Auch wenn Vala sich aufrichtete und von schwereren Verletzungen verschont schien, hörte Axillas Herz nicht auf, vor Sorge wild gegen ihre Brust zu hämmern. Alles in ihr drängte sich danach, ihn auch zu berühren, ihm aufzuhelfen, ihm wenigstens den Dreck von der Toga zu klopfen und ihm zu helfen. Aber sie durfte nicht, und noch hilfloser als ohnehin schon saß sie neben Vala. Immer wieder zuckte ihre Hand seinen Bewegungen hinterher, als wolle sie doch ihm bei seinem Tun helfen, und doch tat sie im Grunde nichts, als dasitzen und warten. Was sie eigentlich schon immer tat, wenn es um den Duccier ging: dasitzen und warten.
Auf den Hinweis zur mangelnden Gastfreundschaft ihrer Hausbotanik wurde Axilla verlegen rot und sah hilflos lächelnd kurz zu Boden. Was sollte sie darauf sagen? Sollte sie sich nochmals entschuldigen? Sollte sie ihm sagen, dass es sicher nicht so war? Dass ihr Garten ihn doch nicht nicht-mögen konnte, wo sie als Herrin dieses Gartens ihn doch nicht nur bloß mochte, sondern sich jede Sekunde seiner Gegenwart nach ihm sehnte? Nein, das sicher nicht. Oder sollte sie Cicero zitieren aus seinem unvollendetem Werk über das Schicksal, dass es selbiges vielleicht gar nicht gab, da man sich fragen musste, ob die Dinge, die geschahen, auch zufällig so geschehen würden, wenn gerade niemand da war? Das war wohl auch ein wenig zu hoch getragen.
Und so saß sie einfach nur da und lächelte verlegen beiseite, bemerkte nicht, wie Vala sie für diesen Moment ansah, und wurde von seinen folgenden Worten endgültig aus jeglichem Konzept, welches sie haben mochte, gebracht. “Ich...bin...?“ kam es perplex und wenig eloquent über ihre Lippen, als sie zu Vala wieder zurückschaute. Er saß inzwischen, war dabei so groß wie sie im Knien, und sah sie einfach nur an. Sah ihr direkt in die Augen. Und sie verlor sich in seinen, wie schon damals am Tiberhafen, oder jedes Mal danach, wenn sie ihm gegenüber gestanden hatte.
Schließlich war es Levi, der ihr ihre Sprache wiederbrachte, nebst der angewiesenen Schale mit Wasser, einem Lappen und einem kleinen Holzkästchen, in dem das fein gemahlene Pulver aus roten Meerschwämmen war, das besonders gut bei allen Dingen des Kopfes wirken sollte. Eigentlich war es ja zum Einnehmen, wenn sich ein Kropf bildete, aber es half auch gut beim Auswaschen von Kopfverletzungen, auch wenn das Zeug brannte wie sonst noch eins.
Als Levi also damit ankam und Axilla aus ihrer Betrachtung riss, sah sie ihn beinahe ärgerlich kurz an, war dann aber doch froh über die Unterbrechung, ehe sie noch was dummes gesagt hätte. “Stell es dort drüben ab“, wies sie den Sklaven mit zittriger Stimme an und sah erst dann wieder zurück zu Vala. Sie wusste noch immer nicht so recht, was sie sagen sollte, aber sie konnte ihn ja nicht nur die ganze Zeit ansehen wie ein verliebtes Mondkalb. Ohne noch einmal den Blick zu seinen Augen zu heben, aus Angst sich dort ein weiteres Mal zu verlieren, plapperte sie verlegen los. “Das ist zum Abwaschen des Blutes, und falls du sonst noch Kratzer hast, und... es brennt ein wenig. Wenn du erlaubst, dann helf ich dir dabei. Also, wenn du willst und nichts dagegen hast, dass ich dich da berühre. Und... du bist ja gar nicht so richtig verletzt, aber vielleicht möchtest du dir trotzdem das Gesicht waschen.“