Und bist Du nicht artig...oder: Strafe muss sein! - Das bittere Ende einer Sklavenflucht.

  • Ein halber Tag war noch verstrichen, nachdem der Sklavenjäger mit den custodes und den entflohenen Sklaven zurück gekehrt waren, Marcus hatte die Sklaven in das dreckigste carcerloch werfen laßen, daß sich überhaupt fand; ohne Wasser und ohne etwas zu Essen. Stunden um Stunden hatte er sich in seine Räumlichkeiten zurück gezogen und über alles nach gegrübelt, war in immer finstere und für ihn sehr untypische Gedanken verfallen, hatte sogar einige Becher Wein zu viel zu sich genommen, doch als die Sonne sich gen Horizont näherte, die Schattenwelt immer näher rückte und die mit jedem Moment der vertreichenden horae länger wurden, veranlaßte er, daß die Sklaven aus dem Kellerraum heraus gezerrt wurden. Mit den Händen immer noch hinter dem Rücken gefesselt wurden sie grob von Sklaven nach draußen getrieben und in die Richtung, wo der Garten in dem Hinterhof überging und wo man als Flavier nicht flannierte, sondern schon die Regsamkeit der villa zu spüren war. Erst einige Momente, nachdem die Sklaven dort ankamen, verließ auch Marcus das Haus, um mit verschloßener Miene, hinter dem Rücken verschränkten Armen und festem Schritt sich den beiden Männern zu nähern. Seine Augen streiften sie mit einem verächtlichen und abfälligen Blick, ehe er kurz in Richtung des Himmels sah. Karmesinrot hatte sich der Horizont verfärbt und versprach einen warmen und sehr sonnigen Tag folgend. Einige dunkle Vogelsilhouetten strichen über den Himmel und verschwanden hinter den Wipfeln von schwarzen Baumkronen. Marcus wollte sich nicht die Ausreden der Sklaven anhören, hatte keinen Sinn für ihre Ausflüchte oder Entschuldigungen, die sie anbringen könnten. Früher hatte sich seine Mutter um solche Dinge gekümmert, und ihre Strafen waren drakonisch gewesen; er wünschte sich, es wäre immer noch so, aber heute mußte er darum Sorge tragen.


    Langsam richtete er seine Augen auf die wieder eingefangenen Flüchtlinge und er bemerkte durchaus, daß sie sehr geschafft aussahen und sie mit einigen Blessuren wieder kamen, besonders Hannibal, der ganz eingefallene Wangen hatte und auch sonst schon mit halben Schritt sich dem Hades näherte. Dennoch kam in dem Augenblick wirklich bei Marcus kein Mitleid auf, im Gegenteil, sie hatten seine Frau entführt, ihm höhnisch mit der Flucht ins Gesicht gelacht und dann noch den Sklaven von seiner Verwandten mit hinein gezogen. Mehrere Tausend Sesterzen hatte es ihn gekostet, diese Sklaven und insbesondere seine Ehefrau wieder zurück zu bekommen, wobei man bei Letzteren wohl kaum von 'zurück' sprechen konnte, da sie sich aus Rom entfernt hatte und andeutete, für eine lange Weile nicht zurück zu kommen. Wer konnte es ihm da verdenken, daß er einfach stinkwütend auf die Sklaven war? Hannibal ignorierte Marcus jedoch vorerst noch und fixierte den parthischen Sklaven, ahnend, daß er der Quell der Rebellion war, obwohl er es auch Hannibal zu traute.
    „Du erinnerst Dich sicherlich noch an unser erstes Gespräch, nachdem Du in die villa Flavia gekommen bist. Was habe ich Dir gesagt, wenn Du fliehen solltest?“

  • Kurz nachdem Cassim wieder die verhasste Villa betreten hatte, fand er sich in einem finsteren, modrig riechenden Verlies wieder. Den verletzten Hannibal und ihn hatte man zusammen in dieses eine Loch gesteckt. Wo der Thraker abgeblieben war, konnte er nur vermuten. Ob aus Unachtsamkeit oder gewollt, hatte man ihnen die Fesseln, nicht abgenommen. Nachdem hinter ihnen die quietschende Tür zugeschlagen wurde, ließ er sich erschöpft zu Boden sinken. Dunkelheit umgab ihn. Kaum ein Lichtstrahl fand seinen Weg hier hinunter. Dem Parther war dies einerlei. Endlich Ruhe! Die Strapazen des Rücktransports hatten Cassim sehr mitgenommen. Er hatte kaum etwas gegessen und kaum geschlafen. Einfach deswegen, damit er nicht ständig die Gesichter derer sehen musste, die zuhause auf ihn warteten. Die Fesseln an seinen Händen hatten sich tief ins Fleisch geschnitten. Mittlerweile nahm er den Schmerz kaum noch wahr. Er sah nur schemenhaft die Umrisse seines Gefährten, der in einem sehr schlechten Zustand war. Allein sein röchelnder Atem verriet seine Anwesenheit. Es gab nichts mehr, was noch zu besprechen war. Es war alles gesagt worden. Noch immer konnte er es nicht fassen, dass es Hannibals eigene Tochter war, die sie auf so üble Weise ans Messer geliefert hatte. Die Hoffnungslosigkeit hielt ihn nun fest umschlossen. Der Parther wusste, er würde nie mehr seine Heimat sehen, die schönen Augen seiner Frau. Nie wieder würde er das fröhliche Lachen seiner Kinder hören. Vorbei! Er tat das, was er schon seit Tagen tat, seit man ihm die Fesseln der Sklaverei wieder angelegt hatte: Er starrte ins Leere und schwieg.
    Cassim rechnete fest damit, den kommenden Tag nicht mehr zu erleben. Er quälte sich nicht mit der Frage, wie der Tod ihn ereilen würde. Dem Römer würde diesbezüglich schon etwas einfallen. Gleichwelche Gräueltaten dem römischen Hirn entspringen würden, er wollte sich ihnen stellen und aufrecht sterben, nicht um Gnade bettelnd.
    Es überraschte ihn nicht es besonders, als nach Stunden die Tür ihres Verlieses wieder aufgerissen wurde und man sie recht unsanft nach draußen beförderte. Keuchend stolperte er nach draußen in den Hof. Die Sonne war schon fast untergegangen. Die stimmungsvolle Abendröte wollte so gar nicht zu der Szenerie passen. Die glanzlosen Augen des Parthers folgten einigen vorbeiziehenden Vöglen. Kurzzeitig dachte er an den Falken, der als einziger die Freiheit erlangt hatte. Schließlich verschwanden sie hinter den Baumkronen. Dort verankerte sich sein Blick und er verfiel wieder in Apathie. Selbst als der Römer eintraf und ihn ins Visier nahm, änderte sich dies nicht. Die Worte, die er an ihn richtete waren es schließlich, die ihn aus der Passivität zurückdrängten. Sehr wohl erinnerte sich Cassim noch an ihr erstes Gespräch. Damals war der Parther noch fest davon überzeugt, bald wieder die Freiheit zurückzuerlangen. Trotz seiner Verletzung, die er mitgebracht hatte, strotzte er nur so von Selbstbewusstsein und Willensstärke. Alles hatte so leicht ausgesehen. Davon war nichts mehr übrig geblieben. Der Römer hatte ihm damals prophezeit, man würde ihn wieder einfangen und zurückbringen. Er hatte ihm auch klipp und klar deutlich gemacht, was ihn dann erwartete.
    Er sah zu Aristides, in dessen hartes Gesicht, das keinerlei Gnade ihnen gegenüber wallten lassen würde. Cassim blieb überraschend ruhig. Nichts regte sich in seinen Zügen, weder Reue noch Hochmut. Nur der leere Blick blieb. Er hatte mit allem abgeschlossen. Dann zuckten jedoch seine ausgetrockneten Lippen, als ob sie einige Worte formen wollten. Doch seine ausgetrocknete Kehle wollte keinen Laut entweichen lassen. Mehrmals versuchte er es bis schließlich mit großer Anstrengung einige krächzende Fragmente herausbekam. "Töte mich! Bitte." Eine seltsame Vorahnung beschlich ihn, der Römer wolle seiner Bitte nicht nachkommen.

  • Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß einige sehr neugierige Augenpaare aus der villa ihnen an jenem Abend zusahen, aber welch Wunder, war doch die Flucht unter den Sklaven wohl das wichtigste Gesprächsthema in diesen Tagen; manche, die solidarisch mit den Flüchtenden waren und viele, die hämisch redeten, insbesondere nachdem die Sklaven wieder gefasst wurden. Marcus Augen streiften kurz die Mauern des Anwesens und sein grimmiger Ausdruck wich keinen einzigen Herzschlag lang. Schließlich betrachtete er wieder den Parther. Ein abfälliges Schnauben entwich seiner eigenen Kehle als er die Worte des Sklaven vernahm. Bei dem Mann hatte er durchaus mit so etwas gerechnet, Marcus würde sich jedoch hüten, diesem noch einen Gefallen zu tun. Bei jedem anderen Sklaven hätte er wohl hinter den Worten eine Täuschung erwogen, damit der Sklave Marcus zu genau der anderen Handlung trieb, aber bei Cassim? Nein.
    „Nein, so einfach mache ich es Dir nicht, servus! Aber anscheinend hast Du meine Frage nicht verstanden...als wir uns das erste Mal begegneten, sagte ich Dir klar, was Dich bei einem Fluchtversuch erwartet. Und ich verspreche Dir eines, Cassim, Du wirst es wirklich bitter bereuen, jemals diesen Versuch gewagt zu haben und ich werde dafür sorgen, daß Du nicht noch einmal an so etwas törichtes denken wirst.“
    Hart war immer noch der Zug um Marcus' Mund und das würde auch in den nächsten Tagen sicherlich so bleiben.
    „Die Peitsche, das Brandeisen und jeder Schmerz, den Du in den nächsten Tagen erleiden wirst, der wird noch harmlos sein, was in den nächsten Jahren auf Dich zu kommt. Du kannst Dir sicher sein, daß jeder Schritt, den Du gehst, mit Argus' Augen betrachtet wird. Du wirst die demütigsten und niedrigsten Arbeiten im Haus verrichten, jeder Sklave und wirklich jeder Deiner Mitsklaven wird über Dir stehen. Und ich werde schon dafür sorgen, daß Du keinen einzigen Freund unter ihnen hast. Wer Dich wie Dreck behandelt, der wird es gut haben, jeder, der Dir hilft oder freundlich zu Dir ist, der wird genauso wie Du leiden müssen.“
    Marcus würde schon dafür sorgen, daß es für den Parther der Tartaros auf Erden werden würde.
    „Du wirst es jeden Tag bereuen, daß Du es gewagt hast, Hand an meine Familie zu legen. Wärest Du nur einfach geflohen, dann wäre es bei weitem nicht so schlimm. Aber so, nein, so wirst Du nicht einfach mit dem Tod davon kommen, Sklave. So nicht! Und Du wirst Dich noch nach Hannibals Schicksal sehnen, sei gewiss.“
    Marcus sah zu Hannibal und preßte die Lippen fester aufeinander. Gerade von Hannibal hätte er mehr erwartet, in jeder Hinsicht. Aber für Sklaven aus der flavischen Zuchtlinie galten nun mal noch härtere Bedinungen.
    „Du weißt, was Deine Strafe ist, Hannibal? Du weißt, was einen Sklaven aus Deiner Linie nach so etwas erwartet?“
    , fragte er darum kalt.

  • Cassim hatte es bereits geahnt. Aristides würde ihm nicht die Gnade gewähren, ihn einfach umzubringen. Nicht einmal qualvoll am Kreuz wollte er ihn sterben lassen. Dafür saß sein Hass zu tief. Wäre der Parther an seiner Stelle gewesen, hätte er sich wohl ähnlich von seinen Gefühlen leiten lassen.
    Die Androhungen der Folter, die der Römer für ihn vorgesehen hatte, prallten an Cassim einfach ab. Er wagte nicht mehr daran zu denken, was in einigen Jahren sein würde. Früher oder später würde es ihm gelingen, dieses Leben abzustreifen, wie ein schmutziges Kleidungsstück. Es gab keinen ersichtlichen Grund mehr, diesen Körper noch länger am Leben zu erhalten. Und auch die Qualen, die ihn schon in den nächsten Tagen ereilen sollten, hatten für ihn ihren Schrecken verloren. Sollte er ihn halb tot peitschen und brandmarken lassen! Was war das gegen die Tatsache, endgültig seinen Traum verloren zu haben? Der Traum von der Wiedervereinigung mit den seinen und der Traum von Freiheit. Die düsteren Zukunftsaussichten, die ihm Aristides entgegen schleuderte, sie konnten ihm im Augenblick nichts anhaben, da er selbst maßlos von sich enttäuscht war, auch wenn das Scheitern der Flucht nicht sein Verschulden gewesen war.
    Dies war nun das Resultat seines Unvermögens und seines Hochmutes. Niemals wieder würde er sich einem anderen Menschen anvertrauen, sei es Sklave oder Nichtsklave. Die Zukunft würde für ihn eine Mahnung sein, die er, wie eine Suppe, täglich auslöffeln würde. Das Einzige, was ihn unendlich traurig stimmte, war der Verlust des Falken. Er war die letzte Verbindung zu seinem alten Leben, welches nun endgültig unwiederbringlich war. Tröstlich war nur sein Wissen, dass der Falke es geschafft hatte. Er erfreute sich wieder seiner Freiheit. Ungehindert konnte er sich wieder in die Lüfte schwingen und sein Leben auskosten.
    Als der Römer endlich fertig war, hatte Cassim das Bedürfnis, noch etwas zu sagen. Es sollte keine Rechtfertigung sein, für das, was er getan hatte. Allerdings sollte auch niemand anders darunter leiden müssen, wofür er verantwortlich war.
    "Ich habe damals jedes deiner Worte verstanden und trotzdem waren mein Hunger nach Freiheit und die Sehnsucht nach meiner Familie größer als alle deine Strafandrohungen. Ich weiß, du kannst das nicht verstehen und du wirst es auch nie verstehen können. Aber sei dir gewiss, wärest du an meiner Stelle, hättest du genauso gehandelt. Und auch das, was du mir nun antun wirst, hat keinerlei Bedeutung mehr für mich, denn ich bin schon tot, tief in meinem Herzen. Dort regt sich nichts mehr. Doch eins sollst du wissen. Ich alleine habe Hannibal und auch den Thraker dazu überredet, mir zu helfen und mit mir zu kommen. Außerdem war es nie meine Absicht, deinem Weib etwas anzutun oder sie sogar zu entführen. Unglücklicherweise hat sie uns überrascht, in der Nacht, als wir gehen wollten. Es war meine Entscheidung, sie mitzunehmen. Das tut mir auch aufrichtig leid! Aber ich alleine trage hierfür die Verantwortung!"
    Dann verstummte Cassim wieder. Er hatte alles gesagt, was gesagt werden musste und wenn sein Gott ihm die nötige Kraft dazu gab, wollte er auch dann stumm bleiben, wenn er nun bald die Peitsche zu spüren bekam. Aristides hingegen hatte sich mittlerweile an den schwerverletzten Hannibal gewandt, dessen Tage ohnehin gezählt waren.

  • Es ging Hannibal schlecht, sehr schlecht als die anderen Sklaven ihn packten und aus dem Carcer zerrten. Er hatte die ganze Nacht schon sich im Schüttelfrost und den Schmerzen von seinen Wunden hin und her gewälzt. Viele Worte hatte er mit Cassim nicht gewechselt, aber Hannibal machte dem Mitsklaven wirklich keine Vorwürfe, wie dieser es wohl tat. Hannibal war aus freier Entscheidung mitgekommen und hatte sich der Flucht angeschlossen. Er fühlte sich eher schuldig selber, dass er nicht die Falschheit seiner Tochter erkannte, sondern verblendet ihrem Lügengesicht glauben wollte. Dabei wusste er doch, dass sie ihn nicht mochte. Aber dass ihr Hass so groß war, war ein Schock für den Sklaven. Ermattet taumelte er hinter her und schließlich in den Garten, wo er entkräftet auf die Knie sackte. Seine Augenlider flatterten herunter als er darauf wartete, dass Aristides erschien, der auch nicht lange auf sich warten ließ.
    Er hob nur kurz den Kopf an, um in das Gesicht des Flaviers zu sehen, der von der Abendsonne umrahmt wurde und dessen Züge mehr in Schatten gehüllt waren. Aber das, was Hannibal sah, war von Kälte und Abweisung geprägt. Hannibal schloß die Augen und konzentrierte sich darauf, Luft zu bekommen. Seine Seite schmerze höllisch und jeder Zug in seine Lungen war wie ein weiterer Stich, den ihm ein Dolch, oder eben ein Schwert, versetzte. Als er seinen Namen hörte, blinzelte Hannibal und hob das eingefallene Gesicht. Langsam dämmerte es ihm, was Aristides zu ihm gesagt hatte. Er würde doch nicht...? Oder doch...? Hannibal erstarrte und er kannte seinen Herrn gut genug, dass jener nicht einfach nur täuschte. " Das Kreuz.", flüsterte Hannibal. Er wusste, wie drakonisch die flavische Linie bestraft wurde und hatte es mit eigenen Augen gesehen. Aber er hatte sich immer eingebildet, davor geschützt zu sein. Anscheinend war dem doch nicht so und jegliche Freundschaft, die er zwischen sich und seinem Herrn geglaubt hatte, war nur Fassade gewesen. Sein Kopf sank herunter und die Luft wollte noch viel weniger in seine Lungen. Er merkte schon seit letzter Nacht, dass die Kälte des Todes nach ihm griff. Was machte es da noch, am Kreuz zu enden? Außerdem, was hatte er noch zu erwarten? Der Traum der Freiheit war zerplatzt, alles, was ihm bedeutete, war Stück für Stück zerstört, er hatte eine Tochter, die ihn hasste und Tod sehen wollte, und zu guter Letzt wusste er, dass er nicht mehr als ein gemeiner Mörder war. Schweigend verharrte er und sah weder zu Cassim, noch zu Aristides, als sich Cassim so vehement für seine Mitstreiter einsetzte und die ganze Schuld auf sich lud.

  • Eigentlich hatte Marcus es von Anfang an geahnt, daß es mit dem Sklaven nicht wirklich einfach werden würde; er war in Freiheit geboren - schon einmal ein Punkt, der große Schwierigkeiten mit sich brachte - dann auch noch ein Mann, der unbändig stolz war und sich einbildete, kein wirklicher Sklave zu sein. Nun ja, vielleicht würde sich das nach den nächsten Tagen ändern und womöglich würde er endlich beginnen, sich in sein Schicksal zu fügen, denn gerade nach dieser Flucht hatte Marcus nicht die geringste Absicht, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Er musterte den Parther abfällig und schnaubte leise, er würde schon dafür sorgen, daß der Parther nicht vergaß, noch am Leben zu sein und daß jenes Leben zumindest in der nächsten Zeit sehr unangenehm wurde; er hatte sich an seiner Familie vergriffen und das war etwas, was Marcus weder vergaß, geschweige denn verzeihen würde - wer die Familie anrührte, der hatte es mit Marcus verscherzt. Auch die noble Ader, die der Parther im Angesicht eines möglichen Todes dennoch zeigte, rührte Marcus gar nicht. Im Grunde vermochte heute nichts sein von Eis zugefrorenes Herz zu erreichen, jegliche Jovalität war entschwunden und in ihm rumorte nur der grausame und rachsüchtige Anteil der flavischen Familie, der früher die Römer hatte erzittern lassen, als die Flavier noch die Macht des Kaisertums besaßen.
    „Egal, ob es Deine Idee war oder nicht, sowohl Chimoron, oder wie er auch heißt, und Hannibal wißen durchaus für sich selber zu entscheiden und dafür müßen beide ihre Konsequenzen tragen. Und Du die Deinigen!“
    Dann sah er wieder zu dem anderen Sklaven, seinem früheren Leibsklaven, deßen Eskapaden er bisher sogar immer mit verdeckt hatte, die Morde, der Wahn, der in dem flavischen Sklaven steckte und der ihm von seinem Vater vererbt wurde. Aber der Sklave war schon lange zu weit gegangen und mußte eben mit den Konsequenzen leben, bzw. sterben.
    „So ist es!“
    , bestätigte Marcus kalt.
    „Und Du, Cassim, darfst dabei zu schaun und sehen, was Dir das nächste Mal blühen wird. Deine Strafe erhältst Du danach.“

  • Hinab getaucht in die Teilnahmslosigkeit, versunken in einen einzigen Gedanken, wie er die Folter die nun folgen würde, wie ein Mann überstehen sollte, damit er nicht am Ende, einem Feigling gleich, um Gnade winselte, stand nun Cassim da. Den Blick zum Boden geneigt. Er schenkte den Worten des Römers, die er an Hannibal richtete, nicht mehr viel Beachtung, wurde jedoch durch die Antwort des Sklaven aus seiner Lethargie herausgerissen. Das Kreuz.., hatte Hannibal geantwortet. Und der Römer bestätigte diese Antwort. Aber nicht nur das. Es war sein Wille, dass er selbst Zeuge dieser verabscheuungswürdigen Tat werden sollte, damit, wie der Römer sich ausdrückte, er wusste,was ihm beim nächsten Fluchtversuch blühte. Dass im Anschluss dann auch noch seine eigene Bestrafung folgen sollte, tangierte ihn in diesem Augenblick kaum. Fassungslos blickte er in das vom Tode gezeichnete Gesicht Hannibals und lenkte seine Augen dann auf den Flavier, aus dem ihm der blanke Hass entgegenschlug. Er fragte sich, weshalb er den Sklaven nicht einfach in Ruhe sterben ließ, denn dass er in den nächsten Tagen tot sein würde, lag offen auf der Hand. Er konnte sich nicht mehr länger zurückhalten und schweigen. Die Worte platzten geradezu aus ihm heraus. Sie waren laut und klangen anklagend und herausvordernd.
    "Aber wieso? Siehst du denn nicht, dass er bereits stirbt? Er ist doch bereits so gut, wie tot! Warum also dann noch das Kreuz?"
    Kaum aber dass er die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihm klar, weshalb der Römer so entschieden hatte. Nicht nur Hannibal wollte er dadurch strafen. Auch für den Parther selbst würde dies eine schlimmere Tortur werden, als alle Peitschenhiebe zusammen, die er in den nächsten Tagen ernten würde, denn er war dazu verdammt, weiterzuleben in der Gewissheit, dass es seine Schuld war, die den Gefährten letztendlich tötete.

  • Beide Nasenflügel blähten sich auf als Marcus die Luft tief in seine Lungen einsog, selbst jetzt gebärdete sich Cassim impertinent und als ob er eine Erklärung von ihm verlangen durfte. Wie einer, der nur zeitweise gefangen war und kein Sklave - doch Marcus hatte sicherlich vor, ihm das Stück für Stück auszutreiben, ganz sicher. Und der morgige Tag würde damit den Auftakt bilden - oder vielleicht schon heute Nacht, wenn er über seine Zukunft nachdenken würde? Marcus schnaubte leise und schüttelte den Kopf.
    „Warum und weshalb ich etwas entscheide, das geht Dich weder an, noch werde ich Dir das erklären. Du bist ein Sklave, ein nichtswürdiger Sklave, der entflohen ist. Ab morgen wird das jeder in Rom an Dir sehen können- mit dem Brandmal. Du hast Dir jede Chance auf Freiheit, die ich Dir noch in Aussicht stellte einst, verspielt. Denke eher darüber nach, ob Hannibal nicht den leichteren Weg als Du haben wird.“
    Absichtlich sah Marcus nicht mehr zu seinem einstigen Leibsklaven und ignorierte ihn gänzlich, denn weich zu werden, war gewiß nicht etwas, was er sich heute leisten wollte; aber es bestand in jenen Tagen auch gar nicht die Gefahr, dazu war Marcus deutlich zu ungnädig in eben selbigen.
    „Bringt sie beide in den Carcer zurück. Ich will sie nicht mehr sehen!“
    , grollte er kalt und doch voller Zorn. Und als die Sklaven nach den Armen der Delinquenten griffen, wandte sich Marcus bereits ab um mit verschloßener und unzugänglicher Mimik davon zu gehen und im Schatten des Hauses zu verschwinden.

  • Nur wenige Stunden hatte Marcus nach den Ereignissen um Hannibals Kreuzigung geschlafen und das unruhig und mit dem schlechten Wein in seinen Adern, dementsprechend pochte und brummte sein Kopf als er noch am Vormittag wieder erwachte und einen sehr üblen Geschmack im Mund verspürte. Stöhnend und mit einem Bart stoppeligem Gesicht erhob er sich und blieb erstmal einige Herzschläge an der Bettkante in seinem verdunkelten Zimmer sitzen. Nach einer Weile stand er jedoch auf, öffnete einer der Fensterläden nur andeutungsweise und griff nach der Rasierklinge, die er jedoch einen Atemzug später sofort wieder neben die Tonschale mit der er sich jeden Morgen wusch, zur Seite legte. Wie gestern spritzte er sich lediglich etwas Wasser ins Gesicht, griff nach einem Krug und goß sich etwas zu trinken ein, um den üblen Geschmack von seiner immer noch pelzigen Zunge zu vertreiben, schließlich, wieder sehr schlicht gekleidet, verließ er sein Zimmer und marschierte zu den Zellen, in denen Cassim nach der Kreuzigung wieder geworfen wurde. Zwei custodes standen davor, um den Flüchtigen zu bewachen, diesen nickte er zu, damit sie mit dem schweren und klobigen Schlüssel die Zelle öffneten, durch die der Flavier dann auch trat. Übel stank es in dem Raum, immer noch hingen die Ausdünstungen der Fiebernden in der Luft und natürlich konnte man seine Notdurft hier sehr schwerlich verrichten. Marcus rümpfte kurz die Nase und musterte in dem schwachen Widerschein der Lampen des Gangs den parthischen Sklaven, die Natter, die er sich in sein Haus geholt hatte.
    „Nun, Cassim, hast Du gesehen, was Dir blühen kann. Doch jetzt kommen wir zu Deiner Strafe.“
    Er wandte den Kopf nur marginal in Richtung der aufpaßenden Sklaven.
    „Greift ihn euch.“
    Was die Sklaven auch taten, Marcus wandte sich ab und ging den Gang weiter und in die Räume, die sein Bruder einst für andere Zwecke gebraucht hatte und deren Foltergeschichte wohl noch weiter in die Vergangenheit der Flavier zurück reichte. Doch hier stand auch eine große Feuerschale, die Marcus jetzt zu Nutzen gedachte, die Instrumentarien der Qual und Pein ignorierte er, meinte aber, daß es vielleicht den Sklaven doch noch einschüchztern konnte. Einen Sica hätte Marcus jetzt gerne, den treuen Sklaven seines Bruders, der die schmutzige Arbeit mit einer Perfektion ohne Gleichen vollführte.
    „Entzünde die Schale!“
    , befahl Marcus einem der Sklaven und sah kalt auf Cassim dabei.

  • Irgendwann, Cassim hatte sein Zeitgefühl verloren, hatten ihn seine Wächter wieder zurückgetrieben und ihn wieder in das stinkende Loch geworfen, in dem er und Hannibal die letzte Nacht gemeinsam verbracht hatten. Nun war er allein und kauerte sich mit seiner Trauer in eine Ecke. Nachdem sich die Tür hinter ihm schloss, kehrte die Dunkelheit des Kerkers wieder zurück. Hass und Verzweiflung beherrschten ihn. Sobald er die Augen schloss, sah er den toten Gefährten in seinem Todeskampf vor sich, dann den Römer am Vorabend der Kreuzigung, wie er ihm prophezeite, welche Strafe ihn ereilen sollte. Dann glaubte er plötzlich Stimmen zu hören. Ganz leise Stimmen, die ihm etwas zu wisperten. Der Parther konnte nicht erfassen, was die Stimmen sagten, doch meinte er, die Stimmen machten sich über ihn lustig. Nach uind nach verschmischte sich alles und die Stimmen bekamen Gesichter. Da war der Römer, der ihn verhöhnte und auch den tote Freund, der bleich vom Kreuz zu ihm herab sprach und ihn für seinen Tod verantwortlich machte. Selbst wenn er sich die Ohren zuhielt, waren diese Stimmen immer noch da, bis er endlich begriff, dass sie in seinem Kopf waren. "Seid still! Seid endlich still! Lasst mich! Geht weg! Ihr seid nicht real!", schrie er, bis sein Schreien in einem jammervoll flehenden Weinen endete. Langsam schien sich der Wahnsinn des Parthers bemächtigen zu wollen. Die Palette an Grausamkeiten, die sein Geist ifür hm selbst bereit hielt, riss nicht ab.
    Als sich am Morgen dann wieder die Tür öffnete und ein Spalt Licht in die Zelle fiel, zogen sich die bösen Geister schlagartig zurück. Doch als die Stimme des Römers auf ihn niederfuhr, glaubte er noch, dies sei noch Bestandteil seines Nachtmahrs. Doch als man ihn recht harsch ergriff und ihn hinauszerren wollte, wurde er eines Besseren belehrt. Er sträubte sich, gegen custodes ijedoch, die ihn aus dem Loch zogen, hatte er keine Chance.
    Das schwache Licht, außerhalb seiner Zelle blendete ihn so, dass er nicht wahrnehmen konnte, wohin man ihn zerrte. Schließlich fand er sich an einem Ort wieder an dem er zuvor noch nie gewesen war .Hektisch sah er sich um und verkrampfte zunehmend bei dem Anblick. der Werkzeuge und Instrumente, die in diesem Raum des Schreckens zur Schau gestellt wurden. Das was Cassim in der Nacht in seinen Träumen durchgemacht hatte, sollte er nun noch einmal in der Realität erleben, allerdings um ein Vielfaches schmerzlicher.
    Das Herz des Parthers begann schneller zu schlagen, es begann zu rasen. Sein Mund wurde trocken. Er konnte nur mit Mühe schlucken.
    Dann fiel sein Blick schlagartig auf die Schale, in dem augenblicklich ein Feuer entzündet wurde, so wie es der Römer befohlen hatte. Blankes Entsetzen sprach aus Cassims Blicken. Er war nicht dumm. Er wusste, was nun folgte.

  • Die Fackeln in den Halterungen flackerten leicht als Marcus an ihnen vorbei ging. Ihr öliger Rauch stieg zu der schon seit Generationen Ruß geschwärzten Decke; der Sklave, den Marcus zu der Feuerschale angehalten hatte, ließ den Zundstein über das Eisen reiben, um einen Funken zu entzünden, der das Öl und das Stroh, das zwischen die Kohlestücke gesteckt war, entfachen sollte. Immer wieder klickte er erfolglos, bis ein kleines rote Glimmen übersprang und er mit einiger Sorgfalt endlich ein Feuer entzünden konnte. Schweigend und mit abweisendem Gesicht starrte Marcus auf die vielen und sorgfältig geschärften Instrumente, die von vielen Familienmitgliedern in den letzten Jahrzehnten hier gesammelt wurden und scheinbar auch immer gut gepflegt wurden. Aber die Zeiten, in denen man sich vor dem Zorn der Flavier fürchten sollte, waren nun mal lange vorbei; als die Kaiser noch aus ihrer Familie kamen, war das noch ganz anders und so lange war das auch wieder nicht her. Es dauerte noch einige Momente, bis die Kohle zu glühen begann; mit einem Nicken deutete Marcus, daß der Sklave jetzt das Eisen in die Glut legen sollte.
    „Das hast Du Dir selber zu zu schreiben, Cassim. Ich hoffe, Du lernst daraus. Wenigstens, daß ich meinen Worten auch Taten folgen laße.“
    Nicht so wie sein Vetter, der viel zu weichherzig war und selbst dem räudigen Germanen noch das Leben verschont hatte, nachdem dieser geflohen war; Marcus wäre bei weitem nicht so gnädig gewesen und hätte ihn danach nicht auch noch eine Gladiatorenausbildung bezahlt. Marcus preßte die Lippen fest aufeinander und sah seinen Sklavenhandlanger auffordernd an. Der andere Sklave legte die Hände fest auf die Schulter von Cassim, damit er auf die Knie gedrückt wurde und dort auch blieb, während der Zweite mit dem Glüheisen nach der Tunika des Sklaven griff und den Stoff zur Seite zog, so daß er an einer Stelle auch aufriß. Dann drückte er das glühende Eisen dem Sklaven in den Nacken.

  • Es fiel Cassim schwer, seine Blicke von der Schale zu wenden, in der vor seinen Augen ein Feuer entzündet wurde. Wie hypnotisiert starrte er in die allmählich entstehende Glut. Sein Herz raste. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Wie ein Stück Vieh würden sie ihn hier und jetzt brandmarken. Auf ewig gezeichnet. Auf ewig Sklave. Entehrt.
    Die Stimme des Römers schien sein Ohr gar nicht zu erreichen. Die Worte perlten einfach an ihm ab, wie die Wassertropfen auf der Haut nach einem erfrischenden Bad. Nur die rotleuchtende Glut erreichte ihn.
    Nein! Er wollte dem entgehen. Es durfte nicht sein. Er, der er aus einer der vornehmsten Familien Parthiens entstammte, er durfte nicht so enden.
    Sein Körper versteifte sich, als er plötzlich den Druck auf sich spürte, der ihn hinunter zu Boden drücken wollte. Mit all seiner Kraft, die noch in ihm war, versuchte er Gegendruck auszuüben. Jede Faser versuchte, sich noch ein letztes Mal aufzubäumen. Allerdings war der Parther durch den langen Rückmarsch, seine Verletzung, die zwar fast schon verheilt war und dem Mangel an Nahrung geschwächt, was dazu führte, dass der Sklave, der ihn an seinen Schultern gepackt hatte, ihn schließlich doch auf die Knie zwang. Ein letzter Versuch, um das Unheil doch noch abzuwehren, versuchter er sich verzweifelt aus seinem Griff zu winden, was der custos aber zu verhindern wusste.
    "Nein, nein!", schrie er. Doch der Römer ließ sich nicht erweichen.
    "Verflucht sollst du sein! Du und die deinen!", zischte er und einige parthische Flüche folgten noch, bevor man seine Tunika entzwei riss und das glühende Eisen sich in seine Haut einbrannte. Ein bestialischer Schrei folgte, der keinerlei menschliche Züge mehr besaß. Der anhaltende Schmerz breitete sich schnell im ganzen Körper des Parthers aus. Sein Schreien ebbte langsam in ein jämmerliches winseln ab. Der Geruch von verbranntem Fleisch lag in der Luft und war dem Parther ein letzter Beweis für die Besiegelung seines Schicksals.
    Als der Druck des custos nachließ, sackte der Sklave in sich zusammen und blieb vor den Füßen seines Herrn liegen.

  • Rot glühte das Eisen in dem dunklen Kellergewölbe, das schon so oft als Leidensort der Opfer diente, die den Flaviern in die Hände gefallen waren. Oft Sklaven natürlich, die sich von Banalitäten bis schweren Vergehen schuldig gemacht hatten, wie Cassim, der geflohen war. Und obwohl der Sklave gefangen war, gleichwohl ihm schon sicherlich seit Stunden bewusst war, daß jeder Kampf zwecklos war, ergab er sich immer noch nicht. Ein Teil von Marcus, der in den Tagen nicht erkaltet und abgestorben war, vermochte dem immer noch Respekt entgegen zu bringen und wäre er nicht in dieser Zeit jenseits von Gut und Böse, hätte er wohl auch erkannt, daß er ganz genauso wie Cassim gehandelt hätte. Und er - Marcus - hätte sicherlich auch nicht aufgegeben, wäre er in Kriegsgefangenschaft geraten – damals, in der Zeit des Feldzuges in Parthia und ein oder zwei Mal schwebte dieses Schicksalslos wie ein drohendes Schwert über seinen Nacken, doch die Parzen hatten es anders gemeint. Doch in diesem Augenblick waren die Augen des Patriziers kalt auf den Sklaven gerichtet, bis dieser den Fluch ausstieß. Für einige Herzschläge lang trübten sich die Augen, ehe sie wieder einen düsteren Glanz bekamen. Er sah, wie sich das glühende Eisen in das Fleisch presste, roch sofort den Geruch nach verbrannter Haut und Muskeln, der bei Mensch und Tier doch so gleich war. Anteilslos beobachtete er, wie der Körper von dem Feuer verzerrt wurde und wie sofort Blut über die Haut des anderen Mannes lief. Doch Marcus beugte sich schließlich nach unten und fixierte den Parther.
    „Das bin ich schon, Cassim, das bin ich und meine Familie auch.“
    , antwortete er mit einem düsteren Unterton und richtete sich wieder auf; seine Augen streiften die Instrumentarien die der Qual, Pein und Folter dienten. Aber er sah sie nicht wirklich; Gracchus hatte auf eine Weise Recht, sie trugen alle bestimmt einen Fluch auf ihren Schultern, selbst wenn die Parzen sie verschonten, hörten sie nicht auf die Flavier zu verhöhnen und auch Marcus, der schon so viele enge Verwandte verloren hatte und ganz besonders seinen Schatz und Stern, seine eigene kleine Tochter, ein Schlag, den er nie überwunden hatte, sein Sohn war auch weit fort und Vater und Sohn schon lange nicht mehr wie Vater und Sohn; seine Ehefrau entschwunden und alles um ihn herum schien zu zerfallen, was damit endete, daß er seinen eigenen Freund hatte hinrichten laßen müßen. War es das Ende? Bestimmt nicht. Doch jetzt erstmal hatte Marcus genug, beschloß er auch. Er betrachtete den Sklaven zu seinen Füßen.
    „Bringt ihn ans Kreuz oben im Hof. Peitsch ihn aus, bis sein Rücken vom Blut überströmt ist, bis seine Schreie versiegt sind und er weiß, was es heißt, die Flavier heraus zu fordern. Danach soll sich jemand um seine Wunden kümmern und anschließend wird er zu den niedersten Knechten gebracht, die Vogelvoliere für den Falken verbrennt ihr heute noch. Der Sklave hat sich seine Privilegien verspielt.“
    Marcus sah verächtlich auf Cassim, den er dennoch auf seine eigene Weise respektierte, selbst wenn er es niemals zugeben würde, dann drehte er sich um. Die Sklaven würden ihr Werk vollführen und er sicherlich Cassims Schreie später in seinem cubiculum noch hören können. Marcus Schritte verhallten wenig später.

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