• Der Zug des Processus Consularis schob sich durch die Straßen Roms. Dabei wurde die traditionelle Ordnung weiterhin strikt eingehalten, derzufolge zuerst die Equites und Klienten des Consuls marschierten, dann die Sella Curulis getragen wurde und erst an dieser Stelle der Consul selbst, gehüllt in seine Amtstracht und geleitet von zwölf Liktoren, durch die Straßen zog, sodass die Senatoren (was für öffentliche Prozessionen eher ungewöhnlich war) den Abschluss bildeten. Hinter dem Forum Pacis betrat der Zug schließlich das Forum Romanum und nahm dann die Via Sacra zum Capitolium hinauf.


    Schon vom Tal aus konnte man das golden leuchtende Dach des Tempels ausmachen, das heute als Opferstätte dienen würde. An den Ränden der Straßen hatten sich ebenso zahlreiche Schaulustige versammelt, die den neuen Consul begutachten wollten (oder vielleicht auch etwas von den Assen, die Tiberius Durus als Spenden unter das Volk verteilen ließ, abzubekommen).

  • Am Capitolium angekommen verzögerte sich die Feier jedoch ein wenig. Der Grund war das Fehlen von Vitorius Marcellus. Offenbar hatte dessen Salutatio etwas länger gedauert! Etwas nervös blieb Durus stehen, während er überlegte, ob er vielleicht ein wenig auf der Sella Curulis probesitzen sollte. Doch andererseits kannte er das Gefühl ja bereits und so bequem war sie nun auch wieder nicht! Daher blieb er vorerst stehen und wechselte ein paar Worte mit Lukios, seinem Sekretär, der nun in die Rolle eines consularischen Sekretärs aufgestiegen war. Er sprach ein wenig über die Antrittsrede, die er heute vor dem Senat zu halten hatte. Glücklicherweise war ihm diese Ehre zuteil, denn sein Collega, auf den sie warteten, war an Dienstalter jünger als der Tiberier selbst. Doch schließlich konnte man auf der Via Sacra wieder Bewegung sehen und kurz darauf paradierten die befreundeten Equites des Vitoriers an dem wartenden Durus vorbei und mischten sich unter die Anwesenden.


    Marcellus selbst hatte sich heute - ähnlich wie Durus selbst - besonders herausgeputzt, seine Toga schimmerte weiß und die Purpurstreifen leuchteten geradezu. Auch sein Gesichtsausdruck - heute ein befreites Lächeln passte gut in das Bild. Durus begrüßte seinen Collega mit einem Kuss auf die Wange, dann schritt man gemeinsam auf dem Tempel des Iuppiter Optimus Maximus zu. Diesen hatte man zu dem feierlichen Anlass prächtig geschmückt (wobei Durus seine Finger als Pontifex pro Magistro hatte spielen lassen), sodass alles dem feierlichen Anlass angemessen war, ebenso wie die große Menschenmenge, die sich versammelt hatte, um das Opfer der Consuln zu verfolgen.

  • Ehe man den Tempel jedoch betreten konnte, galt es, die Opfertiere zu inspizieren. Gemeinsam umrundeten Durus und Vitorius die drei Stiere. Der strenge Blick des Tiberiers begutachtete jeden Muskel genau. Natürlich hatte er einen seiner fähigsten Calatores mit dem Einkauf beauftragt - und auch echte, weiße Stiere (anstatt den oft "eingefärbten" von anderen Opfern). Und so fanden die beiden Consuln natürlich keine Fehler, sondern konnten zum Voropfer im Tempelgebäude voranschreiten. Er ergriff die sorgsam drapierte Toga und zog sich einen Teil davon über den Kopf, wie es dem alten Brauch entsprach.


    Während sie die Stufen hinaufgingen, wurde oben die mit Goldplatten beschlagene Pforte aufgezogen, sodass man den dahinter liegenden, dunklen Raum erkennen konnte. Ein eiskalter Schauer fuhr Durus über den Rücken - so hatte er den Tempel noch niemals wahrgenommen! Dann endlich trat er selbst in den dämmrigen Raum und langsam konnte er vor sich die Kolossalstatue des Gottes erkennen, gehüllt in ein Triumphalornat, geformt aus Gold und Elfenbein. Andächtig blickte Durus auf zu den großen, starren Augen und fragte sich für einen Augenblick, ob er den Anforderungen dieser großen Götter gerecht werden konnte. Doch für derlei Überlegungen gab es heute keine Zeit! Die Türen des Tempels wurden hinter ihnen geschlossen und die Menge draußen musste warten.

  • Eine große Menschenmenge hatte sich versammelt, um dem Opfer beizuwohnen. Auch Ursus befand sich mitten darin, denn solch ein großes Opfer fand nicht alle Tage statt. Der Tempel war prächtig geschmückt. Ursus staunte, denn solch einen Aufwand hätte er denn doch nicht erwartet. Die Stiere waren ebenfalls von einer Pracht, wie man sie nicht häufig sah. Für die Götter nur das beste. Und für Iuppiter nur das allerbeste, so mußte es auch sein.


    Tiberius Durus und sein Mitconsul boten einen ehrwürdigen Anblick, als sie dem Tempel entgegenschritten. Ob er selbst jemals so weit kommen würde? Das stand wahrhaftig in den Sternen und war ein Traum einer fernen Zukunft. Auf die er dennoch hinarbeiten wollte.


    Die Consuln betraten das Innere des Tempels für das Voropfer. Die Türen schlossen sich und Ursus blieb, wie allen anderen, nichts anderes übrig, als zu warten. Er nutzte die Zeit, um sich ein wenig umzuschauen. Vielleicht war ja ein Bekannter anwesend, mit dem er ein wenig plaudern konnte?

  • Opfer hätten Piso früher sicher nicht hinterm Ofen hervorgelockt, aber jetzt hatte er doch ein gewisses Interesse an ihnen entwickelt. Auch wenn es blutige Opfer waren. Irgendwie schien sich alles in Rom nur um Blut zu drehen – die Opfer, die Spiele, das Militär, Hund und Teufel – und er begann sich mittlerweile schon ein wenig daran zu gewöhnen. Immerhin war der Tempel geschmückt, somit war das ästhetische Anspruchsminimum des Patriziers voll und ganz erfüllt.
    Es würde die Opferung von Tiberius Durus sein, der Consul, der ihn, noch als Consul Electus, so freundlich, was die Arvalbruderschaft anging, unterstützt hatte. Und der jetzt einen Stein bei ihm im Brett hatte. Es war irgendwie also eine moralische Verpflichtung gewesen, seiner Vota beizuwohnen.
    Er folgte den Menschenmassen, die plötzlich stockten, als die Consuln den Tempel betraten. Keiner würde es wagen, den beiden zu folgen. Piso blickte bewundernd am Tempel hoch. Er war vor einiger Zeit schon zu einem Opfer da gewesen. Er sah mit den ganzen Dekorationen noch viel schöner als als üblich. So sollten sie ihn eigentlich das ganze Jahr über behalten, dachte er sich innerlich, vorm geistigen Auge schon dekorative Pläne für den Tempel sich ausmalend. Sicher würde ein schönerer Tempel mehr Leute anziehen. Obwohl, man konnte nicht sagen, dass heute wenig Leute hier waren.
    Nicht weit entfernt von ihm sah er ein vertrautes Gesicht. Den habe ich doch schon einmal gesehen, dachte sich Piso und blickte kurz angestrengt hin. Ein Aurelier. Den hatte er ja damals in der Therme getroffen. Aurelius... Urbicus! Nein, was anderes. Irgendein Tier. Aurelius Taurus? Nein, etwas mit U. Aurelius Ursus, genau, der Bär. Womit sich der Gute diesen Cognomen bloß verdient hatte?
    Piso scherte ein paar Schritte nach links aus, zu Ursus hin. „Salve, Aurelius Ursus.“, meinte er zu ihm. „Kannst du dich noch an mich erinnern? Flavius Piso, von den Thermen!“

  • Septima hatte sich direkt zum Tempel des Iuppiter bringen lassen, wo das heutige Opfer der Consuln stattfinden sollte. Eine beträchtliche Menschenmenge hatte sich bereits eingefunden, aber Baldemar sorgte, gemeinsam mit ein paar anderen Sklaven dafür, dass niemand zu nah an seine Herrin heran kam. Menschenmenge bargen immer viele Gefahren, zumal die obere Schicht, der seine Herrin angehörte, gerne als Ziel für Attentate oder ähnliches herhalten musste. Somit war Baldemars Aufmerksamkeit doppelt geschärft.


    Bewundernd ging ihr Blick über den hübsch geschmückten Tempel. Mit den Augen verfolgte Septima, wie ihr Onkel die drei weißen Stiere betrachtete und einmal um sie herum ging. Dann gingen Durus und sein Collega in den Tempel hinein und die Türen schlossen sich. Nicht zum ersten mal fragte sich Septima, was im Inneren des Tempels nun geschehen würde.

  • Bedächtig schritt die Prozession, welche die Consuln anführten, gen Kapitol. Die via sacra ging es entlang, bis sich der Zug schlussendlich auf dem Tempelvorplatz teilte und etwas wie einen gefransten Halbkreis bildete. Rechts und links entlang des Platzes standen nun also allerlei Grüppchen. Die meisten der Leute beobachteten die Consuln dabei, wie sie die Stiere in Augenschein nahmen, die heute geopfert werden sollten. Ich war ebenfalls unter ihnen. Aus der Entfernung wirkten die Tiere stattlich und angemessen für ein solches Opfer, und das schienen auch die beiden Consuln zu befinden, da sie sich kurz darauf durch ein Spalier ihrer Liktoren in das Heiligtum zurückzogen.


    Ich sah mich ein wenig um. In der Menge konnte ich etliche Senatoren ausmachen, darunter auch einige pontifices. Viele Männer, aber auch einige Frauen. Ich wandte den Kopf kurz Celerina zu, die an meiner Seite gegangen war. Bei eine solchen Festakt bestand ich darauf, dass sie mich begleitete. Dann ließ ich den Blick wieder schweifen.

  • An der Seite meines Mannes schritt ich voran, dem Tempel entgegen. Meine äußere Erscheinung ließ keinen Raum für Spekulationen übrig, wie mein Seelenzustand war, wie glücklich oder unglücklich ich war. Mein Gesichtsausdruck blieb neutral, auch dann als Marcus sich mir kurz zuwandte. Böse Zungen konnten vielleicht später behaupten, erkannt zu haben, ich wirkte etwas abwesend, da ich mich vorerst nicht viel um die Menschen um mich herum gekümmert hatte. Obwohl einige unter ihnen mir verwandtschaftlich nahe standen oder wir miteinander bekannt waren. Ich spielte einfach nur meine Rolle nach außen hin, so wie es von mir verlangt wurde. Nicht mehr und nicht weniger.
    Der Anblick der Opfertiere wenigstens, hatte mich in eine Art Mitleidsstimmung versetzt. Unwissend, was ihnen bevorstand, liefen sie in ihren sicheren Tod hinein. Ich mochte ihr Blut nicht sehen, den Gestank frischgeschlachteter Tiere nicht riechen. Ich wünschte, alles wäre bereits vorbei und ich wieder zu Hause, um endlich nicht mehr den Blicken ausgesetzt zu sein, von denen ich glaubte, nein fest überzeugt war, daß sie auf mich gerichtet waren. Wer konnte schon mit Bestimmtheit sagen, welche üblen Gerüchte schon über mich im Umlauf waren?

  • Im Anschluss an die Salutatio bei Tiberius Durus hatten auch Flavius Gracchus Maior und Minor sich der Processus Consularis angeschlossen, um der Einlösung der vorjährigen und der Aussprechung der diesjährigen Vota samt Opferung beizuwohnen - Gracchus Maior, da dies Pflicht der Senatoren war, Gracchus Minor, da sein Vater es für längstens fällig hielt, ihn in das politische und kultische Leben Roms einzuführen, was seine Mutter während seiner Absenz ein wenig hatte vernachlässigt - was unbezweifelt nicht deren, sondern sein Versäumnis war, konnte doch selbst eine perfekte Mutter nicht für alles alleine Sorge tragen. Als die Consulen im Inneren des Tempels verschwanden, hinterlegte Gracchus sich eine mentale Notiz in seinem Gedankengebäude, dass er seinen Sohn baldigst auch einmal zu einem eigenen großen Opfer würde mitnehmen müssen, allfällig dafür Sorge tragen, dass er als Helfer konnte fungieren, Opfergaben anreichen oder die Räucherung verbrennen, so dass er auch teilhaben würde können an dem Ritus im Inneren des Tempels. Da für die Zuschauer ohnehin nichts weiter war zu tun als abzuwarten, beugte Gracchus zu Minor sich hinab und erklärte leise ihm das Geschehen.
    "Siehst du die Stiere? Sie werden der kapito..linischen Trias und der salus publica geopfert, da diese im letzten Jahr für das Wohl des Staates und des ... Imperators haben Sorge getragen. Glei'hsam werden ihnen erneut Bitten angetragen, ihr Wohl auch für die Amts..zeit der neu gewählten Consulen uns zu gewähren, und dafür weitere Opfer verspro'hen zum Beginn des darauf folgenden ... Amtsjahres. So ist dies ein ewig währender Kreislauf, ein Geben und Nehmen zwischen ... den Göttern und dem römischen Imperium, ein ewig währendes do ut des."

    cdcopo-pontifex.png flavia.png

    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • So aufmerksam ihr Leibwächter auch war, konnte Baldemar nicht alles voraussehen, und somit auch nicht, dass seine Herrin kurz ins straucheln geriet und stolperte. Dabei rempelte sie eine junge Patrizierin an, die neben einem stattlichen, an der Toga zu erkennenden Senator stand und ebenfalls der Opferung beiwohnen wollte. „Hoppala...!“ entfuhr es Septima während bereits der starke Arm des Germanen nach ihr griff um das schlimmste zu verhindern.


    Dem beherzten eingreifen ihres Sklaven verdanke es die junge Tiberia, dass sie nicht mit samt der anderen Patrizierin zu Boden ging. Was hätte das für einen Anblick geboten? Nicht auszudenken. Nach dem sie sich wieder gefangen hatte, lächelte Septima das Pärchen entschuldigend an. „Ich bitte vielmals um Entschuldigung für meine ungeschickte Art.“ Hoffentlich waren ihr Celenerina und Corvinius nicht böse. 8)

  • Wir mochten zwar gemeinsam der vota beiwohnen, doch standen wir mehr in Eintracht schweigend nebeneinander, als dass wir als gemeinsam als Ehepaar anwesend waren. Wohl beide waren wir mit den Gedanken wo anders, ich selbst beim Vorgehen innerhalb der Tempelmauern, Celerina...nun, wo auch immer. Ein Schwarm Schwalben zog einen lärmenden Kreis über den Häuptern der Versammelten, und ich hob den Blick, um ihrem Flug zu folgen, bis sie hinter dem Dach des Kapitols verschwunden waren. Etwas weiter zu unserer Linken spielten zwei kleine Kinder miteinander fangen, weil sich die Eltern miteinander unterhielten. Ich seufzte lautlos.


    Plötzlich traut Trautwini vor und breitete die Arme aus, doch zu spät; eine junge Frau geriet zu schnell in mein Sichtfeld und hätte wohl Celerina zu Boden gerissen, wenn nicht Trautwini und dieser andere Sklave durch beherztes Zugreifen das Schlimmste verhindert hätten. Ich hob missbilligend eine Braue, doch galt meine Missbilligung vielmehr Trautwini und diesem anderen nutzlosen Namenlosen, den er zu unserem Schutz ausgesucht hatte. Ich konnte ihn nirgends sehen, was womöglich bedeutete, dass er Nasebohrend irgendwo in der Menge stand und seiner Pflicht nicht nachkam. Trautwini erkundigte sich leise bei der Dame, ob sie sich etwas getan hatte, und ich warf Celerina einen prüfenden Blick zu. Sie stand wie ein Fels in der Brandung, also war alles in Ordnung. Ich blickte zurück zum Kapitol und sah dann das Mädchen an, das eben das Wort an Celerina und mich richtete. Ich überließ es vorerst Celerina zu antworten, da sie in erster Linie die leidtragende gewesen wäre. Und vielleicht kannte sie die Dame ja auch. Ich nickte ihr fürs erste unverbindlich zu und musterte sie flüchtig.

  • Wenig später traten die beiden Consuln wieder aus dem Dunkel des Tempels. Noch immer hatte Durus den Geruch des Weihrauchs in der Nase, als er aus dem Dunkel trat und die Augen vor dem plötzlich wieder leuchtenden Licht zusammenkniff. Nun waren die Ochsen an der Reihe - sie würden den Preis bezahlen müssen, den die beiden Consuln des Vorjahres mit dem Göttervater ausgehandelt hatten.

  • Um die anwesende Menge zum Schweigen zu bringen, trat nun der Herold auf und stieß seinen Stab dreimal auf den Steinboden. Mit eine tiefen, tragenden Stimme gebot er dazu


    "Favete linguis!"


    Das Auftreten machte Eindruck, denn kurz darauf senkte sich eine Stille über den Tempelvorplatz, ehe die Tibicines zu spielen begannen. Ihre Melodie war wie üblich schwer zu verfolgen, vielmehr bildeten sie einen Teppich von Klängen, der das Opfergebet einzurahmen gedachte und lediglich zur Steigerung der Konzentration des Opferherrn gereichte, ebenso wie der Lautenklang der Fidicines. Nun war die rituelle Händewaschung an der Reihe, weshalb zwei Knaben vortraten und den beiden Consuln die Wasserschalen hielten.

  • Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    Opfer hätten Piso früher sicher nicht hinterm Ofen hervorgelockt, aber jetzt hatte er doch ein gewisses Interesse an ihnen entwickelt. Auch wenn es blutige Opfer waren. Irgendwie schien sich alles in Rom nur um Blut zu drehen – die Opfer, die Spiele, das Militär, Hund und Teufel – und er begann sich mittlerweile schon ein wenig daran zu gewöhnen. Immerhin war der Tempel geschmückt, somit war das ästhetische Anspruchsminimum des Patriziers voll und ganz erfüllt.
    Es würde die Opferung von Tiberius Durus sein, der Consul, der ihn, noch als Consul Electus, so freundlich, was die Arvalbruderschaft anging, unterstützt hatte. Und der jetzt einen Stein bei ihm im Brett hatte. Es war irgendwie also eine moralische Verpflichtung gewesen, seiner Vota beizuwohnen.
    Er folgte den Menschenmassen, die plötzlich stockten, als die Consuln den Tempel betraten. Keiner würde es wagen, den beiden zu folgen. Piso blickte bewundernd am Tempel hoch. Er war vor einiger Zeit schon zu einem Opfer da gewesen. Er sah mit den ganzen Dekorationen noch viel schöner als als üblich. So sollten sie ihn eigentlich das ganze Jahr über behalten, dachte er sich innerlich, vorm geistigen Auge schon dekorative Pläne für den Tempel sich ausmalend. Sicher würde ein schönerer Tempel mehr Leute anziehen. Obwohl, man konnte nicht sagen, dass heute wenig Leute hier waren.
    Nicht weit entfernt von ihm sah er ein vertrautes Gesicht. Den habe ich doch schon einmal gesehen, dachte sich Piso und blickte kurz angestrengt hin. Ein Aurelier. Den hatte er ja damals in der Therme getroffen. Aurelius... Urbicus! Nein, was anderes. Irgendein Tier. Aurelius Taurus? Nein, etwas mit U. Aurelius Ursus, genau, der Bär. Womit sich der Gute diesen Cognomen bloß verdient hatte?
    Piso scherte ein paar Schritte nach links aus, zu Ursus hin. „Salve, Aurelius Ursus.“, meinte er zu ihm. „Kannst du dich noch an mich erinnern? Flavius Piso, von den Thermen!“



    Ein Stück weit entfernt machte Ursus seinen Onkel aus. Auch dessen Frau, Flavia Celerina, war anwesend. Ob es Sinn machte, sich durch die Menge zu ihnen hinzuschieben? Noch waren die Türen des Tempels geschlossen, noch würde er die Zeremonie mit solch einem Unterfangen nicht stören. Er setzte gerade dazu an, diesen Plan in die Tat umzusetzen, als er angesprochen wurde. Ursus blickte sich um. "Ah, salve, Flavius Piso. Natürlich erinnere ich mich an Dich! Wie geht es Dir?" Schon die Tatsache, daß die Flavier mit den Aureliern eng befreundet waren, ließ ihn einen vertraulichen, ja, freundschaftlichen Ton anschlagen.


    Doch die Unterhaltung wurde nun erst einmal wieder unterbrochen. Die Türen des Tempels öffneten sich. Die Opferzeremonie ging weiter und Stille legte sich über den Platz.

  • Unter dem Klang der Tibiae bereitete Durus sich auf das Hauptopfer vor. Ihm würde auch hier die Ehre zuteil, als erster das Opfergebet zu sprechen, doch die rituelle Reinigung erfolgte gemeinsam mit seinem Collega. Unter dem Murmeln eines Gebetes goss ein Opferdiener ihm Wasser über die Hände und reichte ihm anschließend ein Handtuch. Als sie getrocknet waren, fuhr Durus fort.


    Als er die Augen hob, betrachtete er die Opfertiere. Sie würden nun den Göttern geweiht werden, wofür man Mola Salsa bereitet hatte. Durus umrundete die Tiere ein weiteres Mal und pinselte mit einem dicken Pinsel ein wenig von der Schrot-Salz-Mischung auf den Rücken der Tiere, während er sprach


    "Ich weihe dieses Tier dem Iuppiter Optimus Maximus, aufdass es ein gerechtes Opfer werde."


    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, dass auch Vitorius Marcellus diesen Ritus an einem weiteren Tier vollzog, während Durus noch den dritten Stier auf diese Weise zum Opfertier des obersten Himmelsgottes machte.

  • Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    ...


    Der Aurelier erinnerte sich an ihn, was Piso sehr erfreute. Es war immer gut, einen bleibenden Eindruck zu machen (wobei es doch irgendwie vernachlässigbar, ob er gut oder schlecht war, wollte Piso doch fast glauben). Und Ursus schien durchaus ob jener Bekanntschaft ihm nciht an die Gurgel gehen zu wollen, also war alles soweit in Ordnung. „Oh, mir geht es sehr gut! Alles läuft bei mir bestens! Und bei dir, wie steht es...“ Er unterbrach sich widerwillig, als seine Worte durch den Schreihals, dem Liktor da vorne, und dem klimpernden und trötenden Lauten der Opferhelfer abgewürgt wurden. Er brach ab und blickte nach vorne. Er versuchte, der Musik zu folgend, ihr vielleicht ungebührlich viel Beachtung schenkend, doch Piso hatte erstens ein Faible für Musik und zweitens wollte er sich nciht nachsagen lassen, er hätte kein Auge fürs Detail.
    Die Consuln begannen, die Stiere einzuweihen. Jetzt würde das Blutspritzen beginnen. Na ja. Er fuhr sich gedankenlos durch seine lockigen Haare und konzentrierte sich auf das gar wundersame Spektakül vor ihm.

  • Zitat

    Original von Tiberia Septima


    Um dies hier zu überstehen, stellte ich mir vor, an einem ganz anderen Ort zu sein, zu einer anderen Zeit. Wie herrlich war doch dieser Tagtraum! Es war wieder Sommer und ich befand mich in einem wunderschönen Garten. Natürlich war ich nicht allein. Hand in Hand lustwandelte ich mit… nicht mit Marcus an den duftenden Blumenbeeten vorbei.
    Peinlich berührt, sah ich unauffällig zu meinem Mann. Er hatte doch davon nichts bemerkt? Nein, wie konnte er denn. Grenzte dies bereits an Ehebruch, wenn ich in Gedanken mit einem anderen Mann… zusammen war? Marcus war mit ganz anderen Dingen beschäftigt, die nichts mit mir zu tun hatten.
    Plötzlich traf mich ganz unvorhergesehen ein Schubs. Erschrocken sah ich zur Seite, woher diese Irritation ihren Anfang genommen hatte. Ich sah nur einen unsere Sklaven, einen anderen, fremden Sklaven und eine junge Dame, die offenbar gestolpert war, aber im letzten Moment von ihrem sklavischen Begleiter noch aufgefangen worden war.
    Sie hatte mich ganz aus der Fassung gebracht, so daß ich nicht einmal erbost die Stimme erheben konnte. Erst mein Tagtraum dann die jung Frau, die ich nicht einmal kannte.
    "Äh, keine Ursache! Es ist ja nichts Schlimmeres passiert. Du bist doch in Ordnung, nicht wahr?" erkundigte ich mich besorgt bei der jungen Frau. Dies war eine willkommene Abwechslung. "Ach, wo bleiben denn meine Manieren? Ich bin Flavia Celerina. Und mit wem habe ich das Vergnügen?"

  • Man hatte die Tiere bereits an die Ringe im Boden gekettet und begann nun, ihnen die farbigen Stoffbahnen von den vergoldeten Hörnern zu entfernen. Unterdessen ergriff Durus von einem Pontifex - es war wohl Cornelius - das Culter. Eigentlich besaß er selbst ein solches Opfermesser, doch die Tradition verlangte, dass man es zu diesem Anlass von einem Pontifex erhielt. Während Vitorius nur einen einzigen Stier rituell zu entkleiden hatte, musste Durus zwei der Tiere abschreiten und die Klinge über die Wirbelsäule ziehen. Dies war jedoch kein besonders schwieriges Unterfangen, denn der fehlenden Reaktion der Tiere zufolge waren diese ordentlich betäubt, wie es dem Tiberier auffiel - hoffentlich schlief keines ein, bevor der Opferstecher seine Arbeit getan hatte!


    Nun mussten beide Consuln das Opfergebet sprechen, das zugleich ein Votum für die Amtszeit sein würde. Hier genoss Durus als der ranghöhere Consul die Ehre, zuerst zu sprechen. Daher streckte er seine Handflächen gen Himmel und begann die Worte, die ihm ein Helfer vorlas, nachzusprechen


    "O Iove Optime Maxime,


    der Du die Res Publica schützt und bewahrst, dem Senat und dem Volk von Rom Herrschaft ohne Grenzen gewährst und den Quiriten immerwährendes Heil gewährst!


    Bewahre die Stadt vor allem Unheil! Stehe mir bei bei der Lenkung des Staates, in jedweder Gefahr, Seuche, Dürre oder Schlacht schenke uns göttlichen Beistand. Nimm dieses Opfer an und siehe das Opfer des Gnaeus Afranius Dexter als gelöst.


    Auch ich will Dir geloben drei makellose Stiere, dargebracht durch den Consul des nächsten Jahres, so Du mein Bitten erhörst und dem Volk der Quiriten Heil schenkst."


    Als er geendet hatte, bemerkte Durus, dass sein Herz etwas schneller schlug - heute hatte er sich keinen Versprecher leisten können! Doch alles war gut gegangen - wenn Marcellus seine Aufgabe ebenso gut vollendete. Immerhin hatte der Vitorier weitaus weniger Opfer-Erfahrung als der Pontifex pro Magistro! Daher war es nicht verwunderlich, dass Durus' Herz weiterschlug, während sein Collega das selbe Gebet intonierte:


    "O Iove Optime Maxime,


    der Du die Res Publica schützt und bewahrst, dem Senat und dem Volk von Rom Herrschaft ohne Grenzen gewährst und den Quiriten immerwährendes Heil gewährst!


    Bewahre die Stadt vor allem Unheil! Stehe mir bei bei der Lenkung des Staates, in jedweder Gefahr, Seuche, Dürre oder Schlacht schenke uns göttlichen Beistand. Nimm dieses Opfer an und siehe das Opfer des Gnaeus Afranius Dexter als gelöst.


    Auch ich will Dir geloben drei makellose Stiere, dargebracht durch den Consul des nächsten Jahres, so Du mein Bitten erhörst und dem Volk der Quiriten Heil schenkst."

  • Während sich die angerempelte Dame zu ihr umdrehte, schien der Mann neben ihr kaum Notiz von Septima zu nehmen. Dies störte die junge Tiberia fast mehr als der Schnitzer mit dem stolpern. In der kurzen Zeit, die sie nun hier in Rom weilte, war sie recht eitel geworden und der Ansicht, sie könne jedem Mann den Kopf verdrehen, wenn sie nur wollte. Dachte sie zumindest.


    Baldemar, und der andere herbei geeilte Sklave, ließen Septima wieder los und diese schaute leicht verlegen zu der Dame, welche sich gerade vorstellte. 'Na sieh mal einer an.' dachte Septima bei sich. 'So lerne ich noch mehr aus dem Hause Flavia kennen. Welch glückliche Fügung.' Sie strich sich mit den Händen kurz über die dunkle Palla und schaute dann lächelnd Celerina an. „Welch glücklicher Zufall. Mein Name ist Tiberia Septima. Es freut mich sehr, ein weiteres Familienmitglied aus dem Gens der Flavia kennen zu lernen.“ erwiderte sie galant. „Und nein, mir ist nichts geschehen. Danke der Nachfrage.“


    Gerade wollte Septima dazu ansetzen, sich nach Flavius Furianus und dem Verwandtschaftsverhältnis zu Celerina zu erkundigen, da gingen die Türen des Tempels auf und ihr Onkel trat mit Marcellus zusammen aus dem Bauwerk. „Ich fürchte wir müssen unsere Unterhaltung auf etwas später verschieben.“ flüsterte sie schon fast der Flavierin zu und wand ihre Aufmerksamkeit der Opferzeremonie zu. 'Jetzt folgt der gar nicht so schöne Teil.' schoß es ihr durch den Kopf und Septimas Blick lag mitleidig auf den armen Stieren.

  • Endlich konnte das Opfer vollzogen werden. Durus hatte sich inzwischen wieder ein wenig beruhigt, denn er hatte gesunde Tiere vor sich, deren Vitalia erfahrungsgemäß keine Mängel aufwiesen. Sicherheitshalber hatte Vitorius Marcellus jedoch auch den Haruspex bestochen, wie er vor kurzem erwähnt hatte. Also sollte wohl nichts schiefgehen! Die Opferhelfer standen bereit: Die drei Opferhelfer hatten die Opferäxte erhoben, die Stecher hielten ihre Waffen bereit. Stellvertretend für alle fragte der Stecher des mittleren Stieres


    "Agimusne?"


    "Agete!"


    erwiderte Durus wie gewohnt und verzögert um nicht mehr als einen halben Herzschlag stimmte auch Vitorius Marcellus eifrig mit eine


    "Age"


    zu. Sofort sausten die Äxte nieder und das Durus ebenso bekannte wie verhasste Krachen der Knochen ertönte. So war es den Stieren gar nicht mehr möglich, aufzuschreien, als man ihre Schlagadern durchstieß und das Blut nicht nur in die bereitgehaltenen Schüsseln, sondern auch auf den Steinboden spritzte. Auch das war zumindest ein gutes Zeichen! Dennoch fürchtete Durus jedes Mal, dass seine Toga Praetexta beschmutzt wurde - zum Glück umsonst! Nun jedoch war der Haruspex an der Reihe, denn unter dem strengen Blick des Pontifex pro Magistro und Consul begann man, das Tier zu öffnen und die Vitalia zu entnehmen. Eigentlich sollte nun auch alles übrige gut gehen - doch dennoch blieb ein kleiner Funke Unsicherheit bei dem Tiberier zurück, während Marcellus zufrieden lächelte.

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