Mons capitolinum (capitolum) - Templum Claudii

  • Livineia mochte Opferungen nicht. Natürlich hatte sie nicht weiter gemurrt, schließlich war das eine familiäre und gesellschaftliche Pflicht, die sie als solche auch ohne Weiteres anerkannte, aber mögen musste sie sie deswegen noch lange nicht. Von den verschiedenen Dämpfen und Gerüchen verstärkten sich meistens ihre Kopfschmerzen um ein nicht geringes Maß, abgesehen davon war die Schlichtheit, in der man zu diesen Anlässen in aller Regel auftrat, absolut nicht ihre Sache. Auch Livineia trug selbstverständlich ein leichtes, weißes Gewand. Ihr Haar lag offen auf ihren Schultern - nichtsdestotrotz hatte sie ihr Haar ziemlich lange legen lassen, damit es gescheit aussah. Es gab kaum einen unerträglicheren Gedanken als den, das irgendjemand sie in einem derangierten Zustand sehen könnte und die Wahrscheinlichkeit war dann am höchsten, wenn die Haare nicht mit Klammern, Spangen und sonstigen Hilfsmitteln zu einer schönen Frisur gesteckt wurden. Ein Windstoß und schon war das Ansehen dahin. Dann noch diese ganze Wascherei. Livineia gehörte zu einer Art Mensch, die sich ohnehin schon ziemlich häufig wuschen. Sie konnte unangenehme Gerüche und Schmutz auf den Tod nicht ausstehen. Nun aber auch noch aus rituellen Gründen ständig die Haut zu reinigen war einfach lästig, auch wenn sie diese Rituale niemals in Frage stellen würde. Sie waren einfach vollkommen normal. Sie war mit dem Respekt vor Göttern und Ahnen großgezogen worden und käme nicht auf die Idee, mehr als nur Lustlosigkeit zu fühlen.
    Nein, sie mochte Opferungen nicht. Allgemein konnte sie nicht viel mit Devotion und Frömmigkeit anfangen - aber sie akzeptierte dies als Teil ihres Lebens und ihres Alltags. Selbst dem allerdings nicht so wäre, würde sie sich nicht gegen die Anweisungen ihres Großvaters stellen. Er war das unumstrittene Familienoberhaupt, auch für sie, obwohl sie nicht einmal ein sonderlich enges Verhältnis zu ihm hatte. Der Respekt, dem sie ihm entgegen brachte, war groß. Größer noch als bei ihrem Vater, bei dem sie sich schon eher Widerspruch gestattete. Es mochte daran liegen, dass er nie wirklich entzaubert worden war. Jeder folgte seinen Anweisungen, sie würde nicht wagen dieser Autorität ernsthaft als erste entgegen zu treten. Was Herius Claudius Menecrates sagte war Gesetz. Bestenfalls wagte sie einen Einwurf, aber keine ernste Rebellion. So folgte sie auch heute brav seinem Beispiel.


    "Möge dieses Wasser alle Unreinheit von meinem Körper waschen wie das Verwandeln von Blei in Gold. Reinige den Verstand. Reinige das Fleisch. Reinige den Geist. So ist es." Livineia wusch sich brav die Hände, ehe sie sich gleich ihrem Großvater dem Altar zuwendete, um ebenfalls Iuppiter ein Opfer darzubringen. Sie berührte den Alter und sprach anschließend mit leicht erhobenen Händen.


    "Iuppiter, dem Beispiel meines Großvaters folgend bete ich dir ein gutes Gebet, auf dass mir die Bitte gewährt wird, dass dein Schutz und dein Wohlwollen auf unserer Familie ruht und jedwedes Unheil von ihr abgewendet wird. Ich danke dir für dein bisheriges Wohlwollen. Sei geehrt durch diesen Wein." Auch Livineia goss Wein in die Opferschale. Der Gedanke, dass ihr nun ganz akut frischer Weihrauch entgegenschlagen könnte, förderte nur ihre Übelkeit - anmerken ließ sie sich für den Moment allerdings nichts. Dieser Moment war nicht dazu angetan, zu nörgeln und zu jammern.
    Sich zur rechten Seite hin abwendend schaffte sie nun Platz für ihre Verwandten und gesellte sich wieder weiter an den Rand. Ihr Blick glitt kurz über ihren nur geringfügig älteren Bruder, der vor kurzer Zeit wieder aus Achaia zurückgekehrt war. Nur deshalb hatte sie sich überwinden können, den Landsitz nach nur relativ kurzer Zeit wieder zu verlassen und wieder nach Rom zurückzukehren. Und das obgleich ihre Kopfschmerzen noch immer präsent waren wie eh und je! Weiter glitt ihr Blick zu den anderen drei Frauen, die beieinander standen und die sie zwar kannte, zu denen sie allerdings nie einen engen Bezug gehabt hatte. Wie auch, Livineia war selten im Kreise ihrer weiteren Familie gewesen und ohnehin kein Mensch, mit dem man gerne Zeit verbrachte. Sie brach Gespräche häufig schlecht gelaunt ab und zog sich zurück, wenn es ihr irgendwann nicht mehr gefiel und gab sich auch keine Mühe, andere Menschen für sich zu gewinnen, wenn es ihr keinen Nutzen brachte.

  • Als Sisenna die Hand ihrer zweiten Großnichte bemerkte, hob sie den Blick und lächelte Silana an. Ihre Hand hob sich und kuschelte sich in die dargebotene. Dabei atmete sie einmal tief durch. Wenn es später hässlich werden würde, konnte sie sich hinter einer der beiden Nichten verstecken. Vorher würde sie aber noch einmal opfern müssen. Sie hatte Milch und Blüten dabei, die auf die Verwendung in den Händen von Slaven warteten.


    heimlich linste sie zu Livineia. Diese Großnichte bescherte ihr manchmal Unsicherheit. Sie bildete sich ein, dass Livineia sie nicht mochte.

  • Menecrates' Erwartungen, seine Enkelinnen und Enkel betreffend, waren hoch. Trotzdem konnte immer etwas schief gehen, zumal er auf Anweisungen im Vorfeld verzichtet hatte. Bisher zeigte sich der Claudier jedoch sehr zufrieden und so sollten es möglicherweise die Geister und Götter ebenfalls sein.
    Er resümierte: Ianus und Iuppiter wurden beide jeweils mit Weihrauch und Wein geehrt. Ihnen würden jetzt die Manen, Laren und Genii folgen.


    Menecrates' Mündel Sisenna sollte ebenfalls opfern. Um ihr zu helfen, reichte er ihr einladend die Hand, damit sie zu ihm vortreten möge.
    Er wies sie an, sich nochmals die Hände zu waschen und bestand darauf, dass sie den Text aufsagte, den sie schon vor Jahren auswendig lernen musste. Als Beginn jeden Opfers sollte sie Ianus ehren


    "Sprich mir nach", forderte er sie anschließend auf. "Vater Ianus, wie mein Vater durch das Opfern des Weihrauches ein gutes Gebet gebetet hat, möge dir von meiner Seite für dieselbe ehrsame Sache dieses Trankopfer angeboten werden."


    Menecrates wollte die Zeremonie nicht durch Worte unterbrechen, daher zeigte er mit einer Geste, sie solle zur Milch greifen.


    Wieder fing er an vorzusagen, während er Sisanna anblickte. "Manen der Gens Claudia! Wenn es recht ist, im Tempel meiner Familie für dieses Fest zu opfern, um dieser Sache willen, möget ihr geehrt werden durch dieses Festopfer!"


    Ihr wurde von einem Sklaven die Patera gereicht.

  • Marcellus stand abwartend und geduldig in den Reihen der Familie. Er beobachtete das Opfer seines Großvaters Menecrates, jenes seiner Schwester Livineia und nun sah er dem kleinen Mädchen zu, welches vom ehrwürdigen Familienoberhaupt angeleitet wurde. Marcellus lebte nun schon seit einigen Wochen wieder in Rom, doch noch immer war er nicht gänzlich angekommen. Er wusste dass dieses Mädchen seine Großcousine war, erinnerte sich aber nicht mit der Kleinen bisher auch nur ein Wort gewechselt zu haben.


    Marcellus hatte viele Jahre in Griechenland verbracht. Mit siebzehn Jahren war er nach Griechenland gegangen um dort in Athen bei berühmten Lehrern die Rhetorik, die Grammatik und die Ethik zu erlernen. Fünf Jahre war das nun her und er fühlte sich in der eigenen Familie etwas fremd. Am meisten Bezug hatte er zu seiner Schwester, welche einige Zeit mit ihm gemeinsam in Griechenland gewesen war. Immer wieder glitten seine Augen zu Livineia hin, doch genauso oft musterte er auch den Tempel.


    Er war heute nicht nur hier, weil der pater familias es wollte, sondern weil er auch selber ein Anliegen an die Götter hatte. Der junge Römer trug eine saubere, weiße Tunika und keinerlei Schmuck oder anderen Prunk. Demütig stand er vor den Göttern. Ob sie ihn erhören würden?


    Marcellus stand nun ganz am Anfang seines Lebensweges. Er hatte in seiner Kindheit eine gute Ausbildung genossen, er hatte während des tirocinium fori gelernt sich wie ein ehrbarer Römer, wichtiger noch, wie ein Claudier zu verhalten und er hatte bei den Lehrern und Denkern in Griechenland gelernt zu Reden, zu Argumentieren, ja zu Denken. Nun musste er damit beginnen der Familie etwas zurück zu geben. Er musste beweisen und zeigen, dass er die alten römischen Tugenden und Traditionen achtete und lebte, er musste seine Familie stolz machen. Um dies zu schaffen, brauchte er den guten Willen und den Segen der Götter und Ahnen.

  • Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    "Sprich mir nach", [...]


    Ihr wurde von einem Sklaven die Patera gereicht.


    Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie von ihrem Onkel nach vorn gebeten wurde. Sie versuchte zu schlucken, aber es gelang nur wenig, denn Hals und Mundraum fühlten sich vollkommen ausgetrocknet an.


    "Vater Ianus.“ Ihre Stimme klang hoch und dünn. Sie räusperte sich und fuhr flüsternd fort. "Wie mein Onkel durch das Opfern des Weihrauches ein gutes Gebet gebetet hat, möge dir von meiner Seite für dieselbe ehrsame Sache dieses Trankopfer angeboten werden."


    Vorsichtig schüttete sie den Inhalt in den Foculus hinein.
    Gemeinsam mit ihrem Onkel versuchte sie die folgenden Sätze: "Manen, möget ihr durch dieses Festopfer geehrt werden!“ Sie richtete die Patera wieder waagrecht hin und ein Sklave nahm sie ihr ab. Sie drehte sich so gut wie es andere vorgemacht hatten nach rechts und stellte sich wieder zwischen die Schwestern. Ihre Hände suchten bei ihnen Halt.



    Die Manen waren nun befriedigt - nun mussten die Laren und die Genii gesättigt werden!

  • Der Ablauf für die Laren und die Genii änderte sich nicht. Nach der Berührung des Altars folgte das Reinigungsgebet und im Anschluss daran sprach Menecrates:
    "Laren, weil es recht ist, im Tempel meiner Familie für dieses Dankfest zu opfern, um dieser Sache willen, möchtest du geehrt werden durch dieses Festopfer."


    Den Laren reichte er Blumen und im Anschluss an sie folgten die Genii, die mit Wein geehrt wurden. Während der jeweiligen Opferung betete Menecrates: "Laren, möget ihr durch dieses Festopfer geehrt werden, möget ihr geehrt werden durch den vorherigen Wein." Die Genii erhielten ohnehin Wein, sodass er hier das Gebet anders formulierte.


    Während des Innehaltens, bei dem sich Menecrates auf den Abschluss des unblutigen Opfers vorbereitete, herrschte andächtige Stille im Tempel. Die verschiedenen Düfte hatten sich längst zu einer Komposition vereinigt, die es sich zum Ziel machte, in das Bewusstsein der Anwesenden zu kriechen.
    Einer inneren Eingebung folgend, beendete Menecrates das Verharren. Er praktizierte die Reinigung, berührte den Altar und sagte mit fester Stimme: "Iuppiter Dapalis, Iuppiter des Heims, weil es recht ist, im Tempel meiner Familie für dieses Dankfest zu opfern, um dieser Sache willen, möchtest du geehrt werden durch dieses Festopfer."


    Wein fand erneut den Weg in die Opferschale, die durch das Feuer unter ihr stark erhitzt war. Während sich eine Rauchfahne entwickelte, sagte menecrates: ""Iuppiter, mögest du durch dieses Festopfer geehrt werden, mögest du geehrt werden durch diesen Wein."

  • Sassia entließ die Hand ihrer kleinen Großtante aus ihre Hand, als der Großvater sie zu sich rief. Wohlwollend und liebevoll lag ihr Blick auf der Kleinen. Ja Sassia hatte einen Narren an der Kleinen gefressen und so war sie unglaublich stolz auf sie, wie gut sie ihr Opfer meisterte.
    Als sie dann auf ihren Platz zurückkehrte und ihre Hand wieder in die ihre schob, drückte Sassia sie liebvoll und strich ihr mit der anderen Hand liebevoll über den Rücken. Ja später würde sie ihr sagen, wie gut sie das gemeistert hatte. Aber für den Moment musste die Geste der Anerkennung ausreichend. Sein. Die kleinen Hand fest in der ihren haltend beobachtete sie das weitere Geschehen und ließ dabei auch ihren Blick über die versammelte Runde Feier. Wie viel Jahre musste es her sein, dass sich derart viel Claudier versammelt hatte um ein Opfer darzubringen. Sassia wusste sehr wohl, dass es ihren Großvater auf seine alten Tagen glücklich stimmte, dass seine Familie wohl wider näher zusammenrückte und sich hier bei und um ihn versammelte.
    Sassia warf ihrem Großvater einen liebevollen Blick zu und dann galt ihre Aufmerksamkeit wieder dem dargebrachten Opfer.

  • Die Opferung an Iuppiter Dapalis, den Iuppiter der für das Heim zuständig war, beendete den unblutigen Teil des Dankesopfers. Menecrates wendete sich nach rechts und ließ seinen Blick über alle Anwesenden schweifen. Er erkannte Sassias liebevollen Blick und Silana, die sich merkbar Mühe gab, entgegen ihrer Art ernsthaft bei der Sache zu bleiben und die Opferung ohne Pannen zu meistern. Zwischen ihnen stand Sisenna. Die Kleine wirkte etwas verängstigt. Sein Blick erfasste Livineia, die in sehr akkurater Weise ihr Opfer dargebracht hatte, und schweifte weiter zu Marcellus, der sehr konzentriert wirkte.
    Klienten und Sklaven bedachte er an dieser Stelle nicht mit einem Blick, sie standen außerhalb des Familienkreises.


    "Es ist Zeit für den zweiten Teil des heutigen Opfers", erklärte Menecrates, bevor er sich zum Tempelausgang wendete und durch die Tür nach draußen trat. Die Sonne blendete für einen Moment seine Augen, dann hatte er sich an die Helligkeit gewöhnt. Sein Blick umfasste den Widder, der von Sklaven gehalten wurde. Zusätzliche Seile sicherten den ruhigen Stand. Die Hörner des Widders glänzten golden in der Sonne. Flötenspieler erzeugten auf Doppelpfeifen eine Melodie, während weitere Personen auf den Tempelvorplatz traten.


    "Favete Linguis", sagte Menecrates in ruhigem Tonfall. Nötig wäre der Hinweis aber nicht gewesen, denn alle bemühten sich, leise zu sein.

  • Der zweite Teil des Opfers. Der vermutlich wichtigere Teil des Opfers. In jedem Fall der größere Teil. Livineia konnte diese Tieropfer nicht besonders gut leiden. Es war so blutrünstig und brutal. Sie hatte weniger Mitleid mit dem Tier. Tiere hatten keinen besonderen Sinn und dienten einfach den Menschen, so wie auch Sklaven. Sie taugten als Lastenträger oder auch als Nahrung. Man konnte sich Tiere auch zur Freude halten, wie beispielsweise verschiedene Singvögel oder auch Katzen. Tiere zu Jagd oder gar für den Krieg waren auch nichts ungewöhnliches. Livineia fielen viele verschiedene Möglichkeiten ein. Ja, oder man opferte sie. Das war auch vollkommen in Ordnung, es scherte sie nicht ob der Widder tot war oder nicht. Sie fand es nur so verstörend, dem Tier beim verenden zuzuschauen. Wenn sie Fleisch verspeiste, hatte sie damit nichts zu tun. Mit dem Tod. Sie mochte ihn nicht sonderlich gerne, er hatte schon zuviele Menschen geholt, die ihr einmal etwas bedeutet hatten.


    Dennoch schritt sie aufrecht und stolz hinter Menecrates her. Vollkommen ruhig und eher locker ließ sie ihre Hände vor dem Bauch ineinander greifend ruhen und beobachtete das kommende Geschehen.
    Es war ein schönes Tier, herausragend hergerichtet. Livineia war sich sicher, dass die Götter dieses Opfer wohlwollend annehmen würden. Ruhig betrachtete sie den Rücken ihres Großvaters, der auch nicht jünger wurde und dennoch nichts von seiner Würde einbüßte. Sie lächelte leicht, unaufdringlich. Anschließend besah sie sich ihre Verwandten, vor allem die kleine Sisenna. Ja, auch diese blutigen Angelegenheiten gehörten zu einem relativ normalen Alltag. Zum Glück mussten sie nicht selbst die Klinge führen.

  • Die kleine Großtante an der Hand führend folgte sie dem Großvater. Sanft strich sie mit ihrem Daumen über den Handrücken der Kleinen um sie zu beruhigen. Ihr selbst machten die blutigen Opfer nichts aus. Sie hatte ja auch schon von Kindesbeinen an dran teilgenommen. Nur zu gut erinnerte sie sich an ihr erstes blutiges Opfer. Und wie sie sich gefühlt hatte. Sie wollte nicht, dass sich Sisenna allein fühlte so wie sie damals. Beim Hinausgehen flüsterte sie der Kleinen also ganz leise zu. „Wenn es zu schlimm für dich wird, bringst du deinen Kopf einfach in mein Kleid. Ich gebe dir dann ein Zeichen, wenn alles vorbei ist.“ Begleitet waren die liebevollen Worte von einem herzlichen Lächeln. Draußen angekommen, blinzelte Sassia ein paar mal, damit das Sonnenlicht sie nicht blendete. Sie nahmen schweigend ihre Aufstellung wieder ein und warteten auf die Opferung des Tiere.

  • Als jeder der Anwesenden seinen Platz gefunden hatte, wurde Menecrates erneut eine Schale mit Wasser gereicht. Er wusch sich die Hände und griff nach dem mallium latum. Kein anderes Tuch konnte dieses ersetzen, es war ein besonderes.


    Er trat einen Schritt vor und hob die Hände für das Gebet.
    "Götter und Geister, ich, Herius Claudius Menecrates, möchte euch mit diesem Opfer meinen Dank aussprechen. Ich möchte euch ehren und euren Schutz für meine Familie und mich erbitten. Um dieser Sache willen möget ihr geehrt werden durch dieses Opfer."
    Er drehte sich nach rechts, was den Opferhelfern das Ende des Gebetes anzeigte. Sofort begannen sie, den Widder mit einer Mischung aus Salzlake und Dinkelschrot zu reinigen. Die Handgriffe verrieten Übung, was den Widder in ruhiger Verfassung verharren ließ. Anschließend ließ sich Menecrates das Opfermesser reichen und trat an die Seite des Widders. In einem symbolischen Akt, indem er mit dem Messer sanft vom Kopf bis zum Schwanz des Widders strich, entkleidete er ihn. Das Messer behielt er - Menecrates opferte stets selbst - aber gleichzeitig ließ er sich noch einmal einen Krug mit Wein reichen. Langsam, um das Tier nicht zu erschrecken, goss er das Getränk über dem Tierschädel aus.


    "Durch das Opfern dieses Widders und den vorherigen Wein bete ich ein gutes Gebet, damit ihr, Götter und Geister, meiner Familie und meinem Haus günstig gestimmt seid."


    Da erselbst opferte, übernahm er auch die obligatorische Frage des Opferstechers.
    "Agone?"


    Nun war es an seiner Familie, zu antworten.

  • Mit wachen Augen wurde die weitere Prozedur verfolgte. Ihr Großvater wirkte trotz seines Alters weder gebrechlich oder anderweitig eingeschränkt. Nein er war agil. Wahrscheinlich agil wie schon lange nicht mehr. Ja es tat ihm wohl wirklich gut, dass endlich nach so langer Zeit, nach so vielen Schicksalsschlägen wieder Leben in die Villa Claudia hier in Rom eingezogen war. Das letzte Familienopfer, wo alle versammelt waren, war einfach viel zu lange her.
    Man konnte dem Oberhaupt der Familie anmerken, wie stolz und wie froh er war, so viele seiner Kindeskinder um sich zu versammeln. Vielleicht würde es diese Generation schaffen, was der vorherigen versagt geblieben war und sie würden in die Fußstapfen ihres Großvaters treten um das fortzuführen, was er aufgebaut und geschaffen hat.
    Der Widder wurde gereinigt und der Großvater ließ es sich nicht nehmen die Opferung selbst durchzuführen. So lautete auf seine Frage hin die einstimmige Antwort der anwesenden Familie.


    "Age!"




    Sim-Off:

    ich geh einfach mal von einer einstimmigen Antwort der Anwesende aus. Hoffe das ist für euch ok =)

  • Vielleicht mochte es manchmal etwas lethargisch wirken, dass Livineia sich so selten zu einem Lächeln hinreißen ließ. Auch jetzt blieb sie mit vergleichsweise stoischer Miene an ihrem Platz stehen, ihren geliebten Bruder an ihrer Seite wissend. Kein Lächeln, kaum eine Regung.
    Es hatte mit Selbstbeherrschung zu tun. Vielleicht eine falsch verstandene und übertriebene Form derselben. Vielleicht stünde es ihr besser zu Gesicht, öfter zu lachen und zu lächeln, aber mittlerweile fiel es ihr einfach schwer. Zu ihrer allgemeinen Ernsthaftigkeit, die ganz sicherlich nicht angeboren war, gesellten sich noch die allzu regelmäßigen Kopfschmerzen und auch ihre zahlreichen Verluste, vor allem durch Felix, hinzu. Nicht einmal wenn es wirklich Grund zum Lachen gab, lachte sie aus tiefstem Herzen heraus. Wer nicht genau darauf achtete, würde es kaum merken, aber um zu lachen musste sie sich immer erst die Erlaubnis zum Lachen erteilen. Einfach aus der Freude heraus, nein - da war sie anders, als ihre Cousinen.
    Dementsprechend leicht fiel es ihr hier nun allerdings mit stoischer Würde dem Opfergang zu folgen.


    "Age." mischte sich auch ihre Stimme in den Ruf der restlichen Familienmitglieder. Sie zwang sich, den Blick nicht von dem Tier abzuwenden, wenn ihr Großvater ihm die Kehle durchschneiden würde. Eine Aufgabe, vor der Livineia sich ekelte, wie vor kaum einer zweiten - aber wie schon erwähnt, sie musste das ja zum Glück auch nicht tun.

  • Als die Frage nach der Durchführung der Opferung kam, zog sich Sisennas Kehle zu. Kein Schlucken half und Räuspern durfte sie nicht. Vor lauter Aufregung begann sie nun auch noch zu zittern. Die Angst vor dem Anblick des sterbenden Tieres lähmte sie einerseits, andererseits würde sie am liebsten davonlaufen. Doch das durfte sie nicht, sonst zürnten die Götter und nicht zuletzt der Onkel.


    Sie öffnte zwar die Lippen, aber kein Laut drang heraus. Stattdessen traten ihr Tränen in die Augen. Sie wusste nicht, ob sie dem Anblick würde standhalten können.

  • Die Rituale hatten ihre Regeln, die Silana zwar kannte aber gerne durcheinander würfelte. Immerhin hatte sie heute keine großen Fehler gemacht, außer an einigen Stellen ihren Einsatz zu verpassen und hatte etwas zeitversetzt agiert. Silana fürchtete nur um das Geschenk, welches sie unbedingt erhalten wollte. Dieses wunderbare Stück Stoff und der Schnitt erst... - Hach, jetzt träumte die junge Frau wieder und schien abwesend, als die Familie mit dem Prozess des Tempelbesuches weiter machte. Silana folgte schlicht und wollte nicht erneut negativ auffallen. Immerhin hätte sie beinahe die Gebete ungünstig durchbrochen mit einem Ausrutschen oder ihrer tollpatschigen Hand, die beinahe das Opfergefäß umgestoßen hatte. Doch es dauerte nicht lange, da riss sich Silana selbst aus dem Tagtraum, um wieder unter den Anwesenden zu weilen. Nein, jetzt kam der blutige Teil des Opfers. Nicht, dass sie Blut fürchtete aber es war auch nicht unbedingt ein stets schöner Anblick. Tod mochte seinen Reiz haben aber nicht der eines wehrlosen Tieres. Der Tod eines Menschen war in der Hinsicht deutlich spannender. "Age," sagte die junge Claudia also und hoffte, dass man bald zum schönen Teil des Tagesgeschäftes übergehen konnte. Sassia war bereits gebrieft und würde sie im beim Einkauf in den edlen Stationen Roms gerne begleiten. Und Opa Claudius musste natürlich zahlen, wenn es nach ihrer persönlichen Einschätzung ging. Immerhin hatte er sie in diesen Tempel getrieben. Plötzlich bemerkte Silana das Zittern der kleinen Sisenna. Der von langen Wimpern umspielte Blick der Claudia Silana fiel herab zum Kind, welches die Opferung nicht so überstehen würde, wie andere unter der Familie. Ja, ein Anblick von Blut und der Tod eines wehrlosen Tieres musste einem Kind fremd und grausam erscheinen. Silana tat etwas, was eigentlich nicht Brauch war und kniete sich selbst zu Sisenna herab und verstellte ihr somit den Blick auf das Tier. "Hey," sagte Silana und lächelte fürsorglich. "Schaue nur auf mich," sagte die junge Frau, strich sich ihr fallendes Haar aus dem Gesicht und ihre großen Ohrringe kamen zum Vorschein, die kurz in der Bewegung funkelten. "Alles wird gut," meinte sie und hoffte, dass sie dies glaubhaft vermitteln konnte.

  • Marcellus folgte dem Rest der Familie nach draußen, wo er sich neben seiner Schwester postierte und eine andächtige Haltung annahm. Es war gut, dass dieses Opfer erbracht wurde und dass die gesamte Familie anwesend war. Die Götter mochten es wenn man ihnen huldigte, vor allem wenn man dies auf die althergebrachte Art tat. Viel zu viele Menschen ließen dieser Tage den Respekt vor den Göttern fehlen, die Claudii waren da anders. Sie ehrten die Götter, ebenso wie sie die Traditionen und Gefplogenheiten Roms ehrten. Ganz besonders Marcellus.


    Sein Großvater schritt zu dem Widder, es wurden Vorbereitungen getroffen und Worte gesagt. Marcellus stimmte in das allgemeine "Age" mit ein und wartete darauf, dass das Tier getötet wurde. Für ihn war der Anblick tatsächlich nicht schlimm. Zum einen hatte er sich seit langem dazu gezwungen sich mit dem Anblick von Blut vertraut zu machen. Die Claudier hatten Feinde und Rom hatte Feinde. Ihrer aller Blut musste er bereit sein zu vergießen, wenn er nicht wollte dass es irgendwann sein Blut war, welches vergossen wurde. Er durfte nicht erst damit beginnen sich an diesen Anblick zu gewöhnen, wenn er keine Wahl mehr hatte.


    Zum anderen war es auch für den Widder eine Ehre. Es war ein starkes und schönes Tier und es würde den Göttern dargebracht werden. Das war ein weit besserer Tod für das Tier als wäre es einfach nur geschlachtet worden um verzehrt zu werden. Es war also wirklich nichts dabei.


    Aber Marcellus war ein Mann und er verstand durchaus, dass die schwächeren Frauen der Familie von diesem blutigen Anblick entsetzt sein könnten. Zwar fand er, dass kein Claudier, egal ob männlich oder weiblich, jemals Angst oder Schwäche zeigen sollte, aber nicht jeder war eben unfehlbar. Trotzdem war das Verhalten Silanas in höchstem Maße unangebracht. Der junge Patrizier sah wie seine Cousine vor der jungen Sisenna nieder kniete und der Kleinen damit die Sicht auf den Widder versperrte. Doch nicht nur das, sie kehrte durch diese Handlung auch selber der Opferung den Rücken zu.


    "Silana, du bringst vor den Göttern schande über die Familie." schalt er seine Verwandte mit scharfer aber leiser Stimme, darum bemüht die sakrale Aura durch seine Stimme nicht noch weiter zu stören. Was fiel der Göre ein? Die Opferung ging ihrem Höhepunkt entgegen und sie kniete sich hin und kümmerte sich um das Kind, vollkommene Ignoranz für das Opfer zeigend... Marcellus war fassungslos über diesen fehlenden Respekt, welchen seine Verwandte hier an den Tag legte. Aber er versuchte sich zu beruhigen, atmete durch und sah wieder nach vorne.

  • Die Unruhe blieb Menecrates nicht verborgen, aber umdrehen mochte er sich nicht, geschweige denn etwas sagen. Er wollte selbst keinen Fehler machen und würde er das Schweigen brechen, wäre es ein Fehler des Opfernden, also fuhr er in seinem Vorhaben fort. Der Einwilligung seiner Familie folge leistend, zückte er das bis dahin vor dem Auge des Tieres versteckte Messer und stieß es in dessen Halsschlagader. Für einen Kehlschnitt war ihm der Widder zu kräftig.
    Das Blut lief, wenn auch nicht in spektakulärer Weise, was das Sterben des Widders verlängerte. Es wurde in einer Schale aufgefangen.


    Obwohl Menecrates als Opfernder im Anschluss auch die Organschau für in Ordnung oder eben nicht befinden konnte, trat er diesen Teil ab. Er wollte nicht voreingenommen sein und einen neutralen, religiösen Funktionsträger das Ergebnis begutachten und verkünden lassen.


    In den letzten Minuten war er sich nicht sicher, ob das Opfer gelungen war, aber er hoffte es. Am Rande seiner Gedanken bemerkte er, wie das Tier ausgeweidet, die Organe begutachtet und es weiter zerlegt wurde.

  • Bilder des Schreckens kreisten in ihrem Kopf. Auch dann noch, als sich Silana ihr zuwandte. So schnell gingen diese Bilder nicht weg, aber Sisenna wurde durch Silana abgelenkt. Das behütete die Kleine davor, gänzlich in Tränen auszubrechen. Sie wollte daran glauben, dass alles gut werden würde und nickte daher heftig. Dummerweise hörte sie nun mehr als sie sonst je gehört hatte und das, obwohl sie sich ja gerade nicht auf das Opfern konzentrieren wollte. Aus Erfahrung wusste Sisenna die jeweiligen Geräusche einer Handlung zuzuordnen. Sie hörte, wie das Blut aufgefangen wurde und wie der Tierkörper zusammensackte.
    Sie starrte Silana mit einem verzweifelten Blick aus aufgerissenen Augen an.

  • Und Silana war es schlicht egal, ob sie gerade Schande über die Familie brachte. Völlig egal, denn ein Kind weinte. Was gab es Schlimmeres als ein verängstigtes Kind, welches die Welt nicht verstand? Auch Silana verstand die Welt nicht oft. Marcellus konnte, aus ihrer Sicht, gerne einen Vorwurf erzeugen und diesen vorstellen aber sie würde stets so handeln, denn Opfergaben und Gebete würde es noch genug geben aber niemals genug Gelegenheiten, einem Kind zu helfen und es von seinen Tränen zu befreien. Silana war in dieser Hinsicht ganz mitfühlend und frei, so dass sie die Opferung weit nach Hinten stellte. Ironie lag darin, dass Marcellus selbst die Stille brach, um seinen Zorn Luft zu geben. Silana ignorierte seinen Zorn, da sie vor der Kleinen keinen großen Streit darlegen und die Opferung nicht noch mehr stören wolllte. Mit aller magischen Macht ihres fantastischen Verstandes blendete sie fast alles aus und war ganz für Sisenna da. Scheinbar waren selbst die Geräusche und die gesamte Situation für das kleine Mädchen so schlimm, dass Silana vorsichtig ihre Arme um die Kleine schloss, um sie schützend zu umarmen. "Alles wird gut," sagte sie erneut aber deutlich leiser. "Ich bin hier," ergänzte sie noch.

  • Dankesopfer nach einer Wahl waren keine Seltenheit, aber deswegen für den Göttervater trotzdem noch lange keine Selbstverständlichkeit. Tatsächlich interessierte er sich sehr dafür, wer seinen politischen Erfolg ganz für sich beanspruchte und wer ihn mit den Göttern teilte. Dass die Claudier heute mit der ganzen Familie zum Opfer erschienen, erregte dabei zusätzlich sein Wohlwollen, denn er wusste nur zu gut, wie schwierig es war, die Familie zusammen zu halten. Die kleineren Fehltritte der jüngeren weiblichen Mitglieder übersah er dabei gnädig, aber ohne besondere Interesse oder Mitgefühl. Sowas war eher Iunos Sache und wenn sie daraus noch etwas machen wollte, dann würde sie das schon tun. Der Göttervater kümmerte sich lieber um das Opfertier und nahm das Opfer an.

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