[Domus] Tribunus Angusticlavius Servius Artorius Reatinus

  • Reatinus saß in seinem Cubiculum und kümmerte sich noch um einige Berichte aus seinen Betrieben, bevor Bashir ihn aufsuchte. Immer und immer wieder schweifte sein Blick zur Todesmeldung seines Verwandten Menas, die er schon seit einigen Tagen hier hatte, doch noch nicht richtig verdaut hatte. Er wollte sie ständig öffnen, immer wieder aufs Neue lesen. Schwer fiel es ihm, es nicht zu tun, doch war er auch realistisch genug zu erkennen, dass es ihm dann nur noch schwerer auf dem Herzen liegen würde. Immer wieder die gleichen Zeilen. Und doch trafen sie bei jedem Lesen, und auch wenn er sie schon in- und auswendig vom vielen Lesen her kannte. Am liebsten hätte er den Brief verbrannt.
    Seine Faust war von jenem Tage, als er mit all seiner Kraft gegen eine Wand im Lager schlug, noch ordentlich angeschlagen und im Valetidunarium verbunden worden. Was er gemacht hätte, hieß es... natürlich musste er sagen, er sei gestürzt. Wie sollte er auch zugeben, dass er sich die Hand selbst verletzt hatte?


    Bashir riss ihn dann aus den Gedanken, als er hereintrat und Reatinus erzählte, hier wäre ein Artorier zu Besuch. Zunächst dachte er, der Parther wollte den krisengebeutelten Artorier auf den Arm nehmen, machte sich doch tatsächlich lustig über seine Situation! "Ja ja", sagte er gelangweilt, "Bring' mich zu dem Knirps, damit ich ihm Manieren beibringen kann. Der kommt so schnell nicht wieder." Wer hätte auch damit rechnen können, dass es seit Jahrzehnten dieser Celer war, den Reatinus nur als Kleinkind noch in Erinnerung hatte? Eigentlich dachte Reatinus, sie wären alle tot. Und davon ging er auch aus, als er mit Bashir das Cubiculum nach einem mit lautem Seufzen begleiteten Schwung vom Schreibtisch verließ und auf das Atrium zumarschierte.


    Dort sah er ihn. Ein junger Mann, mit vertrautem Antlitz und doch unbekannt. "Salve", sagte Reatinus rein formal zu dem Jungspund. Er überlegte - irgendwoher war ihm dieser Mann nicht unbekannt. Doch so lange ihm das nicht einfiel, war er ein Fremder, der ihn verschaukeln wollte. "Wer bist du? Siehst nicht unbedingt aus wie ein Artorier!"

  • Die Nervosität kehrte mit jedem verstreichenden Augenblick vermehrt zurück und mit ihr die Fragen und Zweifel. War es wirklich richtig gewesen hierher zu kommen? Ja, er wollte Antworten, wollte wissen ob er der Letzte seiner Familie, der Letzte seiner Art war. Aber war es dennoch richtig gewesen? Hätte er nicht lieber einen Brief schreiben sollen? Immerhin war er des Lesens und Schreibens kundig, sogar recht passabel. Aber er hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt, das ein solcher viel zu unpersönlich gewesen wäre. Ausserdem hatte er einfach nicht gewusst, was er da hinein hätte schreiben sollen. Er wusste zwar auch jetzt noch nicht so genau, was er sagen sollte - darüber hatte er sich so manche Strecke von Rom hierher den Kopf zermartert und halbe Nächte vor dem Marsch und während dessen, aber er war zu keinem wirklichen Ergebnis gekommen, ausser dem, dass er es einfach würde auf sich zukommen lassen müssen. Bei dem Sklaven hatte es ja einigermaßen geklappt. Zumindest hatte dieser ihn nicht gleich wieder vor die Tür gesetzt. Aber hier? Wenn er nun diesem Artorier gegenüber stehen würde? Würde er überhaupt ein Wort heraus bekommen? Vor Allem, war dieser wirklich einer seiner Familie?


    Er nippte nervös an dem Wasser ohne wirklich etwas davon aufzunehmen. Als er Schritte hörte, stellte er den Becher, den er mittlerweile von dem anderen Sklaven erhalten hatte, irgendwo ab - er sah nicht mal wirklich wo - und erwartete mit leicht nervös zitternden Händen den Ankömmling. Als er sich dem Zittern gewar wurde, verschränkte er die Hände hinter dem Rücken und straffte sich etwas. "Salve," meinte er mit leicht nervösem Unterton und räusperte sich kaum hörbar. "Mein Name ist Marcus Artorius Celer." Er sah sich den Mann einen Augenblick an und überlegte fieberhaft, ob er ihn kannte, aber ausser einer vagen Ahnung, die er nicht einmal mit dem Hauch einer Sicherheit bestätigt hätte, war da nichts. "Ich bin auf der Suche nach Verwandten, von denen ich bis vor wenigen Wochen noch nichts wusste. Meine Mutter erzählte mir von einem Artorius Reatinus. Wenn Du der bist, der ich vermute das Du das bist, dann kennen wir uns scheinbar, auch wenn ich keinerlei Erinnerung an diese Begegnung habe, da ich zu diesem Zeitpunkt nicht einmal des Laufens wirklich mächtig war." Einen Moment zögerte er, ehe ihm einfiel, das eine Info vielleicht recht wichtig war. "Mein Vater war Marcus Artorius Falco, meine Mutter Sepullia Casca."

  • So allmählich fügten sich die Dinge, dieses Gesicht, welches ihm zu unbekannt schien, wurde immer vertrauter, immer mehr konnte er es dieser Person zuordnen, diesem kleinen Celer, der er damals war. Es war in der Tat schon eine sehr lange Zeit her. Reatinus konnte sich an damals nicht wirklich zurückerinnern. Es war eine schöne Zeit. Eine große Familie waren sie damals, doch man lernte erst etwas zu schätzen, wenn man verlor, was man als selbstverständlich erachtete. Wenn das, was schon immer da war, sei es der kleinste Luxus, auf einmal nicht mehr da war. Erst dann wusste man, was man gehabt hat. Und man bereute, es nicht genossen zu haben, als es noch da war.
    Alles war vergänglich und auch das Leben selbst. Vergänglichkeit machte einem zu schaffen, wenn man selbst alles überdauerte. Doch Celer stand hier und der Tribun mochte seinen Augen nicht trauen. Keine Illusion! Ein Mensch aus Fleisch und Blut! Fast hätte er versucht, ihn zu ergreifen und zu schütteln, nur um sich sicher zu sein, dass seine Hände letzten Endes nicht durch Luft, durch einen Schatten greifen würden, durch eine Illusion, die ihm sein verrücktes Hirn zeichnete. Doch nein, er war nicht verrückt, er war bei bestem Verstand! Hier stand er, der drittletzte Artorier im Bunde!


    Just, als der junge Artorier sagte, er sei der Sohn von Falco, ging Reatinus trockener, unberührter Gesichtsausdruck auf in ein freudiges, erleichtertes Strahlen.
    Konnte man das Lächeln eigentlich verlernen? Vielleicht - Reatinus hatte die letzten Tage nicht gelächelt, nicht einmal die Wundwinkel gespreizt. Daher sah es fast schon aus, als hätte er es in der Tat verlernt. In Wirklichkeit war es ein erleichtertes Lächeln nach mehreren Tagen der Trauer. Ein Lächeln auf Wangen, die schon glatt und trübe waren. Nichts konnte Menas zurückbringen. Doch er war nicht mehr alleine. "Celer!? Du, hier", fragte Reatinus mit einem lauten Ruf, konnte keine falsche Zurückhaltung vortäuschen und umarmte deinen Neffen überrumpelnd und hastig. Er löste die Umarmung und klopfte Celer freundlich auf die Schulter. "Groß bist du geworden, Neffe. Du hast dich gemacht! Sag, wo kommst du her und wo hast du all die Jahre verbracht?"

  • Nervös - innerlich vor Allem, äusserlich halbwegs ruhig wirkend - musterte er die ganze Zeit den Mann ihm gegenüber und wurde doch von dessen Reaktion völlig überrumpelt. So dauerte es auch einen langen Augenblick, ehe er auf die Umarmung reagierte und auch seine Arme um den Oberkörper des Mannes legte, gerade spät oder früh genug um sofort wieder weg ziehen zu müssen oder können, da sich sein Onkel schon wieder von ihm löste. Onkel? Das also war er. Seine Mutter sprach stets nur von einem Verwandten. Er atmete tief durch und fühlte Erleichterung in sich aufsteigen, gepaart mit etwas, was er noch nicht zu greifen in der Lage war. "Es freut mich auch, Dich wieder zu sehen, Onkel," meinte er nun erstaunlich sanft und fragte sich, wie es kam, dass sich der Mann so sehr über einen Fremden freuen konnte. Einen verwandten Fremden durchaus, aber doch jemand, den er so lange nicht gesehen hatte, den er nicht kannte. Immerhin veränderte man sich von Kindesalter an doch stetig.


    Einen langen, schweigenden Moment musterte er noch einmal das Gesicht und die Augen und versuchte sich zu erinnern, aber das tat er nicht. Immer war da nur eine vage Ahnung, wie auch, wenn er sich an seinen Vater zu erinnern suchte. Er war einfach zu klein gewesen, als jener von ihnen gegangen war und als er seinen Onkel das letzte Mal gesehen hatte. Gleichzeitig aber versuchte er auch dessen Stimmung und Meinung aus dem Gesicht zu lesen, um sicher zu gehen ihn einschätzen zu können. Darin war er nicht sonderlich gut, aber manchmal hatte auch er einen Glückstreffer.


    "Aktuell komme ich aus Rom, wo ich die letzten drei Jahre mit Mutter gelebt habe. Davor haben wir - nach dem Tod von Vater - in Mediolanum bei ihren Eltern gelebt. Sie erwähnte nie, ob sie es einem von Euch erzählte, aber da ich bis vor wenigen Wochen nicht einmal wusste, dass es noch andere Artoria gibt, nehme ich an, das dem nicht so ist? In Mediolanum lebten keine und auch im Umland nicht. Mein Großvater hatte viel mit den umliegenden Gütern und Bauernhöfen zu tun, so das ich diese Gegend bald gut kannte und auch jeden dort kannte, doch scheinbar war ihnen der Name Artorius nicht geläufig. Viele hielten mich wohl auch zu sehr der Familie meines Großvaters angehörig." Er schweifte ab, das musste aufhören. Erst einmal zumindest. Für seine Fragen war auch später noch Zeit. Erst einmal mit dem Mann der sein Onkel war einigermaßen warm werden. "Jedenfalls, nachdem Großmutter starb und Großvater ihr wenige Monate später folgte, wollte Mutter zurück nach Rom. Das wenige Geerbte hat uns eine kleine Wohnung am Rande der Suburba ermöglicht, bis ich mit der Ausbildung fertig war und selber Geld erwirtschaften konnte." Mehr schlecht als recht, denn wenn er mehr als das wollte, was er tat, hatte seine Mutter stets Argumente, warum er dies nicht tun sollte. Sie konnte eine sehr überzeugende Frau sein, manches Mal wohl auch durchaus dominierend. Er war in der vollen Überzeugung aufgewachsen ihrem Wort zu gehorchen - nicht immer unbedingt freiwillig - und deshalb hatte er ihre Anweisungen nur selten in Frage gestellt und noch seltener dagegen aufbegehrt, auch wenn sich das mit steigendem Alter langsam änderte und seine Mutter oft ihre Taktik anpassen musste. "Als sie im Sterben lag, erzählte sie mir von Verwandten und nannte den Namen Reatinus. Ich sollte ihn suchen, wenn ich denn auf meine vielen Fragen antworten haben wolle. Sie war nicht bereit mehr zu sagen ausser, dass ich nicht der Letzte der Artoria bin und das sie nicht gewillt sei über jene Familie zu reden." Man hörte leichtes Bedauern und sogar etwas Schmerz in seiner Stimme, doch er bemühte sich dennoch das ganze Geschehen möglichst neutral zu vermitteln.

  • Für Reatinus war dieser Mann nicht einfach nur irgendein Fremder - für ihn war er genau genommen nicht einmal ein Fremder, denn jeder Artorier war für ihn Freund und Familienmitglied. Das war vielleicht nicht immer eine gute Einstellung, doch wer konnte es Reatinus verübeln? Er hätte die Familie zusammenhalten sollen, als es noch nötig war. Vielleicht wären dann weniger gestorben... vielleicht. Jedenfalls waren sie nun sehr wenige und dies war bedauerlich. Doch es baute einen auf, zu wissen, dass sie immerhin nicht alleine waren. Am Ende gab es immer irgendjemanden, den man hatte - auch wenn man nach diesem Jemand suchen musste, oder von ihm gefunden werden musste.


    Reatinus hörte seinem Neffen interessiert zu... über die Zeit, als er aufwuchs und wie es ihm erging. Es war eine Zeit, in welcher der Tribun in Germanien verweilte. Ein kaltes und düsteres Land, weit abgeschnitten vom damals noch lebenden Teil der Familie in Rom. Im Nachhinein fragte er sich, was ihn damals dazu trieb, ausgerechnet dort seinen Dienst in der Legion anzufangen. Vielleicht war es reine Überzeugung, die Grenzen zu verteidigen. Vielleicht jugendliche Naivität und pure Dummheit.
    "Mein Beileid für den frühen Verlust deiner Eltern... sie waren pflichtbewusste Römer", sagte er nachdenklich, "Doch nun sind wir diejenigen, die noch verblieben sind. Und wir sollten unsere Familie - unseren Namen - weiterführen und ehren. Wer weiß. Vielleicht sind wir nicht so ausgestorben, wie ich vermute... immerhin haben wir jetzt einen drittletzten Artorier." Und wie es dem Zweitletzten in Ägypten ging... wusste er auch nicht. Er müsste Graeceius nach der langen Zeit wieder schreiben. "Graeceius dient in Ägypten, du kennst ihn gewiss nicht", erklärte er und wies einen Sklaven nebenbei an, noch einen Schluck Wasser zu holen. Celer war bestimmt durstig und es sollte ihm ja nicht schlecht gehen im Hause seines Onkels!


    "Sag, was gedenkst du nun zu tun, nach all der Zeit", fragte Reatinus und belegte seinen Neffen mit einem neugierigen Blick.

  • Sein Onkel schien sich zu freuen. Ja, irgendwie hatte er wirklich das Gefühl, dass der Mann sich darüber freute und seine Worte bestätigten dies ja auch durchaus. "Ich danke Dir," meinte er und wusste zu schätzen, dass er ihm auch zum Tode seines Vaters, den er selber so wenig gekannt hatte, sein Beileid aussprach, obwohl es so viele Jahre bereits her war. "Es gibt also noch mehr als nur Dich und mich? Es war schwer überhaupt heraus zu finden, wo ich Dich, so Du noch am Leben warst, überhaupt finden könnte," meinte er und lauschte dem Namen nach. "Nein, dieser sagt mir nichts. Aber es verwundert mich nicht," meinte er mit dem Anflug eines schüchternen Lächelns. "Der Deinige sagte mir ebenso wenig etwas." Er hielt einen Moment inne. "Ich begreife noch immer nicht, warum Mutter mir die Familie meines Vaters stets vorenthielt, stets abwürgte, wenn ich Fragen stellte und nicht bereit war mir selbst in ihren letzten Tagen und Stunden mehr zu erzählen." Er sah seinen Onkel fragend an, denn vielleicht konnte er ihm dies erklären. Doch er traute sich nicht ihn direkt danach zu fragen. Irgendwas in ihm hinderte ihn daran.


    Die Frage seines Onkels allerdings erwischte ihn eiskalt und er schluckte. Genau hier kam ein Dilemma zum Tragen, welchem er sich in den letzten Stunden und Tagen durchaus des Öfteren gegenüber sah. Er zögerte und wirkte ein wenig peinlich berührt, bis er schließlich mit den Schultern zuckte. "Ich muss gestehen, ich weiß es nicht. Für mich gab es in den letzten Wochen, gar Monaten nur ein Ziel und ich habe erst spät damit angefangen mir über dieses Ziel hinaus Gedanken zu machen. Doch ich bin noch zu keinem Schluss gekommen, denn ich wusste auch nicht, ob ich mein Ziel erreichen würde oder wie ich es erreichen würde." Damit meinte er seine Suche nach Verwandtschaft. Er rieb sich mit dem Zeigefinger über das Kinn und bemerkte erst jetzt, das der Sklave ihm einen weiteren Becher hin hielt. Um eín wenig Zeit zu gewinnen, nahm er diesen und grübelte, entschloss sich schließlich aber zu der Wahrheit. "Ich könnte nach Rom zurück gehen," meinte er schulterzuckend. "Die kleine Wohnung am Rande der Suburba gehört nun mir. Sie ist nicht unbedingt groß geschweige denn großartig eingeräumt, aber sie ist mein. Mutter kaufte sie von dem Geerbten ihrer Eltern." Er nahm einen kleinen Schluck. "Und dann könnte ich wieder arbeiten gehen. Ich habe diverse Hilfsarbeiten gemacht. Manchmal bei einem Händler, manchmal bin ich auch über mehrere Tage in Ostia gewesen um als Stauer zu arbeiten. Hin und wieder habe ich auch einem Schreiber ausgeholfen und dann Briefe geschrieben. Es gab eigentlich keinen Tag, wo ich keine Arbeit hatte, nur eben auch keine, die mal durchgehend wäre." Der Ansatz eines Schmunzelns war kurz auf seinen Lippen zu sehen, aber es konnte sowohl ein amüsiertes als auch ein wehmütiges oder betroffenes sein. "Ich hatte mein Auskommen. Auch habe ich noch ein paar Sesterzen gespartes, so dass ich versuchen könnte woanders neu anzufangen." Er zuckte einmal mehr mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung. Alles was über diesen Moment hinaus geht war für mich all die Zeit eher so weit weg, so unwirklich, dass ich nicht genau weiß, was ich eigentlich nun machen möchte. Aber ich schätze, es wird wohl schon darauf hinaus laufen wieder nach Rom zurück zu gehen." Nun lächelte er offen. "Immerhin nun mit der Gewissheit dass da noch jemand ist und ich nicht alleine bin. Du wirst sicher erlauben, dass ich in dem Fall auch oft schreiben darf?"

  • Irgendwie, dachte Reatinus, entbehrte sich ihre Geschichte einer gewissen Ironie. Celer, der einen Großteil seines Lebens mit seiner Mutter in familiärer Nähe verbracht hatte, wusste letzten Endes doch nicht viel mehr über die Familie, als es Reatinus tat. Und das Traurige an der Sache war hierbeit ihre Unbeholfenheit, wenn es um einen Teil ihrer Familiengeschichte ging. Er wusste ja selbst gerade einmal, was mit seinen engsten Verwandten geschehen war, doch was wurde aus den Onkeln, entfernten Vettern, Großeltern? Niemand, schien es, vermochte davon noch zu berichten. "Naja", sagte Reatinus schulterzuckend und nahm sich ebenfalls einen Becher Wasser, dessen Inhalt er, ihn im Kreis bewegend beim hin- und herschwappen beobachtete. Gedankenversunken fixierten sich seine Augen auf das Innere des Bechers, als würde er darin nach etwas suchen. "Genau genommen gibt es nicht viel mehr. Wir beiden sind alleine in Italien." Er legte den Becher zur Seite, ohne einen Schluck zu trinken und richtete seinen Blick wieder auf. Er schielte nachdenkend zur Decke, während sich seine Stirn faltete. Anschließend fixierte er seinen Blick wieder zu Celer. "Vielleicht hatten Deine Eltern auch ein schlechtes Verhältnis zueinander", sagte er schulterzuckend, ratlos,"Ich weiß nicht mehr, als du."


    Auch auf die Frage hin, wie er sich die Zukunft vorstellte, reagierte Celer eher unbeholfen. Er sah sich ein wenig selbst in ihm... Reatinus wusste selbst nicht, wohin er gehen wollte, bis er sich für das Militär entschied. Ironischerweise, lag es auch für Celer doch nahe, die Familientradition fortzusetzen. Weniger ironisch kam jedoch sein Vorschlag daher: Abgesehen von ihrer ungeschriebenen Tradition wollte Reatinus ihn nicht auch verlieren, denn davor hatte er Angst - bevor er noch einen Artorier außer Acht ließ und verlor, würde er lieber selbst sterben. Irgendetwas sagte ihm, dass er Celer noch brauchte, um nicht vollends wahnsinnig zu werden. "Und die Legion", fragte er wissbegierig und beinahe erwartend auf eine positive Antwort, "Wäre die nichts für dich?" Es war doch nicht falsch, zumindest ein Fünkchen Hoffnung zu haben, dass Celer bleiben würde.


    Es war unfassbar. Nach all der Zeit, Celer wieder zu begegnen...

  • Zwei? Nur noch zwei Artoria in Italien? Er schluckte leicht bei der Auskunft. "Kannst Du mir mehr über jene erzählen, die noch sind und vielleicht...," er zögerte, wusste nicht so recht, wie er es sagen sollte. "Vielleicht auch mehr über meinen Vater und andere nahe Verwandte - selbst wenn sie nicht mehr sind." Aber was hatte er erwartet? Immerhin hatte er bis vor Kurzem nicht mal gewusst, dass es ausser ihm noch einen gab. Warum also wollte er soweit nach den Sternen greifen und seine Hoffnungen zwischen diese aufhängen? Ein weiterer war bedeutend besser als keiner. Ja, es war gar, wenn man es genauer betrachtete fast so etwas wie der Himmel auf Erden. Er war nicht mehr allein! Bis vor Kurzem hatte er damit gerechnet gänzlich alleine durchs Leben ziehen zu müssen, aber dann kam die erste leichte Erlösung am Tor, dass seine Hoffnungen nicht gänzlich umsonst waren und nun wurden sie gar mehr als erfüllt. Da stand sein Onkel vor ihm, fremd und doch irgendwie nicht und er schien ihn ähnlich zu benötigen, wie er ihn benötigte. Ein unsichtbares Band hatte sich zwischen ihnen scheinbar aufgebaut und umgarnte sie, verband sie miteinander.


    So verwunderte es Marcus einerseits sehr, als sein Onkel ihn fragte, ob er sich nicht in der Legion wiederfinden würde und andererseits irgendwie auch wieder nicht. Fast schien es, als wenn ein kleiner Teil in ihm drin sogar damit gerechnet hätte, dass Reatinus ihn genau das fragen würde. Allerdings war er sich nicht sicher, wieso er auf diesen Gedanken kam. Er wusste ja nichts von der Tradition der Familie geschweige denn davon, wer was wie wo in der Familie tätig gewesen war. Er brauchte Zeit um sich mit diesem Gedanken, mit dieser Frage näher zu beschäftige und so nahm er einen Schluck aus seinem Becher, gefolgt von einem Zweiten. "Ich...," er hielt inne und sah nun seinerseits nachdenklich in seinen Becher, welcher auf halben Wege hinab in der Luft stehen blieb. "Ich weiß es nicht genau," meinte er. Wie konnte er seine Gedanken zusammenfassen? Wie bündeln und erläutern, was ihm auf dem Herzen lag? Wie, wo er doch selbst nicht den Kopf teilweise klar genug bekam um sie zu greifen. "Sicher wäre es eine Aufgabe, die erstrebenswert ist. Ich müsste nicht stetig nach Hilfsarbeiten suchen, hätte ein Auskommen, eine Struktur im Leben. Aber," erneut hielt er inne. Konnte er das sagen, was ihn bewegte? Konnte er sich seinem Onkel dahingehend anvertrauen? Aber wenn nicht ihm, wem dann? "Es ist so...," er zögerte und riss sich schließlich zusammen. "Nun, ich weiß zum Einen nicht, ob ich für diese Art und Forderung der Disziplin geschaffen bin, zum Anderen..." Er holte tief Luft. "Bitte verstehe mich nicht falsch, aber ich bin so lange ohne eine Familie gewesen - ja, ich weiß, ich hatte meine Mutter und meine Großeltern, aber es fehlte immer etwas - nun jedenfalls ich weiß nicht, ob ich 20 Jahre oder länger warten wollen würde, selber eine zu haben." Er sah seinen Onkel verständnisheischend an. "Verstehst Du das?" Beinahe hätte man in seinem Blick und seinem Tonfall eine Mischung aus Hoffnung, Verzweiflung und Trauer lesen können und vielleicht lag man damit sogar genau richtig.

  • Bedauernd schüttelte Reatinus den Kopf. Nicht, weil er zu wenig wusste, sondern eher weil er sich bewusst war, dass Falcos gefährlicher Beruf ihm sozusagen zum Verhängnis wurde. Dieser war Privatermittler und er übernahm seine eigenen Fälle, bis ihm dieser Eine zum Verhängnis wurde. Damals hatte Reatinus ihm abgeraten, sich auf solche Geschäfte einzulassen, denn er war ja selbst noch jung und gewissermaßen auch naiv. Es sei dumm, hatte er Falco mit Besorgnis gesagt. Und im Zusammenhang mit großer Gefahr war das eine sehr schlechte Kombination. Reatinus nahm einen kräftigen Schluck, versuchte sich an Falco zu erinnern. Es war alles so lang her, viel zu lang, sogar das Gesicht in seiner Erinnerung verschwomm langsam. Wer hätte auch nur ahnen können, dass Reatinus auch einen dummen Fehler begehen würde, zur Legion zu gehen? Man hatte ihn damals auch mit der gleichen Besorgnis für dumm erklärt. Aber für ihn war es wohl der beste dumme Fehler, den er hätte tun können... am Ende tat man wohl, was einem vorbestimmt war, egal wie andere urteilten. So tat es auch Falco, entgegen der besorgten Stimmen und sogar dem drohenden Tod.
    Unschlüssig war sich Reatinus, wie er Celer klar machen sollte, wie und warum sein Vater gestorben war. Nun war er hier und er wollte wissen, wie sein Vater umgekommen ist. Dieses Wissen konnte der Tribun seinem Neffen beim besten Willen nicht vorenthalten. Doch wie sollte er es ihm beibringen? Einfach sagen: "Ermordet von ein paar Räubern"? Das klang zu einfach, zugleich etwas zu sehr direkt. "Mhh", überlegte Reatinus, "Das ist nicht ganz so einfach, weißt du?" Er nahm einen Schluck Wasser. Ein Dutzend möglicher Erklärungen schossen durch seinen Kopf und während er versuchte, sich die Beste davon auszupicken, verließ sein Geist scheinbar kurz seinen Körper mit gerunzelter Stirn, um sich zu sammeln und mit der richtigen Antwort wiederzukehren. Dieser Prozess der Antwortfindung dauerte wohl einige Sekunden.
    "Du musst verstehen, dein Vater war Privatermittler. Er hat selbstständig gearbeitet und wusste sehr wohl über die Gefahr Bescheid, die seine Tätigkeit wohl mit sich brachte... niemand von uns hätte geahnt, dass ein Fall ihm das Leben kosten würde. Sonst hätten wir ihn wohl lieber eingesperrt, statt eingeäschert", erklärte Reatinus und versuchte, sich sachlich zu halten, "Er wurde ermordet. Ich weiß nicht, von wem, aber er wurde ermordet." Reatinus gab seinem Neffen nun etwas Zeit, die Nachricht zu verarbeiten. Gewiss war es für ihn nicht einfach, dies zu realisieren und das Ausmaß zu erfassen. Immerhin erfuhr der Junge nach so vielen Jahren erst, wie sein Vater gestorben war und dann tischte Reatinus ihm solch eine Geschichte auf.


    Reatinus verstand, dass Celer Zweifel hatte, zur Legion zu gehen und er wollte ihn nicht zwingen. Es war dennoch eine sinnige Alternative. Celer war jung, kräftig und hatte mit Reatinus jemanden, der ihm beim Aufstieg helfen würde. "Wenn ich das geschafft habe, dann wirst du das auch", winkte Reatinus ab, um die Zweifel von Celer zu mindern, "Ich kannte mal ein paar üble Typen... die haben's auch gepackt." Davon abgesehen musste er Celer fast schon überzeugen. Die kleine Familie sollte zumindest teilweise gemeinsam bleiben - er wollte nicht so einfach zulassen, dass Celer nach Rom ging.
    "Davon abgesehen kriegst du in der Legion alles umsonst, was du zum Leben brauchst... Essen, Unterkunft, Gemeinschaft, regelmäßiger Sold und eine gute Ausbildung. Du musst aber mit Entbehrungen und einer anstrengenden Grundausbildung rechnen, die Disziplin wirst du auch zu spüren bekommen." Reatinus hielt kurz inne. "Und eine reelle Chance aufzusteigen." Natürlich auch mit der Hilfe des Onkels, aber das war ja ohnehin selbstverständlich...
    Die Untentschlossenheit seines Neffen hingegen war groß. Reatinus sah fragend drein: "Und dafür nach Rom gehen - für eine eigene Familie? Deine Familie ist doch hier, wenn auch nur klein. Du wirst in Rom niemanden haben. Du wirst vielleicht alleine sein. Außerdem kannst du als Offizier ohnehin eine Familie haben. Denk ja nicht, ich unterstütze dich nicht dabei - doch dies kommt, wenn es soweit ist. Ich werde dich auch fördern, aber dir die Arbeit nicht abnehmen, wenn du zur Legion gehst. Du wirst die selben Strapazen durchmachen wie alle anderen. Ich denke, du bist eifrig - mach deinen Dienst. Wenn du keinen Scheiß' baust, werde ich dich fördern."

  • Er beobachtete seinen Onkel eingehend und wartete mehr oder minder geduldig auf dessen Antwort. Schon seit er denken konnte, bewusst und erinnernd, war er sich sicher, dass der Tod in einem Zusammenhang stehen musste, der eher tragisch zu bezeichnen sei und so sollte er es nun bestätigt bekommen. Gerade noch hielt er den Becher in der Hand und trank einen weiteren Schluck Wasser daraus, als er auch schon erfuhr, was sein Vater war. Ja, viel schlimmer noch als dies, er erfuhr wie dieser von dannen gegangen war. Einen Augenblick wirkte er, als wär er nicht ganz mehr hier in dieser Welt, dann stellte er den Becher weg, seinen Blick in die Ferne gerichtet und wandte sich von seinem Onkel ab. Er brauchte einen Moment für sich, für seine Erinnerungen, für die Erinnerungen an einen Mann, den er kaum gekannt hatte, von dem er aber abstammte und der ihm sein Leben schenkte. Es wirkte hohl, was er dachte und es befriedigte ihn nicht. Schon oft hatte er an den Mann, der sein Vater war gedacht. Mal war er der strahlende Held, mal das Schwein, das einfach fortging. Seine Phantasie hatte keine Grenzen gekannt, denn es war niemand da, der ihm die Realität hätte vor Augen führen können. Doch, gekonnt hätten sie, aber gewollt hatte es niemand. Warum dem Jungen die Wahrheit erzählen, wenn man auch eine Sache todschweigen kann.


    Es dauerte eine Weile und wenn sein Onkel sein Gesicht hätte sehen können , hätte er bemerkt, wie es in diesem arbeitete. Zorn, Wut, Trauer, Schmerz, Resignation und einige andere Gefühle teilten sich in ihm, vermengten sich zu einem Chaos, dass auch in seinem Gesicht hier und da wiedergespiegelt wurde. Schließlich aber waren die Momente vorbei und er bereit sich dem hier und jetzt wieder zu stellen. Er drehte sich erneut zu seinem Onkel und wirkte, von einem leicht traurigen Zug um die Augen herum einmal abgesehen, so wie zuvor. "Ich besitze nicht viel Geld und wahrscheinlich hätte ich es viele Jahre eher tun sollen, aber ich wusste nicht, ob er nicht einfach nur fortgegangen war, weshalb Mutter sich über ihn ausschwieg. Jedenfalls... gibt es hier die Möglichkeit ein Opfer für ihn darzubringen?" Er sah seinen Onkel fragend an. "Ich denke, das ist das Wenigste, was ich ihm schulde. Auch als Entschuldigung für die vielen Male, wo ich schlecht über ihn und seine Abwesenheit gedacht habe. Wenn ich mehr tun könnte, so würde ich es tun." Ja, jetzt wo er die Wahrheit kannte, taten ihm die schlechten Gedanken und der zeitweilige Hass auf seinen Vater leid. Doch mittlerweile war er älter geworden, nicht mehr der zornige Jugendliche von einst und er hatte ein wenig Verstand errungen.


    Dann sprach sein Onkel die Legion und seine Möglichkeiten an. Zugegeben, es war verlockend, denn es bedeutete wirklich versorgt zu sein. Er würde nicht mehr jeden Tag darum kämpfen müssen ein Auskommen zu haben. Denn was brauchte der Besitz einer kleinen Wohnung, wenn man kein Geld hatte um sich sein Essen zu kaufen oder gar neue Kleidung. Dennoch blieb der Zweifel. Ganz besonders was das Familienthema betraf. Es war offensichtlich, das Reatinus ihn unbedingt hier behalten wollte, auch wenn er nur bedingt begriff warum. Vielleicht lag der Unterschied darin, dass Reatinus einst eine große Familie besaß? Oder waren die Artoria schon immer nur eine kleine Gruppe Menschen gewesen und nun noch kleiner geworden? Denn das Letzteres so war, war klar, nach den Worten seines Onkels. Er schwieg, ging - ohne es bewusst zu merken - bei den Worten von Reatinus auf und ab und tat es auch noch, als dieser längst geendet hatte. In seinem Kopf arbeitete es. Es schien, als wenn dieser seit der ersten Bekanntmachung seiner Mutter nicht mehr aus dem Grübeln raus gekommen war und auch nicht so bald rauskommen würde. Sollte er? Sollte er nicht? Es war schwierig. Gut, er würde sicherlich protegiert werden. Aber wollte er das? Wollte er als der da stehen, der nur zu was kam, weil er einen Onkel in hohen Dienstrange hatte? Apropos, wie hoch war der eigentlich? Nein, die Frage war zweit- oder gar noch weiter hinten rangig. Nein, die Frage musste viel mehr lauten: was würde er hier in der Legion gewinnen und was verliern. Und was, wenn er nie Offizier würde um heiraten zu dürfen? Musste er sich nicht sogar 20 Jahre verpflichten? Herrjeh, das war beinahe genauso viel als sein Leben bisher gedauert hatte, nun ja, eigentlich fast genau so lange...


    Irgendwann blieb er stehen und sah Reatinus - noch immer unschlüssig - an. "Erzähl mir mehr von der Legion." Er wusste nicht, was er alles hören wollte, aber je mehr er erfurh, je eher würde er vielleicht eine Entscheidung treffen. Andererseits, wer sagte, dass er nach Rom zurück gehen musste, wenn er sich nicht für die Legion entschied? Vielleicht konnte er auch in Mantua bleiben und sich hier eine Anstellung suchen? Vielleicht würden die Beziehungen seines Onkels ihm da sogar ein wenig helfen können. Er verlangte ja letztlich nicht viel, denn viel war er nicht gewohnt. Andererseits spürte er aber auch, dass sein Onkel ein bisher nicht bekanntes Gefühl in ihm geweckt hatte, was ihn in allen Dingen gerade zögern ließ. Abwarten, bis er genug Wissen hatte um zu entscheiden.

  • Celer wurde zusehends unruhiger, was bei Reatinus Zweifel aufwarf, ob es richtig war, dass er ihm vom Tode seines Vaters erzählt hatte. Noch hatte der junge Mann nicht einmal seine Ankunft, ihr Treffen richtig verarbeitet, wurde er mit knallharter Wahrheit konfrontiert, die sichtbar schwer auf seinem Herzen lag. Es mag falsch gewesen sein, wägte Reatinus ab. Doch noch falscher wäre es wohl gewesen, ihm eine heile Welt vorzugaukeln, nur um seine Stimmung nicht ins Schwanken zu bringen. Ihm Lügengeschichten garniert mit Halbwahrheiten aufzutragen, weil es ja so schockierend sein konnte. Nein, Celer war alt genug, auch die härteste Wahrheit erfahren zu dürfen, egal wen sie betraf. Dieses Recht respektierte Reatinus, weshalb er es doch für richtig befand, dass Celer die Wahrheit über den Tod seines Vaters wusste. Reatinus erhob sich und sah seinem Neffen nach, als er den Blick von ihm abwandte. Inne haltend sah Reatinus wahllos in eine Ecke und rieb sich das Gesicht. "Es ist nicht einfach, dir das zu erzählen. Dein Vater war ein guter Römer und der Verlust hat auch mich getroffen. Er hat mir oft von dir erzählt - und er hat Gutes erzählt", erklärte Reatinus.
    Es war eine gute Idee von Celer, zu opfern. In einer Angelegenheit zwischen Vater und Sohn wollte sich Reatinus jedoch nicht einmischen. Vielleicht war es gut, Celer den nötigen Freiraum zu lassen, diese Erkenntnisse aufzuarbeiten. Ein Moment für sich alleine war manchmal besser als die tröstendsten Worte. "Es gibt einen Tempelbezirk in Mantua", gab Reatinus zur Auskunft. Er merkte die traurigen Züge des Neffen und empfand zum ersten Mal seit Wochen und Monaten so etwas wie Mitgefühl. Ausgerechnet dieser Gefühl, wovon Reatinus ausging, dass er es vergessen hätte. Reatinus klopfte Celer auf die Schulter. "Und es soll an nichts mangeln. Ich sehe es als meine Pflicht, etwas zum Opfer beizusteuern, Celer."


    Sie hatten hier schon ein Dutzend an Minuten verbracht und mit jeder Verstrichenen schien die Unschlüssigkeit von Celer zu wachsen. Es war sicher eine schwere Entscheidung, sich von Rom zu verabschieden. Doch warum zog es Celer überhaupt nach Rom? Was hatte er dort Besonderes, was man einer regelmäßigen, ehrenhaften Tätigkeit vorziehen konnte? Es warfen sich Fragen auf, die Reatinus sich selbst nicht zu beantworten wagte. Die Arme verschränkt und mit selbstüberzeugter Stimme gab er Celer zur Antwort, schwelgte dabei fast: "Du wirst zunächst als Probatus eine Grundausbildung durchlaufen und kennenlernen, wie man ein Schwert führt, wie man unsere Waffen einsetzt und warum unsere Legion seit Generation der Neid anderer Völker ist. Du wirst lernen, was Kameradschaft und Zusammenhalt bedeutet und zusammen ein Contubernium mit acht Leuten beziehen. Es wird dir Disziplin vermittelt werden mit harten Strafen bei Fehltritten. Deine Kameraden werden zugleich deine besten Freunde. Als Mitglied einer Centurie wirst du lernen, was es heißt, sich auf andere zu verlassen und dass sich die anderen im Gegenzug auf dich verlassen müssen. Zusätzlich gibt es Unterweisungen und Taktik und Formationen. Auf Einsätzen wirst du die Gelegenheit haben, dich zu beweisen, Ruhm und Ehre zu ernten. Die Ausbildung in der Legion ist mit Entbehrungen und Strapazen gezeichnet, die Belohnung ist ein Dach über dem Kopf und ein regelmäßiger Sold."

  • Also würde er den Tempelbezirk aufsuchen und Abbitte leisten. Bei den Göttern aber vor Allem bei seinem Vater, den er viele Male zu unrecht beschuldigt hatte und wegen dem er sich nie getraut hatte Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Es war nicht immer einfach für ihn gewesen den Anweisungen seiner Mutter und der Großeltern zu folgen, wenn sie ihm verbaten über jenen zu sprechen, aber wenn er nun hörte, was passiert war, vermochte er vielleicht sogar seine Mutter verstehen, die nur nicht wollte, das alte Wunden aufgerissen werden. Auch wenn er es zugleich nicht mal im Ansatz verstand. "Ich danke Dir für Deine Großzügigkeit," meinte er, fühlte sich aber nicht sonderlich wohl dabei, denn er war es nicht gewohnt, dass man so freigiebig ihm gegenüber war. Selbst im Hause der Großeltern, wo es ihnen nicht schlecht ging, war so etwas äusserste Seltenheit und nur im kleinsten Rahmen geschehen. Er hatte schon als Kind dem Großvater geholfen und war mit ihm mit ins Umland gefahren. Dennoch wollte er es nicht rundheraus abschlagen und nickte dankbar, wenn Reatinus vielleicht auch leichte Zweifel und Unbehagen in seinem Blick erkennen konnte, was er hoffentlich nicht falsch verstehen würde. Betrachtete man allerdings die einfache, zwar relativ saubere, aber doch schon etwas abgetragene Kleidung von Marcus und seine Geschichte, so verstand er diesen Blick, der eher unbewusst war, vielleicht mehr als 1000 Worte hätten sagen können. "Ich werde später dorthin gehen und ein Opfer darbringen. Ich," er zögerte einen Moment und lächelte dann ansatzweise aber entscheidend entschuldigend. "Ich bin in so etwas nicht besonders gut, geschweige denn, habe viel Erfahrung damit." Sie hatten nicht einmal einen kleinen Hausaltar in Rom gehabt. In Mediolanum schon, aber er hatte sich selten dafür interessiert, was mit Religion und Göttern so um sich ging. Vielleicht nicht gänzlich ungewöhnlich, aber dennoch manches Mal ärgerlich - besonders in den Augen anderer. "Was denkst Du, wäre angemessen?" Persönlich hätte er jetzt an etwas Persönliches gedacht, vielleicht etwas von sich selber, eine Strähne, ein paar Tropfen Blut, vielleicht auch etwas, was er mit seinen eigenen Händen hergestellt hätte, aber das war sicherlich nicht genug, wenn es auch von Herzen gekommen wäre. Deshalb wollte er lieber auf Nummer sicher gehen.


    Irgendwie hatte er das Gefühl in Gegenwart seines Onkels nur ein kleiner, unwissender, dummer Bauerntölpel zu sein, obwohl er bereits eine Weile am Rande des schlimmsten Viertels der größten und quirligsten Stadt des Reiches gelebt und vor Allem überlebt hatte. Dennoch... er fühlte sich naiv und wie ein unwissender Junge.


    Aufmerksam hörte er seinem Onkel zu, doch die Zweifel waren noch nicht ganz verschwunden. Sicher, es klang interessant, herausfordernd und sicher - trotz aller Gefahren - aber er wusste immer noch nicht, ob es etwas für ihn war. Dennoch verstand er auch ein wenig den Drang seines Gegenübers ihn nicht gehen zu lassen. So ganz wollte er ja eigentlich auch nicht einfach weg, aber andererseits... Nun, vielleicht... "Bitte verzeih, wenn ich nicht gleich aufspringe und Ja zu einem Unterfangen sage, dessen ich mir nicht ganz sicher bin. Allerdings..." Er lächelte und es war eines der seltenen, offenen, leichten Lächeln, ohne irgendwelche Sorgenfalten oder Grübeleien dabei, ohne ein Entschuldigen oder gezwungen, nein, es kam von Herzen und zeigte viel mehr von dem jungen Mann als dutzende Beschreibungen je hätten zeigen können. "Wenn es Dir Recht ist, würde ich gerne noch ein wenig in Mantua bleiben und sehen, was es im Zweifel für Alternativen hier für mich gäbe, wenn ich mich denn nicht für die Legion entscheide. Letztlich hält mich in Rom - ausser der kleinen Wohnung, die Mutter damals kaufte und eine Vielzahl an Erinnerungen - nichts. Vielleicht kann ich die Wohnung - wenn sich hier in Mantua das ein oder andere abzeichnet - verkaufen und das Geld anderweitig investieren." Zum Schluss hin wurden sein Tonfall und Blick leicht fragend und unsicher, denn er wusste nicht, ob er nicht vielleicht mit diesem Ansinnen plötzlich doch etwas über das Ziel hinaus geschossen war und die Schwingungen, die er vermeinte gespürt zu haben, missinterpretiert hatte.

  • Die Idee, Celer von Falcos Tätigkeit zu verheimlichen, empfand Reatinus schon immer als schlecht. Er wusste, eines Tages würde Celer da sein und fragen, wo sein Vater war oder was mit ihm geschehen sei. Je länger Zeit verstricht, desto mehr würde es Celer wohl mitnehmen. Nun standen Jahre zwischen dem heutigen Tage und dem Tage seines Todes und die Vermutung bestätigte sich. Reatinus seufzte.
    "Kein Problem", gab er zur Antwort und klopfte Celer auf die Schulter. Falco wäre zweifelsohne stolz gewesen und die Würdigung hätte er mit Gewissheit zu schätzen gewusst. Celer war nicht erfahren im opfern, wie er wohl selbst zugab. Reatinus konnte zumindest ein klein wenig helfen in dieser Hinsicht. Er war zwar Keiner, der übermäßig oft opferte, aber wenn schon, dann auch richtig. Er überlegte... letztlich war für einen Verwandten nicht einmal das größte Opfer unangemessen, dass man darbieten konnte. Doch sie sollten es ja nicht übertrieben, bevor man ihnen noch Superstitio vorwarf. "Ich würde Pluto opfern... mit ausreichend vielen Opfergaben. Wenn du willst, opfern wir auch ein Tier."


    Celer war offenbar (noch) nicht für den Dienst in der Legion zu überzeugen. Reatinus wollte ihn ja nicht zwingen. Er wollte ihn nur nicht verlieren. Nicht so schnell. Der Tribun nahm wieder Platz und fasste sich nachdenklich an die Stirn. Natürlich. Den Beschluss, 20 Jahre als Soldat zu dienen und den Dienst lediglich als Fahnenflüchtiger oder ehrenhaft als Invalide zu verlassen fasste man eben nicht von einem Moment auf den anderen. Das war Reatinus klar. Nachdenklich stützte er seinen Kopf an der Faust ab und lächelte Celer zurück. Wenigstens ein Lächeln, und in dessen Wärme sah auch Reatinus neue Hoffnung aufkeimen. Die folgenden Worte seines Neffen waren wie ein kleines Wunder für Reatinus. Er würde bleiben. Und das war immerhin ein kleiner Fortschritt!
    "Es freut mich sehr, dass du bleibst", sagte er freudig und nahm wieder geradere Haltung an, "Ich werde Dir ein Cubiculum vorbereiten lassen. Du hast bestimmt auch Hunger. Es wird bald Essen geben. Was dann mit dem Rest werden soll... die Götter werden uns schon auf irgendeinen Pfad führen. Das haben sie immer getan."

  • Auf die Schulter geklopft zu bekommen war einerseits befremdlich und unangenehm, andererseits breitete sich auch ein angenehmes und leicht stolzes und zuneigendes Gefühl in ihm aus, als dies geschah. Er schluckte jedoch leicht, als sein Onkel meinte, was sie wohl am Besten opfern sollten. "Ähm, ja," meinte er und wirkte doch ein wenig unsicher, da er sich durchaus fragte, wie teuer das wohl werden würde. Sicher, sein Onkel hatte sich angeboten, dass er ihm etwas dazu gab, aber er wollte auch kein Schmarotzer sein. "Pluto also," meinte er verständig und ein wenig nachdenklich. Ob er seiner Mutter auch opfern sollte und seinen Großeltern? Eigentlich wäre es sicherlich seine Pflicht, aber im Moment sah er sein Verhältnis zu ihnen, trotz aller oftmals doch positiven Gefühle - auch wenn viel mit Pflichtbewusstsein zu tun hatte - ein wenig angespannt. Immerhin hatten sie ihn immer im Deckmantel der Unwissenheit was seine Familie betraf gelassen. Ja, er würde für sie opfern, aber nicht heute und nicht zusammen für sein Vater. Dieser hatte mehr verdient und demenstprechend entschied er sich und richtete sich entschlossen zu seiner vollen Größe auf. "Gut, dann soll es so sein und ich werde Morgen dorthin gehen. Ich hoffe, Du kannst mir noch verraten, wo ich die Opfergaben hier erstehen kann," er sah seinen Onkel fragend und mit dem Ansatz eines Lächelns an. Er überlegte einen langen Moment, ob er Reatinus bitten sollte mitzukommen, aber irgendwie hatte er das Gefühl, dass er das erste Mal dies alleine tun musste. Vielleicht würde er ihn beim nächsten Mal darum bitten. Als Familie dann. Doch diese Zeit sollten nur ihm und seinem Vater gehören.


    Mit den nächsten Worten allerdings schockte der Tribun seinen Neffen durchaus ein wenig - durchaus positiv, aber dennoch kam es einem Guss eiskaltem Wassers gleich. Entsprechend sah er ihn eine Weile sprach- und fast fassungslos an, ehe er voller Erstaunen und durchaus auch einem freudigen aber zugleich ungläubigen Unterton meinte: "Du willst, dass ich hier bei Dir im Haus bleibe?" Er war eindeutig baff. "Ich... ich weiß nicht, was ich sagen soll." Doch dann kehrte wieder der Ausdruck leichter Sorge in seinen Augen zurück und feine Falten bildeten sich steil zwischen diesen. "Ich möchte Dir nicht zur Last fallen, Onkel. Ich möchte nicht, dass Du Dich unnötig zu etwas verpflichtet fühlst..." Er wusste nicht so recht, wie er es formulieren sollte ohne ihn im Zweifel auch noch zu beleidigen, aber er machte sich Sorgen, dass es vielleicht doch als Schmarotzertum ausgelegt werden könnte. Er war eben ein Einzelkämpfer und als solcher solch Großzügigkeit nicht gewohnt und deshalb grübelte er wohl manchmal auch ein wenig zu viel über Dinge nach als gut für ihn und die Dinge waren.

  • Niemand konnte Celer die Zurückhaltung übel nehmen, die er übte. Reatinus war ein Mann, der gut verstand. Er wusste es, dass es nicht einfach war, mit dem Tod des Vaters umzugehen. Dies hatte er am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Beklemmung, Trauer, Unsicherheit. Wenn andere starben, verlor man einen Teil von sich selbst. Als Reatinus' Vater starb, hatte er das Gefühl, sich selbst vollends verloren zu haben. Als alle nacheinander starben - und er blieb - stellte sich das Gefühl schnell wieder ein. Diese innere Leere, die man verspürte. Diese Last, die einem auf dem Herzen lag, förmlich erdrückend und es raubte einem die Luft. Reatinus hasste dieses Gefühl, doch er konnte Celer nicht mehr helfen, als ihm Zeit zu geben. Er würde davon besonders viel brauchen, wirkte er doch ein wenig, als hätte er das Maß der Dinge noch nicht völlig erfasst. Das würde er noch tun. Früher oder später, vielleicht aber eher später. "Opfergaben gibt es so gut wie überall... sieh dich auf den Märkten um. Du wirst fündig werden. Hast du überhaupt Geld? Gepäck?"


    Gerade wollte Reatinus sagen, dass der junge Artorier sich einrichten solle, da wunderte er sich über die geschockte Reaktion seines Neffen. Was war los? Hatte er erwartet, in einem Rattenloch in Mantua zu übernachten? Bei der Kälte unter freiem Himmel oder so etwas? Der Schock Celers wirkte nun auch auf Reatinus etwas irritierend. Die spartanische Erziehung des Jungen machte sich langsam bemerkbar. Reatinus war da anders. Er wollte schon immer nach Höherem streben.
    "Ach", winkte er entschlossen ab, "Solange du hier bist, betrachte ich dich als Mitglied des Haushalts. Und als Mitglied des Haushalts kriegst du einen Schlafplatz. So einfach ist das!" Mit durchdringendem, erwartungsvollem Blick sah er Celer an, stellte eine rhetorische Frage: "Es sei denn, du willst wirklich draußen bei den Ratten schlafen." Wenn er nicht wahnsinnig war, würde er jetzt vergessen, was er vorhin gesagt hatte.

  • Dieser Mann war erstaunlich. Vielleicht war er es nicht wirklich, aber in seinen Augen schon. Er fühlte sich von all dem ein wenig überrannt und doch war es zugleich ein wenig, als wäre es normal. Was es höchstwahrscheinlich auch war. "Ich danke Dir!" sagte er mit einer Innbrunst an ehrlicher Dankbarkeit, das klar wurde, dass er zum Einen so etwas nicht gewohnt war, zum Anderen, trotz aller Überraschung, durchaus zu schätzen wusste, was ihm angeboten wurde. "Nun, es wäre zwar vermutlich nicht das erste Mal," meinte er mit dem Ansatz eines Schmunzelns, welches verriet, dass er durchaus auch Humor besaß, "aber in der Regel bevorzuge ich zumindest etwas, wo es nicht rein regnen kann. Deshalb danke ich Dir und nehme das Angebot gerne an." Ob er dann immer so einfach rein und raus konnte? Konnte sein Onkel auch einfach einen Zivilisten ins Lager laden?


    Auf den Märkten also, ganz üblich. Nun gut, verwunderte eigentlich nicht, wenn man es genauer bedachte. Also musste er nur noch herausfinden, was er opfern wollte. "Gepäck besitze ich nur ein wenig in der Taberna, in der ich übernachtete. Ich bin zu Fuß hierher unterwegs gewesen und da kann man nicht viel gebrauchen." Er wollte aber nicht erwähnen, dass er auch nicht soo viel Gepäck besessen hätte, was er hätte mitbringen können. "Geld besitze ich noch etwas." Er überschlug es und stellte mit einem inneren Seufzen fest, dass es bei weitem nicht mehr so viel war, wie er am Anfang der Reise gehofft hatte, das es sein würde, aber mit 60 Sesterzen konnte man durchaus noch ein wenig anfangen, wenn auch nicht wirklich viel. Für ein Opfer sollte es vielleicht reichen, auch wenn es dann wohl nur ein Kleines würde. "Es wird zwar damit nichts Großes werden, aber es wird umso mehr von Herzen kommen." Dann fiel ihm noch etwas ein. "Bitte verzeih, wenn dies nun undankbar klingen mag, was es absolut nicht sein soll, doch bin ich es gewohnt für meinen Lebensunterhalt etwas zu tun und da ich noch ein wenig Zeit erbeten habe mir Gedanken über die Legio zu machen, würde ich dennoch diese Zeit nur ungern rumsitzen und Dir auf der Tasche liegen. Denkst Du, es gäbe hier in Mantua Verwertung für jemanden wie mich? Ich kann schreiben, lesen und rechnen und zum hart anpacken bin ich auch geeignet." Vielleicht konnte er - wie manchmal in Rom - einem der Scriba aushelfen oder irgendwo als Träger oder ähnliches mit machen.

  • Reatinus nickte und kommentierte den Dank seines Neffen mit einem lässigen "Man tut, was man kann", welches er ob der Überraschung, welche sich in Celers Gesicht zeichnete, von einem Grinsen begleitet wurde. Langsam drang der Geruch eines schmackhaften Abendessens aus der Küche. Die Sklaven hielten sich an ihre Zeiten und begannen wie jeden Tag mit der Zubereitung. In ihrem Haushalt hatte alles seine Ordnung. Die Sklaven wussten, wann sie aufstanden, wann es Essen gab und wann sie ihrem Alltag nachgehen sollten. Dies konnte monoton sein, schaffte jedoch eine Routine. Es war vertrauter, wenn man jeden Tag wusste, dass man eine Aufgabe hatte und wie man sie erfüllte.
    "Hoffentlich bleibt es das letzte Mal. Zumindest schläfst du, solange du hier bist, in meinem Haus." Selbstverständlich würde zum Besuch des Stabs auch niemand etwas sagen, durfte Reatinus doch Besuch annehmen und auch Frau und Kinder haben. Ja, es hatte Vorteile, im Stab der Legion zu sein. Und wenn der Besuch doch aufgehalten wurde, so stutzte Reatinus die Wachen immer zurecht.


    Eigentlich war die Frage unnötig, die Reatinus gestellt hatte. Was konnte Celer auch groß an Gepäck in seinem Besitz gehabt haben? Die ein oder andere Kleinigkeit vielleicht, mehr konnte er ja nicht haben. "Na gut... du solltest es bei Gelegenheit holen", sagte Reatinus, "Und das Opfer lasse ich deine Sache sein."
    Celer war viel zu bescheiden erzogen worden, merkte Reatinus. Selbstverständlich hatte er kein Problem, wenn Celer arbeitete. Im Gegenteil, er fand es großartig, denn es zeigt, dass Celer sich nicht zu einem faulen Taugenichts entwickeln wollte. Das war dem Onkel insgeheim wichtig. Doch musste Reatinus scharf überlegen. Wo konnte man ihn wohl beschäftigen. Spontan fiel ihm nur etwas in der Legion ein... welch Ironie! "Ich habe gute Kontakte zum Legatus Legionis. Ich könnte ihn fragen, ob er Dich als persönlichen Schreiber beschäftigen könnte. Lesen, schreiben, rechnen... es wäre schade, dieses Können als Laufbursche zu verschwenden!"

  • Er war einerseits froh nicht mehr Geld für die jetzige Übernachtungsmöglichkeit ausgeben zu müssen, andererseits fühlte er sich doch immer noch nicht so sicher mit der ganzen Situation. Aber er beschloss zu lernen damit umzugehen. Es konnte ja letztlich sicher nur alles besser werden, als es war. Nicht das es wirklich schlecht gewesen wäre. "Ich danke Dir," erwiderte er noch einmal mit echter Dankbarkeit in seiner Stimme und neigte seinen Kopf respektvoll. "Ich werde versuchen Deine Gastfreundschaft in keinster Weise zu mißbrauchen oder Dich zu enttäuschen, Onkel," sagte er ernst und meinte es auch durchaus so, vor Allem aus dem Respekt zu ihm, seinen bisher bekannten einzigen Verwandten, aber auch weil er durchaus wusste, dass dieser Mann eine Chance für ihn darstellte. Auch ihm drang der Geruch des Essens an die Nase und sein Magen bemerkte dies ebenfalls und quittierte es mit einem hungrigen Brummen, fast schon Knurren, was er irgendwie peinlich berührt zu übertönen versuchte, in dem er sprach: "Ich werde mich so bald wie möglich darum kümmern. Sowohl um das Gepäck als auch Morgen um das Opfer. Ich danke Dir auch dahingehend für Alles," fügte er an. Bei den Worten die Stelle betreffend stahl sich ein leichtes Schmunzeln in sein Gesicht, denn er bemerkte die Ironie durchaus ebenfalls. Dennoch würde er jedwede Chance annehmen. "Nur für den Fall, das Dein Legatus Legionis keine Verwendung für mich hat," fügte er dann freundlich und mit einem ganz leichten, vorsichtigen Unterton an, "meinst Du, ich hätte sonst vielleicht die Möglichkeit in der Curia eine Anstellung als Scriba zu erhalten? Ich bin sehr lernwillig und die Schreibarbeit macht mir auch durchaus Spaß." Ansonsten würde es wohl eher auf einen Laufburschen oder so hinaus laufen. Sei denn, es gab noch welche, die eher einen persönlichen Schreiber brauchten.

  • Zitat

    Original von Marcus Artorius Celer
    Er war einerseits froh nicht mehr Geld für die jetzige Übernachtungsmöglichkeit ausgeben zu müssen, andererseits fühlte er sich doch immer noch nicht so sicher mit der ganzen Situation. Aber er beschloss zu lernen damit umzugehen. Es konnte ja letztlich sicher nur alles besser werden, als es war. Nicht das es wirklich schlecht gewesen wäre. "Ich danke Dir," erwiderte er noch einmal mit echter Dankbarkeit in seiner Stimme und neigte seinen Kopf respektvoll. "Ich werde versuchen Deine Gastfreundschaft in keinster Weise zu mißbrauchen oder Dich zu enttäuschen, Onkel," sagte er ernst und meinte es auch durchaus so, vor Allem aus dem Respekt zu ihm, seinen bisher bekannten einzigen Verwandten, aber auch weil er durchaus wusste, dass dieser Mann eine Chance für ihn darstellte. Auch ihm drang der Geruch des Essens an die Nase und sein Magen bemerkte dies ebenfalls und quittierte es mit einem hungrigen Brummen, fast schon Knurren, was er irgendwie peinlich berührt zu übertönen versuchte, in dem er sprach: "Ich werde mich so bald wie möglich darum kümmern. Sowohl um das Gepäck als auch Morgen um das Opfer. Ich danke Dir auch dahingehend für Alles," fügte er an. Bei den Worten die Stelle betreffend stahl sich ein leichtes Schmunzeln in sein Gesicht, denn er bemerkte die Ironie durchaus ebenfalls. Dennoch würde er jedwede Chance annehmen. "Nur für den Fall, das Dein Legatus Legionis keine Verwendung für mich hat," fügte er dann freundlich und mit einem ganz leichten, vorsichtigen Unterton an, "meinst Du, ich hätte sonst vielleicht die Möglichkeit in der Curia eine Anstellung als Scriba zu erhalten? Ich bin sehr lernwillig und die Schreibarbeit macht mir auch durchaus Spaß." Ansonsten würde es wohl eher auf einen Laufburschen oder so hinaus laufen. Sei denn, es gab noch welche, die eher einen persönlichen Schreiber brauchten.


    So wie Celer sich freute, dass Reatinus ihn nicht vor die Tür setzte, so freute der Onkel sich über die Dankbarkeit seines Neffen. Der Junge hatte offensichtlich großen Hunger, was sein Bauch ebenfalls lautstark mitzuteilen versuchte. Nach einer langen Reise war der Appetit groß, wieder anständige Nahrung zu sich zu nehmen, was Reatinus von sich selbst nur zu gut kannte. Er lachte. "Komm ins Triclinium, bevor dein Magen sich noch mehr beschwert."
    Somit lief Reatinus los. "Und nichts zu danken. Ich erachte das als selbstverständlich", sagte der Artorier, ohne nach hinten zu Celer zu sehen und hielt zielstrebig weiterhin auf das Triclinium zu.


    Auf die Frage hin, ob die hiesige Curia eine Verwendung für Celer hätte, musste Reatinus scharf nachdenken. Hier war in letzter Zeit nicht allzu viel losgewesen. Vielleicht war die Curia jetzt auch schon überbesetzt. "Ich habe dort nicht viel zu tun gehabt. Vielleicht aber hast du eine Möglichkeit beim Cursus Publicus als Schreiber. Nachfragen könnte sich lohnen! Bedenke: Berufung findet man. Man wird nicht von ihr gefunden." Es wäre nicht vorteilhaft für Celer, irgendwo zu arbeiten, wo sein Können nicht richtig zur Geltung kam. Sie mussten ihm vielleicht etwas Passendes finden.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!