kann..." plapperte Sontje und schlug sich die Hand vor den Mund. "Deine schönen Kleider! Die musst du allesamt umnähen! Ich meine wegen deinem anwachsenden Bauchumfang!!!" Das war eine seltsame Erkenntnis für Sontje. Wie sollte man da bloß eine ruhige Kugel schieben.. äh tragen?!? "Wenn in deiner Familie schon öfters Zwillingegeburten gab, dann kriegst du sicher auch Zwillinge.. und musst dir um die Namenswahl keine Sorgen machen:: jedenfalls schon dann nicht wenn es ein Junge UND ein Mädchen werden: Die Ägypterin hat für ihre Kinder schöne Namen gefunden. Schade, dass sie schon wieder weg ist." Sontje holte tief Luft und grinste schief in die Runde.. sie hatte schon wieder ihr Mundwerk nicht bezähmen können. Hoffentlich hatte sie nichts beschämendes gesagt! Egal!!! Ungezwungen lächelnd schob sie Elfleda und auch Callista die übrig gebliebenen süßen Trauben zu. "Sag mir ruhig Bescheid, wenn du eine helfende Hand brauchst." meinte sie noch zu Elfleda und stupste Callista an, um mit ihr auf die noch ungeborenen Neuzugänge anzustoßen.

  • Naha
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    ...als wieder einmal die komplette Familie der in Mogontiacum lebenden Duccii beisammen saßen, nahm die junge Naha sich vor, ihr Geheimnis zu lüften.
    Sie hatte lange und intensiv darüber nachgedacht, und war nach langer Zeit zu dem Entschluss gekommen, dass sie es nicht länger gegenüber ihrer Familie, und vor allem nicht gegenüber ihrer Mutter verheimlichen konnte. Nein, sie WOLLTE es auch garnicht. Zuviel stand auf dem Spiel, und sie hatte genau zugeschaut und gelernt, um nicht selbst einen aktiven Part spielen zu wollen.


    Wir immer saß sie neben ihrer Tante Eila, die für sie so etwas wie eine Schutzgöttin war, vor allem weil sie die Schwester von Nahas Vater war. Ihre Mutter hatte Witjon und Landulf, Nahas Bruder neben sich und war in sicherer Entfernung, so dass Ohrfeigen sich als kompliziert herausstellen konnte. Still war es, denn man löffelte eifrig die Suppe aus den Resten vom Tage (weggeworfen wurde nix!), und Naha hatte so die Möglichkeit mitten in die Stille zu posaunen und sämtliche Aufmerksamkeit mit einem Schlag auf sich zu lenken:


    "Liebe Mutter, liebe Familie. Ich habe euch etwas kund zu tun.", begann sie, nachdem sie mit demonstrativer Stärke die hölzerne Suppenschale von sich selbst weggerückt hatte, um für ihre extravagante Gestik genug Platz zu schaffen, "Ich habe nach langer und reiflicher Überlegung einen Entschluss gefasst, der uns und unsere Familie voran bringen wird, ich will mich nicht länger vor der Verantwortung verstecken eine Tochter dieses Hauses zu sein."


    Womit sie letztendlich nur rekapitulierte, was sie selbst gelauscht hatte: als ihre Mutter Witjon den Kopf gewaschen hatte. Als ihre Mutter Albin den Kopf gewaschen hatte. Als ihre Mutter ALLEN den Kopf gewaschen hatte. Stets war irgendwas von Verantwortung dabei.. und Naha begriff, dass es wichtig war. Und natürlich drehte es sich auch um eine Sache, die sie gelauscht hatte. Und die sie jetzt schnellstmöglichst selbst umsetzen wollte!


    "ICH... WERDE HEIRATEN.", so, jetzt war es raus. Drückende Stille, noch drückender als vorher lastete nach diesen Worten auf der Runde, und wirklich ALLE starrten sie an. Was sollte das? Freuten die sich denn garnicht, dass Naha schon so früh bereit war ihren Part zu übernehmen? Na, vielleicht fehlte ja eine gewisse Zusatzinfo... dann würden sie sich sicherlich über Nahas Brillanz freuen.


    "Und zwar... diesen Mann mit dem Witjon öfter zu tun hat... diesen... diesen Valgiso. Jawoll."


  • Rodrik liebte Suppe. Vor allem mit Haferflocken. Vielen Haferflocken. Eigentlich hatte er es am liebsten, wenn die Haferflockensuppe ein Haferflockenbrei mit Suppengeschmack war. Nur leider machte Marga das so selten. Rodrik saß an seinem üblichen Platz am Tisch und hatte dabei sein Revier abgesteckt: die Suppenschüssel vor sich, den Becher links davon, das Schmalzbrot rechts der Schüssel und davor ein Stück Käse und der Apfel, den er als Nachtisch verspeisen wollte. Sein Essensrevier, in dem er ungehindert wildern konnte. Manchmal brockte er das Schmalzbrot in die Suppe, manchmal futterte Rodrik das Brot zur Suppe dazu. An diesem Abend machte er halbe-halbe. Und an der am Tisch verbleibenden Hälfte des Schmalzbrotes grinste ein stilisiertes Gesicht den Betrachter an, das Rodrik mit dem Stiel seines Löffels reingemalt hatte. Und Rodrik grinste fröhlich und ausnehmend kindisch zurück.


    Er hatte Naha eigentlich so gar nicht zugehört, so sehr war er mit dem Schmalzbrotgrinser beschäftigt. Er überlegte, ob er weitere Teile des Schmalzbrotes in die Suppe brocken sollte und zwar um das Gesicht herum. Ein grinsendes Schmalzbrotgesicht auf dem Tisch. Rodrik mochte diese Idee. Und machte sich gleich an die Arbeit, während Naha ihre Heiratspläne der Familie mitteilte. Ganz beschäftigt mit seinem Schmalzbrot kam ihm gar nicht in den Sinn, dass Naha für so etwas eigentlich ordentlich zu jung sei.
    "Wer ist Valgiso?" fragte er beiläufig, in einem Tonfall, als ob er nach dem Wetter fragen würde.

  • Ein schöner ruhiger Abend nach einem dank der Wintermonate nicht allzu langem Tag war etwas erholsames. Einfach im Warmen sitzen, etwas Suppe löffeln, sich darüber freuen, dass die Kinder nicht mehr permanent mit dem Essen herumkasperten, sondern auch einigermaßen ruhig ihre Suppe löffelten – abgesehen von dem kleinen Krieg unterhalb der Tischkante, wo vor allem Landulf und Audaod einen Wettstreit daraus machten, wer dem anderen härter vors Schienbein treten konnte.
    Nur dann, aus heiterem Himmel, hielt Naha eine kleine Rede. Wohlweißlich legte Elfleda schonmal den Löffel aus der Hand. So hatte man beide Hände frei, sollte es nötig werden. Nicht, dass sie vorhatte, die freien Hände zu benutzen, aber bei Landos Kindern wusste man nie, in welcher Art und Weise sie dem Vater nachzueifern gedachten. Elfleda wartete ja eigentlich nur auf den ersten Großbrand, den einer ihrer Sprößlinge versehentlich verursachen würde.


    Das, was Naha zu verkünden hatte, war nun nicht ganz eine infernale Feuersbrunst, kam dem ganzen aber doch schon nahe. Und Elfleda war froh, den Löffel schon beiseite gepackt zu haben, so dass sie sich gerade nicht verschluckt haben könnte. “Heiraten?“ wiederholte sie nach der ersten Sekunde ungläubigen Schweigens ruhig und sachlich und ließ ihren Blick auf Naha ruhen.
    Um sich verliebt zu haben, war Naha zu jung. Eigentlich war sie in dem Alter, wo so langsam für ein Mädchen zu spüren war, dass Jungs einfach anders waren. Langsamer. Kindischer. Kurz gesagt, in Nahas Alter waren Jungs allesamt doof und uninteressant, mit einigen wenigen Ausnahmen vielleicht. Wäre sie vier, fünf Jahre älter, wäre Elfleda wahrscheinlich nicht so ruhig geblieben. Da aber ausgeschlossen war, dass Naha mit einer Botschaft wie 'Ich liebe ihn und kriege ein Kind von ihm' rausplatzen konnte – zumindest letzteres war eindeutig ausgeschlossen – war die Sache noch in einem justierbaren Rahmen, der es nicht nötig machte, auszurasten. Noch nicht.
    Blieb die Frage, warum Naha meinte, dass es eine gute Idee wäre, Valgiso zu heiraten. Mit ihrer kleinen Rede hatte sie ja schon hübsch erwachsen getan. Ganz offensichtlich wollte sie etwas erwachsenes tun und erwachsen gelten. Die Frage war nur: Warum?
    Elfleda war sich sicher, dass ihre Kinder wussten, dass ihre Ehepartner einmal für sie ausgesucht werden würden. Das wurde nicht extra in deren Erziehung betont, aber es wurde eben auch kein Hehl daraus gemacht. Es war schließlich ganz normal. Und Naha wusste, dass sie nicht mit irgendwem Dahergelaufenen verheiratet werden würde, sondern mit jemandem, der der Familie auf die eine oder andere Art nützte und von dem Elfleda dachte, dass es sinnvoll wäre, ihn enger an sich zu binden. Wie Naha jetzt auf die Idee kam, das würde zum jetzigen Zeitpunkt auf Valgiso zutreffen, das wusste wohl nur ihre Große allein.


    Rodrik stellte eine Frage in die Stille hinein, wer dieser Valgiso überhaupt war.
    “Ein Händler, mit dem Witjon Geschäfte macht und der an unseren Ständen auch verkauft. Er ist noch Scriba für die Verwaltung.“ Elfleda antwortete ein wenig abgelenkt, denn sie war damit beschäftigt, Naha nicht aus den Augen zu lassen. Im Moment fixierte sie sie wie die Schlange das Kaninchen. Wie kam Naha nur auf diese Idee, ausgerechnet Valgiso heiraten zu wollen?
    “Nun, Naha, zu heiraten ist eine ziemlich erwachsene Entscheidung. Warum denkst du, dass Valgiso derjenige ist, den du heiraten solltest?“ Elfleda vermied bewusst jegliche Zukunftsform ihrer Aussage. Wenn Valgiso nicht noch ein paar Sprünge nach oben machte, kam er nicht wirklich in die engere Auswahl. Und ganz herzlos war Elfleda ja auch nicht, sie würde ihrer Tochter einen Mann suchen, der ein bisschen jünger war. Wahrscheinlich.

  • Suppe und Schmalzbrot. Konnte es etwas besseres geben? Witjon löffelte vor sich hin, in Gedanken überall und nirgendwo. Mit einem Auge hatte er seinen Sohn immer im Blick, der sich heute aber nicht ausfallender benahm als sonst. Versteckte Fußgefechte, Krümelschlacht, Zungerausstrecken und Grimassenschneiden waren bei der duccischen Brut an der Tagesordnung. Elfleda würde immer eine Hand bereithalten, um etwaige Grenzüberschritte in den Bereich des Ungehörigen unverzüglich zu ahnen, da brauchte er sich nicht sorgen. Er hatte sowieso ganz andere Probleme. Noch immer wollte eine geeignete Braut für ihn gefunden werden, wogegen er sich bisher halbwegs erfolgreich beharrlich streubte. Auf der anderen Seite waren da die aktuellen politischen Umwälzungen. Die Lex Municipalis würde spätestens mit der nächsten Wahl endgültig umgesetzt werden, während die Provinzreform auch im großen Stil Form annahm. Vinicius' Ablösung läutete eine neue Zeit für Germania ein. Insbesondere die Provinzverwaltung würde starken Veränderungen unterworfen werden, die sich bereits abzeichneten. Entlassungen, Neueinstellungen, Kompetenzverschiebungen. Selbst die Soldaten in der Regia waren ausgewechselt worden. Und Witjon selbst musste auch endlich wieder Arbeit haben außerhalb der Freya Mercurioque. Es gab zwar immer irgendetwas zu tun, aber langsam ging er seinen Schreibern, Verwaltern und Zwischenhändlern auch ganz gut auf den Keks vor lauter Einmischung und neuen Ideen. Besonders Amon hatte schon des öfteren seinen Unmut kundgetan über Witjons Beschäftigungslosigkeit, die ein Mann von seinem Stand nicht mehr als einfacher Kaufmann ausgleichen könne und dürfe. Witjon hatte sich deshalb eben zu einem Beschluss durchgerungen, der ihn zurück in die Stadtverwaltung führen würde, als Naha ihm mit Neuigkeiten zuvorkam.
    Anders als Elfleda hatte Witjon bedauerlicherweise seinen Löffel in der Hand und gleichzeitig auch im Mund, um die Suppe genüsslich zu sich nehmen zu können, als Nahas Idee an sein Ohr drang und eine abrupte Reaktion in Form von gleichzeitigem Schnaufen, Luftholen, Augen Aufreißen, 'Was bitte?' Stammeln und Augenbrauen Hochziehen hätte bestehen sollen. Wäre das nur möglich gewesen. In Witjons Eigenschaft als Mensch, der zwar so allerlei tun konnte, aber gewiß nicht Atmen, Schlucken und sich Wundern zugleich, kam es zu einer absehbaren Reaktion: Witjon verschluckte sich. Das Problem, wenn man sich mit vollem Mund verschluckt, ist natürlich das Essen, das man gern im Mund behalten würde und im besten Fall sogar schlucken möchte, wohingegen der Hustenreiz genau entgegenwirkend arbeitet.


    Tja, blöde Situation das.


    Mit der Hand vor dem Mund hustete Witjon sich also halbtot, sein Kopf lief rot an und mit Hängen und Würgen - im fast wortwörtlichen Sinn - bekam er doch noch seine Suppe heruntergeschluckt und die Luftröhre vom Hustenreiz befreit. Während dessen hatten Rodrik und Elfleda bereits Fragen zu stellen begonnen, weshalb Witjon sich jeden Kommentar sparte, sondern tief durchatmend sich lieber erstmal aufs erwartungsvolle Starren beschränkte. Was dachte Naha sich wohl? Wollte sie ihrer Familie etwas beweisen? Hatte ihr jemand diesen Floh absichtlich ins Ohr gesetzt? Alles andere konnte er sich genauso wenig vorstellen wie seine Schwägerin. Na, da war es jetzt mal ganz schön gespannt auf die Antwort der Kleinen. Was Kinder sich alles ausdachten, phänomenal!

  • Naha
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    "WITJOOOOOOOOOOON!!!!!!!!!!", brüllte Naha den Namen fast. Eine andere Tonlage gab es für diesen Namen nicht. Sie fasste Abneigung, Angst, Wut und Verzweiflung zusammen gemischt mit einer Theatralik die man nur als Tochter eines großen Realtheatralikers erben konnte. Um eine halbe Sekunde später wieder furztrocken mit ihrer Ausführung fortzufahren: "...meinte, dass Valgiso mal ein ganz großer in der Civitas sein würde. Ein großer Mann, mit Bürgerrecht, wenn er so weitermacht. Genau das. Und deswegen denke ich, dass es eine gute Sache wäre, diesen Mann weiter an uns zu binden."
    Womit sie explizit ihre eigene Mutter zitierte, die ihre weltpolitischen Gedanken öfter dozierte als es allen anderen lieb war. Aber Naha eben nicht. Sie lauschte. Überall und an jeder Stelle. Frei nach dem Motto ihrer Lieblingstante, SIENTIAH PODESTASCH ESCHT, hatte Naha es sich zur Berufung gemacht zur bestinformiertesten Tochter des Hauses zu werden. Und in Momenten wie diesen trug sie die Ergebnisse ihrer grundlegenden Analyse dieser Informationen nach außen. Im tiefen Glauben, das richtige zu tun.


  • Diesen Abend stieß Phelan etwas später als gewohnt zum Abendessen hinzu.
    Er hatte noch etwas verwaltungstechnisches für den Cultus zu tuen gehabt, war nun aber erleichtert sich endlich niederlassen zu können und das tat er auch: Er ließ sich mit einem Seufzer auf seinen Stuhl plumpsen und blieb erstmal einige Sekunden in sich zusammengesackt sitzen, bis er sich aufrichtete und mit etwas mehr Energie seine Verwandte grüßte.

  • Aus einem großen Topf auf dem Tisch dampfte es und verströmte einen herrlichen Duft von Eintopf. Dicke Bohnen, ein paar Stücke Speck, knuspriges Graubrot und ein Humpen Bier bildeten für Witjon und den Rest der Sippe den geruhsamen Ausklang eines aufregenden Tages. Als alle saßen, erhob Witjon sich und ergriff das Wort.


    "Meine Lieben, heute ist ein Tag der Freude", verkündete er. "Die Nornen haben entschieden, die Lebensfäden von Alrik, Hadamar und Sönke weiterzuspinnen. Der Sieg bei Vicetia zeigt das Wohlwollen, mit dem Teiwaz auf unsere Sippe blickt. Dankt ihm und allen Göttern, dass unsere tapferen Männer drunten in Italia im Kampfe siegreich und wohlbehalten aus der Schlacht hervorgegangen sind." Er warf einen Blick in die Runde. Albin und Marga ließen nur wenig ihrer Freude wirklich nach Außen hin erkennen, doch Lanthilda war ganz offensichtlich stolz auf ihren Bruder und natürlich auch erleichtert, dass dieser lebte. Auch Naha schien sich zu freuen und Eldrid stand der Jubel über Hadamars Überleben und dessen Auszeichnung auch noch immer deutlich ins Gesicht geschrieben.
    "Erheben wir also unseren Becher auf unsere Krieger und auf ihren großen Schutzherrn Teiwaz und trinken wir auf ihren Sieg und auf ihre sichere Heimkehr!" Witjon hob den Humpen an die Lippen und trank ein paar große Schlucke. In diesem Moment wurde er sich einmal wieder bewusst, aus welchem Grund er die Götter verehrte und warum auch Teiwaz in einer so vergleichsweise befriedeten Provinz wie Germania Superior noch immer nicht an Wichtigkeit verloren hatte.


    Daraufhin setzte Witjon zum Gebet an, womit das Essen eröffnet wurde, und das schon Lando damals immer gesprochen hatte: "Wir bitten, ihr Götter, seid unserm Haus steter Gast, tagein, tagaus, und helft, dass wir der Gaben wert, die eure Güte uns beschert."

  • Auf Audaods Gesicht stand ein Grinsen so breit wie der Rhenus bei Schneeschmelze. Alle hatten überlebt! Teiwaz Lob und Dank für diese frohe Kunde! "Auf unsere Kriegshelden!", fiel er in Witjons Worte ein, als sie die Becher auf den Kriegsgott erhoben. Die Erwachsenen sah dabei über seine jugendliche Unbedarftheit hinweg, die jüngeren grinsten nur genau so breit wie er. War es doch bei weitem nicht sicher, dass alle drei Männer auch den Rückweg nach Mogontiacum überlebten, geschweige denn die wohl anstehende Erstürmung oder Belagerung oder Plünderung Roms!


    Nachdem aber wieder etwas Ruhe eingekehrt war, sprachen sie gemeinsam das Tischgebet. "...die eure Güte uns beschert", beendete Audaod den Satz und stürzte sich sodann auch gleich auf den Eintopf, denn er hatte Hunger. Nachdem er sich davon genügend in die Holzschüssel geschaufelt und die Kelle an Naha weitergegeben hatte, die ihm gegenüber saß, stupste er Eldrid mit dem Ellbogen gegen die Schulter.


    "Und, Eldrid? Wie ist das so, die Schwester eines Kriegshelden zu sein?", fragte er sie mit mit leuchtenden Augen. Es war unschwer zu erkennen, dass er in diesem Moment daran dachte, wie es wohl wäre an Alriks oder Hadamars Stelle zu sein. Eldrid saß links neben Audaod und hatte somit keine Chance auf Flucht vor einer Unterhaltung, während die anderen bei Tisch sich soeben untereinander in Gespräche vertieften. Bis auf Albin, der still und nachdenklich darauf wartete, dass Marga ihm Eintopf in die Schale löffelte.

  • http://img850.imageshack.us/img850/3856/eldrid.pngEldrid traute ihren Ohren kaum, als Witjon beim Abendessen die großartigen Neuigkeiten verkündete. Ihr Bruder lebte. Sie saß einfach nur da, während Witjon weiter erzählte, dann zu den Göttern betete, stumm, und versuchte zu realisieren, was sie gehört hatte. Hadamar war am Leben, und nicht nur er, auch Sönke – den Eldrid fast ebenso gut kannte wie ihren Bruder – lebte noch. Und der dritte, Alrik, den sie zwar nicht sonderlich gut kannte, war er doch schon seit Jahren fort aus Mogontiacum, der aber ein Verwandter war und allein deshalb schon wichtig.
    Erst jetzt, wo sie wusste dass Hadamar noch lebte, wurde ihr bewusst, wie viel Angst sie um ihn gehabt hatte, seit er in den Krieg gezogen war. So verschieden sie auch waren, so oft sie sich auch gegenseitig geärgert hatten, aneinander geraten waren, er war ihr Bruder, und sie liebte ihn, und in gewisser Hinsicht war ihre Beziehung auch etwas Besonderes, anders als die zu den anderen, waren sie beide doch die Ältesten und hatten ihrer Mutter nach dem Tod ihres Vaters schon früh auf eine Art unterstützen müssen, die von den Jüngeren nicht verlangt worden war.


    Sie saß immer noch schweigend und regungslos da, hatte das Essen noch nicht angerührt, als Audaod sie plötzlich ansprach. Der Knoten aus Angst, der ihr erst jetzt so wirklich bewusst wurde, hatte sich bisher kaum lösen wollen in ihrer Brust, aber als sie Audaod hörte, und die Worte Kriegsheld in Verbindung mit ihrem Bruder, musste sie plötzlich lachen, und der Knoten... war weg. „Großartig. Auch wenn ich das noch gar nicht glauben kann... mein Bruder, ein Kriegsheld.“ Sie schüttelte grinsend den Kopf und holte sich nun auch etwas Eintopf, während sie sich gleichzeitig an Witjon wandte: „Weiß meine Mutter schon Bescheid?“

  • "...und deshalb bin ich der Meinung, dass Cornelius bald...hm?" Witjon hatte gerade offenbar Leif die Sachlage erklären wollen, als er von Eldrid unterbrochen wurde. "Ah, ja natürlich. Ich habe Pepino hingeschickt, es ihr zu berichten", ließ er sie wissen. Dann füllte er ebenfalls seine Schale mit Eintopf und bat um ein Stück Brot, das er in den Eintopf tunkte. Erwartungsvoll sah er dann wieder Eldrid an, ob diese noch etwas wissen wollte.

  • "Ein Kriegsheld", wiederholte Audaod schwärmerisch. Er stellte sich bildlich vor, wie der siegreiche Heerwurm nach Süden zog und die Mauern Roms erstürmte. "Sie marschieren nach Rom", sagte er dann wieder zu Eldrid, als diese von Witjon eine Antwort erhalten hatte. "Vielleicht plündern sie den Palast des falschen Kaisers und bringen Beute mit nach Hause. Säcke voll Gold und marmorne Statuen und Sklaven und Edelsteine. Stell dir vor wie blöd die Leute hier gucken würden." Ein Leuchten trat in seine Augen. "Ich würde auch gerne einmal Rom sehen..."

  • http://img850.imageshack.us/img850/3856/eldrid.pngEldrid lächelte Witjon kurz zu und nickte auf seine Worte hin, aber sie stellte sich lieber nicht vor, wie ihre Mutter die Neuigkeit wohl aufnehmen würde... und sie war ganz froh, dass sie nicht da war. Ihre Mutter war nahezu unerträglich gewesen in der letzten Zeit, immer unerträglicher, je länger ihr Bruder fort war, und je länger sie keine Nachricht bekommen hatten. Es war einfach zu sehr wie damals mit ihrem Vater, und so war es definitiv nicht leicht mit ihrer Mutter momentan. Wenn sich die Anspannung aufgrund der Sorge um ihren Erstgeborenen jetzt plötzlich löste, dann stand zu erwarten, dass das auch nicht unbedingt leicht zu ertragen sein würde... Eldrid konnte sich gut vorstellen, dass sie erst mal einen halben Zusammenbruch kriegen würde. Sie hatte zwar durchaus ein schlechtes Gewissen wegen dieser Gedanken... aber ihre Geschwister waren ja da und konnten sich um ihre Mutter kümmern.


    Kriegsheld, hörte sie von ihrem Vetter. „Ich stell mir vor wie blöd du gucken würdest, wenn Hadamar mit all dem Zeug heimkäm... Aber er wüsst wahrscheinlich gar nichts damit anzufangen.“ Hadamar war schon immer ziemlich genügsam gewesen und hatte wenig gebraucht, sah man mal davon ab, dass wie die meisten Kerle gerne was trank... und dass er gern spielte, aber da gewann er häufiger als er verlor. Als er noch hier in Mogontiacum gewesen war, hatte er öfter mal Teile seines Solds gebracht und ihr gegeben, für sie und ihre Geschwister. Die Duccier brauchten das ganz sicher nicht zum Leben, wie es in vielen anderen Familien der Fall war, aber natürlich bekamen gerade die Jüngeren von ihnen kaum mal etwas, was sie völlig frei ausgeben durften – haushalten, nicht verschwenderisch sein, so was halt. Was Hadamar aber regelmäßig torpedierte, zu ihrer Freude, der ihrer Geschwister, und auch der der anderen jungen Leute, weil Hadamar seinen Sold durchaus großzügig verteilte an alle, die geldmäßig unter der Fuchtel der Großen standen. „Rom? Ja, sicher, das wär was... Bin gespannt was Hadamar erzählt davon.“

  • "Die Kinnlade würd' mir auf den Boden runterklappen, das sag ich dir", stellte Audaod klar. Wenn es wirklich so wäre, dass Hadamar mit Reichtümern beladen heimkehrte, würde Audaod tatsächlich nicht schlecht staunen. "Ich wüsste jedenfalls eine Menge damit anzufangen, dass kann ich dir sagen", ließ er Eldrid daraufhin wissen. Met, Mädchen, Mulinello...Audaod hätte da schon ein paar Ideen.


    "Ich will alles von ihm wissen!", sagte Audaod schließlich und schlug dabei mit der Faust etwas kräftiger als beabsichtigt auf den Tisch, was ärgerliche Blicke nach sich zog. "Tschuldigung. Äh...ja, Hadamar muss mir alles über Rom erzählen. Mit dem Willen der Götter werde ich die Urbs Aeterna auch einmal mit eigenen Augen sehen, das verspreche ich dir." Wieder leuchteten seine Augen bei einem träumerischen Blick. Vielleicht könnte er die Gesandtschaft begleiten, die wegen der Lex Municipalis nach Rom ziehen wollte.

  • http://img850.imageshack.us/img850/3856/eldrid.png „Wie der letzte Dorftrottel, also“, feixte Eldrid. „Und ich kann mir schon denken, was du damit machen würdest... Du hättest das Zeug wahrscheinlich schneller verschleudert, als Hadamar dir was abgeben könnt.“ Sie grinste ihren Vetter freimütig an, bevor sie nach ihrem Becher griff und einen Schluck trank. Sie hoffte ja, dass er bald nach Hause kam... allein schon wegen ihrer Mutter, mit der es dann sicher wieder etwas leichter werden würde, aber auch, weil sie ihn vermisste. Seit er damals ins Stadthaus der Duccii gezogen war, hatte sie ihn zwar generell nicht mehr so häufig gesehen, aber nicht mehr so häufig war eben doch um einiges häufiger als gar nicht.


    Als Audaod dann mit der Faust auf den Tisch schlug, zog Eldrid nur spöttisch eine Augenbraue hoch. „Der Herr im Haus hat gesprochen“, neckte sie ihn. „Hadamar wird dir zu Füßen liegen und dir alles haarklein berichten, was du wissen willst... Was willst du denn in Rom?“

  • Koks und Nutten. Beziehungsweise: Met und Lupae. Audaod grinste nur. Er wüsste tatsächlich einige Möglichkeiten, Beute und Plündergut in Windeseile zu verprassen. Würfelspiel, Wetten auf Hundekämpfe, gutes Essen. Hach, das Leben konnte so prall sein, wenn man nur das nötige Kleingeld besaß.


    "Was ich in Rom will?", wiederholte er den Sinngehalt der abschließenden Frage, die Eldrid ihrem Vetter da so unvermittelt stellte. Darüber musste er tatsächlich erstmal einen Moment lang grübeln. "Tja, das...weiß ich noch nicht so genau..." Er kratzte sich ratlos am Kinn und schob sich dann erstmal zwei, drei Löffel vom Eintopf in den Mund. Beim Kauen grübelte er weiter. "Rom ist groß. Rom bietet viele Möglichkeiten. Eldrid, ich könnte alles werden." Jetzt konnte man ihm ansehen, wie sich langsam eine Idee bildete. "Ich könnte ein großer Kaufmann werden, mit duccischen Glaswaren oder unserem schmackhaften Met handeln. Oder in den Staatsdienst gehen als Eques, als irgendein Procurator. Oder..." Ja, oder? "...ich werde Senator." Audaod grinste wieder. Das wäre doch was. Ein duccischer Senator in Rom. Eine Sensation!

  • http://img850.imageshack.us/img850/3856/eldrid.png Eldrid sah ihren Vetter kaum an, als der über ihrer Frage grübelte, sondern aß weiter von dem Eintopf. War nun eher wenig überraschend, dass Audaod ins Stottern kam und auch danach eher Allgemeinplätze von sich gab. Seine Schwärmerei klang mehr danach, wovon so viele junge Burschen hier schwärmten... Rom. Rom! Die ewige Stadt, das Zentrum des Reichs. Eldrid hatte immer ein wenig Mühe das ernst zu nehmen, wenn ihr einer so kam, und Audaod war da keine Ausnahme. Sie kratzte sich kurz am Ohr, in einer Geste, die die gleiche war wie die, die Hadamar immer machte. Nur mit dem Unterschied, dass ihr Bruder sie machte, wenn er verlegen war – und sie, wenn sie gerade eher desinteressiert war oder zweifelnd. Aber ganz ehrlich: Kaufmann, Eques, Senator, damit klapperte er doch gerade alles ab, was es so an Möglichkeiten gab in Rom, jedenfalls nach allem was Eldrid so wusste. „Unserem schmackhaften Met?“ Sie konnte nicht anders, als sie das hörte musste sie grinsen. „Das hast du jetzt nicht gerade ernsthaft gesagt. Unser schmackhafter Met, äffte sie ihn nach, ihre Stimme verstellt, so dass sie tiefer klang. „Kaufmann in Rom wär was Neues, als Senator trittst ja doch nur in Alriks Fußstapfen“, frotzelte sie ihn, und es wurde ziemlich deutlich, dass sie ihm nicht wirklich glaubte dass er seine Schwärmereien ernst meinte.

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