Portae Castrae | ANMELDUNG UND POSTABGABE

  • Ein junger Brusche war von Arsinoe beauftragt worden den Brief sicher zu ihrem Vetter zu transportieren. Er hatte den Auftrag gerne angenommen, alles um einmal raus zu kommen! Natürlich war er offiziell furchtbar schnell hierher gelaufen... offiziell. Auf dem Forum hatte es ein bisschen was zu sehen gegeben, da konnte er ja nicht so einfach vorbei hasten, aber das war doch sicher normal.


    Jetzt lief der Junge auf die Portae zu und musterte die Wachposten kritisch. Er hatte noch nie einen Brief überbracht. Das machte normalerweise ein älterer Bursche, der aber schon mit einem Schreiben des LAPP unterwegs war. Den Brief in der Hand ging er also auf die Wache zu und sprach: "Salvete. Ich habe einen Brief von meiner Herrin für Tiberius Verus."
    Er hoffte darauf, dass ihm schon gesagt werden würde was er jetzt tun musste.

  • Ein gelangweilter Wachsoldat schlenderte müde auf seine Lanze gestützt, zum Boten und ließ seine halbwegs wachen Kameraden zurück, um seine Pflicht zu erfüllen. Er trat vor den Boten. "Salve," grüßte der Legionär, während er mit seiner trockenen Stimme sprach. "Für Centurio Tiberius Verus," fragte der Soldat und beäugte den Fremden. "Gib' ihn einfach her, wir bringen ihn zur Poststelle," sagte er halbherzig und zog beide Schultern hoch.

  • Für eben jenen, bestätigte der Bursche und hob auch schon die Hand, um der Wache den Brief zu übergeben. Doch kurz bevor die Nachricht den Besitzer wechselte zögerte der Junge. Ist das auch der schnellste Weg, dass der Centurio den Brief erhält? Meine Herrin ist keine sehr geduldige Frau. Mir wurde gesagt, ich sollte darauf achten, dass Tiberius Verus den Brief möglichst schnell erhält. Plötzlich leicht nervös ob seiner eigenen Verzögerung in der Sache grinste der Junge übertrieben. Wenn ihr mir zeigt, wo die Poststelle ist, kann ich den Brief selbst dort abgeben... oder noch besser: wenn ihr mir sagen könnt, wo ich den Mann finde, kann ich ihm den Brief persönlich geben. Aus einer fixen Idee fügte der Junge noch hinzu: Dann hättet ihr so gut wie keine Arbeit damit.

  • Nach dem Statthaltersitz war das Kastell der Legion dran.
    "Moinsen. Liebebriefe aus Italia." Ein kleiner Scherz zur Auflockerung. Dann gabs die Lagerpost. Darunter dieser Brief:


    Roma, PR ID AUG DCCCLXVII A.U.C.

    Ad
    Praefectus Castrorum
    Marcus Iulius Licinus
    Castra Legionis II Germanica
    Mogontiacum, Germania Superior



    Dives Licino patruo magno s.d.p.


    Nachdem mein letzter Brief an dich bislang noch unbeantwortet geblieben ist, hoffe ich sehr, dass es dir und selbstredend auch deiner Esquilina gut geht. Und ich bete dafür, dass es an der germanischen Grenze friedlicher ist als derzeitig hier in Roma.


    Zunächst möchte ich dich beruhigen, dass die Domus Iulia - anders als in den Wirren nach dem Bürgerkrieg - glücklicherweise nicht erneut in Mitleidenschaft geraten ist. Andere Häuser, zum Beispiel die nur einen Steinwurf entfernt wohnenden Tiberier, hatten indes weit weniger Glück. Doch lass mich in Ruhe und von Beginn an berichten.


    Da ich noch immer ein wenig meine Kräfte sammle, nachdem ich ein tückisches Fieber während meiner Aedilität überstand, sah ich in diesem Jahr davon ab, die Spiele des amtierenden Aedilis Curulis Flavius Scato zu visitieren. Es war wohl mein eigenes Glück. Denn den Erzählungen des alten Aglaopes zufolge waren es offenbar jene Spiele, die den Ausgangspunkt alles Folgenden darstellten. Aglaopes berichtete von einer Panik am Veranstaltungsort, und von Verletzten und gar Toten unter den Zuschauern, von in Brand gesteckten Häusern in mehreren Ecken der Stadt.


    Aus der Villa Tiberia hörte er im Vorübergehen wörtlich ein 'Geschrei des Todes', das so beängstigend gewesen sein soll, dass es nur noch von dem brutalen Grauen übertroffen wurde, das Aglaopes überkam, als er einen vom Leib getrennten Kopf aus der Villa Tiberia den Mons Esquilinus hinab rollen sah. Ich muss dir gestehen, Großonkel, ich war noch nie in meinem Leben so in Sorge - und mehr noch in purer Angst. Denn noch nie in meinem Leben sah ich meine mir so teuren Kinder in einer derartig großen Gefahr. Es ist dies eine Erfahrung, die ich keinem Vater und keiner Mutter je wünsche.


    Mit diesem Erlebnis im Rücken möchte ich dich abschließend um einen Gefallen bitten. Du weißt, dass ich einst mein Tribunat bei den Cohortes Urbanae absolvierte, wie du ebenso sicherlich weißt, dass ich auch in diesem Amte stets ein überzeugter Bürokrat und selten nur Soldat war. Ich habe folglich nicht die besten Beziehungen in die nicht-ritterlichen Militärränge. Gleichzeitig kann ich nach den aktuellen Geschehnissen das Leben meiner Kinder nicht länger einem unfreien Custos Corporis anvertrauen, da man munkelt, dass all diese unsäglichen Vorgänge hier auf das Konto eben einiger solcher Sklaven gehen. Licinus, kennst du womöglich über deine Kontakte im Militär jemanden hier in Roma, dem du genug vertraust, die Sicherheit von Marcus Minor und Faustina sicherzustellen?


    Ich verbleibe mit den besten Grüßen aus der Urbs Aeterna und wünsche dir den Segen der unsterblichen Götter! Möge Mars über dich wachen. Vale bene!


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    MARCUS IULIUS DIVES
    SENATOR ET ORATOR




    PS: Die Administratio Imperatoris stellte dir übrigens einen Brief zu in die Domus Iulia, den ich ob deiner offenkundigen Absenz selbst geöffnet und gelesen habe. Darin schreibt man dir, dass Flavius Gracchus Minor zum neuen Tribunus deiner Legio ernannt wurde. Falls er seine vom Augustus unterzeichnete Ernennungsurkunde haben möchte, so darfst du ihm ausrichten, werde ich ihn gerne nach seiner Rückkehr in der Villa Flavia zu Roma besuchen, um sie ihm persönlich zu überbringen. Von einem privaten Weiterversand dieses Dokuments nach Mogontiacum werde ich indes aus mehrerlei Gründen absehen.


    Und weiter unten .. weil wahrscheinlich erst später abgegeben .. auch dieser Brief:



    Centurio Tiberius Verus
    Legio II Germanica
    Mogontiacum, Germania Superior


    Salve Centurio Tiberius,


    ich richte heute in tiefer Trauer und Verbundenheit diese Zeilen an dich. Im Zuge eines Aufstandes von abtrünnigen Sklaven, fiel die Villa Tiberia, der Stammsitz deiner Familie, dieser Meute in die Hände. Sie brachte alle die sich in der Villa befanden um und legten nach Abschluss ihrer Handlungen Feuer. Leider gelang es nicht das Haus deiner Familie zu retten. Mit diesem Angriff, griffen diese Abtrünnigen nicht nur euer Haus, sondern den Kaiser selbst an. Sei versichert, dass mein Mann nicht eher ruhen wird, bis er diese Barbaren zur Strecken gebracht hat. Sie werden für diese Taten büßen.
    Ich bedauere deine Verlust außerordentlich und biete dir hiermit meine Hilfe an. Also zögere nicht dich an mich zu wenden, wenn ich irgendetwas tun kann um dein Leid und deinen Verlust zu lindern.



    Mögen die Götter stets wachen über dich und deine Familie.


    Vale



    VETURIA SERENA
    AUGUSTA

  • Das Schweigen der Wache und seine auffordend ausgestreckte Hand sprach lauter als Worte es gekonnt hätten. Na, gut. Aber sorgt bitte dafür, dass der Centurio die Nachricht möglichst schnell bekommt., murrte der Junge und übergab den folgenden Brief:

    Mein lieber Verus,


    Ich lade dich hiermit zu einem Picknick im kleinsten Kreise ein. Ich habe gehört, dass es am Ufer des Rhenus schöne Orte geben soll, an denen man sich niederlassen und speisen kann. Du und ich haben viel nachzuholen!


    Gib mir Bescheid, wann du es frühst möglich einrichten kannst. Wir brechen dann von der Regia aus gemeinsam auf.


    Bis bald!
    deine Lucia



  • "Immer diese Eile," gab der Mann verträumt von sich und nahm den Brief entgegen. "Natürlich kommt er an," erklärte er und kaute auf dem Beißholz, welches sich in seinen Mund befand herum.


  • Auch diese Briefe fanden durch die geübten Soldaten ihren Weg an die richtigen Stellen.

  • Sie hatten überall ihre Leute und es gab Briefe, die man nicht dem normalen Postwege anvertraute. So wie eben auch diesen hier.



    Tribunus Cohortis Praetoriae Tribunus Q. Varinius Maro Centurioni A. Tiberio Vero s.d.


    Auf Empfehlung deines Legatus Legionis Ti. Duccius Vala hat der Imperator Caesar Augustus entschieden, dich von der Legio II Germanica zu den Cohortes Praetoriae zu versetzen. Du hast deine Vorgesetzten über diese Versetzung unverzüglich in Kenntnis zu setzen und dich nach Regelung deiner Angelegenheiten nach Rom zu begeben und bei mir zu melden.


    Ich gratuliere dir zu dieser Beförderung.


    Vale

    Quintus Varinius Maro

  • Durch ein heftiges Unwetter in Raetia ein wenig aufgehalten, kam der Reiter des Cursus Publicus aber doch an der Castra der Legio II an, um unter anderem diesen Brief abzugeben


    Tribun Manius Flavius Gracchus Minor
    Castria Legio II
    Mogontiacum
    Germania Superior


    Claudia Silana M' Flavii Gracchi Minoris s.p.d.


    Hatten wir denn einen Disput? Ich erinnere mich nicht an eine Streitigkeit, sondern an einen konkludierenden Meinungsaustausch, Flavius. Dennoch freue ich mich sehr über diesen Brief, der meinen Alltag erheblich bereichert hat. Rom, trotz seiner vielen Facetten und Menschen, kann meine Welt nicht vollens besänftigen und beruhigen.


    Ich bleibe neugierig und hungrig nach Erfahrungen. Ich suche sehnsüchtig nach einer Weisheit, die uns alle verbindet und finde trotzdessen nur Trennung sowie Grenzen. Du hälst mich für eine Anhängerin des Epikur? Du liegst falsch. Ich vertiefe vielerlei Ansichten und versuche über jene Grenzen brechen. Ich bin bereit Brücken zu schlagen und über die übliche Begrenzung einer Denkstruktur hinauszugehen. Du scheinst mir auch ein Suchender zu sein? Warum solltest du einer närrischen Frau sonst mit Absicht schreiben? Ich frage mich, was dich wirklich bewegt. Ist es wirklich Fürsorge vor falschen Lehren, die sich selbst eitel sind? Epikur ist keine falsche Lehre. Wie auch andere Lehren nicht falsch sind. Jeder Lehre wohnt eine Tugend inne.


    Durch Ausschluss verlieren wir Weitsicht und Horizont. Ich gestand dir, dass ich Epikur vertieft habe und weite Teile seiner aufgeklärten Sicht teile. Frage dich selbst, was ist diese Welt? Was verläuft zwischen uns und den Dingen, die wir nicht sehen? Hast du dir nie die Frage gestellt, dass Existenz auch nur ein Traum sein könnte? Ein geisterhaftes Wesen in den träumenden Augen eines Leviathan? Ich will nicht abschweifen oder gar verrückte Dingen anbringen aber dieser Kosmos ist zu groß, um sich auf eine Lehre zu beschränken, die allein Pflicht und Gehorsamkeit kennt. Grenzen werden stets durchbrochen. Wichtig ist, dass wir es mit Herz und Verstand tun. Wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Herzen in Liebe schlagen und einst durch die Liebe einer Mutter auf diese Welt gebracht wurden. Hast du ebenso, wie ich, etwas verloren, was dich festen Halt suchen lässt? Ich habe meinen Halt früh verloren und dennoch erkenne ich, dass Halt nicht notwendig ist. Wir alle stürzen durch die Zeit, bis unsere Zeit verloren ist. Du selbst dienst gerade in einer traurigen Region fern der Wärme unserer Stadt. Was lehrt dich dein Dienst fern von hier? Was zeigt dir diese Region? Sind die Menschen dort anders oder auch von selben seelischen Leiden geplagt, wie wir? Du suchst dort Tugend und Tapferkeit und doch wirst du unter den Waffen keinen Frieden finden. Frieden findest du nur in dir selbst, Flavius.


    Du versucht mir klarzumachen, dass du Dienst tust. Du versuchst mir zu zeigen, dass du ein guter Römer bist aber zeigst mir nur, dass du daran zweifelst. Du bekräftigst selbst, was du sein möchtest aber noch nicht bist. Wahrhaftigkeit findest du nicht in Worten oder Handlungen, sondern in deinem Gewissen. Stelle dich dir selbst in deinem Traum. Stell dich dir und erkenne, wie einst ich, dass wir uns selbst begrenzen und einschränken, um guten Idealen zu folgen, die oft nur Worte sind. Ideale ohne Seele sind leer. Römische Tapferkeit erwächst nicht aus verblichenen Handlungen, sondern aus Herzenskraft. Unsere Ahnen erbauten diese Stadt und unser Imperium durch Willen und Wahrhaftigkeit. Sind wir noch wahrhaftig oder verstecken wir uns hinter Worten? Reflektiere deine Position und dich selbst darin. Mache dich nicht zu willfährigen Handlanger einer Idee, sondern werde zum Schöpfer einer eigenen Idee. Erlaube dir einen Traum und Fantasie, die du haben kannst!


    Ich vergesse dein Angesicht nicht und deine illustren geistreichen Worte, die nach mehr hungerten. Du hungerst nach Aufklärung, wie meine Person. Dennoch begrenzt du dich, Flavius. Wo ist dein Traum?


    Achte auf dich auf! Insbesondere bei dieser Mission! Ich mag dich nicht verlieren, da ich gedenke, diese Standpunkte mit dir zu erörtern und dir wirklich einen Traum zu zeigen. Du kannst träumen. Mögen die Götter auf dich achten und dich zu mir zurückführen!


    Claudia Silana

  • Acht Wochen. Licinus konnte es immer noch nicht glauben, dass die verdammte Reise so lange gedauert hatte. So lange Zeit hatte er in den vergangenen über 30 Jahren nicht mal zusammengerechnet von seiner jeweiligen Einheit getrennt verbracht. Die Verhandlungen mit den süd-gallischen Schmieden hatten sich umfangreicher gestaltet, als er -- als irgendwer -- angenommen hatte. Aber Licinus war von dem Ergebnis tatsächlich begeistert. Und so hatten die Wachen am Tor des Lagers eine ziemlich ungewöhnliche Erfahrung durchzumachen, an jenem sonnigen Herbstmorgen.


    Der Präfektus näherte sich nämlich mit bester Laune von dem Tor, man hörte ihn sogar einige launige Kommentare mit ihm bekannten Personen am Weg austauschen. Dort angekommen, meinte er mit einem Grinßen auf den Lippen zu den beiden Soldaten am Tor:
    "Meine Herren, ich bin wieder da!" eine kurze Pause folgte, dann meinte er "Also, was muss ich wissen, bevor der Papierberg auf meinem Schreibtisch mich erschlägt?"


  • Aulus Tiberius Verus
    Castra Legionis II Germanicae
    Mogontiacum
    Germania Superior



    Senator Sextus Aurelius Lupus s.d.


    Da Nachrichten ins ferne Germania immer eine gewisse Zeit benötigen, wirst du diesen Brief vermutlich erst einige Wochen nach allen Geschehnissen in Händen halten können. Dennoch sehe ich es als meine Pflicht an, dich über das, was beim Stammsitz deiner Familie vorgefallen ist, aufzuklären, auch wenn es traurige Nachrichten sind.


    Ich schreibe es gerade heraus und ohne Umschweife: Die Villa der Tiberier in Roma wurde geplündert und niedergebrannt. Bei den Spielen des Aedil Flavius gab es einen terroristischen Akt eines wütenden Mobs aus Peregrinen und Sklaven, die im Anschluss brandschatzend durch die Straßen zogen. Es grämt mich, dir zu sagen, dass alle Sklaven und dein Verwandter Titus Tiberius, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Villa aufhielten, getötet wurden. Dein Verwandter wurde dabei besonders abscheulich behandelt. Sie haben ihn an einer der Häuserwände gekreuzigt, ehe sie die Villa angezündet und niedergebrannt haben. Wisse, dass ich für eine angemessene Bestattung Sorge getragen habe.


    Deine Schwester Tiberia Corvina ist in Sicherheit. Ich habe ihr Obdach in der Villa Aurelia gewährt – ein Angebot das auch für sämtliche weitere Verwandten gilt angesichts der langen Freundschaft zwischen den Tiberii und den Aurelii und den zahlreichen familiären Verbindungen.
    Ebenso ist eine Tiberia Maximilla dieser Tage eingetroffen. Von Tiberius Durus Söhnen Ahala und Postumus allerdings habe ich keine Nachricht. Ich kann nur mit Sicherheit sagen, dass sie sich nicht unter den Toten der Villa befanden. Dies lässt zumindest hoffen.


    Sollte deine Pflicht es erlauben und du oder deine Verwandten, zu denen ich keinen Kontakt habe, aufgrund der Ereignisse nach Rom zu reisen gedenken, steht euch die Villa Aurelia selbstverständlich ebenfalls offen.


    Mögen die Götter über dich und die Deinen wachen.


  • Der Tag war noch nicht so weit vorgeschritten, als das ein Treffen mit seinem Bruder in der Castra Legionis nicht möglich gewesen wäre. Zudem hatte sich seine Cousine in ihre privaten Gemächer zurückgezogen, um ihren... Frust zu verdauen. Auf seinem Gästezimmer wollte Merula den Rest des Tages nicht verbringen, das wäre doch zu unproduktiv ob der Dringlichkeit seiner familiären Angelegenheiten gewesen.


    http://www.imperiumromanum.net…isc/ava_galerie/Kelte.jpgDen Wagen ließ er an der Regia zurück und machte sich stattdessen zu Fuß mit seinem Leibsklaven Diogenes, dem keltischen Hünen und weiteren von seiner Cousine bereitgestellten Wächtern auf den Weg zur Castra Legionis. Es war auf der einen Seite kein langer Weg - musste er doch nur eine der Hauptstraßen über das Forum hinweg folgen - und auf der anderen Seite konnte er so die kulturelle Vielfalt, über die Mogontiacum bis an die Grenzen des Reiches bekannt war, und deren Auswirkungen begutachten.


    Wie gedacht, dauerte es tatsächlich nicht allzu lange, bis der Tiberier mit seinem Gefolge sein Ziel erreichte. Routiniert trat Diogenes aus dem Gefolge um seinen dominus hervor, welcher in gebührendem Abstand vor der Porta Castrae stehen blieb, um Merula anzukündigen. Zum dritten Mal an diesem Tage tat er also genau dies und hoffe drauf, dass es wie beim zweiten und nicht wie beim ersten Mal laufen würde.

    http://www.imperiumromanum.net…/ava_galerie/Grieche1.jpg "Salvete Milites. Mein dominus Titus Tiberius Merula begehrt Einlass in die Castra Legionis, um seinen Bruder Centurio Tiberius Verus zu sprechen." Auch beim dritten Mal betonte er den nomen gentile besonders, aber weniger energisch als beim letzten Mal, damit den Soldaten auch klar war, wen sie hier vor sich hatten – einen Verwandten eines Offiziers sowie seiner Cousine Tiberia Lucia, welche mit dem Legatus Augusti pro Praetore und gleichzeitig Legatus Legionis liiert war. Erwartungsvoll aber stoisch ruhig blickte er in die Gesichter der Soldaten.


  • Tribunus Laticlavius Manius Flavius Gracchus Minor - persönlich -
    Castra Legionis II Germanicae
    Mogontiacum, Provincia Germania Superior


    Mein Sohn,


    mehr als alles andere hoffe ich, du befindest dich wohl, bei bester körperlicher aber auch geistiger Gesundheit. Dass der Militärdienst nicht spurlos an dir wird vorübergehen, eine Anstrengung in jeder Hinsicht werden wird, dies war zweifelsohne - wenn auch nicht von dir - zu antizipieren. Doch verzage nicht, entsinne dich deiner Stärken, welche so reichhaltig in dir angelegt jegliche Schwächen zu kompensieren vermögen.


    Mit Sorge indes vernehme ich jene Aufgabe, welche dir anvertraut wurde. Nimm dich in Acht vor Duccius Vala, der zwar mit den römischen Wölfen heult, in seinem Wesen jedoch eine Hyäne ist, die sich vom Aas der Stärkeren nährt und stets seinen eigenen Vorteil bedenkt. Allfällig braucht es in Germania einen Mann, der die römischen Werte mit Füßen tritt, um die feindlichen Stämme besänftigt zu halten, doch du, mein Sohn, vergiss niemals wer du bist, und gebrauche deinen Verstand mehr als dass du diesem Manne Vertrauen schenkst. Dein Verstand ist es, welcher auch meine Sorge ein wenig besänftigt, denn obgleich du nicht immer seinem Wege gefolgt bist, so bin ich doch dessen gewahr, dass du dich im Zweifelsfalle auf ihn verlassen kannst und wirst. Kein anderer also ist allfällig mehr geeignet, diesen Konflikt zu lösen, kein anderer der mehr geeignet ist die Kabalen der germanischen Barbaren zu durchschauen. Ihre Götter sind nichts anderes als die urtümlichen Prinzipien, nicht anders beeinflussen sie diese als wir selbst, wenn auch der wissende Germane zweifelsohne stärker die Kräfte zu seinem eigenen Vorteile nutzen wird, statt zum Wohle der Allgemeinheit oder eines anderen hehren Ansinnens. Darum halte dich stets an deine eigenen Götter, wisse um die Macht der Prinzipien, wie ich es dich lehrte, und halte deinen Geist verschlossen vor Furcht und Angst vor nicht existierenden Mächten und menschlichen Trügereien.


    Der Duccius Verus von welchem du berichtest ist mir indes nicht mehr bekannt, zu viele Unterrichtungen habe ich doch in meinen Jahren begleitet, und zu viele provinzielle Flamen hat das Reich als dass ich mich all ihrer Namen könnte entsinnen. Doch sende ihm Grüße zurück, denn wie könnte ich einem Manne diese nicht vergelten, der meinen Sohn in der Fremde in seine Gesellschaft aufnimmt, um das alltägliche Leben ihm dort zu erleichtern.


    Auch wenn mein Rat dich nicht tagtäglich erreichen kann, so wisse doch, dass meine Gedanken stets bei dir und Titus in fernen Ländern weilen, gleichwohl meine Bitten um euer Wohl vor den Maiores und den Göttlichen alltäglich sind.


    Mögen die Götter dich schützen und vor aller Fährnis bewahren!



  • Welch' Zufall bot sich dem alternden Verus, der gerade seine übliche Patroullie durch das Lager machte, um die Posten seiner Männer zu überprüfen. Heute waren einige seiner Untergebenen zur Wache eingeteilt und so suchte Verus in seiner einfachen Montur eines Centurios (rote Tunika und feste caligae, cingulum militare mit Pugio und Vitis, dem Rebstock der Disziplinargewalt) das Tor auf, um die Soldaten bei der Arbeit zu kontrollieren. Ein Sklave stellte einen Tiberius vor und begehrte Einlass, um den bekannten Centurio Tiberius Verus aufzusuchen. Verus selbst schmunzelte als er die Worte des Sklaven vernahm und trat an den Wachen vorbei. Diese nickten ihrem Centurio zu und der Wachhabende grüßte mit einem ehrgebietenen "Centurio", während Verus mit einer Handgeste weitere Handlungen der Soldaten unterband. Verus zog seine Vitis vom Gürtel und deutete auf den Sklaven. "Was wünscht jener Tiberius vom Centurio?" Er selbst musste breit grinsen, da er seinen Bruder Merula sehr wohl kannte und sich gerade einen zynischen Spaß erlauben wollte. Mit festen Schritt trat er vor Diogenes und baute sich mächtig auf. Die athletische und muskelbepackte Kriegerstatur des alten Veteranen kam zum Vorschein, während der Stock drohend vor dem Gesicht des Sklaven lag.

  • http://www.imperiumromanum.net…/ava_galerie/Grieche1.jpgNoch bevor die Wache antworten konnte, trat einer ihrer Vorgesetzten heran und schien das Prozedere hier aus irgendeinem Grund übernehmen zu wollen. Dieser Vorgesetzte entpuppte sich als Centurio, was Diogenes zu hoffen gab, dass dieser definitiv Merulas Bruder kennen würde. Die Hoffnung schwand allerdings, als sich der muskulöse Mann mit gezückter Vitis vor ihm aufbaute und diese auf ihn richtete, woraufhin der gelehrte Grieche kurz seine Augenbrauen hob und etwas zurückwich, ohne dabei einen Schritt zurückzutreten. "Nun Centurio, so du selbst schon auf die Familienbande zu sprechen kommst, findest du darin auch den Grund für den Besuch meines dominus." Leider wirkte Diogenes aufgrund seiner sachlichen und vor allem belehrenden Art schon teilweise etwas frech. Dass er dieser Linie ob der Gegenwart eines Centurios in Reichweite dessen Vitis treu blieb, war ebenso mutig wie töricht. "Private Angelegenheiten, Centurio." schob er dann noch nach, um einer nervigen Nachfrage vorzubeugen.

  • Verus schmunzelte breit und lachte dann auf. "Ich bin Tiberius Verus," gab er sich zu erkennen und ließ den Rebstock sinken, um sich einen Schritt vom Sklaven zu entfernen. Der altgediente Offizier hatte seinen Spaß gehabt aber dieser war an der arroganten Ruhe des Diogenes gescheitert. Verus wusste, wann er geschlagen war und wollte die Situation nicht in einen echten Konflikt verwandeln, so dass er schlicht am Sklaven vorbei blickte. "Der faule Hund soll aussteigen," erhob der Tiberius seine militärisch geschulte Stimme und hoffte, dass sein Bruder nicht mehr die selbstgerechten Tendenzen zeigte, wie früher. Auch ein Tiberius konnte zu Fuß gehen. Man hatte zwei Beine und die konnte man nutzen. Verus war kein Mann, der seinen Stand bewahrte oder regelmäßig zeigte. Im Militär war es ohnehin nicht notwendig, so dass Verus dieses Standesfreiheit erheblich genoss. Eitelkeiten waren Verus fremd, der Schlamm und Blut kannte.

  • http://www.imperiumromanum.net…/ava_galerie/Grieche1.jpgÜberrascht zog der griechische Gelehrte erneut seine Augenbrauen hoch. Wenn dieser Mann Tiberius Verus war, wieso fragte er dann? Dieser zynische Spaß war vermutlich zu hoch... nein eher zu tief für den Intellekt des Griechen. Aber sei es drum. "Na wenn das so ist." entgegnete er dem Centurio und ging zu seinem dominus zurück.


    "Dominus, dieser Centurio ist dein gesuchter Bruder." sagte er informativ sachlich, sodass jetzt Merula derjenige war, der die Augenbrauen hochzog. Dieser Grieche hatte es wirklich nicht so mit Emotionen! Dieses mal zog Merula die Augenbrauen hoch und gab ein überraschtes "Oh! Wie erfreulich!" von sich. So setzte er sich mit seinen Gefolge um ihn herum in Bewegung und ging auf seinen Bruder zu, den er schon einige Jahre nicht mehr gesehen hatte. Mit offenen Armen – aber nicht zu überschwänglich, um die Etikette zu wahren – näherte er sich Verus. "Bruder! Lass dich herzen!" Ja die umliegenden Wachen würden schon merken, dass die beiden sehr unterschiedlich waren. Merula war eher schlank und hatte bei weitem nicht die Statur eines Soldaten, wie sein Bruder sie hatte. Ebenso war Verus – auch wenn er immer deutlich sensibler war – kerniger als sein kleiner Bruder, der dafür etwas eloquenter war und sich seinem Stand entsprechend vornehmer gab. Doch dies war nie eine Barriere zwischen den beiden gewesen, die sie in Zwietracht gebracht hätte. "Welch glückliche Fügung, als hätten die Götter von unserem Treffen gewusst und uns schon vor den Toren der Castra zusammengeführt." Nachdem die Familienherzlichkeiten ausgetauscht waren, senkte er wieder seine Stimme. "Können wir irgendwo ungestört reden?"

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