Hortus | Unkraut & Co.

  • Der alte Araber hatte Marhabal bis zur Villa Claudia gelotst, hatte ihn an Sharif vorbeigeschleust und durchs Atrium bugsiert. „Bei Manaat, siehst du die Pflanzen hier?“ Er zeigte ihm, wie es im Atrium aussah. Nachtschattengewächse waren im hellsten Licht aufgestellt, und gerade jene Pflanzen, die Licht am Dringensten nötig hatten, waren im Schatten augestellt, hingen traurig und vertrocknet von Töpfen, die am Dachstuhl im Gebälk platziert waren, herunter.


    Saud zog an einer der Pflanze, der vertrocknete Zweig brach sofort ab. „Ums Atrium müsstest du dich auch kümmern, hier schaut es traurig aus...“, meinte er und zog ihn dann weiter in den Garten.


    Zwar hatte Menecrates zu seiner Tochter gesagt, der Garten wäre in Ordnung, doch jeder, der von der Materie eine Ahnung hätte, würde wissen, dass dem nicht so war. Vielmehr konnte man sehen, dass die meisten Bäume etwas an der Rinde hatten. Weinreben, die sich an der Mauer emporrankten, hatten Wurmstich und weiße Flecken auf den Blättern. Das Gras war von unregelmäßiger Farbe und unterschiedlicher Dichte. Die Blumen waren welk. Und die Wege, die über den Garten führten, waren von Moos überwachsen.


    Doch das grösste Problem war das Unkraut, welches im Garten wilde Urstände feierte. Es überwucherte Teile des Rasens. In manchen dunklen Ecken sprossen die Brennesseln empor. Zwischen den Blumen blühten Gewächse, die sicher nicht in den Garten einer patrizischen gens gehörten.


    Hier war etwas überhaupt nicht in Ordnung. Saud blickte Marhabal an. „Denkst du, du könntest das schaffen?“, meinte er zu ihm.

  • Der Punier folgte dem Sklaven zum Domus der Claudier. Es war schon ein beachtliches Heim welche sie ihr Eigen nennen konnten. Und wenn der Garte auch so war, so hatte er wenn er denn die Arbeit annhemen würde, einiges zu tun.
    Als sie am Atrium vorbeikamen und ihm eröffnet wurde das er sich darum auch noch zu kümmern hätte, meinte er trocken.


    Gut, das kostet aber extra!


    Dann kamen sie in den Garten und er sah was er eigentlich nicht sehen wollte. Hier war in der Tat alles Kraut und Rüben. Das sich so eine Gens keine Sklaven leisten konnten welche sich um den Garten kümmerten, war der Wahnsinn.
    So riß er nur die Augen auf und wußte im ersten Moment nicht was er sagen sollte.


    Ähm. Was soll ich sagen. Weißt du was das an Arbeit ist?


    Fragte er Saud eher so beiläufig als er weiterhin dieses Chaos bestaunte.


    Aber zu schaffen könnte es schon sein, es wird halt dauern.

  • „Wenn es das tut, inschallah, man kann da nichts machen.“, versetzte Saud nur trocken. Es war ja nicht sein Geld, welches Claudia Romana zu verschleudern gedachte. „Du siehst, Arbeit wirst du genug haben. Was das an Arbeit ist, weiß ich nicht, ich verstehe wenig von der Natur.“ Was brauchte man schon Grünzeug! Eine ordentliche Wüste wäre ihm lieber.


    „Du siehst, der Garten ist ein bisschen schleifen gelassen worden. Und eben das hat die Gens Claudia vor zu ändern. Du siehst, ich denke, da müsste man vielleicht ein wenig hacken, ich verstehe jetzt gar nichts davon, und dort sollte man vielleicht was schneiden...“ Kreuz und quer gingen diverse vage Bewegungen.


    „Und vielleicht, ich glaube einmal...“ Saud wäre in seinen ahnungslosen Ausführungen noch weiter fortgeschritten, wenn ihn nicht eine weibliche Stimme unterbrochen hätte. „Du hast einen Gast gebracht, Saud?“, lachte sie, und noch bevor Saud herumfuhr und sie demütig anblickte, wusste er schon, wer das hinter ihm war. „Ja Herrin.“, sagte er also nur. „Das hier ist ein Gärtner, ich habe ihn in Rom gefunden, er...“ „Wunderbar!“, unterbrach Romana das salbungsvolle Gelabere ihres Sklaven und ging auf Marhabal zu.


    „Gärtner bist du also, soso.“, meinte sie, ging lockeren Schrittes auf die beiden zu und lächelte den Fremden nonchalant, vielleicht ein kleines bisschen sich überlegen vorkommend an. „Ich bin Romana von den Claudiern, Tochter des Senators Claudius Menecrates. Was ist deine Nase... äh, dein Name, Gärtner?“


    Sie hatte durchaus eine Schwäche für Gärtner, selbst wenn sie so krumme, seltsame Nasen hatten wie der Punier. Und einen sehr, sehr schmüseligen Bart, mit dem man eigentlich sich nicht einmal in einer plebejischen Casa sich hätte blicken lassen konnten. Doch Romana war bereit, über die Rasur hinwegzusehen. Wenngleich die Nase höchst interessant war. War sie vielleicht aus Pappe? Mutter Natur würde sicher nicht Gestalten mit einer solch komischen Nase frei herumrennen lassen.

  • Ein bisschen war gut. Der Mann konnte herlich untertreiben. So schüttelte der Punier sprachlos den Kopf.


    Als er dann doch antworten wollte, hörte er hinter sich eine Frauenstimme. Er drehte sich um und grüßte wie es sich gehörte.


    Salve Herrin! Ähm jain. Nicht direkt aber ich kenne mich in der Gartengestaltung ein klein wenig aus. Ich bin gerade dabei den Garten meines Patrons herzurichten. Er sieht in etwa diesem ähnlich.


    Gab Marhabal zu und grinste ein wenig.


    Mein Name ist Appius Tiberianus Marhabal Herrin.


    Und verneigte sich leicht.


    Dies war also die Herrin von welcher der Sklave bericht hatte. In der Tat, sie hatte was wenn auch Marhabal nicht genau wußte was. Aber vielleicht fand er dies ja wärend den Arbeiten hier noch heraus. 8)

  • Romana hatte den Fremden nicht begrüßt. Das fiel ihr jetzt gerade auf, als der Mann sie grüßte, aber es war jetzt schon zu spät, um den Fehler zu rektifizieren. Sie war halt abgelenkt gewesen von ihrer Zuwendung an den Garten und vor allem, von der bemerkenswerten Nase des Puniers. Die Versuchung, sie einfach zu packen und daran herumzuknubbeln, war fast unwiderstehlich, und nur mit Mühe konnte Romana dieser Versuchung widerstehen. Ein bemerkenswerter Gesichtserker, durchaus. 8)


    „Nicht direkt?“, widerholte sie und blickte auf Saud, welcher jetzt noch etwas kleiner wirkte als vorher. „Aber Erfahrungen hast du? Hm, wie heißt denn dein Patron? Sein Garten muss ja in einem schrecklichen Zustand sein, dass er so ausschaut wie unserer.“, meinte sie ein wenig zynisch und lächelte dabei.


    „Freut mich auf jeden Fall, dich kennenzulernen, Tiberianus Marhabal. Du bist wohl ein Freigelassener der Tiberier, hm?“ Das erklärte einiges, diese Spinner standen sicher auf solche skurrille Gestalten wie diese vor ihr. Er sähe ja noch akzeptabel aus... wenn diese Nase nicht wäre! Krampfhaft versuchte sie, nicht hinzuschauen, sonst hätte sie einen Kicherkrampf gekriegt.


    „Also, in der Gartengestaltung kennst du dich aus? Das klingt schon einmal sehr gut. Wärest du bereit, für uns zu arbeiten? Denn dann könnten wir ja ins Arbeitszimmer meines Vaters, des verehrten Senators Claudius Menecrates, gehen und einen für beide Seiten akzeptablen Preis ausverhandeln.“, bot sie an, während sie versuchte, ihre rechte Hand unter Kontrolle zu halten.


    Solch eine verrückte Nase! Die gehört ja wohl einmal kräftig zwischen Daumen und Zeigefinger geklemmt und mal tüchtig herumgedreht. ;)

  • Marhabal kam es schon ein wenig merkwürdig vor das die Claudierin ihm permanent so in Richtung seiner Nase anstarrte.


    Sicher habe ich Erfahrung! Mein Patron heißt Quintilius Valerian. Kennst du ihn vielleicht Herrin?


    Manchmal war ja Rom wie ein Dorf und selbst die Patten kannten einige Plebs.


    Ja doch, er schaut recht mitgenommen aus. Ich war gerade auf dem Weg einiges Grünzeug zu kaufen als ich an deinem Sklaven vorbeikam.


    Bei der Bemerkung das er ein Freigelassener sei, nickte der Punier.


    Ja Herrin, so ist es!


    Wie lange er denn nun frei war oder was auch immer, hatte sie ja im Moment vielleicht noch nicht zu interessieren, so schwieg er das Thema aus.


    Und wieder zielten ihre Blicke auf seine Nase. Wo war er hier nur gelandet? Wollte sie vielleicht nur ein Spielchen mit ihm machen oder gar etwas ganz was anderes? Auf alle Fälle war ihm diese Romana nicht geheuer.


    Wenn ich ehrlich bin so glaube ich nicht das ihr mich wirklich bezahlen könnt so wie der Garten und das Atrium aussehen. Die Arbeit welche hier reingesteckt werden müßte, da könnte ihr euch auch ein Mosaik legen lassen das würde euch wohl in etwas das Gleiche kosten.


    Er sah sich den halben Urwald an und schüttelte den Kopf.

  • „Quintilius Valerian?“, murmelte Romana und verzog ihre Augenbrauen, um kurz nachzudenken. „Ich denke nicht, dass ich je von ihm gehört habe.“ Sie blickte, als sie sprach, dem Punier fest auf die Nase. Sie kannte niemanden aus der Soldateska, und schon gar keinen Prätorianeroptio. Auch die Quintilia war ihr kaum ein Begriff.


    „Tja, dann wünsche ich dir viel Glück dabei...“, meinte Romana in Hinblick auf den quintilischen Garten. Dass er Freigelassener sei, quittierte sie mit einem Schulterzucken, sie war nicht wirklich interessiert an der Geschichte eines ehemaligen Sklaven. Wieso er freigelassen worden war, lag auf der Hand – sein früherer Herr hatte den Anblick dieses skurillen Mannes nicht mehr ertragen können. „Gratulation zur Freilassung.“, sagte Romana also und wollte ein bisschen aufmunternd in die Richtung seiner Nase lächeln, da passierte etwas.


    Aus dem Freigelassenen brach ein Sprudel von Worten aus dem Mund, was ja das Organ direkt unter der Nase war. Diese Worte waren absolut ungehörig und verschlugen Romana die Sprache. Scharf saugte sie Luft ein, als der Kerl begann, die claudische Familie zu diffamieren.


    „Was fällt dir ein.“, zischte sie. Ihre Augen weiteten sich, es schien sie, als würde die schon von natur aus groß gewachsene Romana noch ein Stück wachsen. Sie trat einen Schritt auf ihn zu und blickte auf ihn herunter. „Du haltest uns wohl für arm, Marhabal.“ Noch immer der selbe erzürnte Tonfall, der ihre gerade noch ruhige, gelassene Stimme abgelöst hat. „Jetzt sag ich dir mal eines, Zwerg Nase.“ So, jetzt war es heraus, was sie über Marhabals eher klägliche physikalische Erscheinung dachte. „Wir haben Geld, das kann ich dir sagen. Wir hätten dich mit Geld überschütten können. Aber wenn du es vorziehst, dich über uns lustig zu machen...“ Ihre Stimme schwoll an, ihr Gesicht verfärbte sich leicht in Richtung Rotton, „...dann hast du NICHTS hier verloren, du elender Stümper. Verzieh dich! Du kannst gleich wieder zu deinem unglückseligen Patron zurückgehen. Und rasier dich mal, bei Iupiter! Saud, zeige ihm den Weg raus, und schau, dass dieser Nasenaffe nichts mitgehen lässt!“, wies sie ihren Sklaven mit harter Stimme an. In Bezug auf ihre Familie war sie recht empfindlich. Ein letztes Mal wurde Marhabals Nase taxiert, dann drehte sich Romana um, nicht ohne Saud nochmals einen strafenden Blick zu geben.


    Jener kratzte sich leicht verlegen am Kopf und sah seiner Herrin nach, als sie davonstampfte. Das würde nicht gut für ihn enden... er blickte auf Marhabal. „Hmmm...“, war das einzige, was er hervorbrachte. „Dann... gehen wir.“ Er wies in Richtung Gartentüre.

  • Der Punier wollte ja noch etwas auf den Wortschwall seiner Gegenüber erwidern, dachte sich aber dann es würde eh nichts bringen und verabschiedete sich mit den Worten.


    Es war mir eine Ehre dich kennen zu lernen Herrin.


    Und grinste breit. Die Patrizier waren halt doch ein Völkchen für sich, da konnte einer sagen was er wollte.
    Er folgte Saud und begab sich wieder auf den Markt zum Sklavenhändler wo er hoffte das sich auch sein Patron dort eingefunden hatte.

  • Im Garten musste etwas getan werden. In diesem Garten musste sogar unbedingt etwas getan werden. Als ich ihn zuletzt sah, war er schon in einem schlechten Zustand, aber das hier, war etwas, über das man besser nicht sprach, sondern einfach nur erwähnen sollte, dass im Garten etwas getan werden muss. Ein kurzer Blick reichte jedenfalls aus, um eine wichtige Feststellung zu machen: Abreißen, neu aufbauen! Das wäre wesentlich effektiver gewesen. Allerdings hallte mir eine Stimme im Ohr die davon sprach, nie eine Pflanze verloren zu geben. Ich seufzte, ‚gut‘, dachte ich, ‚also nicht verloren geben, sondern aufpäppeln und gesunden lassen.‘ Ob ich das allerdings durch meine eigenen Hände schaffen würde oder nur durch ein Wunder, ließ ich gedanklich bei Seite.


    Mir ging es vorerst nur darum, mich umzusehen und mir Gedanken darüber zu machen, wie ich in diesem Garten vorgehen könnte. Viele der Pflanzen waren übergossen, das war leicht zu sehen; andere hingegen schienen schon zu lang kein Wasser mehr gefühlt zu haben, auch das war zu sehen. Das deutlichste Zeichen für einen Pflegemangel war das viele Unkraut, das sich überall verteilt hatte. Eine der ersten Aufgaben sollte also darin liegen, es zu zupfen, dann wäre es auch sicherlich leichter, ein Gesamtbild der Lage zu bekommen, weil das Unkraut einfach zu sehr ablenkt und den Blick bannt. Dann musste noch geprüft werden, welche Pflanze, bei der kommenden Kälte, überhaupt geeignet war, draußen zu stehen und ob es in diesem Zusammenhang sinnvoll gewesen wäre, sie an einem wärmeren Ort überwintern zu lassen. Daran anschließend musste geprüft werden, ob die jeweiligen Pflanzen überhaupt an einem geeigneten Ort standen. Manche von ihnen waren Lichtfresser, andere zogen den Schatten oder Orte mit wenig Licht vor. Dazu müsste mir allerdings jemand helfen, der weiß, wo die Pflanzen am besten stehen sollten, da ich viele dieser Arten nicht kannte, weil sie aus anderen Regionen kamen als ich.


    Vielleicht wüsste mein Freund Sharif etwas darüber oder zumindest jemanden, den ich hätte fragen können. Sharif war ein guter Kerl, ich mochte ihn. Er hatte eine herzlich grimmige Art an sich. Das machte ihn mir sehr sympathisch. Ich konnte mir schon gut vorstellen, mit welchen abweisenden Worten er auf meine Frage reagieren würde.


    Heute früh war eine der Sklavinnen an mir vorbeigehuscht, die ich sicherlich fragen könnte. Allerdings müsste ich sie dafür erst einmal zu fassen kriegen. Sie ist die ganze Zeit unterwegs und hat scheinbar überhaupt keine Ruhe für irgend etwas, weil ihr Alltag sie hin und her hetzt. Das sie kaum an das Sonnenlicht kam, sah man ihr an. Direkte Sonneneinstrahlung läßt die Haut schließlich schnell altern. Bei ihr war davon jedoch nichts zu sehen. Sie gehörte zu den Frauen, bei denen ich aufpassen musste, nicht auf meine Zunge zu treten, wenn ich sie sah. Entsprechend schwierig ist es für mich, die richtigen Worte, oder überhaupt Worte, zu finden, wenn ich ihr gegenüberstehe. Einige dieser Situationen kamen mir in diesem Moment wieder vor die Augen und ich schüttelte den Kopf, weil ich mich so tölpelhaft benommen hatte. Nun ja, so war das jetzt.
    Jedenfalls verstand ich nicht, wieso sie sich ständig von einem Ort an den nächsten scheuchen ließ. Musste sie wirklich diese vielen Aufgaben bewältigen oder nahm sie einfach nur zu viele Aufgaben an, die sie letztlich gar nicht machen musste. Natürlich konnten wir Sklaven nicht einfach nichts tun oder frei über unsere Arbeit verfügen, sondern hatten feste Aufgaben, die es zu erfüllen galt. Wir alle hatten unsere Arbeit, der wir nachkommen mussten. Sie bestimmten allerdings nicht jeden Augenblick unseres Lebens. Es gab auch Moment der Ruhe, Momente um durchzuatmen, selbst wenn sie manchmal nur klein waren. Bei ihr schien das nicht so zu sein, diese Momente gab es bei ihr nicht. – Die Sonne läßt die Haut altern – was ist eigentlich mit der ganzen Arbeit? Läßt sie die Haut vielleicht nur bei zusätzlich ungesunder Ernährung altern? Auf jeden Fall dürfte sie die Seele altern lassen. Und wenn dieser Punkt erreicht ist, dauert es nicht mehr lang und das Altern befällt auch den Körper. Das kann nur zu Magengeschwüren führen.
    Es erinnert ein wenig an diesen Garten. Blumen, die zu viel Wasser haben, gehen ein. Das Wasser, das sie zu viel bekommen, kann noch eine Weile kompensiert werden, auf Dauer läßt es aber ihre Blüten welken. Letztlich ersaufen sie an dem, was zu viel ist und gehen daran kaputt. – Manchmal möchte ich sie zu gerne packen und ihr in den Hals schreien. Aber, wenn das Sprechen schon nicht funktioniert...
    Na ja, sie ist ein Sklavin, möglicherweise wollte sie es den Herrschaften auch einfach nur Recht machen. Vielleicht ist sie aber auch die Sklavin ihrer vielen Aufgaben geworden.


    Sie konnte ich also nicht fragen. Mir fiele schon etwas anderes ein. Wie heißt es doch, man wächst an seinen Aufgaben. Und Blumen sind immer eine Herausforderung.

  • In eine viel zu große Palla gehüllt spazierte Sisenna ins Freie. Sie warf bei jedem Schritt einen Ball in die Höhe und hatte wegen dem großen Umfang Mühe, ihn aufzufangen. Zudem verdeckte er ihr beim Fangen die Sicht, sie konnte kaum auf den Weg achten. Als die Palla zu rutschen anfing, musste sie ihr Spiel unterbrechen. Sie versuchte, den Ball unter den Arm zu klemmen, um mit der freien Hand die Palla zu richten. Dabei bemerkte sie den Mann im Garten. Sie ging auf ihn zu, während sie die großen Stoffbahnen zusammenhielt. Ihre Stirn lag in Falten und sie bemühte sich, einen kontrollierenden Blick zu machen, wirkte dabei jedoch eher putzig.
    „Was machst du denn hier?“

  • Prüfend ging ich also durch den Garten. Mir fiel ein, dass ich nicht ohne weiteres beginnen konnte das Unkraut zu rupfen. Es hätte schließlich möglich sein können, dass ich etwas für Unkraut hielt, was es gar nicht war. Bei den vielen verschiedenen Pflanzen die hier im Garten standen, hätte es durchaus sein können, dass ich etwas gerupft hätte, was hier stehen sollte. Zum größten Teil machte es zwar nicht den Eindruck, allerdings konnte ich mir dessen nicht sicher sein. Und so musste ich auch diesbezüglich fragen, was nicht gewollt war und was stehen bleiben sollte. Nun gut, war zwar auf den ersten Blick seltsam, aber mir es die proffessionellste Alternative zu sein.


    Ich ging weiter, auf einige der Pflanzen zu, und sah mir die Blätter näher an. Auch wenn sie mir unbekannt waren, konnte ich dennoch erkennen, dass sie Wasser brauchten oder zuviel hatten. Aus der Näher sah man den Mangel besser und konnte auch besser beurteilen, ob es eventuell an der Jahreszeit lag oder einfach an der Versorgung. Als ich mich in die Hocke begebenhatte, um die Feuchtigkeit des Bodens zu fühlen, hörte ich von irgendwo eine Stimme. Im ersten Moment dachte ich noch, dass eine der Pflanzen mit mir gesprochen hätte, weil die Stimme so ungwöhnlich klein klang. Entsprechend verwundert sah ich nach oben. Natürlich war es keine Pflanzen; auch wenn ich manchmal mit Blumen spreche, hatte mir bislang noch keine geantwortet, jedenfalls nicht, wenn ich nüchtern war. Und solche Vorfälle gab es nur dort, wo ich herkam – in einem anderen Leben.


    Es war also keine der Pflanzen, also stand ich auf und drehte mich um. Erst sah ich niemanden. Dann sah ich genauer hin und bemerkte, dass ich einfach weiter nach unten sehen musste. Ein Kind hatte gesprochen, das erklärte die kleine Stimme. Zuerst wollte ich ihr erwiedern, dass ich mit ein paar Ameisen Murmeln spiele, dann aber bemerkte ich die große Murmel in ihrem Arm. Schon lange hatte ich keinen Ball mehr gesehen. Erinnerungen wurden wach, an meine Kindheit und an diverse Spiele die wir gemacht hatten. Gut, dass das vorbei war. Ich musste immer mit den Großen spielen und die waren immer besser als ich. Da machte das Spielen nicht wirklich Spaß. „Ich sehe mir die Pflanzen hier im Garten an. Einige davon sind nicht mehr gesund und ich kümmere mich darum, dass sie es wieder werden. Und du?“

  • Sisenna verfolgte das Aufrichten des Mannes mit den Augen. Es sah so aus, als würde sein Wachstum kein Ende nehmen, denn sie musste den Kopf in den Nacken legen. Ihr Mund stand eine Weile offen, dann besann sie sich auf seine Worte.


    „Und woran siehst du, dass die Pflanzen gesund sind oder nicht? Und was machst du, wenn sie krank sind? Und wieso werden die Pflanzen überhaupt krank?“


    Dann machte sie eine kurze Atempause, bevor sie flüsternd weiterfragte: „Wie wird man denn so groß wie du?“

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