Ohne große Umschweife fuhr er fort:
"Es war beabsichtigt sie zu treffen. Des Nachts war uns recht und es war wohl nicht dem Glück, denn etwas Größeren zu verdanken, das es geschah wie erhofft. Sie lagerten auf der anderen Seite einer Hügelkette. Sie fühlten sich so sicher, das es ihnen verwehrt blieb die Logik von außen stehenden Wachen auf den höheren Lagen ums Lager verteilt zu erkennen. Sie wurden von unserem besten Mann in dieser Kunst ausgespäht und ich erkannte nach seinem Bericht, das mir die Götter ein Zeichen geschickt haben mußten, damals in dieser Nacht als ich diesen hell erleuchteten Haufen das erste Mal erblickte. Unsere Chance war gering, aber nicht aussichtslos. Wir mußten sie barbarisch aus dem Hinterhalt nehmen..."
Der Zweck heiligt die Mittel wie man so schonungslos sagt.
"Um Mitternacht schlichen wir uns ins Lager. Wir sorgten dafür, das keine Wache auch nur die Möglichkeit hatte uns zu verraten. Es war leichtsinnig einem von ihnen das Leben zu schenken und sie nur zu betäuben. Wir wüteten unter ihnen. Ich erspare euch gern die Einzelheiten noch heute quälen mich Alpträume von dieser Nacht."
Es waren vorallem die flehenden Fratzen derer, die ihren Tod kommen sahen und trotzdem keine Gnade zu erwarten hatten, welche den Hadrianus manchmal noch heute aufsuchten. Besonders heißes Wetter, eine dämsige Nacht waren dafür der beste Nährboden.
"Unser Späher hatte einen Wagen ausgemacht, der darauf hindeutete das Gefangene mitgenommen wurden und die Signums der Truppe deuteten darauf hin, das Osroes diese Männer befehligte oder sie mindestens zu seiner persönlichen Satrapie gehörten. Diese Zusammenhänge ließ uns das Risiko kleiner erscheinen nachzusehen. Es war eine Art Gabe, die uns dazu trieb die winzige Möglichkeit in Betracht zu ziehen, der verlorene Sohn Roms könnte in diesem Tross sein. Es war unsere Pflicht nachzusehen und wir sahen nach. Wie durch ein Wunder gelang es uns in den inneren Kreis zu dringen, um den Wagen zu erreichen..."
Er stockte in seinen Worten, die Vergangenheit holte seine Gedanken wieder ein.
"Ich war erschüttert den Senator anzusehen, er sah furchtbar gezeichnet aus und er schien kraftlos. Unser Eindringen war schnell verlaufen, es war reibungslos verlaufen und ich wollte die Geduld der Götter nicht zu sehr strapazieren. Also trieb ich die Männer leise dazu and en Wagen zu öffnen, hielt mich mit Floskeln dem Senator gegenüber zurück... vielmehr gebot ich auch ihm harsch sich zu eilen. Aber es nützte nichts, das Öffnen des rostigen Schlosses war zu laut. Von der Menge her mußte es eine Zeltladung sein. Ich bemerkte sie erst, als sich ein Stahl in meiner Schulter anfühlte. Zu meinem Glück hatten sie nicht den Schlachtarm erwischt. Hastig wüteten wir wieder und ich kann nicht behaupten, das es mir leid tat sie alle am Ende tot zu sehen. Wir lauschten und wir hasteten eiligst aus dem Lager, brachen noch in der selben Nacht unser eigenes Nachtlager ab und ritten in Richtung Süden davon. Ich muß eingestehen, wir haben den Senator von der ersten Minute an wie einen einfachen Menschen behandelt, das tut mir im Nachhinein leid, aber unsere schreckliche Unterzahl trieb uns dazu an so schnell wie möglich aus dem Umkreis deses Partherpacks zu kommen."
Er leckte sich nervös über die Lippen. Immerhin hatte Herius das Gefühl, das der Decimus ihnen sehr dankbar war, aber er sah es als seine Pflicht an auch diese Tatsache in dem Bericht nicht auszulassen.
"Es fühlte sich sicherer an nach Süden zu reiten. Im Westen würden sicherlich hastig Straßen und Brücken gesperrt. Sie würden die Grenze schließen oder großzahlige Patrollien aussenden. Keiner dürfte darauf gekommen sein, das wir uns nach Süden wenden würden, um unter größmöglicher Geschwindigkeit der Tiere zum arabicus sinus zu gelangen. Wenige Tage später wurde uns bewußt, das uns eine große Zahl Reiter auf den Fersen war. Mancher Tags sahen wir sie sogar am Horrizont im Rücken. So wie sie uns wahrscheinlich. Wir rasteten kaum, wir trieben die Tiere bis zur völligen Erschöpfung und wir selbst waren dem Verausgabungstod sehr nah. Nach Wochen der Hatz, kaum Schlaf, kleine Rationen und vorallem zuwenig Wasser, traf uns ein Sandsturm, der von den Kamelen schon lange vorher erkannt wurde. Irgendwie hatten wir die Tiere auch studiert, wir hatten gelernt auf ihre Empfindungen zu horchen, denn auch auf den anderen Etappen waren wir von diesen Stürmen heim gesucht worden, aber dieses Mal waren die Tiere völlig planlos. Sie schienen nicht zu wissen wohin, sie setzten sich einfach in den Sand und folgten keinem Befehl mehr. Ich, wir geboten den Söldnern ruhig zu bleiben und ihre Tiere als Schutz zu nutzen. Der Sturm schien Stunden zu heulen, der Sand krock in die letzte Ritze, es war schwierig die Augen zu schützen und sonst bei den Kamelen zu verharren. Am Ende sahen wir, das die meisten Söldner verschwunden waren. Einzigst ihr Anführer grub sich aus dem Sand. Wir hatten die Männer nicht im Kampf, sondern durch die Naturgewalt verloren."
Wieder dachte er für den Moment an diese Zeit. Es schnürte ihn den Hals zu, aber die Senatoren warteten darauf weitere Details zu erfahen, so krächzte er eine Weile weiter bis sich seine Stimme wieder normalisierte.
"Die Hoffnung bestand, das unsere Spuren komplett verwischt waren. Wir trieben uns an diese Wüste lebendig hinter uns zu lassen. Wir ritten weiter nach Süden und wir legten nun längere Pausen ein. Neben der gefährlichen Gewissheit die Verfolger abgeschüttelt zu haben, war es auch die Erschöpfung, die uns mit jedem Tag länge rasten ließ. Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht erahnen konnten, war die Tatsache, das diese Wüstenhunde geniale Spurensucher waren. Sie rückten mit jedem Tag uns näher auf die Fersen und sie schafften es sich vor uns völlig zu verbergen. Ich gestehe, das wir lange die aufwendige Sichtlinie aufgegeben haben, wie sollten vier Mann auch für ausreichend Flankenschutz sorgen?!"
Es war einen Augenblick still. Der Hadrianus überlegte sichtlich angesterengt. Wie hieß nochmal die Hafenstadt? Er kam nicht drauf, ließ den Namen aus.
"Das Meer erreichten wir und es wartete sogar eine Hafenstadt auf uns. Wir versorgten uns ein Schiff und die Decima-Brüder kauften Proviant. Ich konnte nicht glauben, was ich leicht dösend am Pier sah. Der Hafen lag unterhalb einer Hügelkette und ihre höchste Kante war glatt wie eine Düne, denn es war auch eine Sanddüne. An einer Stelle aber stand der Nacken schroff und abgezackt hoch. Ich mußte mich lange daran gewöhnen, aber die Gewissheit was ich dort sah, erbrach sich in meiner Seele als das planke Entsetzen. Ich wurde nervös, denn die Brüder waren noch nicht zurückgekehrt, das Schiff lange nicht beladen und so schien es mir, die Punkte oben auf dem Dünengrat begannen zu hüpfen. Sie kamen näher und sie würden die Stadt schnell erreichen. Ich begann den Kaptän anzutreiben, er hatte natürlich die Ruhe weg und ließ sich nur mit Münzen anfüttern. Irgendwann erschienen auch die Decimer angeschlendert. Es wurde knapp.... sehr knapp. Wie durch ein neuerliches Wunder wurden die Parther kurz vor dem Hafenbecken gebremmst, Decimus Livainus und Decimus Magnus erreichten die Planke und schwangen sich hinauf. Das Schiff glitt fort vom Pier und nur der gute Schutz des Schiffholzes verhinderte, das die parthischen Pfeile so kurz vor dem glücklichen Ausgang unserer Flucht noch jemanden verletzten oder gar töteten. Wir fuhren nach Aegyptus. Einige Tage lang. Natürlich war das nicht die beste Wahl für einen Senator. Aber ehrlich gesagt sah Decimus Livianus keinem Senator ähnlich. Der Weg in die Stadt war ebenso abenteuerlich, wie unser 'Eindringen' in die Regia Praefecti. In dieser Provinz verblieben wir reichlich einen Monat. Die besonders angenehme Gastfreundschaft des Praefectus Aegypti Decius Germanicus Corvus ist es zu verdanken, das sowohl der Senator Decimus wieder als Solcher zu erkennen ist, als das auch wir unsere Wunden auskurieren konnten. Unser Dank gilt seiner Aufopferung und Geduld."
Ansich war er zum Ende gekommen. Er hatte sich zum Schluss wirklich kürzer gefasst, denn der Anfang lebte in zu weiten Ausschweifungen aus. Herius spürte nicht nur eine trockene Kehle, nein er spürte überhaupt keine Kehle mehr und freute sich schon auf den ersten Becher verdünnten Wein nach dieser Anhörung. Er wartete auf Fragen oder darauf, das man sie entließ.