Piso hatte bisher nur gelauscht, ohne eine Erklärung abzugeben. Furianus klarifizierte die Natur des Gespräches, welches sein würde, und dies deckte sich durchaus mit dem, was Piso dachte. Es würde nur ein Gespräch sein. Aus diesem Grund würde seine Einladung auch nur eine gemütliche cena betreffen. Doch einen Punkt wollte Piso noch klären. „Gut. Aber nach eingehender Beratung? Würden wir unter uns selber beraten? Oder würden wir uns beraten lassen? Und wenn letzteres, von wem?“ Nicht, dass es jetzt schon relevant wäre, aber es war immer gut, schon im Vorhinein zu planen.
Die Argumente des Gracchus schockierten ihn durchaus, versetzen ihn für eine Weile in die Sprachlosigkeit. Während diesen Zeitraumes schaffte er es nur noch, aus seinem Weinbecher zu trinken. Furianus und Gracchus argumentierten hin und her, und schlussendlich gestand Gracchus, nach einigem Zögern, den wahren Grund für seine Unwilligkeit, die höchste priesterliche Ehre zu ergreifen, aufdeckte. Er war physisch nicht imstande. Er blickte seinen Vetter einige Sekunden lang an, konnte es nicht glauben. Wieso hatte er nie etwas davon gesagt? Piso trank noch einmal einen Schluck von seinen Wein. Er sah sich jetzt wohl zwei kranken Leuten gegenüber, Schatten ihrer selbst. Er fühlte sich irgendwie wie in einem Altersheim, nur dass die beiden vor ihm um die 40 waren, und noch viel zu jung, um so elend beinander zu sein. Gut, es mochte 40-jährige Bettler auf der Straße geben, die in so einem Zustand waren... aber Patrizier? Es musste die ganze schwere Arbeit und Verantwortung sein, die die beiden die ganze Zeit auf ihre Schultern genommen hatten. Würde er einst auch so enden. Würde er mit 35 in einem Zustand sein, dass er reif war für die M;ulltonne der Geschichte? Er hoffte es nicht. Er trank abermals und wollte anfangen zu sprechen. Nur was denn? Dass es ihm Leid tat? Gracchus trösten? Oder wie? Er dachte nochmal nach, bevor er endlich etwas sagte.
„Vetter, und selbst wenn es so wäre. Menenius Lanatus mag ein ordentlicher Priester sein. Doch er ist kein Gracchus. Du wärst der Beste. Trotz deiner Leiden, trotz deiner Probleme – ein Menenius kann dir nicht das Wasser reichen. Ich kann nicht mit Furianus übereinstimmen. Die Frage der Qualität stellt sich. Und was Qualität im Collegium Pontificorum angeht, stellst du den Zenith dar. Ich denke nicht, dass es jemanden gibt, der einen besseren Rex Sacrorum oder Flamen Dialis abgeben würde. Ich denke, jeder, der sich ein wenig im Cultus Deorum auskennt, würde mir zustimmen.“ Er blickte zu Furianus, hoffend, etwas Unterstützung von seiner Seite zu bekommen. Obwohl, Gracchus hatte ja auch irgendwie recht. Wenn es wirklich so schlecht um ihn bestellt wäre.
Nur, dass Piso sich ziemlich sicher war, dass er übertrieb. Ein Mann, der noch nicht einmal seinen 40. Geburtstag erreicht hatte, konnte nicht in so einem Zustand sein, musste er sich abermals denken. Nein, Gracchus würde sicherlich noch in der Verfassung sein, solch ein Amt auszuüben, mit der Unterstützung von Antonia sonder Zweifel.
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Die flavische Augenbraue wanderte stetig gen Himmel, je weiter sein Vetter ausführte. Hinter diesem kleinen Spiel der Mimik verbarg sich etwas gravierenderes.
Bisher nahm der flavische Senator an sein Vetter, der eigentlich sein Onkel war, hätte mit Leiden ihres sozialen Umfeldes zu kämpfen, Leiden, die eine Person in diesen Kreisen interessant zu machen vermochten, kleine Leiden der Profilierung - Markenzeichen. Doch so ein Ausmaß hatte er nicht erwartet.
Zudem erbrachte die Äußerung an sich, ein Eingestehen physischer Ohnmacht, mehr an Verwunderung mit sich. Die flavische Familie war nach außen hin sicherlich stark, in sich gefestigt und dadurch an Ansehen reich beschenkt - doch auch sie waren ein Löwenrudel. Und in so einem Rudel hatte es mitunter fatale Folgeerscheinungen mit sich, wenn einer der Leistungsträger, eines der Rudeltiere, eine gravierende Schwachstelle zugab.
In den Augen des Flaviers war sein stets bewundernswerter Vetter, der eigentlich ein Onkel war, binnen weniger Sekunden zu einem Mann abgewertet worden, dessen Macht und Ansehen innerhalb der Familie nun recht leicht angreifbar war. Der Stärkere würde den Schwächeren ablsösen müssen, obgleich der Stärkere, wie er sich in dieser Skizze sah, selbst mit einer Krankheit zu kämpfen hatte. Einen Flavius Piso sah man noch nicht als Konkurenz an.
"Diese Offenbarung überrascht mich doch sehr, Vetter.", reagierte er daher eher ein wenig zurückhaltend.
Wenn Gracchus wirklich solch eine Bedrohung für das Ansehen der Familie, gar Rom selbst in einem der höchsten Ämter darstellte, so musste dies verhindert oder zumindest hinten angestellt werden. Bis zur vollständigen Genesung - wenn sie denn irgendwann kommen sollte.
"In solch einem hohen Amt, sei es als Flamen Dialis oder Rex Sacrorum, ist ein Scheitern ausgeschlossen. Wenn du, laut deiner Selbsteinschätzung, nicht hierzu bereit bist, so muss ich das wohl akzeptieren, wenngleich es mich nicht erfreut."
Und damit entsagte er Piso die Unterstützung. Er würde Gracchus nicht in ein Amt drängen, welches jener blamabel ausfüllen sollte. Nicht um das Ansehen seines Vetters war er hierbei besorgt, sondern eher um das der gesamten Familie - somit auch um das seine.
Er musste sich wirklich vielmehr der Familie widmen, nahm er sich vor und begann sogleich.
"Gibt es die Familienpolitik betreffend noch wichtige Informationen, die auf keinen Fall vorenthalten werden sollten?
Die meine Vermählung betreffend dürfte nun wohl schon im ganzen Hause kursieren. Nocht etwas anderes?" -
Die einsetzende Stille legte sich über das Atrium wie ein Tuch aus schwerem, dunklem Stoff, unter welchem Gracchus glaubte, ersticken zu müssen - und nicht zum ersten Male sehnte er sich danach, den letzten Atem seines Lebens auszuhauchen, in dunkler Vergessenheit zu versinken. Selbst nachdem Antonia ihm jeglichen Rückhalt hatte zugesagt, selbst nachdem er hier in Rom beständig durch den Anblick eines Sohnes dessen wurde erinnert, dass jener eines Vaters bedurfte, selbst nachdem er in Collegium und Senat einigermaßen hatte zurückgefunden, seine Ausdrucksweise wieder verständlich war - syntaktisch und beinahe vollständig zumindest, denn semantisch würde er stets auf graccheskem Grade wandeln -, so fürchtete er doch mehr noch als je zuvor seine Makel, seine Unzulänglichkeiten könnten sich negativ auf das Ansehen der Familie - und somit insbesondere auf die Zukunft Minors - auswirken, zeigten sie sich doch deutlicher als je zuvor. Sein Vetter Piso war es, welcher in seiner ihm ganz eigenen Art von Leichtigkeit - ähnlich jener, welche auch Aristides und Aquilius bisweilen in ihren Entscheidungen und Beurteilungen zu Tage legten, ein Teil flavischen Erbes augenscheinlich, welcher den Kindern des Vespasianus gänzlich verborgen blieb - eine Ecke der Decke lupfte und sie begleitet von einer regelrechten Lobrede unbeschwert hinfort zog. Es war erneut an Gracchus, die Augenbraue zu heben wie er Piso in solchem Überschwang von sich hörte reden - von einem Gracchus, welcher in dieser Art und Weise nicht hätte fremder für ihn können sein, ob dessen er ein wenig erleichtert war, dass zumindest Furianus seine Einschätzung teilte, wie auch akzeptierte.
"Ich danke dir für deine Lob, Piso, doch ist ein sol'hes Amt derzeit für mich nicht viabel. Zu anderer Zeit allfällig ..."
Manches mal glaubte Gracchus, mehr Worte als sonstig erfassen zu können, dann wiederum gerieten ihm die Sätze schon nach den ersten Buchstaben durcheinander, wiewohl er manches mal einer tiefgehenden Diskussion ohne Probleme konnte folgen, gar daran teilnehmen, ein ander mal dagegen kaum in sich aufnehmen, was die Grundthematik war, so dass dies in seiner Unregelmäßigkeit für ihn unmöglich zu bestimmen war. Wohl war er indes sich dessen gewahr, dass es stets ein Wagnis darstellte, je mehr Menschen von dieser Einschränkung wussten, doch gleichsam vertraute er seinen Vettern, wiewohl er damit die Last der Verantwortung für die Familie auch auf ihrer, insbesondere Furianus' Schultern hatte verteilt, diesen gar als eine Art Schutzschild vor sich eingespannt, würde jener doch im Falle einer - durchaus unwahrscheinlichen, doch nicht unmöglichen - öffentlichen Aufforderung seitens des Senates, des Collegium oder gar aus Richtung des kaiserlichen Palastes in Hinblick auf das familiäre Wohl deutlich für Gracchus' Ablehnung Partei ergreifen müssen. Ein etwaiger Verlust an familiärer Macht war dabei gänzlich nebensächlich, wenn Gracchus überhaupt an solcherlei dachte, hatte er seine Familie doch niemals als Löwenrudel betrachtet - vermutlich da der Ehrgeiz zu Alleinherrschaft ihm gänzlich fehlte -, wiewohl er sich ebenso - gegenteilig zu augenscheinlich sich hartnäckig haltender öffentlicher Meinung - niemals an ihrer Spitze hatte gesehen. Furianus' Eröffnung indes kam so unvermittelt, dass jegliche sonstige Gedanken über anderweitige Familienpolitik in den Hintergrund rückten.
"Deine Vermählung?"
Argwöhnisch blickte Gracchus zu Piso, ob jenem anzusehen war, dass er darüber war informiert, hernach kurz zu Sciurus, welcher wie stets im schattigen Hintergrund weilte, auf den fragenden Blick seines Herrn nur nickte, somit andeutete, dass er Gracchus bereits darüber hatte informiert. Dieser jedoch hatte nicht den geringsten Schimmer einer Ahnung, wiewohl er genteiliges nicht gewillt war anzudeuten und erst hernach seinen Vilicus zu befragen, mochten von der Art dieser Beziehung doch weitere familienpolitische Entscheidungen abhängen, so dass er wieder sich zu Furianus wandte.
"Mit wem?" -
Ein kleines Lächeln streifte die Züge des Senators, als Gracchus seine doch desolate Situation diese Information betreffend glorreich zum Ausdruck brachte. Einen Schluck lang ließ er den Vetter, welcher eigentlich sein Onkel war, noch warten, ehe er ansetzte: "Nun denn, womöglich mögen diese Wände doch dicker sein als angenommen.", schließlich hatte selbst sein enger Freund Durus in der an ihn und seine neue Gattin formulierten Einladung um diesen neuen Umstand gewusst. Gracchus schien wohl doch nicht in der rechten Verfassung zu sein.
"Ich habe, als ich an meiner schweren Krankheit in Athena laborierte, Claudia Catilina zur Ehefrau genommen. Du weißt, dass ich mich erfolglos an einer Braut aus tiberischem Hause versucht habe, doch der Götter Wink war durch zwei gescheiterte Verlobungen doch recht eindeutig, so dass ich mich für diese Gattin entschied. Wobei wir, wenn ich recht informiert bin, derzeit noch keine familiäre Bindung zu den Tiberiern halten. Dieser Umstand muss, trotz unserer freundschaftlichen Bande, umgehend durch eine familienpolitische Maßnahme aus der Welt geschafft werden."
Ein recht eindeutiger Blick streifte den jungen Piso. Hoffentlich wusste dieser, dass nun gewisse Erwartungen seine privaten Eroberungen betreffend geboren wurden. Die gewisse Grenze, politische Schritte für die Familie und die eigene Karriere zu gehen, wurde nunmehr überschritten. Flavius Furianus würde auch noch weitere private Opfer des Piso erwarten. Nicht nur der Gesang musste ersterben, nun war es auch die Liebe, welche in einer gezielten Bahn zu einer Gattin aus tiberischem Hause folgen musste. Wobei man von Liebe sowieso nicht zu spechen pflegte. Man war schließlich Patrizier.
"Ihr werdet sie kennen lernen, eine bezaubernde Frau und gute Gattin. Die Gebärfreudigkeit hat sie durch zwei Söhne aus der ersten Verbindung schon unter Beweis gestellt. Ein Valerius aus der patrizischen Linie war einst ihr Gemahl, jung wurde sie ihm versprochen, er war schon damals ein Greis und vor einigen Jahren schon haben die Götter ihn zu sich geholt.", erklärte er und ließ bewusst offen, welchen Status die beiden Valerier, Catilinas juvenale Söhne, in des Senators Leben würden einnehmen. Sie zu adoptieren kam ihm noch nicht in den Sinn, obgleich ihn seine neue Gattin latent dazu drängte. Dessen war er sich sehr wohl bewusst, doch solange er keinen Erben hatte, würde er kein anderes Blut akzeptieren wollen - geradlinig wollte man sein, solange man es noch konnte und das Alter seine Lenden nicht zur Gänze in die Knie zwang. -
Pisos Hoffnung, Furianus könnte in seiner Unterstützung hinter ihm stehen, wurde enttäuscht, als jener mit Gracchus übereinstimmte, wobei er ebenfalls ein wenig ungläubig klang. Piso blieb somit nur übrig, widerwillig die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Gracchus konnte in dieser Kondition nicht Rex Sacrorum werden. So lächelte Piso nur vage, als Gracchus ihm dankte für sein Vertrauen, jedoch klar machte, dass er in nächster Zeit nicht Rex Sacrorum werden würde.
Zumindest aber ließ er mit dem Wort „Derzeit“ Piso etwas Hoffnung, welche mit dem Ausdruck „Zu anderer Zeit allfällig“ erhöht wurde. Er rang sich ein Lächeln ab. Doch war jenes nur halbherzig. Wie konnte es anders sein? Gracchus, eines seiner größten persönlichen Vorbilder in so vielen Belangen – politisch, geistlich, spirituell, intellektuell, moralisch – präsentierte sich vor ihm reduziert zu einem menschlichen Wrack. Etwas, was sehr saure Kost war für den jungen Flavier, der nicht nur die Möglichkeit für seine gens, mehr Einfluss zu gewinnen hinfortschwimmen sah, sondern auch die Möglichkeit, sich jederzeit auf Gracchus‘ Gewicht als politisches Schwergewicht zu verlassen. Doch immerhin blieb die Hoffnung, es könnte besser werden, Gracchus könne sich erholen, genauso wie Furianus, und die beiden könnten, zusammen mit ihm als neues Element in der gens Flavia, die alte kaiserliche gens wieder zu ungeahnten Höhen antreiben.
Aber selbst dieses vage Lächeln erlosch, als er Gracchus‘ verwirrten Gesichtsausdruckes gewahr wurde, als Furianus erwähnte, dass er eine Frau ehelichen würde. Wieso wusste Gracchus das nicht? Es pfiffen schon die Spatzen von den Dächern, um es profan auszudrücken. Piso wusste noch nicht, dass Pontifex Aurelius dies wissen würde, doch erstaunen würde es ihn nicht. Denn alle wussten es, außer Gracchus. Er spürte den Blick von ebendiesen auf sich lasten, als er kontemplierte. Der Blick sah aus wie ein Fragezeichen, und wurde entgegnet von einem bedrückten Streifblick des Piso.
Welcher sich sofort wieder Furianus zuwandte, als dieser begann, von seiner Frau zu erzählen. Auf jeden Fall war dies erfreulicher, als über Gracchus‘ Gesundheitszustand nachzudenken. Obwohl, dies galt auch nur eingeschränkt, denn eine tiberische Verbindung wurde aufs Tapet gebracht. Piso blickte zu Furianus hin, als er sich von ihm angeschaut fühlte. Es war einschüchternd, das Objekt so vieler vielsagender Blicke zu sein. Wieder ratterten Pisos Gehirnwindungen. Es war ohne Zweifel so, dass Furianus eine Bindung mit den Tiberiern wünschte – doch wer sollte dies garantieren? Er? Er fühlte sich echt nicht nach Heiraten im Moment. Vera? Er sollte seine Schwester verschachern an irgendeinen Tiberier? Sicher nicht. Familiäre Bindungen waren durchaus keine schlechte Sachen, doch Piso fühlte sich sehr unwohl dabei, in so etwas hineingezogen zu werden.
Wobei, das war sicher noch nicht alles, was von Piso erwartet wurde. Am Besten, er dachte gar nicht darüber nach, und gönnte sich stattdessen noch etwas vom Wein.
„Valerius.“, meinte er auf Furianus‘ Worte hin. „Die Valerier haben ja enge Bindungen mit den Claudiern.“ Er hatte mal was darüber gehört. „Wirst du ein Heiratsfest veranstalten?“, war seine nächste Frage. „Sicherlich wäre das die Gelegenheit, Catilina kennen zu lernen.“ Da sie nun Teil der Familie war, benutzte er automatisch ihren Cognomen. Der ihn an Sergius Catilina erinnerte, wenn er darüber nachdachte. -
Den Kommentar über die valerianisch-claudische Heiratspolitik übersah der Senator geflissentlich. Vermutlich war dies sowieso eine Phrase, denn fundierte Kenntnisse darüber traute er dem jungen Piso noch nicht zu.
Statt dessen hob er verwundert die Augenbraue.
"Warum sollte ich ein Heiratsfest veranstalten?", fragte er daher salopp.
"Einer Einführung in die Gesellschaft bedarf es nicht. Catilina ist nicht das erste Mal mit einem Senator in unserem Stande verheiratet und hat hinreichende Erfahrungen dahingehend schon in Tarraco und Baiae machen können.", darauf wollte Piso sicherlich nicht hinaus, so dass der Flavier gleich fortfuhr: "Und ihr werdet noch in naher Zukunft das Vergnügen haben dürfen sie kennen zu lernen. Sie wird im Kreise der Familie häufiger dinieren, darauf werde ich achten. Außerdem hält sie sich in Gärten sehr oft auf und pflegt ihre Affinität zu den zarten Blumen hin."
Hoffentlich war dies die einzige Spinnerei seiner neuen Gattin. Für noch mehr war bei Flavius Furianus einfach kein Platz. Er hatte weitaus wichtigere Sorgen als die Zerstreuung und die Vergnügungen seiner Gattin. Eigentlich sollte ihre primäre Energie der Aufzucht und dem Gebären eines Stammhalters dienen - darüber musste er noch mit ihr reden. -
Unbezweifelt waren die intrinsischen Wände und Mauern um Gracchus' Geist herum bei weitem von ungleich größerer Stärke als jene der Villa Flavia, stemmten sich gleichsam standhaft gegen jeden Versuch des Einreißens - von außen, wie innen -, so dass Gracchus die Neuigkeit der Ehe seines Vetters zum ersten Male durchdachte.
"Eine Claudia"
, wiederholte er bestätigend.
"Eine vorzügliche Wahl. Ist sie mit Antonia verwandt?"
Dieser Umstand würde sie in politischer Hinsicht derzeit nicht allzu attraktiv erscheinen lassen, hatten die Claudier diese Zweiges doch außer dem nicht sonderlich aktiven Menecrates derzeit keine politisch aktiven Senatoren in ihren Reihen, wiewohl die Verbindung hierzu durch Antonia bereits geknüpft war, andererseits indes wog eine Claudia dieser Herkunft jederzeit jegliche periodisch vorherrschenden Mängel auf. Schlussendlich nickte Gracchus, Furianus' Gedanken nocheinmal aufgreifend.
"Eine Verbindung zur Tiberia ist unumgängli'h. Ich habe bereits eine dahingehende Verlobung meines Sohnes erwogen, was in den kommenden Jahren bis zum Ablegen seiner Bulla allerdings kaum mehr als eine lose Ver..knüpfung würde darstellen, die allzu leicht könnte reißen. Bist du darüber informiert, wer aus Tiberius Durus' Verwandtenkreis derzeit für eine Verbindung wäre verfügbar? Unsere Base Vera ist einer Eheschließung ni'ht abgeneigt, wiewohl auch Piso beizeiten diesen Schritt sollte angehen, um der Unsitte zu entgehen, seine erste Ehe als etablierter Senator zu forcieren."
Auch Gracchus' Blick wanderte zu Piso hin, ein marginales Lächeln seine Lippen umspielen lassend, war er doch davon überzeugt, der junge Flavier würde den Cursus Honorum stante pede durchlaufen und in nicht allzu ferner Zeit in die Reihen des Senates empor rücken. Gleichsam war ihm wohl bewusst, dass er mit seiner Aussage nicht nur den derzeitigen Consul der Unsitte bezichtigte, sondern gleichsam Furianus - doch war ihm diese Unsittlichkeit seit jeher ein zu tiefer Dorn im Auge, wiewohl sein Vetter, welcher eigentlich sein Neffe war, durchaus ab und an einen Dämpfer konnte vertragen, driftete er doch gerne mit seinen Ansprüchen gegenüber anderen in Höhen ab, welche er selbst nie hatte durchflogen. -
Dass sein Vetter, der eigentlich sein Onkel war, kaum sich negativ über diese Wahl äußern konnte, entlockte Flavius Furianus ein marginales Lächeln. Sein eigenes Eheweib konnte Gracchus wohl kaum mit einer negativen Aussage kompromittieren.
So nickte Flavius Furianus auf das Kompliment hin und musste kurz inne halten, um eine Linie zu Claudia Antonia von seiner Gemahlin hin geistig zu zeichnen. Nach einigen Herzschlägen gelang es ihm, obgleich der claudische Stammbaum in seinem Kopfe noch nicht so gefestigt war wie einst der tiberische - oder der eigene.
"Wenn ich nicht irre, so war der Vater meiner Gemahlin, ein Claudius Constantius, der Vetter deiner Gemahlin. Catilina ist demzufolge eine Nichte des Menecrates.", mehr erwähnenswerte Mitglieder hatten die Claudier heutzutage auch kaum.
Dieser Claudius Constantius schien schon damals ein Bonvivant gewesen zu sein - schließlich kannte ihn Furianus persönlich, als jener Claudier sich in dem eigenen flavischen Anwesen an eine flavische Sklavin hatte zu schaffen machen wollen. Ein unsympathischer Mann, dessen Eigenschaften, so nahm es der Flavier hoffend an, durch die flavischen Charakterzüge würden bei den Nachkommen spürbar positiv ersetzt. Oder ihr Geist würde durch gehörige Zucht und Ordnung des Vaters, und diese Rolle nahm der Flavier gerne ein, schon früh gebrochen.Seinem Vetter, der eigentlich sein Onkel war, pflegte Furianus nunmehr bei den folgenden Ausführungen nickend beizufplichten. Um ein triumphales Lächeln kam er nicht herum, als Gracchus wiederum Piso latent nötigte die Heiratspolitik auch persönlich zu verfolgen. So war er wenigstens nicht alleine der böse Patriarch.
"Ich muss zugeben, dass ich um die tiberische Genealogie und deren neue Mitglieder nicht ausführlich informiert bin. Diesem Umstand könnte man jedoch ein Essen mit dem derzeitigen Consul entgegen setzen.
Kürzlich hatte ich jedoch das Vergnügen bei einem Mahl eine reizende, junge Tiberia kennen zu lernen. Tiberia Septima, wenn ich nicht irre. Unverheiratet, geistreich und ästhetisch überaus gesegnet.", erläuterte er mit einem kleinen Lächeln zum Schluss, welches eindeutig dem jungen Piso galt. Dass diese Tiberia Septima einen überaus großen Reiz auch auf ihn selbst hatte, dies verschweig er geflissentlich.
Nun war zu hoffen, dass der junge Piso solcherlei Eigenschaften schätze und nicht gar den Jünglingen zugewandt war.
"Wenn Flavia Vera nicht abgeneigt zu sein scheint, so könnte man entsprechendes Arrangement mit einem vielversprechenden Mann aus dem Hause der Tiberia durchaus erwägen.", merkte er nunmehr an.
Über die eindeutige Andeutung seines Vetters bezüglich des ungebührlichen ledigen Senatorendaseins vieler Mitglieder der heutigen Gesellschaft - ihn bis vor kurzer Zeit eingeschlossen - sah er hinweg. -
Eine Verbindung zur Tiberia - unumgänglich also. Piso blinzelte, als sich die Blicke auf ihn richten. Was Furianus vorher nicht geschafft hatte, als er ihn zu seinem politischen Erben gekürt hatte, schaffte er nun fast, indem er ihn angrinste – ihn dazu zu bringen, von der Kline zu kippen. Er sollte eine Tiberia heiraten? Innerlich musste er Gracchus recht geben – es war keine Sitte, erst zu heiraten, wenn man Senator war (ja, Furianus, schreib dir das hinter die Ohren, dachte sich Piso leicht belustigt und war froh, dass der Gute keine Gedanken lesen konnte). Doch musste man ihn jetzt schon in eine Ehe zwingen, ihn binden? Sein Blick wanderte von Furianus zu Gracchus und wieder zurück. Hilfe, man will mich verschachern, sagte dieser Blick aus.
Seine Augen weiteten sich jedoch, als Furianus den Namen Septima erwähnte. „Die kenne ich.“, meinte er tonlos. „Ich habe sie kennen gelernt bei einem rezenten Wagenrennen.“ Septima war nicht verheiratet! Nun schaute die Sache komplett anders aus. Er dachte schnell zurück. Ja, sie war nicht schlecht gewesen. Ganz und gar nicht schlecht. Bei Venus, sie war hübsch gewesen, ja.
Während er nachddachte, hing sein Kopf hinunter, er hatte seine Augenbrauen zusammengezogen, fast schien es, als ob aus seinem Kopf es herausrauchte.
„Aber ist sie auch unverlobt? Und unversprochen?“, hackte er vorsichtig nach. „Ich wäre ihr nicht abgeneigt. Durchaus nicht.“ Somit beantwortete sich hoffentlich die Frage, welches seine sexuellen Präferenzen waren (die übrigens im krassen Gegensatz zu seiner Metrosexualität, die knartschrosane Togen, eine ungesunde Liebe zu Frauenkleidern, weibisches Gekichere und falsettlastiges Lachen umfasste, stand). Doch eine Frage stellte sich noch.
„Aber wie wäre eigentlich eine Verbindung zu den... sagen wir, Aureliern? Die familiären Banden sind ja noch recht dünn.“, warf er zaghaft ein. Besonders, wenn man sie mit den Banden zu den Claudiern verglich. „Und nach der Amtszeit des Aurelius Avianus werden sie voraussichtlich drei Senatoren stellen. Und wenn Aurelius Orestes noch das nächste Jahr als Quaestor kandidiert, und diese Wahl gewinnt, werden es bald 4 werden.“, fiel ihm ein. Ihm waren alle Aurelier, die er bisher kennen gelernt hatte, sehr sympathisch gewesen. Besonders die eine... Piso lächelte, und es fiel ihm gar nicht auf, dass er das tat. -
Catilinas Großonkel war er somit in doppelter Hinsicht, über die verwandtschaftliche Beziehung als Antonias Großnichte, wiewohl Gemahlin seines Großneffen - was ein wenig zu groß hätte sein können, hätten davon Rückschlüsse auf irgendein Alter gezogen werden können, was indes nicht der Fall war, war doch sowohl die flavische, als auch die claudische Familie in Hinblick auf die Altersspannen ihrer Generationen gänzlich verworren.
"Ein Essen mit Tiberius Durus wäre wohl die beste Mögli'hkeit, die Gegebenheiten seiner Familie, wiewohl die Optionen einer Verbindung zwischen Flavia und Tiberia zu eruieren."
Gleichsam wäre dies eine willkommene Abwechslung gegenüber sonstigen Essen verpflichtenden Charakters, außerhaus oder auch innerhalb der Villa Flavia, wäre es doch ein Mahl eher ungezwungener Art - verband Furianus und Durus doch eine Freundschaft, wiewohl auch Gracchus und Durus etwas verband, obgleich Gracchus nicht fähig war dies zu benennen.
"Da wir zwei, respektive mit meinem Sohn drei Kandi..daten für eine Verlobung können vorweisen, wäre es hernach sicherlich auch angebracht, mit Aurelius Corvinus zu spre'hen, um weitere possible Verbindungen mit der Aurelia zu erörtern. Einem Senator oder dahingehend bestrebten Mann wird Vera sicher noch weniger abgeneigt sein."
Verglichen mit dem anstehenden Gespräch mit dem Aelier würde auch jenes mit Aurelius Corvinus eine überaus angenehme Angelegenheit werden, obgleich Gracchus gegenüber dem Pontifex nie gänzlich sicher war, welche Distanz oder Nähe zwischen ihnen war angebracht, verband sie ob zurückliegender Ereignisse wegen doch eine überaus eigentümliche Relation, die ihn stets ein wenig befangen machte.
"Gibt es noch mehr zu bespre'hen?"
, schloss er schlussendlich seine Überlegungen, darauf hoffend, dass dem nicht so war. Die Eröffnungen seiner Vettern hatte ihn ein wenig ermattet, über zu vieles musste er nachdenken, wiewohl es im Atrium ihm ein wenig zugig schien. Ein heißes Bad wäre allfällig die beste Möglichkeit, all dem abzuhelfen.
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