In den Lucullischen Gärten; - ein germanisch-römischer Austausch

  • Ein wenig ausser Atem erreichte Serrana den kleinen Nymphentempel in den Gärten des Lucullus, wo sie sich mit Duccia Venusia verabredet hatte. Die beiden Frauen hatten sich bei einer gemeinsamen Cena in der Casa Decima kennengelernt, und Venusia hatte der jungen Iunia zu deren großer Freude versprochen, ihr ein wenig über ihre Heimat zu erzählen. Für Serrana, die bislang nur die eher ländliche Campania und einige wenige Dinge in Rom kannte, bedeutete das die Aussicht auf ganz neue Eindrücke und Erfahrungen, und sie freute sich schon seit einigen Tagen auf diesen Treffen, zumal ihr Venusia auch noch ausgesprochen sympathisch gewesen war.


    Um nicht allzu viel Zeit zu verlieren oder eventuell zu spät zu kommen, hatte sie sich nach ihrem Tagewerk im Tempel direkt dort umgezogen, sich das während ihrer Ausbildung offen fallende Haar hochgesteckt und war gemeinsam mit ihrer Leibsklavin Adula zu den Gärten des Lucullus geeilt. Venusia war offensichtlich noch nicht angekommen, aber das gab Serrana die Gelegenheit, ein wenig zu verschnaufen und sich der Duccierin nicht mit hochrotem Kopf und ausser Atem zu präsentieren. Während sie allmählich zur Ruhe kam, genoss sie die friedliche Atmossphäre an diesem Ort und ließ den Blick ein wenig über die wunderschöne Parkanlage schweifen.

  • Venusia kam nicht zu spät. Sie war in dem ihr erlaubten Rahmen pünktlich. Langsam schritt sie die Wege entlang und fand Serrana schließlich. Freundlich lächelnd ging sie auf diese zu.
    "Salve Iunia Serrana. Es freut mich, dass du es hergeschafft hast. Einen schönen Treffpunkt hast du dir ausgesucht. Es ist ein sehr ansprechender Park. Zumindest was ich bisher so sehen konnte."
    Während sie das sagte, hatte sie die wenigen Schritte, die sie noch trennten zurückgelegt. Die römische Germanin zog es vor schlichte Kleidung zu tragen. So waren ihre Sachen in zarten Pastelltönen gehalten. Sie mochte nicht gern auffallen und putzte sich daher auch nicht so heraus wie andere Römerinnen es gern taten um auch ja immer gesehen zu werden und entsprechend aufzufallen. Dies war ihr zuwider.


    /edit: Rechtschreibung.

  • Sie sah Venusia schon von weitem kommen und empfing sie mit einem offenen Lächeln. Die junge Duccierin war ihr schon am ersten Abend sympathisch gewesen und darüber hinaus bewunderte sie die natürliche Würde und Eleganz mit der sich diese bewegte, und die man auch durch ein Übermaß an Schmuck und Kleidung nicht künstlich herstellen konnte. Serrana selbst fehlte dafür noch ein gehöriges Maß an Selbstsicherheit, aber immerhin trat sie mittlerweile schon ein wenig mutiger auf als noch vor einigen Wochen, und der Rest würde sich vielleicht mit der Zeit auch noch einstellen.


    "Salve, Venusia, schön, dass wir uns so bald schon wiedersehen. Mein Großvater hat mir immer von diesem Park vorgeschwärmt, und ich hab mir gedacht, er wäre ein guter Ausgangspunkt für unseren Erkundungsgang. Hier ist es nicht ganz so überlaufen und man kann sich auch in Ruhe unterhalten."
    Sie freute sich sehr über Venusias Lob, denn sie hatte sich einige Gedanken wegen des Treffpunktes gemacht und war erleichtert, dass er auch den Geschmack der Duccierin traf.


    "Hast du deine Kinder daheim gelassen?" fragte sie dann ein wenig neugierig.

  • "Dein Großvater hat einen wirklich guten Geschmack. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich hier noch nie war. Es mag vielleicht daran liegen, dass ich wohl noch nicht häufig und lang genug hier in Roma war."
    Sie lächelte und führte sich kurz wieder vor Augen, dass sie bei ihren Besuchen hier nicht wirklich viel gesehen hatte und jetzt hatte sie nun die Zeit dafür.
    "Meine Zwillinge habe ich zu Hause gelassen. Ich glaube nicht, dass so ein Spaziergang ihnen lange Freude bereiten würde. Bald würden sie lieber mit anderen Dingen beschäftigen und wir sehen gar nichts mehr von der Stadt."
    Kurz lächelte sie ehe sie sich noch einmal umsah.
    "Wohin gehen wir nun?"
    Einen Plan hatte sie nicht gemacht. Entweder würden sie nun einfach drauf los gehen oder ihre Gegenüber hatte sich Gedanken gemacht.

  • Ausgesprochen froh nahm sie zu Kenntnis, das Venusia der Park gefiel. Wirklich viele Ansatzpunkte um den Geschmack der Duccierin zu treffen hatte sie ja leider nicht gehabt.


    "Ich war leider auch noch nie hier. Grossvater wollte immer irgendwann mal mit mir zusammen herkommen, aber dazu ist es leider nie gekommen. Im Nymphentempel soll es ein wunderschoenes Mosaik geben, wollen wir uns das vielleicht zuerst anschauen?" fragte sie hoeflich. Schliesslich wollte sie Venusia ja nicht einfach irgendeine Route aufzwingen...


    Wie alt Venusia wohl war? Serrana hatte Schwierigkeiten, das richtig einzuschaetzen. Die Duccierin wirkte noch sehr jung, allerdings hatte sie auch schon zwei Kinder...


    Serrana entschloss sich, ausnahmsweise mal ueber ihren Schatten zu springen und einfach nachzuhaken.


    "Venusia, darf ich dich fragen, wie alt du bist?"

  • Also setzten sich die beiden Frauen in Bewegung.
    "Ich schau mir gern schöne Mosaiken an. Man kann in ihnen viel entdecken und sehen. Der Tempel an sich hört sich auch interessant an. Weißt du wo er sich genau hier befindet? Dann solltest du nämlich vor gehen."
    Venusia lächelte die Iunierin wieder freundlich an. Das tat sie immer wenn sie Menschen sympathisch fand. Es war ein offenes und freundliches Lächeln. Kein Geschäftiges wie sie es auch in ihrer Zeit in der Verwaltung gelernt hatte.
    Die nächste Frage überraschte sie etwas. Aber sie wollte dennoch darauf antworten.
    "Ich habe jetzt 27 Sommer hinter mich gebracht. Ich bin erst recht spät Mutter geworden. Lange Zeit war ich in der Verwaltung in Germania tätig und habe dort auch meinen mann kennen gelernt."
    Das war eine schöne Zeit gewesen. Es gab Momente in denen sich Venusia wieder eine Aufgabe wünschte. Aber das war schwieg geworden.
    "Wie alt bist du denn?"
    Kurz sah sie zu Serrana und dann wieder auf den Weg.

  • "Wenn wir diesen Weg ein Stückchen weitergehen, laufen wir automatisch auf den Tempel zu." erklärte Serrana und wies mit dem Finger in die entsprechende Richtung.
    Als Venusia ihr Alter nannte, war die junge Iunia wirklich überrascht, sie hatte die Duccierin mindestens drei oder vier Jahre jünger eingeschätzt.


    "Im nächsten Frühjahr werde ich sechzehn." antwortete sie dann auf die Gegenfrage ihrer Begleiterin, denn noch war sie in einem Alter in dem man sich gern am nächsten Lebensjahr orientiert, um sich ein bisschen älter und erfahrener zu fühlen. Auf jeden Fall freute sie sich sehr, dass jemand wie Venusia, die einen Mann und Kinder hatte und ganz offensichtlich mit beiden Beinen im Leben stand, sich mit jemandem wie ihr selbst abgab.


    Serrana ließ den Blick über die wunderschönen Anlagen schweifen und genoss die stille und friedliche Atmosphäre. Kaum zu glauben, dass dieser Ort auch schon Schauplatz grausamer Dinge gewesen war.


    "Weißt du eigentlich, dass Kaiserin Messalina vor fast 60 Jahren in diesen Gärten gestorben ist?" fragte sie dann. "Sie ist hier auf Befehl ihres Mannes Claudius von den Prätorianern hingerichtet worden, weil sie heimlich einen anderen Mann geheiratet und sich angeblich gegen den Kaiser verschworen hat." Wie immer, wenn Serrana an diese Geschichte dachte, schauderte sie automatisch. Ihre Großmutter dagegen liebte diese Episode, denn sie war in ihren Augen das perfekte Beispiel, wohin sittenloses Verhalten junger Frauen führen konnte.


    "Wie hat deine Arbeit in Germanien denn genau ausgesehen?" erkundigte sie sich dann neugierig. Arbeitende Frauen waren in Rom eher ungewöhnlich, vor allem wenn sie Mitglieder der besseren Gesellschaft waren.

  • "Dann muss er sehr gut hinter den Bäumen versteckt sein."
    Am Ende des Weges meinte sie schon zwischen den Büschen und Gewächsen des Parks einige Mauern auszumachen, aber das konnte auch täuschen. Sie würden es ja bald herausbekommen und sehen ob sie richtig gesehen hatte oder nicht.
    "Mit sechzehn Jahren bin ich damals aus meiner Heimat ins Römische Reich gekommen. Es ist ein schönes Alter. Wünsche dir nur nicht schnell älter zu werden, das passiert von ganz allein. Glaube mir, das geht nachher schneller als du dir das vorstellen kannst."
    Venusia lächelte kurz und sah sich dann wieder im Park um, betrachtete die verschiedenen Beete und versuchte sich zu erinnern was es hier alles für Blumen und Pflanzen zusehen gab. In Germania kannte sie so ziemlich jede Pflanze, hier war es schon hin und wieder anders.
    "Ich kann es mir kaum vorstellen, dass so ein schönes Platz solch Grausamkeiten erlebt haben soll. In Roma ist jedoch viel Umvorstellbares möglich. "
    Leider war es das. Gerne hätte sie es anders gewusst, aber sie kannte einiges von der Geschichte dieser Stadt und viel war hier geschehen. Anklagen durfte sie hier jedoch keinen, in ihrer Heimat war es ja nicht besser gewesen. Da schlug man sich auch liebend gern die Köpfe ein wenn einem etwas nicht passte.
    "Messalina soll sich ja auch einiges herausgenommen haben, das einer Dame von Stand eher nicht zu eigen sein sollte."
    Verschwörung war auch etwas, das man nicht so einfach hinnehmen konnte und gerade für Venusia als Germanin war eine Scheidung und eine heimliche Heirat undenkbar. Es verstieß gegen alle Regeln ihrer Gesellschaft und auch bei ihnen wäre es nicht ohne weiteres hingenommen worden.
    Dann lenkte das Thema auf ihre Arbeit. Sie hatte viel zu tun gehbat und es sehr gern getan.
    "Ich habe damals als Scriba in der Regia in Mogontiacum angefangen. Ich habe dem damaligen Legaten Germanicus Sedulus zugearbeitet und dadurch viele Menschen kennen gelernt. Dann kam der Krieg in die Provinz und damit viel Unglück und Unheil. Es war eine gefährliche und unschöne Zeit für Jeden dort. Der Ausgang war lange Zeit unklar. Der Sieg blieb jedoch auf römischer Seite mit vielen Verlusten. Der Legat ging danach nach Roma um dem Kaiser zu berichten und starb ganz plötzlich. Der Provinz drohte eine schwere Krise. Weil ich lang Zeit die rechte und linke Hand des Legaten war, wurde ich Magistra Scrinorum, übernahm mit dem Comes die Verwaltung der Regio Gemania Superior. Ich habe mich um die Schola in Mogontiacum gekümmert und wurde später sogar Princeps Curiae. Nach einiger Zeit sogar Comes der Regio. Ich habe einige Legaten miterlebt. Etwas später heiratete ich auch Decimus Magnus. Wir hatten zu dieser Zeit keine übliche Ehe. Er war in Confluentes bei der Ala Kommandant und ich in Mogontiacum. Gesehen haben wir uns eher selten. Als ich dann schwanger wurde, gab ich alle meine Posten zurück und habe mich nun in das Leben als Hausfrau und Mutter gewöhnt."
    Als sie das alles so resümierte, bemerkte sie, das ssie wirklich eine ganze Menge gearbeitet hatte und das alles dch immer hinbekommen hatte.
    "Was ich dabei genau gemacht habe, könnte sicher einen ganzen Tag ausfüllen. Es war sehr vielfältig."

  • Je mehr Venusia erzählte, desto weniger nahm Serrana von den Schönheiten des Parks mit, die sich rechts und links des Weges präsentierten. Aufmerksam lief sie neben ihrer Begleiterin her und versuchte, sich nichts von dem, was Venusia ihr erzählte, entgehen zu lassen.


    "Aus welchem Teil Germaniens stammst du denn genau?" fragte sie dann interessiert. Natürlich waren ihr die Namen einiger Städte und Festungen ein Begriff, aber im großen und ganzen hatte sie von Germanien überhaupt keine Vorstellung. Und viele Dinge, die sie vom Hörensagen zu kennen glaubte, beruhten vielleicht auch nur auf gängigen Vorurteilen und Klischees, daher war es schon ein Glücksfall, jemanden kennengelernt zu haben, der wirklich dort aufgewachsen und heimisch gewesen war.


    Bei Venusias Worten über Messalina nickte Serrana nachdenklich. Bei den Details über die Verfehlungen der unglückseligen Kaiserin hatte sich ihre Großmutter immer deutlich bedeckter gehalten, als bei der Schilderung ihrer Hinrichtung, aber inzwischen hatte sich die junge Iunia durch die Lektüre diverser historischer Werke auch ein eigenes Bild machen können und das eine oder andere Mal beim Lesen rote Ohren bekommen.


    Der berufliche Werdegang der jungen Duccierin war da schon deutlich weniger verfänglich und Serrana hörte mit wachsendem Staunen zu, welche Vielfalt an Tätigkeiten Venusia in ihrem jungen Leben bereits ausgeübt hatte. Bald schwirrte ihr der Kopf von all den Namen und Bezeichnungen, und sie konnte sich kaum entscheiden, wonach sie als nächstes fragen sollte. Sehr gern hätte sie ja auch nachgehakt, wie Venusia ihren Mann kennengelernt hatte, aber die Frage schien ihr dann doch ein bisschen zu gewagt, schließlich kannten sich die beiden Frauen ja noch nicht allzu gut.


    "Das klingt alles furchtbar aufregend für mich." sagte sie dann aufrichtig. "Fehlt dir denn jetzt nicht etwas, wenn du jahrelang so wichtige Aufgaben erledigt hast?"


    Sie selbst hatte ja bislang weder Mann noch Kinder und konnte daher nicht beurteilen, wie einschneidend sich Ehe und Mutterschaft im Leben einer Frau auswirken konnten.

  • "Ich stamme aus dem Nordwesten Germaniens. Mein Stamm lebte an der Amisia und nannten uns Amsivarier. Den Stamm gibt es leider in der Art nicht mehr. REs gab Streitigkeiten um Ländereien mit einem anderen Stamm, der schaffte es alle zu vertreiben und wir mussten fliehen. Vielleicht leben noch Reste von uns dort, aber die meisten wurden vertrieben, sind geflohen."
    Kurz dacht sie nach ehe es sie weitersprach.
    "Es ist ein ganz besonderes Stück Land. Große und ausgedehnte Wälder, weite Wiesen und Felder, der Fluss selbst, der das ALnd angenehm durchschneidet. Wahrscheinlich ist für jeden die Heimat die schönste Platz auf der Welt."
    Sehr wahrscheinlich war es so. Es ging nebenbei einige Schritte weiter und es kam auch schon die nächste Frage.
    "Doch mir fehlt es schon. Es hat mir viel Spaß gemacht meine Zeit und Kraft ins Wohl der Regio zu stecken. Es war schön zu sehen wie sich alles entwickelte und das fehlt mir schon. Auf der anderen Seite jedoch, ich habe jetzt eine Familie und das bedeutet mir sehr viel. Secundus und Sevilla nehmen meine Zeit aber auch gut in Anspruch. Das können die beiden wirklich sehr gut."
    Wieder schmunzelte Venusia und sah den Tempel nun langsam näher kommen. Während sie sich unterhalten hatten, waren beide Frauen doch ein ganzes Stück gegangen.
    "Wenn du auch späte rmal eine Familie haben wirst, dann wirst du es auch gut nachvollziehen können. Es kommt doch einiges an Leben ins Leben."
    Das war nicht negativ gemeint, ganz im Gegenteil. Es war ein schöner Trubel.

  • Für Serrana, die es in ihrem bisherigen Leben gerade mal von der Campania bis nach Rom geschafft hatte, bedeutete Venusias Erzählung einen kleinen Einblick in eine ganz neue unbekannte Welt. Fast glaubte sie die riesigen Wälder, Wiesen und Felder zu sehen, die ihr ihre Begleiterin so anschaulich beschrieb. Allerdings hatte das Leben im fernen Norden ganz offensichtlich auch Schattenseiten; dass ein Stamm von einem anderen gewaltsam vertrieben wurde, war für die überaus behütet aufgewachsene Serrana kaum vorstellbar.


    "Lebt der Rest deiner Familie denn noch gemeinsam an einem Ort?" fragte sie dann neugierig. Venusia hatte zwar einen Mann und zwei Kinder, aber sicher gab es doch irgendwo auch noch Eltern und Geschwister.


    Mittlerweile waren sie dem Tempel schon ziemlich nah gekommen, aber Serrana war so auf das Gespräch mit Venusia konzentriert, dass sie ihn kaum eines Blickes würdigte.


    "Vielleicht hast du ja nochmal die Gelegenheit etwas ähnliches zu tun, wenn deine Kinder größer sind und dich nicht mehr jeden Tag brauchen. Bei mir wird es sicher noch eine Weile dauern, bis ich überhaupt eine richtige Priesterin bin, aber ich freue mich schon sehr darauf." sagte sie dann mit leuchtenden Augen, wie immer, wenn sie von ihrer Arbeit im Tempel sprach. "Ich weiß noch gar nicht so genau, welche Ämter ich im Cultus Deorum überhaupt erreichen kann, aber es reicht mir schon, dass sie mich überhaupt aufgenommen haben."


    Ob sie selbst wohl jemals auch eine Familie haben würde? Vielleicht hatte sie ja wirklich Glück, und traf irgendwann jemanden, der netter war als der unselige und fischige Gnaeus Balbus in der Campania und mit dem sie sich auch vorstellen konnte, Kinder zu haben.


    "War es für deine Familie eigentlich kein Problem, dass du einen Römer geheiratet hast?" fragte sie dann neugierig.

  • "Wir haben eine neue Heimat in Mogontiacum gefunden und dort leben die letzten bekannten Familienmitglieder. Wir sind damals weit verstreut worden. Außerdem war auch schon vorher Familienmitglieder in andere Sippen eingeheiratet. Allerdings sind wir alle relativ jung an Jahren. Mehr oder weniger eine Generation, die sich in Mogontiacum zusammen gefunden hat. Dennoch ist es schön zu wissen, dass man dort noch seine Familie hat."
    Vermutlich war es schwer für einen Römer zu verstehen wie es in der "wilden" Welt auf der anderen Seite des Limes zu ging. Doch das wollte sie Serrana ganz sicher nicht ankreiden. So erklärte sie gern geduldig und beantwortete die Fragen so gut sie konnte oder es hier und dort auch wollte.


    "Du wirst sicher deinen Platz im Cultus finden und auch viel Spaß darin finden. Was mich angeht. Eine Familie zu verwalten macht auch Arbeit und sie füllt ordentlich aus."
    Bei Weitem nicht so wie ihre vorhergehende Arbeit, aber es vertrieb die Zeit.


    "Es gab eine gespaltene Meinung zu dieser Heirat. Doch sie haben meine Entscheidung respektiert. Ich hatte mich damals zu einer Feier entschlossen, die hauptsächlich römischen Traditionen folgte, das war das Hauptproblem. Aber es war kein großes Problem gewesen und bald aus der Welt geschafft."

  • Serrana hörte Venusia aufmerksam zu, während diese von ihrer scheinbar großen und vor allem jungen Familie erzählte, dann ging ihr Blick ein wenig sehnsüchtig in die Ferne. "Das hört sich schön an. So eine Familie hätte ich auch gern. Ich hatte jahrelang nur meine Großeltern, und die waren alles andere als jung..."


    Dann schnitt die junge Duccia jedoch ein anderes Thema an, das Serrana sofort interessierte und ihre ein wenig wehmütige Stimmung sofort wieder vertrieb. "Es freut mich, dass dir deine Verwandten keine größeren Steine in den Weg gelegt haben. Gibt es denn große Unterschiede zwischen einer römischen und einer germanischen Hochzeit?" fragte sie neugierig nach. "Ich muss zugeben, dass ich von den germanischen Traditionen überhaupt keine Ahnung habe."

  • "In einer germanischen Siedlung leben häufig einige Generationen zusammen. Die Kinder lernen viel von ihren Großeltern und natürlich auch von ihren Eltern. Auch ältere Geschwister sind gut zum Lernen. Aber da ärgern sich hin und wieder auch die Erwachsenen drüber, weil man nicht unbedingt die Dinge lernt, die sie wollen."
    Venusia erinnerte sich an ihre ersten Kampfstunden, die sie bei ihrem Bruder erhalten hatte. Ihr Vater wünschte es nicht, dennoch lernte sie es von ihm.


    "Die römische Hochzeit ist durch viele Rituale bestimmt und ob sie überhaupt stattfindet, überlässt man dem Willen der Götter. Die Feierlichkeiten sind sich hier und dort schon ähnlich. Doch bei der germanischen feiert man viel mehr. Es ist ein Fest bei dem zwei Familien zusammengeführt werden, nicht selten sogar zwei Dörfer. Die germanischen Dörfer sind nicht sehr groß. Wenn du 150 Menschen an einem Ort hast, ist es schon eine große Siedlung. Zumindestens war es bei uns so. Natürlich haben wir auch einige Rituale."
    Venusia dachte an das Beisitzen in der Hochzeitsnacht.

  • Auf dem Landgut ihrer Großeltern hatten ebenfalls dutzende von Menschen unterschiedlichen Alters gelebt, allerdings hatte der überwiegende Teil von denen zur Dienerschaft gehört. Ob das in Germanien wohl auch so war? In irgendein Fettnäpfchen würde sie mit einer entsprechenden Frage wohl nicht treten, schließlich war Venusia mit einem gesellschaftlich sehr hochrangigen Römer verheiratet, so dass auch ihre Familie vermutlich zur germanischen Oberschicht gehörte.


    "Gehören in diesen Siedlungen denn alle Bewohner dem gleichen Stand an? Oder gibt es dort auch Herren, Sklaven und Freigelassene so wie bei uns?" Serrana stellte wieder einmal fest, dass sie vom alltäglichen Leben jenseits des Rheins so gut wie keine Ahnung hatte. Und das Thema Hochzeit fand sie natürlich ganz besonders spannend und konnte sich auch hier ihre Fragen nicht verkneifen.


    "Bei so einer germanischen Hochzeit wäre ich gern einmal dabei." sagte sie mit leicht verträumten Blick und versuchte, sich dutzende von hochgewachsenen und ausgelassen feiernden Germanen auf einem Fleck vorzustellen. "Was für Rituale gibt es denn da?"

  • "Sklaven wie hier gibt es nicht. Es gibt Unfreie,"
    begann Venusia nun ein wenig die Stände zu erklären.
    "Es gibt schon eine Art Ständesystem. Es gibt die Unfreien, die auf den Feldern oder im Haushalt helfen. Sie unterstehen aber dem Schutz des Familienoberhauptes für das sie arbeiten und sie konnen sich recht frei bewegen. Sie haben einen eigenen Willen, können eigene Familien gründen. Dann gibt es ganz normale Familien. Sie haben ihre Hütten und ihr Land, das sie bewirtschaften. Natürlich helfen sich die Dorfverbände untereinander. Es gibt auch eine kleine Oberschicht. Sie sind der Vorstand einiger Dörfer, die in einem bestimmten Gebiet leben. Mein Onkel war so jemand."
    Von Freigelassenen wusste sie nichts. Das mochte aber auch daran liegen, dass sie noch als Kind aus diesem System gerissen wurde und nicht viel davon mitbekommen hatte. In Britannia war das alles anders gewesen.



    "Ich weiß nicht ob es in Roma Hochzeiten gibt, die rein nach germanischen Ritualen abgehalten werden. Die größere Möglichkeit hat man da wohl in Germania. Ein Ritual ist das ausgelassene Tanzen. Hier in Roma scheint es nur zur Unterhaltung zu dienen. Römer tanzen nicht selbst. Zumindestens habe ich das noch nicht gesehen. Natürlich betet man auch zu den Göttern, dass diese die Ehe segnen. Man bittet bei den Schwiegerfamilien um die Zustimmung und die Aufnahme in die Familie. Nach der Anrufung der Götter und dem Segen von ihnen werden Die Brautleute miteinander vermählt. Man gibt sich ein ganz persönliches Versprechen. Der Inhalt kann differieren. Es gibt keine Vorgaben hierfür. Dann wird gefeiert. Dies natürlich sehr ausgelassen. Am Abend gehen die Brautleute dann gemeinsam zu Bett um die Ehe dann endgültig zu vollziehen."
    Das mit den Zeugen ließ sie aus. Sie hatte das Gefühl, dass dies schokieren könnte.



    /edit: zu früh auf absenden gedrückt :(

  • Irgendwie war es schon ein wenig verwirrend, sich in eine völlig ungewohnte Gesellschaftsordnung hineinzudenken. Venusia erklärte alles sehr anschaulich und mit verständlichen Worten, aber dennoch musste Serrana sich konzentrieren, um auch alle Informationen richtig aufzunehmen. Denn wenn die Duccia sich schon freundlicherweise dazu bereit fand, ihr all diese Dinge zu erzählen, wollte sie nach Möglichkeit auch nichts missverstehen.


    "Wird man als Unfreier denn geboren oder kann man auch später noch dazu werden?" hakte sie ein wenig irritiert nach. Wenn es keine Sklaven gab, was geschah denn dann zum Beispiel mit den Kriegsgefangenen? So etwas gab es bei den Germaen doch sicherlich auch.


    Die Beschreibung von einer germanischen Hochzeit hörte sich auf jeden Fall sehr spannend an und weckte Serranas romantische Ader. "Oh, da wäre ich wirklich sehr gern mal dabei." sagte sie träumerisch und versuchte sich all die ausgelassenen Menschen auf einem solchen Fest vorzustellen."Naja, also bei der Feier, meine ich. Nicht beim Zubettgehen...." fügte sie dann noch schnell und mit hochrotem Kopf hinzu.


    Mittlerweile waren die beiden Frauen vor dem Nymphäum angekommen und Serrana blieb vor dem Eingang stehen und sah Venusia abwartend an. "Wollen wir direkt hineingehen? Das Mosaik soll wirklich sehenswert sein."

  • "Man kann auch später noch zu einem Unfreien werden oder auch geboren werden. Festgelegt ist da nichts. Man kann auch wieder freigelassen werden. Ich bevorzuge einfach die Bezeichnung Unfreier. Denn Sklaven wie hier sind diese Menschen nicht. "
    Ein großer Unterschied wie sie fand.
    "Ja, lass uns hineingehen. Ich bin schon ganz neugierig und gespannt."
    Kurz sah sie zum Gebäude und dann zu Seiana.
    "Ich mag Mosaike sehr gern und zu meiner Hochzeit damals habe ich von meinem Mann eines geschenkt bekommen. Leider mussten wir es zurücklassen als wir das Castellum verlassen hatten. Ich mochte es sehr gern."

  • Ja, ganz offenbar konnte man einen germanischen "Unfreien" nicht mit einem römischen "Sklaven" vergleichen, der in den Augen seiner Herrschaft oft nicht mehr Wert besaß als irgendein Einrichtungsgegenstand und dessen Gefühle und Empfindungen für seine Besitzer auch ohne jeden Belang waren. Natürlich gab es auch unter den Römern Ausnahmen, Serrana selbst war ihre Leibsklavin zum Beispiel längst ans Herz gewachsen, aber die Regel war das vermutlich nicht.


    Die beiden Frauen waren gerade dabei das halbkreisförmige Nymphaeum zu betreten, als Venusia erwähnte, von ihrem Mann ein eigenes Mosaik geschenkt bekommen zu haben und Serrana blieb sofort beeindruckt stehen und sah die Duccierin mit offenem Mund an.


    "Er hat dir ein Mosaik geschenkt? Das ist ja etwas ganz besonderes und so furchtbar romantisch! Was war denn das Motiv?"


    Inzwischen hatten sie sich wieder in Gang gesetzt und die ersten Schritte in die künstliche Grotte gemacht. Die Iunia ließ den Blick andächtig zwischen den einzelnen Nischen und Wasserbecken hin und herschweifen und lauschte auf das beruhigende Geplätscher des Wassers.


    "Ist das nicht wunderschön hier?" fragte sie mit leuchtenden Augen und sah sich weiter um, damit ihr auch ja kein noch so kleines Detail entging. "Hier drin kommt man sich fast vor wie in einer anderen Welt, als würde es die dreckigen und lauten Straßen draussen gar nicht mehr geben..."


    Von den verschiedenen Wasserspielen einmal abgesehen, war das große Wandmosaik, das sich über eine Länge von acht Metern erstreckte, sicher das beeindruckenste in diesem Nymphentempel. Es war durchgängig in Türkis-, Gold- und Blautönen gehalten und zeigte auf einer hellgelben Säule einen grüngetönten Wolfskopf und an einer anderen Stelle den Liebesgott Amor, der als pummeliger Cupido auf einem Delfin ritt.
    Serrana schritt ganz langsam die Wand ab und konnte sich nur mit Mühe zurückhalten, nicht mit den Fingern die kleinen Mosaiksteine entlangzufahren.

  • Venusia bestaunte das Bauwerk von außen während sie ihren Gang fortsetzten und dem Eingang zustrebten. Es war von außen schon beeindruckend.
    "Er hat sich eine gemanische Szene für mich ausgedacht. Ich fand das wirklich sehr lieb von ihm. Er kann wirklich sehr romantisch sein. Ich kann mich nicht über ihn beklagen und bin sehr froh ihn zu haben."
    Auch wenn es bedeutete viel mit dem Militär zu tun zu haben. Aber das nahm sie gern in Kauf. Schließlich liebte sie ihn.
    Das Nymphaeum war innen nicht minder beeindruckend. Venusia musste aufpassen nicht den Mund offen stehen zu lassen als sie all die Nischen und Wasserbecken sah, die unterschiedlich verziert waren. Davon hatte sie noch nichts gehört und fand es sehr schade. Es war ein schöner Ort, den es wirklich zu besuchen lohnte.
    "Es ist wirklich wunderschön hier. Ein Ort in dem man Zuflucht suchen kann und die Welt draußen vergessen kann. Hier kann man träumen und einfach alles andere für einen Moment vergessen. Es war ein wirklich guter Gedanke hierher zu kommen. Wunderschön,"
    bestätigte Venusia noch einmal und sah sich um.
    Egal wohin man sah, entdeckte man neue Dinge. Beeindruckend allemal und einfach nur zum Staunen. Wirklich beeindruckend. Venusia blieb einen Moment stehen und sah sich einfach rundherum um ehe sie langsamen Schrittes weiterging um alles auf sich wirken zu lassen.

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