• Die Unruhe ihrer Ugroßnichte entging Laevina in keinster Weise und sie tätschelte Sabina fast freundschaftlich die Schulter, selbstverständlich ohne sie dabei aus ihrem Griff zu entlassen. Bislang hielt sich die Kleine wirklich tapfer, aber noch war Laevina mit ihrem erzieherischen Grundkurs auch noch nicht am Ende angekommen.


    "Meine liebe Trygo, ich fürchte, das kann nicht stimmen. Ausser dir hat niemand vom Personal diesen Raum betreten, und du wirst doch nicht wirklich ernsthaft ein Mitglied deiner Herrschaftsfamilie beschuldigen wollen, oder?" Die junge Sklavin zitterte mittlerweile wie Espenlaub, trotzdem schaffte sie es noch, mit dem Kopf zu schütteln. "Siehst du, das hab ich mir doch gedacht." Die Stimme der alten Germanica nahm einen ausgesprochen zufriedenen Unterton an. "Dann sollten wir jetzt wohl zur Bestrafung schreiten, schließlich wollen wir nicht mehr Zeit mit diesem unerfreulichen Thema vergeuden als unbedingt nötig. Quadrata, lass den Sklaven herkommen, der für das Auspeitschen zuständig ist. Ein Schlag pro Käfer erscheint mir fair, was meinst du, Sabina?" Laevina betrachtete ihre kleine Verwandte mit einem feinen Lächeln auf den Lippen, während Trygo anfing zu wimmern. "Oh nein, bitte nicht....bitte nicht...Herrin...ich hab doch nichts getan...das schwöre ich...."

  • Sabina wagte es gar nicht mehr den Kopf zu heben. Sie hatte eigentlich nicht gedacht, das Laevina so reagieren würde. Sie hatte gedacht, dass diese Schreien würde und toben, aber nicht, dass sie jetzt eine Sklavin bestrafen wollte für etwas das diese gar nicht getan hatte. Das Mädchen biss sich auf die Unterlippe. Tygro einfach ans Messer liefern konnte sie nicht. Schließlich spielte die Sklavin oft genug mit ihr. „Nicht!“ sagte sie dann erschrocken, als Laevina nach dem Sklaven verlangte, der für die Bestrafungen zuständig war. „Ich wars...“, gab sie leise und mit piepsiger Stimme zu.

  • Die Kleine hatte länger durchgehalten, als sie, Laevina, es im Vorfeld vermutet hätte, und jetzt schwankte die alte Germanica zwischen einem gewissen Maß an Genugtuung, weil sie das Kind zu einem Geständnis gebracht und einem leichten Anflug von Enttäuschung, weil Sabina letztendlich doch Skrupel gezeigt hatte. Sie selbst hätte die Sklavin ohne mit der Wimper zu zucken ans Messer geliefert, aber nun ja, das Kind war ja noch ein Kind und damit im Sinne der lieben Urgroßtante ausbaufähig.


    "Also gut, verschwinde. Und lass dich so schnell nicht wieder in meinem Zimmer sehen!" blaffte sie die junge Sklavin an, die ihr Glück zunächst kaum glauben konnte und dann mit einem hysterischen Schluchzen und unter zahlreichen Dankbezeugungen aus dem Zimmer stürzte. Dann packte Laevina ihre kleine Verwandte erneut bei den Schultern und drehte sie zu sich um, bevor sie dem Mädchen mit dem Finger das Kinn nach oben drückte und sie dadurch zwang, ihr ins Gesicht zu sehen.


    "Nun denn, Germanica Sabina, jetzt sind nur noch wir beide hier." sagte sie in nach wie vor ruhigen aber ungemein kaltem Tonfall. "Und es ist dir sicher bewusst, dass dieser ungeheure Vorfall nicht ohne Folgen für dich bleiben wird, nicht wahr?"

  • Sabina konnte förmlich spüren, wie die Blicke der Alten sie durchbohrten. Am liebsten würde sie jetzt genauso wie die Sklavin einfach davon laufen. Aber Laevina würde sie wohl erst gehen lassen, wenn sie irgendeine fiese Strafe über das jüngste Familienmitglied verhängt hatte. Dabei war sicher Laevina kreativ und würde nicht nur wie Bia es tat Hausarrest verhängen. Mit Sicherheit würde man sie nicht so einfach davon kommen lassen.
    Immer noch starrte sie ihre Füße an und wartete darauf, dass Laevina die Strafe verkünden würde. Ganz langsam nickte sie auf Laveinas Frage. Die Alte würde diesen Streich sicherlich nicht auf die leichte Schulter nehmen.

  • Nachdem sie in aller Seelenruhe das kaum wahrnehmbare Nicken des Kindes abgewartet hatte, nickte die alte Germanica nun ihrerseits und erneut drückten ihre Finger Sabinas Kinn nach oben.


    "Fein, ich freue mich, dass wir zwei uns so gut verstehen. Du magst zwar unglaublich verroht und schlecht erzogen sein, aber du bist nicht dumm, und das gibt Anlass zur Hoffnung." Laevinas Blick schweifte kurz hinüber zum Bett und den Käferleichen, dann glitt ein feines Lächeln über ihre Züge. "Nun denn, ich würde sagen, jeder dieser Käfer kostet dich einen Tag. Bis alle aufgebraucht sind, wirst du dich jeden Morgen nach dem Aufstehen unaufgefordert hier einfinden, damit ich dir deine Arbeit für den Tag zuteilen kann. In diesem Haus gibt es wahrlich genug zu tun, allein der Garten ist derzeit ein Tummelplatz für Unkraut, seit dein Onkel Avarus in Germanien weilt. Und ganz offensichtlich bist du ja nicht ausgelastet, sonst hättest du keine Zeit für derart respekt- und geschmacklose Scherze." Ohne dass man es von aussen sah, wurde Laevinas Griff noch ein wenig fester und hielt Sabinas Kopf wie in einem Schraubstock. "Und lass dir bloß nicht einfallen, dich in irgendeiner Weise zu drücken, sonst wirst du mich von meiner wirklich unangenehmen Seite kennenlernen. Hast du das soweit verstanden?"

  • Laevina war eine böse Hexe. Zumindest in den Augen Sabinas. Sie mochte das älteste Familienmitglied so gar nicht und in diesem Moment noch weniger wie sonst. Immer noch richtete sie den Blick auf den Boden, selbst als die alte Krähe ihr Kinn anhob. Ganz leicht verzog sie ihre Lippen zu einem Schmollmund. Noch immer stand ihr das schlechte Gewissen ins Gesicht geschrieben, aber gleichzeitig meldete sich wieder ihr Trotz. Und die Strafe die dann Laevina verhing war fürchterlich unfair und übertrieben. „Ja, Tante Laevina!“ sagte sie bockig, als sie gefragt wurde, ob sie verstanden hatte.

  • Diese Medizin schmeckte der Kleinen nun ganz offensichtlich gar nicht, aber sie war schlau genug, sich das nicht über Gebühr anmerken zu lassen oder gar zu protestieren, was sich nur im höchsten Maße nachteilig für sie auswirkten würde.


    "Hervorragend." Laevina war jetzt bestens gelaunt und voller Tatendrang, ihr so erfolgreich gestartetes Erziehungsprogramm gleich richtig einzustielen. "Nun, da du schon mal da bist, würde ich vorschlagen, dass wir direkt loslegen. Es ist zwar eigentlich schon Nachmittag, aber diesen halben Käfer werde ich dir großzügigerweise schenken. Der Einfachheit halber fangen wir einfach in deinem Zimmer an, das hat es nämlich besonders nötig, meinst du nicht?"

  • Laevina war eine furchtbare Tyrannin, zumindest in den Augen Sabinas. Den nächsten Streich würde sie sich gut überlegen müssen, damit die Schreckschraube nicht wieder so schnell auf die Idee kam, dass sie es gewesen war. Sabina hasste es, dass die Großtante jetzt so guter Laune war und anscheinend Freude daran hatte sie zu bestrafen. Und die erste strafe kam auch sofort, ihr Zimmer aufräumen. Bia hatte es irgendwann aufgegeben, Sabina hinter her zu räumen. Kaum waren alle Spielzeuge mal weg geräumt, dauerte es nicht lange, bis alles wieder auf dem Boden verstreut lag. Für die Erwachsenen sah es vielleicht nicht so aus, aber alles hatte seinen Platz, zwar nicht in Schränken und Truhen, sondern auf dem Boden. Aber alles hatte seinen Platz.
    Ihr lag ein Protest auf den Lippen und sie funkelte die alte Germanica wütend an, doch sie nickte. Sie wusste nämlich, dass Laevina keinen Protest akzeptiert hätte.


  • Das geöffnete Schreiben lag nach wie vor in Laevinas Schoß, doch deren Blick war längst zu einem unbestimmten Punkt an der Decke ihres Cubiculums gewandert, während sie, in ihrem bequemsten Sessel sitzend, über die soeben erhaltene Nachricht nachdachte. Er war also tot. Lucius Germanicus Verres, der Mann, der vor etlichen Monaten in der Casa Germanica aufgetaucht war und sich als ihr Enkel ausgegeben hatte. Ein paar Tage lang war er geblieben, hatte sich auf Kosten des Hauses satt gegessen und neu eingekleidet, und war dann ohne ein weiteres Wort auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Und das Schlimmste war: sie selbst hatte es zugelassen, dass dieser armselige Wicht von der Familie mit offenen Armen aufgenommen worden war! Sie selbst, weil sie schwach gewesen war. Weil er sie in einem unbedachten Moment an ihrem schwächsten Punkt erwischt hatte: ihrer Liebe zu ihrem ältesten Sohn Victorius, dem einzigen menschlichen Wesen, dem Laevina jemals uneingeschränkte und bedingungslose Zuneigung entgegen gebracht hatte und dessen früher Tod sie bis ins Mark getroffen hatte, mehr noch als der ihrer Tochter und weit mehr als der ihrer beiden Ehemänner. Laevina besaß nach wie vor ein hervorragendes Gedächtnis und hätte sich die Gesichtszüge des jungen Mannes problemlos vor Augen rufen können, aber sie machte sich nicht die Mühe. Warum auch? Sie würde wohl niemals erfahren, ob er wirklich ihr Enkel gewesen war, aber das war Laevina einerlei, denn ein echter Germanicus zeichnete sich in ihren Augen durch Loyalität und Verantwortung gegenüber der Familie aus, Eigenschaften, die der Verstorbene offenbar in keinster Weise besessen hatte. Laevina schnaubte verächtlich und warf das Schreiben achtlos beiseite,um sich nun ihrerseits nach Schreibzeug umzusehen und ein entsprechendes Antwortschreiben aufzusetzen.


    "Quadrata, bring den Brief hier sofort zum Büro dieses Vigintivirs. Ich wage zu bezweifeln, dass dieser undankbare Schmarotzer allzuviel hinterlassen hat, aber vielleicht reicht es wenigstens für die Unkosten, die er in diesem Haus verursacht hat." Die alte Germanica wartete, bis ihre ebenso betagte Leibsklavin sich mit ihrem Antwortschreiben auf den Weg gemacht hatte und wandte sich dann ihrer übrigen Korrespondenz zu. Es gab noch viel zu tun, und falls Germanicus Verres bei seiner angeblichen Großmutter überhaupt eine Spur hinterlassen würde, dann war es die Erkenntnis, dass erhöhte Wachsamkeit sogar innerhalb einer Gens unabdingbar und jegliche Form von Sentimentalität gefährlich und für künftige Zeiten strikt zu vermeiden war.

  • Langweilig....eintönig und langweilig....Laevina war es mittlerweile derart langweilig, dass sie tatsächlich angefangen hatte, hin und wieder ein wenig in der Bibliotheca zu stöbern, eine Entwicklung, die sie selbst höchst beunruhigend fand, schließlich gab es doch wenig unwichtigeres als verstaubte Schriftrollen...
    In den ersten Tagen und Wochen nach der Abreise ihrer Enkelin Serrana und deren Ehemann und Stieftochter war die alte Germanica regelrecht aufgeblüht und hatte sich mit ungebremster Begeisterung der Restauration und Neu-Organisation des Familienanwesens gewidmet. Müßiggang und Nachlässigkeit wurden in tagelanger verbissener Kleinarbeit ebenso unerbittlich verfolgt und ausgerottet wie Staub und Spinnweben, und es hatte einige Zeit gedauert, bis Laevina mit dem Ergebnis endlich zufrieden gewesen war.
    Mittlerweile lief in der Casa Germanica alles seit Wochen wie am Schnürchen, die Sklaven erledigten schnell und klaglos ihre Arbeit, und jeder noch so versteckte Winkel des Hauses war absolut klinisch rein. Ein durchaus wünschenswerter, in den Augen der alten Dame eigentlich perfekter Zustand, aber die schlichte Überwachunstätigkeit begann diese zunehmend anzuöden.
    Mit besonderem Interesse nahm Laevina daher den Brief ihrer Enkelin entgegen und machte sich an die Lektüre.




    Nach den ersten beiden Sätzen brach sie weder in lautstarke großmütterliche Begeisterung aus, sie strahlte nicht einmal über das ganze Gesicht. Trotzdem wären einem aufmerksamen Beobachter vielleicht das plötzliche Funkeln in ihren Augen und die Tatsache, dass sich ihre Mundwinkel minimal nach oben bewegten, aufgefallen, denn auch wenn sie sich das niemals würde anmerken oder gar eingestehen würde, so war Laevina in diesem Moment sowohl erleichtert als auch ausgesprochen erfreut.
    Ganz offenbar hatte Serrana mehr Glück gehabt als ihre Mutter und gleich zwei gesunde Kinder auf die Welt gebracht, ein Wunder eigentlich, wenn man bedachte, wie wehleidig und zimperlich dieses Mädchen den großmütterlichen Bemühungen zum Trotz doch Zeit ihres Lebens gewesens war! Zwei Kinder, und damit gleich die zweifache Chance, dass die Gens Germanica auch in Zukunft blühen und gedeihen und einen angemessenen Anteil an der Geschichte Roms nehmen würde.
    Natürlich war es eine bodenlose Frechheit, dass die Kleine erst jetzt schrieb und dann direkt mit einer Forderung herbei kam, aber da sie wider Erwarten so schnell ihre Pflicht und Schuldigkeit als römische Matrone erfüllt hatte, war Laevina Willens, ausnahmsweise einmal großzügig zu sein, zumal es ja auch darum ging, sich einer Patrizierin gegenüber keine Blöße zu geben.


    "QUADRATA!!!" schallte es nur Sekunden später weit hörbar durch die Casa. "Sedulus und meine Enkelin kommen heim und bringen Besuch mit. Sieh zu, dass du das faule Gesindel von Sklaven zusammen trommelst, es gibt viel zu tun, und wir wollen uns unter gar keinen Umständen vor diesem blaublütigen Weib blamieren. "ZACK ZACK!!!"


    Endlich floss nach geraumer Zeit wieder Adrenalin durch Laevinas Adern, und es fühlte sich herrlich an!

  • Nachdem Sedulus den Brief von seinem Onkel gelesen hatte, eilte er zu Laevina. Er klopfte an die Türe ihres Cubiculums an. Er ging davon aus, dass sie in ihrem Zimmer war, denn er hatte sonst nirgends im Hause gesehen. Und um diese Zeit war die alte Germanica nur seltenst unterwegs. Wahrscheinlich würde sie irgendwelche Hausarbeiten mit ihrer Sklaven Quadrata und mit Sicherheit auch mit Sabina praktizieren.

  • Den blonden Schopf über die Stickarbeit gebeugt, grübelte sie, wie sie es Gadatas heimzahlen konnte, dass er sie verpetzt hatte. Sie durfte sich nur nicht dabei erwischen lassen, wie sie ihm einen Streich spielte und er durfte auch nicht auf den Gedanken kommen, dass sie irgendwie daran beteiligt war. Am Besten es waren irgendwelche alltägliche Missgeschicke.
    Die Nadel glitt scheinbar Federleicht durch den Stoff. Das Blumenmuster, welche sie stickte, nahm langsam Form an. Laevina beobachtete sie dabei aufmerksam, aber bisher hatte die Großtante noch keine Kritik geäußert. Sticken, Nähen und Weben machte ihr keinen Spaß, aber sie war recht geschickt was diese häuslichen Tätigkeiten anging. Es war das Stillsitzen und die damit verbundene Langeweile, die ihr so keine Freude bereiteten. Da war ihr Lesen und Schreiben lieber. Aber um zu beweisen, dass sie nicht immer diese kleine Quälgeist war, fügte sie sich und war ausnahmsweise einmal genau das vorbildliche Mädchen, welches vor allem Laevina sehen wollte.
    Wenigstens bot ihr diese langweilige Handarbeit die Möglichkeit zu überlegen, auf welche Weise sie Gadatas bestrafen würde. Ihr gefiel die Idee mit Juckpulver am Besten.
    Ein Klopfen riss sie aus ihren Überlegungen. Ihr Blick glitt zur Tür und dann zu Laevina.

  • Wider Erwarten stellte Sabina sich gar nicht so dumm an. Natürlich waren ihre Handbewegungen noch nicht routiniert, aber im Gegensatz zu ihrer höchst unbegabten Cousine legte sie tatsächlich ein gewisses Talent für das Sticken an den Tag. Den Göttern sei Dank, wie Laevina insgeheim dachte, denn schließlich würde es bei späteren Eheverhandlungen jedes einzelnen Pluspunktes bedürfen, wollte man die unübersehbaren und -hörbaren schlechten Gewohnheiten dieses Mädchens bei potentiellen Interessenten irgendwie kaschieren. Die alte Germanica überlegte gerade, ob sie sich von Quadrata einen kleinen Überbrückungs-Snack aus der Küche holen lassen sollte, als es plötzlich an der Tür klopfte und das Kind natürlich sofort seine Arbeit unterbrach und den Kopf drehte.


    "Konzentrier dich gefälligst auf das, was du gerade tust, sonst kommen Fehler rein, und wir müssen alles wieder aufmachen." Laevina fasste Sabinas Kopf und drehte diesen zurück zu ihrer Handarbeit, dann schaute sie selbst zur Tür.


    "Ja bitte?"

  • Sedulus trat mit schnellem Schritt ins Zimmer und erblickte neben Laevina auch Sabina und wie vermutet Quadrata, die Spionin der alten Germanica.


    Salve ihr Beiden!


    Grüßte er Sabina und Laevina.


    Ich hoffe ich störe euch nicht. Von daher will ich mich auch kurz fassen. Laevina, ich hätte eine Bitte an dich. Onkel Avarus wird in den nächsten Tagen wieder nach Rom kommen. Könntest du bitte Vorbereitungen für seine Rückkehr treffen? Vielleicht kann dir Sabina hier ja dabei behilflich sein?

  • Sabina warf Laevina einen grimmigen Blick zu, als diese sie am Kinn fasste und ihren Kopf zurück auf die Stickarbeit drehte. Nicht einmal ablenken durfte sich lassen. Immer nur mit dem doofen Blumenmuster befassen. Bevor sie sich ausmalen konnte das der Stoff ihr Feind und die Nadel das spitze Schwert in ihrer Hand war, betrat ihr Vater den Raum. Kurz hegte sie die Hoffnung, dass er gekommen war um sie zu erretten, doch diese Hoffnung starb sofort. Stattdessen sollte sie Laevina dabei helfen, alles für die Ankunft ihres Onkels vorzubereiten. Wobei das eine erfreuliche Nachricht war. Hoffentlich hatte er an das versprochene Fohlen gedacht! Plötzlich war es gar nicht mehr schlimm, der Großtante zu helfen oder bei ihr zu sitzen. Im Kopf hatte sie nur noch das Pferd und welchen Namen sie ihm geben wollte.

  • "Ah, Sedulus, gut, dass du da bist, ich hätte dich später ohnehin noch aufgesucht." grüßte Laevina ihren Schwiegerenkel, den ärgerlichen Blick ihrer Großnichte völlig ignorierend. Wo kam man denn da hin, wenn man auf die Befindlichkeiten von kleinen Mädchen achtete, sowas zog nur Müßiggang und schlechtes Benehmen nach sich! "Avarus kommt endlich zurück? Hervorragend, das wurde aber auch langsam Zeit! Natürlich werde ich die Vorbereitungen übernehmen, ausser mir ist in diesem Haus ohnehin niemand dazu vernünftig in der Lage. Seine Räumlichkeiten und das Officium müssen in Ordnung gebracht werden, und natürlich sollten wir zur Feier des Tages unsere Vorratskammer ein wenig aufstocken. Dein Onkel wird ja sicher in absehbarer Zeit den einen oder anderen Gast hier im empfangen. Du kennst ihn ja besser als ich: sollen wir irgendetwas besonderes zu seinem Empfang besorgen?" Laevina nahm sich vor, einen Teil der Arbeit an ihre Enkelin abzutreten, schließlich schleppte Serrana ja schon seit geraumer Zeit keinen sie behindernden Babybauch mehr vor sich her. Und für Sabina würde sich sicherlich auch etwas passendes finden...

  • Sedulus überlegte kurz.


    Hmm, Wein haben wir im Überschuss im Keller. Also von seiner Lieblingssorte. Ansonsten wüßte ich auf anhieb nichts was man dem Onkel groß besorgen sollte. Ich denke es ist genug wenn die Zimmer aufgeräumt und am Abend seiner Ankunft das Triclinium ein wenig geschmückt ist.


    Und weshalb wolltest du zu mir?


    Wollte Sedulus ein klein wenig neugierig wissen.

  • Onkel Avarus würde nach Hause kommen. Das waren Nachrichten die zumindest ihre Stimmung direkt hoben. Da war es fast vergessen, dass sie bei Laevina saß und sticken musste. Gutgelaunt wackelte sie kurz mit den Beinen und spitzte die Ohren. Aber etwas Interessantes schien ihr Vater und ihre Großtante nicht zu bereden haben. Es war der übliche langweilige Kram, was den Haushalt anging. Da war ja sogar sticken noch interessanter. Mit etwas Glück, würde Laevina sie entlassen, wenn das Blumenmuster fertig war. Die Schwierigkeit war nur, genau die Vorstellungen der alten Germanica zu erfüllen. Blumen waren ja zum Glück nicht so schwer. Fand sie jedenfalls. Komplizierter waren irgendwelche Heldensagen oder Göttergeschichten.

  • Typisch, dass Männer gleich als erstes an Wein dachten. Was ordentliches zu essen und zu trinken, die eine oder andere nächtliche Zuwendung dann und wann und ab einem gewissen Alter vielleicht noch was warmes für die Füße, und schon waren die meisten von ihnen lammfromm, zufrieden und dauerhaft ruhiggestellt. Aber nun gut, derartige Dinge waren ja ohne allzu großen Aufwand zu organisieren und machten auch das eigene Leben unkomplizierter.


    "Sein Lieblingswein, fein. Ich werde dafür sorgen, dass einige Krüge bei seiner Heimkehr bereitstehen. Das Triclinium ist auch kein Problem, und am besten lasse ich einige Speisen vorbereiten, die relativ zeitnah serviert werden können, je nachdem wann dein Onkel hier in Rom eintrifft. Die Zimmer sind in diesem Haus seit meiner Ankunft ohnehin immer tipptopp, ich hoffe, du hast nichts gegenteiliges zu berichten, mein lieber Sedulus. Ansonsten werde ich noch das Bad herrichten lassen, eine derart lange Reise beschließt man doch schließlich gern im warmen Wasser des eigenen Hauses, nicht wahr?" Die letzte Frage war eigentlich rein rhetorisch, denn Laevina zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass auch nur eine ihrer Überlegungen gegebenenfalls optimierbar wäre. "Und warum ich dich sprechen wollte...." Die alte Germanica warf einen unauffälligen Blick auf Sabina, die sich gerade wieder über ihre Stickarbeit beugte, und beschloss, dass das Mädchen allmählich auch alt genug war, um etwas unerfreulichere Themen mitzubekommen. "Es geht um deinen Hausgast, Sedulus, diesen ominösen Decimus Verus. Quadrata berichtet mir, dass man in den Straßen darüber munkelt, er sei irgendwo tot aufgefunden worden. Hast du darüber irgendetwas gehört? Denn falls diese Gerüchte der Wahrheit entsprechen, müssen wir uns unverzüglich mit seiner Familie in Verbindung setzen."

  • Nein habe ich nicht Laevina, sonst hätte ich dies vermutlich schon getan. Ja, Bad ist auch gut. Er wird sich sicherlich vom Dreck der Reise säubern wollen.


    Als Sedulus die Nachricht von seinem Freund hörte, wurde er greidebleich, suchte sich einen Stuhl und setzte sich.


    Sag dass noch einmal.


    Stammelte er langsam und leise, so dass man es kaum hören konnte.

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