Atticus hatte nicht angenommen, dass sein Patron gleich alles stehen und liegen lassen würde, um zum Palast zu rennen und Einlass zu verlangen. So allerdings klang es danach, als wolle sein Patron irgendwann zwischen Tür und Angel mit dem Kaiser reden. Und ein klein wenig Engagement wünschte sich Atticus da eigentlich schon. Allerdings war er kaum in der Position, zu meckern und dem Purgitier vorzuschreiben, wie dieser seine Aufgaben erledigen sollte. Immerhin war der Mann dreimal so alt wie Atticus!
“Dann... werde ich mich so lange mehr mit den Rennen beschäftigen“ meinte Atticus also abschließend. “Ich danke dir, Patron.“ Sonst hatte Atticus keine weiteren Wünsche, erstmal. Wenn Purgitius Macer ohnehin noch Zeit für das alles brauchte, dann war es sowieso zu früh, irgendwelche weiteren Wünsche zu äußern. Erstmal hatte er ja auch zu tun.
[Atrium] Salutationes für den Hausherrn
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"Ich habe zu danken! Bald gibt es wieder Rennen!", erwiderte Macer die Verabschiedung und wuschelte noch einmal dem großen Hund über den Kopf. "Mach's gut, Großer. Bis zum nächsten Mal", verabschiedete er sich leise von ihm, bevor er auch Pompeius Atticus alles Gute wünschte und dann darauf wartete, dass der nächste Klient vorgelassen wurde.
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Am Tag nach meiner Rückkehr in die Hauptstadt hatte ich mich zum Haus meines Patrons aufgemacht, um ihm meine Aufwartung zu machen. Nach all der Zeit, die ich in Alexandria verbracht hatte, war ich zweifellos dazu verpflichtet. Zu sagen, ich hätte die Pflege unserer Klientelbeziehung vernachlässigt, wäre wohl eine Untertreibung. Das Leben in der Provinz und der Dienst bei der Classis hatte mich faul und träge werden lassen. Es bedurfte keiner großen Selbsteinschätzung um festzustellen, dass ich als ambitionierter Karrierist aufgebrochen und als lethargischer Opportunist geendet war. In gewisser Weise hatte ich die Vorzüge Alexandrias genossen. Mit dem üppigen und verschwenderischen Lebensstil als Privilegierter konnte ich mich schnell anfreunden, wenngleich dies unausweichlich mit meinem eigenen Verfall einherging. Meinen Dienst in der Classis hatte ich mit der Zeit vernachlässigt, was sicher auch dem stetigen Gefühl geschuldet war eine Sackgasse beschritten zu haben.
Dementsprechend bedeutete meine Rückkehr nach Rom gleichsam eine Rückkehr zu alten Werten. Ich war mir sicher, dass in mir noch immer ein wertvolles Talent schlummerte, dessen Verschwendung einer Beleidigung der Götter gleichstand. Und so fasste ich vor einigen Monaten den Entschluss, meinen früheren Tatendrang zu erwecken und meine eingerostete Karriere wieder in Schwung zu bringen – in Rom, der ewigen Stadt, in der meine Aussichten ungleich höher und meine Möglichkeiten weitaus vielfältiger waren.
Beim Haus meines Patrons angekommen wurde ich in gewohnter Weise zum Atrium geführt, wo ich wartete, bis der Hausherr Zeit für mich hatte. Ich war gespannt, wie der Consular auf meine unangekündigte Rückkehr reagieren würde – immerhin gab es auch ein unangenehmes Thema zu besprechen, das zumindest auf seiner Seite Ärger hervorrufen könnte.
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Ohne die tatkräftige Unterstützung seines Sekretärs hätte Macer die tägliche Salutatio sicher nicht so wohlorganisiert absolvieren können, wie man es von einem Senator erwartete. Das zeigte sich in vielen Kleinigkeiten wie der richtige Reihung der Klienten, in der sie beim Senator vorstellig wurden und auch in der Verteilung der kleinen Geschenke, die man den Klienten zur Salutatio zu machen pflegte. Vor allem zeigte es sich aber in Situationen, in denen Macer ohne die passenden Stichworte völlig aufgeschmissen wäre und denjenigen, der vor ihn trat, nur sehr zögerlich hätte einordnen können. So aber raunte ihm sein Sekretär immer einige Worte zu, während ein Klient seinen Platz räumte und der nächste dort hin trat, so dass Macer stets vorbereitet und gut informiert erschien. "Salve, Fabius Torquatus! Welch äußerst unerwartetes Wiedersehen", konnte er daher auch seinen langjährigen Klienten begrüßen, der nach Aegyptus gegangen war, und den er vermutlich nicht einmal sofort wiederkannte hätte, wenn er ihm zufällig auf der Straße begegnet wäre. "Seit wann bist du in Rom? Du hättest dein Eintreffen ruhig ankündigen können! Oder ist nur wieder ein Schiff unglücklicherweise gesunken, so dass dein Brief mich nicht erreicht hat? Dann lasst uns Neptun danken, dass es nicht jenes Schiff getroffen hat, mit dem du gekommen bist", verlieh er seiner Überraschung über das unerwartete Treffen Ausdruck, ohne seinem Klienten uneingeschränkt die Schuld dafür geben zu wollen, lange nichts von ihm gehört zu haben. Immerhin wusste Macer zu gut selber, dass er auch sehr spärlich damit war, sich bei seinen Klienten aktiv nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen.
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Geduldig wartete ich im Atrium des Consulars auf dessen Begrüßung - und das, obwohl Geduld keineswegs zu meinen stark ausgeprägten Attributen zählte. Gleichwohl wusste ich, dass Geduld in diesem Moment angebracht war, denn ich hatte keinen Anlass zu glauben, dass der Senator mich zu seinen wichtigen, geschweige denn wichtigeren Klienten zählte. Im Gegenteil, mein langjähriger Aufenthalt in der Provinz ging zweifellos mit meinem Bedeutungsverlust einher, zumal ich kaum an regen Kontakt interessiert gewesen war. Zudem war ich als Bittsteller gegangen und hatte Zeit unseres Klientelverhältnisses wohl kaum zählbaren Wert für den Senator eingebracht. Umso mehr fühlte ich mich nun in einer Bringschuld, um meinen einzigen einflussreichen Fürsprecher nicht zu verlieren. Immerhin hatte mir der Senator ohne große Taten zum Ritterring verholfen, der mir unter anderen Umständen wohl kaum vergleichbar mühelos überreicht worden wäre. In gewisser Weise war meine damalige Erhebung in den Ritterstand wohl auch den wirren Verhältnissen unter dem Usurpator Vescularius Salinator geschuldet. Glücklicherweise blieb ich aber ohne großes Zutun vor nachteiligen Konsequenzen bewahrt. Von diesem Standpunkt aus gesehen war es also gar förderlich, dass ich als Subpraefectus der Classis in Ägypten ein kaum wahrnehmbares Lichtchen im Durcheinander des Bürgerkriegs gewesen war.
"Salve, Patronus.", grüßte ich den Senator bestimmt. Hätte ich gewusst, dass er sich schwer tat mich unter all seinen Klienten einzuordnen, wäre ich kaum überrascht gewesen. Abgesehen davon, dass wir kaum in Kontakt gestanden waren, war mein ohnehin recht spärliches Haar noch lichter geworden. Mein ausschweifender Lebensstil hatte sich auch äußerlich bemerkbar gemacht. "Ich hätte dir geschrieben, wenn mein Aufbruch nicht etwas...unvorbereitet gewesen wäre", kommentierte ich Macers Überraschung über meine Rückkehr zögerlich, versuchte dabei aber nicht allzu viel Raum für Nachfragen zu lassen. Den unangenehmen Teil wollte ich nicht schon zu Beginn unseres Gesprächs behandeln. "Ich bin erst gestern nach Rom zurückgekehrt und wollte dich umgehend aufsuchen. Gleichsam muss ich mich für meine zurückhaltende Kommunikation während meines Aufenthalts in Ägyptens entschuldigen. Ich befürchte, die unnachgiebige Hitze Alexandrias hat mich nachlässig werden lassen." Zurückhaltend war in diesem Zusammenhang sicher noch eine wohlwollende Formulierung meinerseits. "Doch ich bin zurückgekehrt, um das zu ändern", fügte ich rasch hinzu, um nicht den Eindruck eines nutzlosen Phlegmatikers zu vermitteln - der ich ohne Zweifel in den letzten Monaten meines provinziellen Daseins gewesen war.
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"Dann muss ich wohl froh sein, dass der Kaiser uns Senatoren die Reise nach Aegyptus nur in Ausnahmen gestattet und uns somit in weiser Voraussicht vor solchen schädlichen Einflüssen bewahrt", antwortete Macer mit einer scherzhaften Übertreibung. Aus dem Reisevervor nach Aegyptus ließ sich einfach in fast jeder Situation etwas machen, egal was jemand gerade über dsiese Provinz gesagt hatte. "Ich hoffe, du hast wenigstens deine Soldaten davon abgehalten, nachlässig zu werden? Und ist der Kornlieferant Roms in gutem Zustand?", nutzte Macer die Gelegenheit dann, sich aus erster Hand über den Zustand der Provinz zu informieren. Eben weil Senatoren nicht ohne weiteres dorthin reisen konnten, war es immer vorteilhaft, über eigene Mittelsmänner informiert zu sein, anstatt sich auf das zu verlassen, was andere Senatoren von ihren Gewährsmännern gehört hatten.
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Ich musste schmunzeln, als Macer von "schädlichen Einflüssen" sprach. Die gab es in Alexandria tatsächlich und dabei dachte ich keinesfalls an die Hitze. Es war vielmehr die Zügellosigkeit des Lebens, die mich in ihren Bann gezogen hatte. Ich hatte mich groß gefühlt - größer als es ein Subpraefectus der Classis in Rom jemals hätte sein können. Als Römer war ich in Alexandria privilegiert und es fiel mir nicht schwer, diese Privilegien bis aufs Äußerste auszureizen. Die Römer waren in Aegyptus eine Minderheit, aber doch fühlte ich mich als Teil dieser Minderheit wie ein König. Da ich dem Senator aber nicht unbedingt einen Hang zum Exzess unterstellte, ließ ich seine Worte unkommentiert und nickte zustimmend. Ob er wohl jemals in Aegyptus gewesen war?
Als Macer die Kornlieferungen ansprach, mimte ich den tüchtigen Offizier. "Bis auf übliche Störenfriede in der dort heimischen Bevölkerung und auf See gab es keine nennenswerte Vorfälle. Ich hatte den Eindruck, dass der Praefectus, Quintus Minidius Geminus sein Name, die Provinz gut im Griff hat", rekapitulierte ich die wesentlichen Ereignisse während meines Aufenthalts und dachte dabei an den niedergeschlagenen Aufstand, der diese Bezeichnung wohl kaum verdiente und die Begegnungen mit Piraten, die der Flotte Roms kaum etwas entgegenzusetzen hatten. Nichtsdestotrotz waren dies wohl die wesentlichen Bedrohungen, mit denen sich der Kornlieferant Roms in diesen Zeiten auseinandersetzen musste. "Auch die Classis Alexandrina ist in gutem Zustand. Kein Vergleich zur Classis Misenensis, aber doch schlagkräftig", führte ich fort und versuchte dabei die Frage nach der Nachlässigkeit der Männer geschickt zu umgehen. Wenn ich ehrlich war, war ich kaum im Stande dies vollumfänglich zu beurteilen. Doch ich war nicht ehrlich. Zumindest nicht immer.
Vielmehr als der Zustand der Provinz, die ich ohnehin nun hinter mir lassen wollte, interessierte mich die Situation in Rom. Immerhin hatte sich seit meinem Aufbruch nach Aegyptus einiges verändert. "Wie ist die Lage in Rom? Ich hörte von einem Sklavenaufstand, der sich vor kurzem ereignet haben soll?" Das war zumindest auch bis nach Aegyptus vorgedrungen. Über die Einzelheiten hatte ich mich - wohl vor allem auch aus Desinteresse - nicht informiert. Doch jetzt, da ich wieder in der Hauptstadt war, war es sicherlich von großer Bedeutung über alles Bescheid zu wissen. Auf den Straßen hatte ich schon von einer Brandstiftung und Plündereien gehört, doch wohl nur ein Bruchteil von dem, was man auf der Straße hörte, hatte sich wohl auch so ereignet.
Nach einer kurzen Pause fügte ich noch an: "Immerhin war Cornelius Palma noch Kaiser, als ich nach Aegyptus aufgebrochen bin. Mit Sicherheit hat sich einiges verändert." Einen genauen Kenntnisstand über die Lage Roms zu haben war im Hinblick auf meine zukünftigen Ambitionen unerlässlich. Und wer konnte mich wohl besser darüber aufklären als mein einflussreicher Patron?
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Macer hörte dem Bericht aus Aegyptus aufmerksam und interessiert zu, auch wenn dieser etwas knapp ausfiel. Vielleicht war Aegyptus nur intererssant und spannend, solange es weit weg war und stellte sich als eher eintönig heraus, wenn man dort war, spekulierte Macer im Geiste. Zumindest schien seinem Klient nichts in Erinnerung geblieben zu sein, was er als besonders berichtenswert erachtete. Dafür hatte man aber offenbar sogar in Aegyptus vom Aufstand in Rom gehört, was Macer nun auch wieder überraschte. "Nun, ja, in der Tat gab es vor einiger Zeit einen Aufstand, der während der Spiele des Aedils Flavius ausbrach, aber scheinbar schon etwas länger vorbereitet war. Eine Menge Leute ist deshalb in Aufregung, da auch einige Häuser etwas reicherer und hohergestellterer Familien abgebrannt sind und es nicht wenige Tote gegeben hat, aber letztlich muss man wohl doch auch feststellen, dass die Stadteinheiten die Lage recht schnell wieder im Griff hatten", fasste Macer die Ereignisse aus seiner Sicht zusammen. "Noch hat es keine öffentlichen Prozesse gegeben, die vielleicht noch weitere interessante Details öffentlich machen könnten. So muss ich ehrlich gestehen, dass ich diesen Aufstand nicht so recht einzuschätzen weiß. Er war zu groß, um völlig aus dem Nichts entstanden zu sein, aber gleichzeitig ist er auch an vielen Teilen Roms völlig spurlos vorbei gegangen. Aber auch der Kaiser scheint nicht allzu beunruhigt zu sein deswegen. Zumindest habe ich von ihm auch noch keine offizielle Verlautbarung zu der Angelegenheit vernommen."
Macer machte eine kurze Pause und überlegte, ob er noch etwas hinzuzufügen hatte. "Abgesehen von diesem Aufstand war es in Rom zuletzt angenehm ruhig. Der Caesar ist nach Osten aufgebrochen, um Roms Interessen im Streit um den armenischen Königsthron zu vertreten, aber das weißt du vielleicht von Aegyptus aus fast besser als ich. Aus Germania gibt es nichts neues und auch aus den anderen Provinzen hört man wenig", fasste er dann die allgemeine Lage in Rom zusammen. "Ach ja, das Ulpianum ist endlich fertig geworden und wurde eingeweiht. Das sollte dir einen Besuch wert sein in den nächsten Tagen in Rom." Immerhin wurden nicht jeden Tag solche großen Bauten fertig und in seiner Art war das Ulpianum auch kaum mit anderen Bauten in Rom oder den Provinzen vergleichbar.
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Aufmerksam folgte ich den Ausführungen des Consulars zum unweit zurückliegenden Sklavenaufstand, den er - im Gegensatz zum Kapitän des Schiffes, mit dem ich von Alexandria nach Rom gesegelt war - recht nüchtern vortrug. Der Kapitän hatte die Unruhen weitaus dramatischer präsentiert als sie sich wohl nun tatsächlich zugetragen hatten. Entweder war dieser also ein Dummschwätzer, oder es lag schlichtweg in der Natur des Senators die Dinge etwas zurückhaltender und besonnen darzustellen. "Sicher werden die Ursachen für den Aufstand alsbald aufgeklärt werden." Allzu großes Interesse hatte ich daran im Moment eigentlich nicht. Aber es war für meine weiteren Pläne auf jeden Fall von großer Bedeutung über die Situation in Rom im Bilde zu sein.
"Ja, vom Disput bei der armenischen Nachfolge habe ich tatsächlich gehört", kommentierte ich das nächste Thema knapp, bevor das fertig gestellte Ulpianum zur Sprache kam. Dass dieses Langzeitprojekt überhaupt irgendwann abgeschlossen werden würde, hatte ja durchaus berechtigte Zweifel hervorgerufen. Deswegen war ich auch durchaus überrascht, gerade davon nichts gehört zu haben. Andererseits war die Fertigstellung für Aegyptus tatsächlich von keinerlei Bedeutung. "Das Ulpianum ist sicher einen Besuch wert", bestätigte ich, auch wenn ich kein besonders großer Kenner von Architektur und Monumentalkunst war.
Nach der umfassenden Berichterstattung durch meinen Patron fühlte ich mich sogleich etwas mehr angekommen, was mich schnell dazu bewegte, auch die letzten Altlasten zu beseitigen. "Ich will gleich noch auf etwas zu sprechen kommen, dass du sicherlich bereits erwartest", begann ich langsam. Wenngleich ich nicht unbedingt davon ausging, dass ein Mann von Macers Status all seine finanziellen Angelegenheiten selbst im Blick hatte, war er davon sicherlich im Bilde. "Ich musste vor einigen Wochen feststellen, dass mein Kurier, der für die Zahlungen an dich zuständig war, ein Dieb von besonders dreister Natur war. Und das, obwohl er sich zunächst als zuverlässig erwiesen hatte." Lasthenes, so sein Name, hatte von mir den Auftrag bekommen die Erträge des Grundstücks, das mir Macer vor Jahren für den Nachweis des erforderlichen ritterlichen Grundbesitzes überlassen hatte, zu überbringen. Hatte er zu Beginn seinen Auftrag noch zufriedenstellend ausgeführt, war ihm wohl irgendwann die Möglichkeit in den Sinn gekommen, sich selbst auf meine Kosten zu bereichern. "Ich werde dir die rückständige Summe demnächst zukommen lassen und möchte mich auf diesem Weg für meine Nachlässigkeit entschuldigen." Diese Unannehmlichkeit hatte mich nicht nur viel Geld gekostet, sondern hatte sicherlich auch einen schlechten Eindruck hinterlassen. Eine kleine Entschädigung stellte für mich zumindest die Gewissheit dar, dass dieser diebische Abschaum in Zukunft nicht mehr in der Lage sein würde, irgendetwas aus irgendjemandes Tasche zu entwenden.
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Als sein Klient das Finanzielle ansprach, warf Macer einen kurzen Blick auf seinen Sekretär, der das Gespräch verfolgte. Dieser nickte leicht und Macer deutete dies so, dass er über die ausbleibenden Zahlungen informiert war. Vielleicht hatten sie sogar einmal darüber gesprochen, aber Macers Gedächtnis war bekanntlich nicht das beste. "Danke, dass du es selber ansprichst", sagte Macer daher erst einmal, als er sich wieder Fabius Torquatus zuwandte. "Es hat mich nicht in finanzielle Engpässe gestürzt. Und es ist gut, dass wir das so zügig aufklären konnten. Vielleicht solltest du Merkur opfern, damit du demnächst mehr Glück mit der Wahl deiner Geldboten hast." Damit war das Thema für Macer auch schon erledigt. Der zu erwartende Geldsegen warf eher die Frage auf, ob er sich wieder verstärkt darum bemühen sollte, einen Teil seiner Ersparnisse in weiteren Landbesitz zu investieren.
Da dies aber sicher kein Thema für die laufende Salutatio war, riss er sich schnell wieder von diesen Gedanken los. "Was sind denn nun deine Pläne, wo du wieder in Rom bist?" erkundigte er sich stattdessen bei seinem Klienten.
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Macers Blick zu seinem Sekretär verriet mir, dass er tatsächlich nicht selbst über alle finanziellen Angelegenheiten informiert war. Ich konnte mir nur schwerlich vorstellen, über wie viel Kapital ein Mann seiner Stellung verfügte. Wie er allerdings selbst bestätigte und ich auch erwartet hatte, hatten ihn die ausbleibenden Zahlungen nicht merklich beeinträchtigt. "Vielleicht wäre ein Opfer tatsächlich angebracht, um mir die Gunst der Götter zu sichern", kommentierte ich Macers Vorschlag zustimmend. Dennoch zweifelte ich daran, dass Merkur allein mir zukünftig ein besseres Händchen bei der Auswahl meiner Vertrauten sichern würde. Die Gier lag in der Natur des Menschen und davon waren auch einfache Diener und Sklaven nicht befreit. In jedem Fall würde ich mein Personal in Zukunft besonders argwöhnisch beobachten.
Nachdem dieses unangenehme Thema aus der Welt geschafft war, erfragte Macer meine weiteren persönlichen Pläne. "Ich erachte es als sinnvoll mich um eine Anstellung am Kaiserhof zu bemühen. Wie du weißt, war ich bereits vor meinem Tribunat als Notarius und Primicerius tätig. Ich denke, dass dort meine Qualitäten für den Moment gut aufgehoben wären", führte ich aus, durchaus interessiert daran zu wissen, was mein Patron davon hielt. "Ich beabsichtige in Rom zu verbleiben und daher erscheint mir ein weiterer militärischer Posten aktuell ungeeignet." Immerhin bestand durchaus eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass ich für einen militärischen Posten in die nächste Provinz entsendet werden würde.
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"Das ist wohl richtig, ja. Die militärischen Posten in der Hauptstadt sind eher rar. Die Wahrscheinlichkeit, dann gleich wieder in die Provinz zu müssen dürfte höher sein", stimmte Macer seinem Klienten zu. Außerdem kannte er ja auch Pläne seiner anderen Klienten und auch wenn diese auf gänzlich anderen Abschnitten der ritterlichen Laufbahn unterwegs waren, musste man ja keine unnötigen Engpässe im eigenen Haus schaffen. "Andererseits platzt der Kaiserhof auch nicht gerade vor ritterlichen Posten. Hast du aus deiner damaligen Zeit dort noch Kontakte? Wenn es dir hilft, kann ich gerne versuchen, ein Wort für dich einzulegen", bot er dann umgehend an, denn einen Klienten in der kaiserlichen Kanzlei zu haben, war für ihn von großem Wert. Dann konnte man auch mal in Vorleistung gehen.
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Ich nickte bestätigend nach Macers Einschätzung zu den militärischen Posten, da er in der Angelegenheit offensichtlich derselben Auffassung war. Die Zeit in der Provinz war wertvoll gewesen, noch dazu ließ es sich in Aegyptus gut aushalten. Aber was, wenn sie mich am Ende in den Norden schicken würden? Es war kaum vorstellbar für mich, dass ein Aufenthalt in den Grenzgebieten oder gar im fernen Britannia meiner Karriere, geschweige denn meiner eigenen Verfassung, in irgendeiner Weise zuträglich sein könnte. Dies galt es also unter allen Umständen zu verhindern. "Kontakte...", wiederholte ich nachdenklich. Tatsächlich hatte ich während meines Aufenthalts in Aegyptus fast alle früheren Beziehungen abreißen lassen. "Ein einflussreicher Mann war damals Pompeius Imperiosus, rechte Hand von Vescularius Salinator, wenn ich mich richtig erinnere. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass er den Machtwechsel unbeschadet überstanden hat." Nein, dafür hatte sich der Pompeier viel zu gut mit Salinator gestellt. Wobei ich gehört hatte, dass der ein oder andere durch Cornelius Palma und auch durch den jetzigen Kaiser rehabilitiert wurde.
"Von daher nehme ich deine Hilfe natürlich gerne an, deine Fürsprache ist sicher von großem Wert", nahm ich Macers Angebot dankend zur Kenntnis. "Hast du noch Kontakte zum Kaiserhof?", fragte ich dann interessiert.
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"Ja, Pompeius Imperiosus ist nicht mehr in Rom", konnte Macer ohne zu Zögern bestätigen. "Sein Sohn Atticus ist mein Klient, daher bin ich da recht gut informiert", schob er fast entschuldigend hinterher, auch wenn er abgesehen von der bestätigten und schon länger währenden Abwesenheit des Pompeius nicht wirklich informiert war, was dieser derzeit trieb. "Direkte Kontakte zum Kaiserhof in Form anderer Klienten dort unterhalte ich ansonsten auch nicht, aber als Consular ist es ja auch wieder nicht ganz unüblich, gelegentlich mit der kaiserlichen Verwaltung in Kontext zu stehen." Ganz genau stimmte das zwar auch nicht, denn es war schon länger her, dass er zuletzt am Kaiserhof vorgesprochen hatte, aber grundsätzlich war das wohl schon richtig.
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Wie vermutet hatte Pompeius Imperiosus also tatsächlich keine bedeutende Position am Kaiserhof mehr inne. So gesehen musste ich wohl von Glück im Unglück sprechen, wenn ich an meine damalige Versetzung zur Classis nach Misenum zurückdachte. Wäre ich am Kaiserhof verblieben, hätte ich mich dem Vescularier kaum entziehen können und wäre wohl als eines der vielen Bauernopfer des Machtwechsels geendet. "Ah, interessant. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit Pompeius Atticus demnächst kennen zu lernen, immerhin war sein Vater ein fähiger Mann", kommentierte ich interessiert, wenngleich Pompeius Imperiosus wohl auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Dennoch konnten Beziehungen zu den Pompeiern im Zweifel eher von Vorteil als von Nachteil sein. Und wenn Atticus derselbe ambitionierte Karrierist wie sein Vater war, würde er es zweifelsohne noch weit bringen.
"Natürlich. Deine Unterstützung, in welcher Form auch immer sie mir zuteil wird, kann bei einem möglichen Vorsprechen am Kaiserhof nur von Vorteil sein", versicherte ich mit einem dankenden Nicken. Sicherlich würde ich mich bei Zeiten mit der ein oder anderen Information erkenntlich zeigen müssen, um den Senator glaubhaft zu vermitteln, dass unser Verhältnis keine Einbahnstraße war. Im Moment waren meine Möglichkeiten aber beschränkt und mein Einfluss kaum erwähnenswert, sodass ich mich mit der Rolle des Bittstellers anfreunden musste. "Gibt es etwas, dass ich für dich tun kann?", hakte ich nicht nur aus Höflichkeit, sondern auch aus Interesse nach. Immerhin konnten sich auch auf anderen Wegen Möglichkeiten ergeben, um Dankbarkeit zu demonstrieren.
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"Ich werde sehen, was ich einrichten kann", versprach Macer. Da sein Klient reichlich unerwartet hier aufgetaucht war und Macer auch gerade jetzt erst von seinen Plänen erfahren hatte, hatte er auch nichts, was er ihm im Gegenzug direkt auftragen konnte. Daher schüttelte er zunächst den Kopf. "Nein, derzeit nicht. Aber ich komme darauf zurück, wenn sich eine Gelegenheit ergibt. Wir sehen uns jetzt ja wohl öfter und müssen keine Briefe schreiben."
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"Natürlich", stimmte ich zufrieden zu, denn es musste mir ein Anliegen sein, in naher Zukunft auch in gesellschaftlicher Hinsicht wieder in Rom Fuß zu fassen. Und da war es letztlich egal, ob der Pompeier noch am Anfang seiner Karriere stand oder bereits Fuß gefasst hatte. Immerhin war sein Vater ein einflussreicher Mann gewesen und die Abstammung war in Rom zuweilen wichtiger als die eigene Leistungsfähigkeit. So sah ich das zumindest. "Gut, dann werde ich mich nun zurückziehen. Ich werde dich über die aktuellen Entwicklungen informieren. Sicher kannst du in Zukunft auch öfter mit meiner Anwesenheit bei deiner Salutatio rechnen, Patron", versicherte ich, bevor ich mich vom Senator und seinem Sekretär verabschiedete. "Vale, Senator Purgitius." Das Gespräch hatte sich auf jeden Fall als aufschlussreich herausgestellt und würde mir sicher dabei helfen, alsbald wieder Fuß in der Hauptstadt zu fassen. Zufrieden verließ ich also die das Atrium des Hauses und machte mich auf den Weg zurück in die Casa Fabia.
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Zu den Saturnalien war es ja nicht nur Brauch, kleinen Kindern und guten Freunden etwas zu schenken, sondern hier und da durchaus auch mal dem Patron. Zumindest aber sah man bei ihm vorbei an einem der Tage. Und so war Atticus heute auch hier, Pontus wie immer an seiner Seite. Nur heute war eine Kleinigkeit noch dabei: Ein geflochtener, nicht ganz kleiner Korb, der hin und wieder ein wenig wackelte und in den Pontus alle Nase lang die seinige hineinsteckte und wie wild mit dem Schwanz wedelte.
Auch, wenn zu den Saturnalien alles lockerer und leichtherziger war, wartete auch hier natürlich Atticus, bis er an der Reihe war, und trat dann schließlich mit Korb und Pontus vor seinen Patron. “Io Saturnalia, Purgitius! Ich wollte dir schöne Festtage wünschen. Und... naja, ich hab für Albina ein Geschenk dabei. Also, wenn du es erlaubst, heißt das. Du... ähm, du solltest es vorher ansehen, bevor du ja sagst, denke ich.“ -
"Io Saturnalia, Atticus! Dir ebenfalls schöne Festtage", begrüßte Macer seinen Klienten ähnlich, wie er auch schon viele andere Klienten in diesen Tagen begrüßt hatte. Allerdings hatte ihn bisher niemand mit einem Geschenk für seine Tochter überrascht, so dass Macer gleich besonders aufmerksam wurde. "Für Albina? Da bin ich aber neugierig! Dann lass mal sehen", forderte er den jungen Mann auf.
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Atticus nahm also den Korb noch einmal auf – drückte dabei Pontus Hundenase beiseite, und ging auf seinen Patron zu. Beim tragen wackelte der Korb wieder leicht, und Pontus lief ganz aufgeregt um ihn herum, begrüßte kurz den Hausherrn, und klebte dann wieder förmlich an Atticus' Seite.
Schließlich war Atticus nahe genug heran, um das Geheimnis zu lüften. Er stellte den Korb quasi direkt zu Füßen seines Patrone- schob eine Hundenase weg – und öffnete ganz langsam, während er erzählte. “Also, unsere Nachbarin hat eine schöne, schlanke Hündin. Kein Molosser wie Pontus, ein bisschen kleiner. Und naja, im Sommer war sie läufig, und Pontus ist auch mal ausgebüchst...“Der Deckel war auf und heraus schaute eine kleine, schwarze Hundenase mit großen, schwarzen Hundeaugen knapp darüber und Schlappohren, die groß genug wären, beides zu verdecken. Der Welpe gab ein freudiges, kleines Fiepen von sich und sah die umstehenden Menschen mit heraushängenden Zunge erwartungsvoll an.
“Er ist noch nicht ganz stubenrein. Wenn du willst, könnte ich ihn solange auch noch bei mir behalten, bis er das kann, aber naja, die Saturnalien sind jetzt und... also, wenn du es erlaubst, dann würde ich ihn gerne Albina schenken.“
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