Hortus - der Garten

  • Einer der Sklaven, Iomedes, berichtete Axilla, dass ein Verwandter gekommen und in den Hortus gegangen war. Avianus, sagte der junge Grieche. Ihr direkter Cousin also. Axilla versuchte, sich an ihn zu erinnern, war sich aber gar nicht sicher, ob sie ihn zuvor jemals überhaupt getroffen hatte. Vielleicht, als sie sehr klein war. Einige ihrer Vettern waren bei ihr zuhause zu Besuch gewesen. Da ihre Mutter aufgrund ihrer Krankheit und schwächlichen Konstitution nie hatte reisen können, hatte sie ihre Verwandten nur getroffen, wenn diese zu ihnen gekommen waren. Allen voran natürlich Merula, Axillas liebster Cousin. Aber an Avianus erinnerte sie sich nicht.


    Also begab sie sich dann auch in den Garten, um ihn zu begrüßen. Oder kennen zu lernen, je nachdem, ob sie sich irrte oder nicht. Noch war es warm, wenngleich der Herbst so langsam Einzug erhielt und – den Göttern sei es gedankt – die schlimmste Sommerhitze mit dem damit verbundenen Geruchspegel zurückgegangen waren. Heute war der Himmel zwar durchzogen von einzelnen Wolken, allerdings war es insgesamt noch angenehm warm, so dass man sich durchaus einige Stunden unter freiem Himmel aufhalte konnte.


    Als Axilla in den Garten kam, lag da ein junger Mann auf einer Kline und ließ sich gerade Wein einschenken. “Salve, Avianus“, begrüßte sie ihren Vetter – wer sonst könnte das denn auch sein? - und gab dem Sklaven gleich ein Zeichen, dass sie nichts zu trinken wollte. Wein und sie waren keine Freunde, noch nie gewesen und sie würde es wohl auch nie werden.

  • Gerade hatte er damit begonnen, den Wein, die Stille und das angenehme Wetter zu genießen, als eine junge Frau zu ihm trat. Er hatte sie zuerst gar nicht bemerkt, erst als sie neben den Klinen stand und ihn grüßte, registrierte er wirklich, dass er nicht mehr alleine war. Etwas überrascht die Augenbrauen hochziehend musterte er die Frau, auch weil er schließlich nicht damit gerechnet hatte, noch andere Iunii in der Casa vorzufinden. Er nahm jedenfalls an, dass sie eine Iunia war, umso mehr interessierte es ihn natürlich wer genau sie war.


    "Salve …", grüßte er zurück und wusste erst einmal nicht weiter. Da sie offenbar seinen Namen kannte, kam er sich fast ein wenig blöd vor, überhaupt nicht einordnen zu können, wer da vor ihm stand. "Setz dich doch", sagte er deswegen, überspielte damit seine Ratlosigkeit und deutete auf die anderen Klinen. Jemanden zu haben, mit dem er ein nettes Gespräch führen konnte, wäre der angenehmen Atmosphäre mit Sicherheit nicht abträglich.
    "Entschuldige die Frage, aber kennen wir uns? Normalerweise merke ich mir Gesichter gut." Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Er hatte es einfach nicht länger zurückhalten können. Und Unterhaltungen waren doch um so vieles leichter, wenn man wusste, wen man vor sich hatte.

  • Ganz offenbar versetzte sie ihren Vetter in Erstauen. Eine Weile taxierte er sie verwirrt, dann rückte er doch mit der Frage heraus, die schon eine Weile davor in seinem Gesicht gestanden hatte. Und Axilla musste lächeln, während sie sich auf den Rand der Kline zu ihm setzte und sich natürlich nicht hinlegte.
    “Ich bin deine Cousine Axilla. Mir gehört das Haus hier. Naja, zumindest jetzt, nachdem sich Silanus nach Spanien zurückgezogen und mir alles überschrieben hat.“ Sie zuckte die Schultern. So wichtig war ihr das Ganze mit Besitz sowieso nicht. Sie selbst fühlte sich hier auch nach der langen Zeit immer noch irgendwie als Gast. “Ich weiß gar nicht, ob wir uns schon einmal getroffen haben. Und wie alt wir da waren.“ Noch immer lächelnd zuckte Axilla die Schultern. Sie wusste es wirklich nicht.
    “Seneca hat mir erzählt, dass du auch wieder in Rom bist. Du wohnst auch in der Castra?“ Über irgendwas musste man ja anfangen, sich zu unterhalten. Warum also nicht damit?

  • Avianus war erneut überrascht, dieses Mal jedoch wegen ihrer Antwort. Dass sie sich zu ihm setzte und damit andeutete, ihm ein wenig Gesellschaft zu leisten, entlockte ihm schließlich ein freundliches Lächeln.
    "Meine nächste Cousine? Na dann bedanke ich mich für den Wein, der gehört wohl auch dir", scherzte er noch immer lächelnd. Er hatte durch seine Familie hin und wieder etwas über seine Cousine gehört und auch gewusst, dass sie sich in Rom aufhielt, doch sie heute hier anzutreffen, hatte er wirklich nicht erwartet. Ihre letzte Begegnung lag wohl weit zurück, zu weit, um sich daran zu erinnern, wenn es denn jemals eine gegeben hatte. "Da bin auch ich überfragt, es müsste schon ewig her sein." Er setzte sich auf, um sich besser mit ihr unterhalten zu können.
    "Ja, schon… eine Weile. Ich diene unter ihm bei den Prätorianern und bin eigentlich fast nie hier in der Casa Iunia. Was hast du denn sonst noch so gehört?", fragte er mit einem Lachen. Viel mehr gab es über ihn allerdings wohl nicht zu wissen. Er war Soldat und deren Leben war wohl immer in etwa dasselbe. "Aber wie geht es dir? Wie sieht dein Leben so aus?", wandte er sich mit ernsthaftem Interesse an sie.

  • “Dann hoffe ich, er schmeckt“, lachte Axilla auch weiterhin. Dass sie beide keine Ahnung hatte, ob und wann sie sich wohl einmal gesehen haben mochten, tat der guten Stimmung dabei sicherlich keinen Abbruch. Im Endeffekt war es auch egal. Jetzt waren sie hier und lernten sich ohnehin erstmal als Erwachsene kennen.


    Fast genauso verschwörerisch wie seine Frage, was sie über ihn gehört hatte, fiel auch Axillas Antwort aus. “Nun, Seneca hat so einiges erzählt.“ Erst danach lächelte sie ihn etwas versonnener an und deutete leicht auf sein gesicht. “Dass dir ein Centurio die Nase gebrochen hat, hat er gesagt. Sieht man auch, ist aber nicht so schlimm. Gibt dir etwas verwegenes.“
    Die andere frage war schon etwas schwieriger, und Axilla bemühte sich, weiterzulächeln. Immerhin war die Frage ja nur nett gemeint gewesen, auch wenn ihre persönliche Situation gerade durchaus schwierig war.
    “Aber mein Leben ist wohl auch nicht ganz geradlinig. Ich habe zwei Kinder, aber im Moment sind sie noch in Ostia. Ich halte es für sicherer. Ihr Vater... ich weiß nicht, was mit ihm ist. Palma hat versprochen, wohlwollend zu ihm zu sein, aber... ich hab noch nichts gehört. Und naja... ich bin jetzt hier.“ Sie zuckte mit ihren Schultern. Was gab es da groß daran herumzureden? Axilla wollte ja auch gar nicht groß darüber reden. Was sie tun sollte, wusste sie ja ohnehin nicht. Es blieb nicht viel übrig, als abzuwarten (und heißes Wasser mit einem Tröpfchen Milch zu trinken).


    “Und was machst du so, wenn du dich nicht gerade mit Centurionen anlegst oder Wein trinkst?“

  • "Das tut er, um einiges besser als das meiste, was man als Soldat sonst so bekommt", meinte er belustigt und wog den Becher Wein in der Hand, während Axilla weitersprach.
    "Ach das. Der Capsarius hat ganze Arbeit geleistet, das kannst du mir glauben. Vielleicht nicht ganz so viel, wie der Cassis, der davor auf mich zugerauscht ist. Aber ich hätte sowieso nicht erwartet, dass man überhaupt wen schickt."
    Er spürte daraufhin allerdings, dass er ihr besser andere Fragen gestellt hätte. Auch das Lächeln in Axillas Gesicht ließ ihre Antwort nämlich nicht glücklicher wirken.
    "Du hast zwei Kinder? Das freut mich. Glaubst du, Palma wäre eine Gefahr für die beiden? Bisher kommt er mir doch ziemlich gnädig vor", gab er nachdenklich zurück. "Aber man geht wohl lieber auf Nummer sicher." Dennoch, Palma hatte selbst die Mannschaften seiner Leibgarde beim alten belassen, die Vorstellung, dass der neue Kaiser eine Gefahr für im Grunde unschuldige Kinder war, machte für den Iunier wenig Sinn.
    Gleich darauf entlockte sie ihm allerdings wieder ein leichtes Grinsen.
    "Ich denke, du hast da ein ganz falsches Bild von mir. So viel Wein trinke ich gar nicht, jedenfalls nicht mehr als die meisten anderen… und das mit dem Centurio war eine ganz andere und einmalige Sache.", lachte er, obwohl er sich natürlich sicher war, dass seine Cousine nur einen Scherz gemacht hatte, "Was soll ich dir sonst noch erzählen? Exerzieren, Wachdienst und an freien Abenden sieht man eben zu, dass man aus der Castra rauskommt, nicht zu vergessen natürlich das Hoffen auf eine Beförderung."
    Die Geschichte mit Sibel vor ihr zu verschweigen fiel ihm wesentlich leichter als sonst. Bei Axilla hatte er nicht das Gefühl, sie würde es sofort bemerken, wenn er ihr nicht die Wahrheit erzählte, dafür kannte sie ihn nicht gut genug.

  • Zum Glück kannte auch Avianus sie nicht gut, sonst hätte er bemerkt, dass ihr Lächeln nicht echt war, als er nach ihren Kindern fragte, und er hätte ihr fast beiläufiges “Ja, du hast recht, sicher ist sicher“, wohl eher als das durchschaut, was es war: Eine notgedrungene Antwort, um überhaupt etwas zu sagen.
    So aber konnte Axilla durchaus darauf spekulieren, dass Avianus nichts merken würde, und einfach sich mehr auf das andere Gesagte konzentrieren. Auch wenn das nicht unbedingt viele Anhaltspunkte bot. “Nun, das klingt... sehr....“ Axilla suchte ein Wort, das nicht so sehr nach 'langweilig' klingen wurde, lies dabei mit einem “Pffffff“ die Luft langsam raus und lachte dann. “Naja, aber du hast doch sicherlich Freunde in deinem Contubernium. Ganz so routiniert und... eintönig wird es ja nun doch nicht sein. Und immerhin erlebt man als Prätorianer ja auch sicherlich auch während des Dienstes viel abwechslungsreiches.“

  • Axilla ging nicht mehr weiter auf die Situation ihrer Kinder und den neuen Imperator ein und Avianus vermutete, dass ihr das Thema schlicht unangenehm war, war er durchaus verstehen würde. Er sah sie nur einen Augenblick lang abwartend an, bevor er als Zustimmung leicht nickte und entschied, es dabei zu belassen.
    Inzwischen ging es ohnehin wieder mehr um ihn. "Klar, so schlimm ist es nicht. Und Freunde hat man genügend um sich", meinte er nur und lachte ebenfalls. "Leider habe ich aber nicht ganz so sehr übertrieben, wie ich es mir wünschen würde. Ich glaube, dass ich den richtigen Dienst in der Garde noch immer nicht kennengelernt habe. Vor Vicetia hat dafür die Zeit gefehlt und Salinator hatte ja sowieso seine eigene Leibwache. Und jetzt unter Cornelius Palma haben wir noch immer keinen annehmbaren Kommandostab. Besonders viel ist also nicht los bei der Garde." Er seufzte leise. Die derzeitige Situation war inzwischen doch ein wenig lästig und natürlich wäre es ihm lieber, alle Spuren des Krieges wären inzwischen wieder beseitigt. Aber bei einem Bürgerkrieg war das alles eben nicht ganz so einfach.
    "Ich hätte gedacht, dass du davon bestimmt auch erfahren hast, wenn du sogar von der Sache mit meiner Nase weißt", lachte er und gönnte sich noch einmal einen Schluck Wein. "Aber ich hoffe natürlich, dass sich das möglichst bald ändert und die Prätorianergarde bald wieder das ist, was sie mal war.

  • Das klang so langsam aber sicher wirklich danach, als wäre das Leben als Prätorianer langweilig. Etwas, das Axilla sich so gar nicht vorstellen konnte. Ihr Vater war 'nur' Tribun bei den Legionen gewesen, aber wenn sie ihm zuhörte, hatte es nie gelangweilt geklungen. Auch wenn er sicherlich auch sehr viele Routineaufgaben zu erledigen gehabt hatte.
    Abgesehen davon war Avianus ein Mann, so dass ihm weit mehr Möglichkeiten offenstanden, als es für Axilla je möglich sein würde. Da konnte einem doch gar nicht langweilig sein, wo es doch mehr Dinge zu tun gab, als man in einem Leben überhaupt erledigen konnte! Man musste nur zielstrebig genug sein, diese Wege auch alle zu gehen, und den einen zu finden, für den man die nötige Zeit hatte, ihn zu Ende zu gehen. Vielleicht musste Avianus nur etwas finden, was er noch mehr tun konnte, neben seinen Aufgaben und ohne diese zu vernachlässigen. Auch wenn Axilla keine Ahnung hatte, was.
    “Ich denke, der Kaiser wird schon bald einen neuen Praefectus Praetorio berufen, und auch mehr Tribune. Nach einem Bürgerkrieg ist es wohl einfach schwer, da die richtigen Leute zu besetzen, die keinen Groll hegen und auf die man sich verlassen kann...“, mutmaßte Axilla. Sie hatte schon ihrem anderen Cousin Seneca gegenüber gesagt, wie wenig sie Palma einschätzen konnte. Daran hatte sich nichts geändert. Von daher wusste sie nicht, ob ihre Theorie richtig war oder was der Kaiser sich so dachte. “Und dann habt ihr wohl auch wieder mehr zu tun.“

  • Axilla sprach haargenau seine Gedanken und Hoffnungen aus.
    "Natürlich wird er das. So wie es jetzt ist, kann es schließlich nicht bleiben. Und du hast Recht, der Krieg hat so einiges an Spuren hinterlassen", stimmte Avianus ihr zu, blickte nachdenklich durch den Garten und sah dann wieder lächelnd zu seiner Verwandten. "Nach allem, was in letzter Zeit passiert ist, sollte ich vielleicht sowieso froh über etwas Langeweile sein. Aber ehrlich gesagt geht mir das auf die Nerven", lachte er dann. Und wenn er noch ehrlicher wäre, hätte er gesagt, dass er vor allem eines wollte und brauchte: Ablenkung von den Dingen, die sich zurzeit außerhalb seines Dienstes abspielten.
    Doch erneut beschlich ihn das Gefühl, dass es bei ihrer Unterhaltung nur um ihn ging, und obwohl es seiner Cousine offenbar unangenehm gewesen war, allzu viel von sich zu erzählen, war er dennoch neugierig etwas über sie zu erfahren. Axilla war schließlich eine nahe Verwandte und dennoch wusste er kaum etwas von ihr.
    "Hältst du dich eigentlich oft hier in der Casa Iunia auf?", fragte er deshalb vergleichsweise vorsichtig. Allerdings empfand er seine Frage durchaus als berechtigt, denn wie es schien war sie einerseits verheiratet, andererseits gehörte ihr die Casa. Und es war immer gut zu wissen, mit wessen Anwesenheit er rechnen konnte, sollte er wieder einmal einen Besuch in der Casa Iunia planen.

  • Kurz schmunzelte Axilla, als Avianus meinte, Langeweile gehe ihm auf die Nerven. Im Grunde sollte er ja wirklich dankbar dafür sein, dass alles wieder zur Normalität zurückkehrte. Axilla zumindest war darüber trotz allem nicht undankbar, und wenn sie nicht Angst haben musste, dass ihre Vettern irgendwo blutend in einem Graben lagen. Da würde sie nicht unbedingt etwas daran ändern wollen. Aber sie verstand natürlich, dass so nicht so viel Ruhm und Ehre zu erringen war, und dass dies einem jungen Mann wohl sehr wichtig sein mochte.


    “Ja, nach dem Einzug von Palma bin ich erst einmal hier her zurückgegangen. Ich weiß noch nicht, was mit meinem Mann ist, und... also, in der Casa Pompeia sind die Sklaven und alle natürlich sehr nett und gehorchen mir als Hausherrin. Aber... es ist das Haus meines Mannes. Und wenn er nicht zurückkommt...“ – denn zum Zeitpunkt des Gespräches wusste Axilla noch nichts von der Freilassung ihres Mannes oder sonstigen Dingen, die ihre Zukunft beträfen – “Hier fühle ich mich sicherer. Es ist einfach etwas anderes, im Haus der eigenen Gens zu sein.“
    Das war schon etwas, das Aelius Archias in der ersten Ehe von Axilla hatte lernen müssen: Egal, wie schön ein Haus sein mochte, Axilla war bei ihrer Gens zuhause. Damals hatte sie im Palast des Kaisers gelebt, und dennoch war sie, wann immer es ihr schlecht ging, ins Haus ihrer Familie gekommen. Und daran würde sich wohl nie etwas ändern.

  • "Ist irgendwie verständlich", stimmte er ihr zu und nickte leicht. "Mir würde es wahrscheinlich ähnlich gehen." Er konnte sich auch vorstellen, dass sie hier zurzeit einfach mehr enge Vertraute fand als in der Casa ihres Mannes. Avianus selbst konnte von sich aber leider nicht behaupten, sich in der Casa Iunia richtig Zuhause zu fühlen. Er war gerne hier, keine Frage, aber wohl einfach viel zu selten. Die Erkenntnis, dass er in der Castra irgendwie mehr Zuhause war, als im Haus seiner Gens fühlte sich für ihn dennoch seltsam an.
    Er wagte es jedoch nicht zu fragen, was mit ihrem Mann passiert war. Es war mehr als offensichtlich, dass es etwas mit dem Krieg zu tun hatte und die Antwort wohl eher nicht fröhlich ausfallen würde.
    "Hmhmhm…", lachte er nach einer Weile leise und leerte mit einem amüsierten Grinsen seinen Becher, "… die Pompeier." Der Name hatte ihm die vage Erinnerung an eine Begegnung mit einem Pompeius vor dem Tor der Castra wieder ins Gedächtnis gerufen, damals als er noch Tiro bei den Cohortes Urbanae gewesen war. Er hatte die Situation zu jener Zeit als recht unterhaltsam empfunden. Ganz im Gegensatz zu dem Pompeier, irgendein Procurator soweit er sich erinnern konnte. Und was wohl mit seinem damaligen Kameraden passiert war?

  • “Ja, die Pompeier...“, schloss sich Axilla dem Kommentar an. Hauptsächlich, weil sie sonst nichts dazu zu sagen wusste. Aber da ging es ihr vermutlich schon wie ihrem Cousin, der diesen Kommentar wohl aus einem ähnlichen Grund von sich gegeben hatte.


    Ein Moment der Stille breitete sich zwischen ihnen aus, der unangenehm wurde. Aber Axilla wusste nicht, worüber sie mit dem ihr unbekannten Cousin großartig reden sollte. Sie kannte ihn gar nicht. Und trotz all der Übung als Frau eines Ritters hatte sie den Bogen dennoch nicht richtig heraus, wie man ungezwungen ins Gespräch kam und einfach über 'nichts' redete.
    Also tat sie das, was sie stattdessen immer tat: Sie wechselte einfach das Thema. “Kennst du dich zufällig mit Hunden aus?“

  • Avianus versank für einen Augenblick schweigend in seinen Gedanken und Erinnerungen und bemerkte Axillas Unbehagen dabei gar nicht. Ihre Frage holte ihn schließlich wieder ins Hier und Jetzt zurück.
    "Hm? Hunde?", fragte er erst ein wenig unvorbereitet. "Nicht… wirklich. Wir hatten in Misenum mal einen, als ich noch ein Kind war. Aber der war ein furchtbarer Köter." Er musste sich davon abhalten, erneut in vergangene Zeiten abzudriften, und konzentrierte sich stattdessen wieder auf sein Gespräch mit Axilla.
    Natürlich fragte er sich, weshalb sie sich dafür interessierte und kam nicht umhin, danach zu fragen.
    "Gibt es einen speziellen Grund, warum du danach fragst?"

  • Also auch hier kein Glück, nachdem Seneca auch nicht so wirklich hatte weiterhelfen können. Wäre auch zu schön gewesen, jemanden zu finden, der ihr sagen konnte 'ja, klar, hier habe ich den perfekten Welpen' und ihn ihr in die Hand drücken würde. Nur leider funktionierte die Welt nicht so.
    “Ich wollte meinem Sohn einen Welpen schenken, wenn er wieder zurück nach Rom kommt. Ich denke, er ist jetzt in dem Alter, wo er einen haben kann, wenn er einen will. Und... naja, ich dachte, es wäre eine gute Idee.“ Axilla zuckte mit den Schultern. Der eigentliche Inhalt der Idee war wohl eher, dass ihr Sohn nicht so wütend auf sie sein würde, wenn sie ihn wieder zurück nach Hause holen würde. Aber das musste sie so wirklich nicht kommunizieren.

  • Auch jetzt spürte Avianus, dass sie unglücklich war. Das war sie ja schon die ganze Zeit, bedrückt, nicht besonders redselig und besorgt. Aber konnte er es ihr verdenken? Für ihn lief das Leben wieder einigermaßen geregelt ab, zumindest wenn man die Sache mit Sibel beiseite ließ. Und selbst wenn man das nicht tat, er glaubte zumindest, alles selbst in der Hand zu haben, Axilla dagegen konnte nichts anderes tun, als abzuwarten. Und das schlimmste war, dass er ihr dabei absolut nicht helfen konnte.
    "Und nach dem Krieg ist ein Hund sicher auch ein wenig Ablenkung. Ich denke, so schwer wird es schon nicht sein, irgendwo einen herzubekommen", meinte er aufmunternd. Er kannte den jungen zwar nicht, aber auch für ihn hörte es sich nicht schlecht an. "Wie lange denkst du, dauert es, bis es hier sicher für deine Kinder ist? So langsam kehrt ja alles wieder in den Alltag zurück."

  • Und wieder so eine Frage, über die Axilla lieber nicht auch nur nachdenken wollte. Sie schon diese Fragen vor sich her, so gut es ging, ohne sie auch nur annähernd für sich selbst zu beantworten. War es sicher? Bildete sie sich die Gefahr nur ein? Oder war es gut, wenn sie weiterhin vorsichtig und ängstlich blieb? Axilla wusste es nicht. Sie wollte auch nicht wirklich darüber nachdenken. Was allerdings die Antwort auf diese Frage nicht unbedingt erleichterte.
    Sie zuckte also relativ hilflos mit den Schultern und ließ ihren Blick über den friedlich wirkenden Garten schweifen. “Ich weiß es nicht. Mein Gefühl sagt mir, dass ich noch ein wenig warten sollte. Zumindest, bis ich etwas über meinen Mann weiß.“ Letzteres war so oder so eine gute Idee, denn auch wenn ihr Sohn der Erbe der Casa Pompeia wäre, würde sie mit ihren Kindern in dem Fall dennoch erst einmal richtig in der Casa Iunia Quartier beziehen. Und später vielleicht auch die Casa eines anderen Mannes, sollte sie danach noch einmal heiraten. Aber an letzteres wollte sie noch weniger denken wie an die frage, ob es für ihre Kinder denn sicher sei.

  • Vielleicht war es wirklich besser, noch abzuwarten. Und ohnehin waren es Axillas Kinder, sie wusste wohl am besten, was zu tun war. Da wollte Avianus sich vorerst nicht zu sehr einmischen. Dennoch kam er sich ziemlich nutzlos vor. Er wusste weder wirklichen Rat, noch konnte er etwas anderes für seine Cousine tun. Aber das war bei ihm ja nichts neues, meistens konnte er froh sein, wenn er seine eigene Lage im Griff hatte, was zurzeit immerhin auch nicht vollkommen gegeben war. Obwohl er seine Probleme zumeist sich selbst zuzuschreiben hatte.
    "Naja, falls ich dir irgendwie helfen kann, lass es mich wissen", sagte er und schürzte die Lippen. "Ich habe zwar keine Ahnung inwiefern ich bei irgendwas hilfreich wäre, aber ich werde tun was ich kann." Nein, er wusste nicht was er für Axilla tun könnte, aber es zählte wohl vor allem der gute Wille. Er lächelte einen Moment lang schief und lehnte sich dann wieder zurück. Wenn Axilla noch etwas wissen oder ihm einfach weiter Gesellschaft leisten wollte, würde er es begrüßen, ansonsten würde er die angenehme Ruhe, die im Hortus herrschte, noch ein wenig genießen, bevor es für ihn wieder Zeit wäre, sich auf den Weg zu machen.

  • Welch ein Segen die neuerdings wieder wärmeren Tage doch waren! Wenn er abends nach Hause kam, so nahm Avianus sich vor, würde er keine Zeit verlieren, die letzten warmen Sonnenstrahlen zu genießen, bevor sich Sol wieder hinterm Horizont verzog. Er lächelte breit, als er mit dem kleinen Lucius auf dem Arm in den Hortus stapfte. Der hatte wiederum, dem Grinsen in seinem Gesicht nach zu urteilen, ebenfalls sein Glück gefunden. Mit einer Hand im Mund und großen, neugierigen Augen bestaunte er das viele Grün. Lucius freier Arm ruderte unbeholfen in der Luft. "Uuuh", quiekte er leise. Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht des Vaters ab, als er die Decke, mit der er Lucius nach unten getragen hatte, etwas enger um das Kind zog, doch zumindest die Arme frei ließ.
    "Bald wird es noch wärmer, dann können wir das hier öfter machen … wenn dir der Hortus gefällt natürlich", erklärte Avianus. Einen Moment lang beäugte sein Sohn ihn mit unbestimmter Mine.
    "Ah", quietschte er im Anschluss.
    "Nicht ah. Hortus."
    "Ahh."
    "Gut, dann ah", gab Avianus sich schmunzelnd geschlagen. War wohl noch zu früh für richtige Wörter. Lucius strahlte ihn an. Nie würde sein Vater vergessen, wie der Zwerg ihn vor gar nicht langer Zeit zum ersten Mal angelächelt hatte. Inzwischen grinste er ständig und gab sich Mühe regelmäßig quietschige Laute von sich zu geben, ganz so als wüsste er, dass er die Herzen seiner Eltern damit zum Schmelzen brachte.
    Gnnnh", machte Lucius fröhlich.
    "Baum?", fragte der Vater zurück.
    "Aaaahh."
    "Ah", antwortete Avianus lächelnd, nickte als wüsste er ganz genau, was der Kleine meinte, und machte es sich mit dem Knirps auf einer der Bänke bequem. Sein Sohn grinste zurück. Die Sonne senkte sich schon herab, schickte mit letzter Kraft goldenes Licht über die Dächer. Mit dem eingewickelten Kind auf dem Schoß blinzelte Avianus ihr entgegen. Als er seinen Blick wieder senkte, hatte Lucius wieder eine Hand in den Mund gesteckt und lutschte mit halb gesenkten Lidern genüsslich daran herum.
    "Schmeckt's? Fabelhaft! Solange es dir nur gut geht, bin ich schon glücklich. Nur bitte nicht wieder schreien, ja? Davon krieg ich graue Haare."


    Sim-Off:

    Wer mag, der darf übrigens gerne

  • „Hört ihr das?“ Genervt klappte Agricola seinen Codex zu. So hatte er sich seine stille Hora in der Frühjahrssonne nicht vorgestellt. „Hört ihr dieses Gebrabbel?“ Die Frage war natürlich rein rhetorischer Natur. Mit Sicherheit hörten die Kaninchen dasselbe wie er, wozu hatten sie sonst ihre langen Löffel, bloß kümmerte es sie nicht. Denen ging es nur darum, Aesaras’ Küchenabfälle zu vertilgen, die er ihnen mitgebracht hatte. „Baum.“, versuchte es Agricola langsam und eindrücklich bei Paullus, den er von allen iunischen Stallhasen noch für den intelligentesten hielt. „Sag mal Baum.“ Paullus mümmelte zwar eifrig, sagte aber nichts. Natürlich nicht, er war ja auch kein Mensch. Der sabbernde kleine Lucius dagegen war offensichtlich einer, bekam es aber dennoch nicht fertig, Baum zu sagen. Trotzdem machten alle ein Aufhebens von dem runzeligen Kloß, als hätte ihn Iuno persönlich über der Domus fallen gelassen. Götter, mit dem war weniger anzufangen als mit einem ordinären Karnickel.


    So leise wie möglich, um nur ja nicht entdeckt zu werden, löste sich Agricola von der Wand mit den Kaninchenställen, robbte hinter den Fliederbüschen entlang und spähte schließlich durch eine Lücke auf den fein gekieselten Weg hinaus. Genau so hatte er sich das vorgestellt. Da saß sein Onkel, immerhin ein Kerl von rund dreissig Jahren und schneidiger Tribunus der städtischen Kohorten, mit seinem quietschenden Päckchen auf einer der Bänke, vornübergebeugt wie eine alte Amme und einen Ausdruck im Gesicht, als hätte man ihm gerade einen entkrampfenden Einlauf verpasst. Nicht zu fassen. Alles nur wegen dieses käsigen Pfropfens, der für Agricola eher aussah wie etwas, das man erst einmal aufbacken musste, um herauszufinden, was es darstellt, ähnlich den wabbeligen Teigbatzen, aus denen Aesara ihr Crustulum herstellte. Albern war das alles. In höchstem Maße albern!


    Je länger er allerdings im noch blütenlosen Fliedergesträuch kniete, desto klarer wurde ihm, dass das, was er da gerade trieb ebenfalls hochgradig albern war. Zerknirscht krabbelte er zu den geöffneten Verhauen zurück, schnappte nach kurzem Nachdenken Paullus am Genick, und packte ihn sich vor die Brust. Wenigstens einer in der Familie sollte bei klarem Verstand bleiben. Aber das musste ja nicht unbedingt er sein. Mit dem vollgefressenen Paullus auf den Armen schritt Agricola aus seiner Deckung auf den Weg hinaus und schlenderte mit bemüht entseeltem Gesichtsausdruck auf Onkel und Vetterchen zu. Vielleicht würde Avianus ja selbst auffallen, wie peinlich sowas aussah.
    „Sieh da, Onkel Avianus und der kleine Lucius. Wie nett. Dürfen wir uns ein Weilchen zu euch gesellen?“ Meiner hat schon aufgestoßen, deiner auch?, wollte er noch anfügen, entschloss sich dann aber doch dazu, den Bogen nicht zu überspannen.

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