Ach, die Gratulation. Sie fand bei Piso einen dankbaren Abnehmer. Er grinste stolz und offenbarte damit ein Gebiss, in dem sich noch alle Zähne befanden. „Ich danke dir vielmals!“, meinte er froh. Nein, von seiner vorherigen, darniederziehenden Trauer war dem Flavier, der sich doch ständig in einem Wechselbad der Gefühle zu befinden schien, nichts mehr anzumerken. Piso hatte seine Traurigkeit fürs erste komplett beiseite geschoben, um sich ihr zu passender Zeit wieder vollkommen und genügend widmen zu können. Jetzt gab es anderes zu tun.
Zum Beispiel, auf Prisca zu warten, bevor jene herauskommen würde. Oder, mit dem Parther zu feilschen. Jener war gerade daran, aufzuzählen, wieviele Kinder er hatte. Piso schmunzelte leicht, als er das hörte. 10 Kinder! Die Manneskraft des Guten war zu bewundern. Nachdem der Parther ihm seine leidensgeschichte ausgebreitet hatte, kam auch sofort der Preis auf Piso heruntergedonnert wie ein Vorschlaghammer direkt auf den Kopf. Seine Augen weiteten sich unweigerlich. 50 Aurei. Dafür könnte man ein Grundstück kaufen. Er rechnete kurz in seinem Kopf durch, wieviel ein ordentlicher Händer verlangen könnte, selbst wenn der Tee gratis war. 7 Ringe. Wieviel kostete denn dies? 1 Aureus pro Stück? Vielleicht 2. Also 14 Aurei. Dazu die Kleider. Beim preis mussten wohl beide Kleider inkludiert sein, anders konnte dies nicht sein. 2, 3 oder 4 Aurei pro Stück. Also höchstens 8. 22 Aurei konnte man für den ganzen Spaß also verlangen, wenn es ganz hoch kam. 11, wenn man einen guten Preis bekam.
50 war mehr als nur Ausräuberei. Piso schüttelte nur den Kopf. Soviel Geld, sinnlos hinausgeworfen! Manche Patrizier machten dies als eine Kleinigkeit sehen, doch für jemanden, der bislang nur ein nicht allzu hoher Kanzleibeamter gewesen war, war dies eine substantielle Summe, nur mit Mühen, wenn überhaupt, anschaffbar. 22 würden seine Ersparnisse schon empfindlich plündern...
Er entschloss sich also dazu, zu lächeln. „10 Kinder! Das ist ja schön! Wie heißen sie denn?“, fragte er freundlich, auch wenn ihm dies nicht im Geringsten interessierte. Es galt nur, dem Parther gegenüber ein bisschen Wohlgesonnenheit zu zeigen, dann gingen sie gerne mit der Summe herunter. Er befand sich, als Feilscher, nun in einer prekären Situation. Er konnte weder weggehen, noch sich wirklich eine Pleite leisten beim Feilschen. Und zwangsläufig musste er interessiert scheinen, um als Kavalier (und das war er doch, oder?) durchzugehen.
Bevor er aber anfangen konnte, die Sache anzugehen, trat Prisca aus ihrer Umkleidekabine hervor. „50 Aurei.“, antwortete er pflichtschuldigst auf ihre Frage. Erst dann kam er dazu, auf ihr Kleid gebührend zu schauen. Es war... interessant. Faszinierend. Ja, fast fesselnd wie ein gutes Buch.
Er begutachtete sie sorgfältig, als sie begann, sich im Kries zu drehen, und damit Piso eine entsprechende Anweisung ersparte. Ja, es war genauso wundervoll, wie er es sich vorgestellt hatte. Eine Sekunde lang dachte er daran, dass es zum aus der Haut fahren war, dass er als Mann nicht mit Anstand in solchen Gewändern herumrennen konnte. Es war zermürbend. Doch er dachte lieber nicht allzu lange daran. Man bekam den Koller davon.
Und, fragte sie ihn. Er schüttelte noch immer den Kopf, als ob es es nicht fassen konnte. „Fantastisch.“, meinte er nur. „Unglaublich. Wie für dich gemacht. Wundervoll! Darf ich anfassen?“, fragte Piso, der ihren Blick klarerweise entgegnete und zurücklächelte. „Zu gewagt, sagst du? Gewagt? Nicht doch.“ Er lächelte. „Es zeigt nicht zuviel, und nicht zuwenig. Es ist stil- und ausdrucksvoll. Perfekt.“, ließ sich der Flavier in Lobeshymnen aus.
„Zu welchem Anlass? Nun...“ Er überlegte kurz. Wozu trug man Kleider? Für einen Mann war es einfach. Eine Tunika, und wenn es ganz formell war, schmiss man sich eine Toga drüber. Wozu aber konnte man solch ein Kleid tragen? „Zu gesellschaftlichen Anlässen.“, schloss er. „Du wärst der Neid ein jeder Frau zwischen dem atlantischen und dem kaspischem Meer.“, machte er ernsthaft. Und zudem der absolute Hingucker für jeden Mann, der halbwegs bei Sinnen wäre. Doch dies sprach er nicht laut aus.
Er wandte sich an den Parther wieder, den Prisca mit einem Blick (böse dreinschauen kann man als Patrizier wohl gut, das lag wohl in den Genen) zurechtgewiesen hatte, und lächelte freundlich.
„Ich denke, wir könnten ins Geschäft kommen, würdest du einen besseren Preis bieten.“ Einen viel besseren Preis. Piso wartete erst darauf, dass der Parther mit einem halbwegs anständigerem Offert beeindrucken konnte, bevor er seinen Preis in die Diskussion schmiss.
Anleitung zum Unglücklichsein
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Oh, der Römer interessierte sich tatsächlich für die Namen der Kinder eines einfachen Händlers! Wo gibt’s denn sowas. Oder war das nur eine Finte um ihn zu verwirren? Da kam sogar Mitrhidtates kurz ins stocken, ehe er alle Namen wie
aus der Pistole geschossenaus dem Katapult geschleudert auf sagte: "Meine Kinder, ja …ehm, sie heiße Harun, Kira, Dilana, Helia, Samira, Maya, Nermin, Amon, Haschem und Mehmet. .. Mehmet sein ubrigens jungstes Kind. … Mach ich´e jede Jahr mindestens eines neu, du musst wissen. … Aber nicht mit eine Frau allein, sondern hab ich gleich mehrere davon", schnalzte der Parther voller Stolz erneut mit der Zunge. Sein breites Grinsen verschwand allerdings schnell wieder, da ihn die Patrizierin mit bösen Blicken strafte. Seine Potenz und die Familienverhältnisse interessierten die Römerin nun wirklich nicht. Mithridates verstand und räusperte sich dementsprechend gründlich, ehe er sich wieder voll dem Adeligen widmete, der für seine Ware durchaus echtes Interesse zeigte. Da war der Händler auch sogleich wieder voller Zuversicht und Zufriedenheit ...Ebenso zufrieden wie der Händler war auch Prisca, allerdings zeigte sie dies nach außen hin deutlicher wie der Parther. Nicht nur das Kleid scheint ihm aufrichtig zu gefallen! Was will ich mehr Ja sie strahlte regelrecht vor Freude über Pisos Urteil und seine Lobeshymnen. "Danke Piso, das ist wirklich sehr lieb von dir. Natürlich darfst du es anfassen", entgegnete sie ihm mit einem dankbaren Blick und einem ergebenen Seufzer. Es kam schließlich nicht soo oft vor, dass ein Mann ihr offen solch schöne Komplimente machte und sie ungestraft berühren durfte (wenn auch nur durch den Stoff des Kleides). Nun gut, Komplimente erhielt Prisca durchaus recht häufig , darüber brauchte sie eigentlich nicht zu klagen. Doch meistens kamen diese Komplimente eben "nur" von ihren männlichen Familienangehörigen, oder aber (was allerdings die absolute Ausnahme war) von Männern, die in ihr eine Göttin sahen und nicht ihr wahres Ich dahinter kannten.
Hmm, was Piso wohl in mir sehen mag? Schwer zu sagen. … Ich mag ihn jedenfalls … irgendwie. …, machte sich Prisca insgeheim weiter Gedanken über ihren Begleiter, obwohl es eigentlich außer Frage stand, dass Piso seine Trauer noch lange nicht überwunden hatte und abgesehen davon er ganz anders über sie denken mochte. Trotzdem. Warum sollten sie nicht einfach nur gute Freunde werden, zumal sie durch die Verbindungen ihrer Familien ohnehin des Öfteren bei gesellschaftlichen Anlässen aufeinander treffen würden.Apropos... Hatte Piso nicht soeben selbst gesagt, dass dies genau der richtige Anlass für ein schwarz-gelbes Kleid wie dieses wäre. Wirklich? "Nun vielleicht ergibt sich ja einmal die Gelegenheit, dass du mich zu einem gesellschaftlichen Anlass ausführst?! Dann würde ich dieses Kleid zu gerne nur für dich tragen", hörte sich Prisca im selben Moment sagen und sogleich biss sie sich still auf die Zunge. Herrje, vielleicht sollte ich es lieber ihm überlassen, ob und wann wir uns wiedersehen, schalt sie sogleich ihre offene Art. Nicht, dass er jetzt falsch von mir denkt… Noch dazu, da sie alle mit der augenblicklichen Situation so zufrieden wirkten….
Oder? Hatte die Sache nicht (noch) einen recht unschönen Haken? ..."Oh, 50 Aurei?!? ...", hatte Prisca bei dem Preis geschluckt, den Piso ihr nannte. Zugegeben -das war wirklich Wucher. Die Aurelia sagte aber bewusst nichts weiter dazu, da Piso sicherlich den Händler noch herunter handeln würde.
20 bis 30 Aurei wären schon angemessener gewesen, allerdings fing das Feilschen ja erst an. Andererseits war der Preis auch wieder nicht sooo hoch gewählt wenn man überlegte, welch utopische Preise heutzutage schon für Sklaven bezahlt wurden. So dachte zumindest Mithridates, wenn er mit ansah, dass diese Römer bei dem staatlichen Sklavenhändler um die Ecke bis zu 10 Aurei und mehr für einen einfachen Sklaven ausgaben!! Die spinnen die Römer! Sklaven waren schließlich Massenware, billig und jederzeit ersetzbar. Diese Ringe und die Kleider hingegen … : "Herr bedenke! Dies sein alles wertvolle Einzelstucke! Jedes davon isse mit liebevoller Hand gefertigt und einzig und allein dafur bestimmt gewesen, edle Hände von Herrschern und feinste Haut von schönste Frauen des fernen Ostens zu zieren", erklärte der Parther voller Ernst und Überzeugung. Jener Römer konnte sich seiner Meinung nach glücklich schätzen, überhaupt an solche Raritäten zu kommen, die es aus dem fernen Parthien bis hierher geschafft hatten.
"Na gut …", rang sich Mithridates nach einem weiteren Blickwechsel mit dem Flavier zu einer Nachbesserung seines Angebotes durch: "Sage wir 40 Aurei für alles susammen … Was sage du dasu?! Wenn du schnell entscheide, ich´e geb dir … geb dir", Die Augen des Händlers durchforsteten in Windeseile die Ramschabteilung seines Ladens bis er fündig wurde (ohne zu wissen, ob er damit den Geschmack des Kunden traf oder auch nicht) … egal .... "geb ich´e dir diese wertvolle Spiel gratis dasu" Der Händler deutete auf ein hölzernes Spielbrett, welches durch seine filigranen Intarsien auf den ersten Blick recht edel wirkte. Allerdings bestanden die Spielsteine nicht aus Edelsteinen, sondern nur aus einfachen Glasperlen. Aber ob das der Römer erkennen würde?
Prisca verfolgte das Verhandlungsgespräch indes stumm aber mit regem Interesse. Nur zu gerne hätte sie diesem aufdringlichen Händler ihre Meinung gesagt. Doch sie schwieg und überließ stattdessen Piso das Reden, indem sie ihm lediglich bewundernde Blicke zu warf.
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Eine Finte war Pisos Frage nicht mehr gewesen, vielmehr ein Teil einer Strategie, um auf den Händler ein bisschen sympathischer zu wirken. Sodass der Parther mit seinen Preisen runtergehen würde. Piso schützte echtes Interesse vor, und legte, freundlich lächelnd, noch gleich eins drauf. „Welch schöne Namen! Solche Namen können auch nur die Parther ihren Kindern geben... mehrere Frauen hast du auch noch? Sag mir, was sind denn ihre Namen? Und woher stammst du eigentlich? Aus der sagenumwobenen Hauptstadt Ktesiphon? Aus dem glänzenden Ecbatana, der heiligen Stadt Hatra, dem legendären Susa oder der Stadt der vielen Tore, Hekatompylos?“, fragte er scheinends interessiert. Gut, dass er aufgepasst hatte, als sein Hauslehrer ihm über Parthien gelehrt hatte.
Wichtiger jedoch noch als das Gelabere des guten Parthers war aber seine Begleiterin. Als er Prisca anblickte, kam ihm ins Gedächtnis, dass er schon eine halbe Stunde lang nicht mehr an Serrana gedacht hatte. Und ihm fiel auf, dass er jetzt, wo er wieder an sie dachte, sich davor behüten konnte, wieder in das selbe tiefe elende Loch zu fallen wie vormals, wo seine Tendenz, leicht zum Waschlappen zu werden, ziemlich manifest wurde.
„Ich... kann es anfassen? Sehr schön.“, sagte Piso, während er den Seufzer hörte. Was war dies für ein Seufzer? War das wegen ihm? Denkbar, dachte sich Piso schmunzelnd und griff vorsichtig zum Kleid hin. Lieb hatte sie gesagt, er wäre lieb. Das war ja was. Konnte das ein gutes Zeichen sein?
Es knisterte wie ein prasselndes Feuer, als er das Kleid angriff. Fast wäre er mit seiner Hand zurückgefahren, jedoch strich er sodann sorgsam über das Geschmeide. Die schwaren Stellen waren faszinierend, stellte er fest. Sie waren nicht so blickdicht, als dass man darunter gar nichts wähnen konnte, und doch nicht so durchsichtig, dass Prisca genauso gut nackt einherschreiten hätte können. Es musste eine Art Seide sein.
Die gelben Stellen, welche undurchsichtig waren, verdeckten nicht zu wenig und nicht zu viel. Piso hätte ewig draufschauen können. Selbst an einer hässlichen Frau wäre dieses Kleid reizvoll gewesen – und an Prisca erst, bona dea! Da würden selbst Eunuchen einen roten Kopf bekommen. Hatte Piso einen? Er wusste es nicht, aber ein wenig warm war es schon in seinem Gesicht geworden, als er das Kleid genau untersuchte. Ein letztes Mal strich er, fast liebevoll, über den edlen Stoff, bevor er mit seiner Hand wieder abließ. Unwillig, an diesem Stoff hätte er sich noch stundenlang ergötzen können.
Seine Trägerin wandte sich unverwandt an ihn, und der Flavier blickte auf. Ein gesellschaftlicher Anlass? Es war doch ein gesellschaftlicher Empfang in der Villa Flavia geplant! Zumindest hatte er dies mit Vera und Gracchus ausgemacht. Noch stand nichts fest, aber definitive Namen, die man in die Gästeliste füllen könnte, waren mehr als nur gefragt. Ihr letzter Satz aber war wie das Sahnehäubchen am Kuchen. Nur für ihn! Pisos Kinnlade, akut vom Herunterfallen bedroht, öffnete sich ein wenig, bevor seine Lippen ein freudiges Lächeln formten. „Nur für mich? Du weißt gar nicht, was das für eine Freude für mich ist.“, rief Piso aus. „Wir haben ein Fest geplant in der Villa Flavia. Ich weiß noch nicht, wann es stattfindet, aber ich werde sicher stellen, dass du dabei bist, Prisca.“, versprach er. Das Gefühl, dass Prisca mit ihrem Angebot den Bogen überspannt hatte, fand er nicht, im Gegenteil! Piso wusste nun, dass Prisca ihn soweit schätzte, dass sie bereit wäre, ihn noch einmal zu sehen. Und Piso wollte ebenfalls, dass dies nicht das letzte Mal war, dass er Prisca sah. Sie hatte so etwas... erfrischendes, was Piso auf komplett andere Gedanken brachte als immer nur sein Liebesgewürgse, das jetzt sowieso unwiderruflich vorbei war. Selbst wenn Serrana wieder zurück kam nach Rom, wie sollten sie wieder anknüpfen an die alten Tage?
Auch seine Begleiterin schien nicht allzu angetan vom Preis des Parthers, und es wäre natürlich eine Niederlage für Piso, als Römer, als Mann, und als Geldbeutelbesitzer, würde er solch eine gigantische Summe weggeben. Es wäre eine Niederlage vor Prisca, dachte er ebenfalls. Und so etwas war undenkbar.
Er setzte sich wieder zum Parther hin und nickte, als jener auf ihn einredete. Kunstwerke waren es wohl, was Piso zu erstehen versuchte. „Es sind durchaus feine Stücke, aber...“ Er kam nicht dazu, weiter zu reden, denn der Parther zauberte irgendetwas hervor. Irgendein Brettspiel, das Piso nicht im Geringsten interessierte. Der Flavier warf trotzdem einen Blick darauf. „So?“, wiederholte er zweifelnd und langte zum Spielbrett hinüber. Es enthielt mehrere Glasperlen (dass es solche waren, erkannte ein großer – wenn auch selbst ernannter - Kunstkenner wie Piso auf einen Blick) und irgendwelche Einritzungen. Er hatte aber keine Ahnung, wie das Spiel funktionierte, er hatte es noch niemals gesehen. Als er leicht daran herum rüttelte,
klackten die Glaskugeln leise zusammen.
Er ließ das Brettspiel sinken und blickte den Parther freundlich an. „Interessant... ich denke durchaus, dass dieses Spiel sehr wertvoll ist.“ Nur brauchte es kein Schwein. Und Piso würde das Glump sicher nicht mit sich herum schleppen. „Aber, so Leid es mir tut, ich sehe nicht, wann ich es jemals verwenden würde. Weißt du was? Ich gebe dir für alles 10 Aurei, und dafür verzichte ich auf das Spiel.“, schlug er vor, als ob das Spiel Teil des ursprünglichen Geschäfts gewesen wäre. „10 Aurei wären, so denke ich, mehr als nur angemessen.“
Die Blicke von Prisca bemerkte Piso durchaus, und seitlich schielte er ebenfalls zu ihr, mit einem verschmitzten Grinsen und einem Blick, der ausdrückte, dass er alles unter Kontrolle hatte (oder zu haben glaubte).Sim-Off: EDIT: Falls dir die persischen Namen ausgehen... hier sind noch welche.
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Dass der Römer gleich so viel Interesse an ihm und seiner Familie zeigte, hätte Mithridates nicht gedacht. Sympathischer Kerl, dachte er stattdessen - nichtsahnend welche Strategie Piso damit verfolgte - und ließ sich nicht zweimal bitten weiter zu erzählen: "Ah hab ich´e funf Frauen, welche heißen Maryam, Yasmina, Ziba, Shirin, Parvaneh … alle blutjung und bildhubsch, schenke mir hoffentlich noch viele Kinder ...", antwortete der Händler voller Stolz, ehe ihn ein weiterer böser Blick der Römerin verstummen ließ und ihn daran ermahnte nicht weiter ins Detail zu gehen. Lieber etwas von der Herkunft erzählen, wenngleich auch hier nicht alles gesagt werden durfte:"Ehm jaaa … und stamme tu ich´e aus Nähe von Charax-Spasinu. War mein Vater mächtiges Fuhrer dort!" Pah! - Der Anführer einer umherziehenden Räuberbande war er und geächtet im eigenen Land. Das behielt Mithridates allerdings tunlichst für sich, auch wenn es gerade die Römer gewesen waren, die seiner Sippe sozusagen zum Reichtum verholfen hatten. Verrat am eigenen Volk war zwar nichts worauf man stolz sein konnte, aber das Liefern von Informationen und ein bisschen Spionage hinter den eigenen Reihen sind eben durchaus ein lukratives Geschäft. Nicht umsonst saß Mithridates hier auf einem wahren Schatz, den er ohne die römischen Invasoren niemals hätte zusammen tragen können.
Mit solchen Details wollte Mithridates die Kundschaft allerdings nicht belasten und da kam es ihm gerade recht, dass der Flavier erst einmal das Kleid und seine Trägerin näher in Augenschein nehmen wollte.
Zum Glück erspart uns der Händler weitere Einzelheiten atmete Prisca indes erleichtert durch, wobei sie die Luft gleich darauf ziemlich hastig wieder ein sog. Was knistert denn da so? War das wirklich nur der Stoff? Es war Pisos Hand, die soeben das Kleid berührte, leicht darüber strich und prüfend an den Falten entlang glitt. Es war aufregend und schön zugleich den Bewegungen der Hand und die seiner Augen zu folgen, mit denen Piso den dünnen seidenen Stoff (und hoffentlich nicht nur diesen) in Augenschein nahm. Sollte der Flavier durch sein Handeln tatsächlich einen roten Kopf bekommen haben, so fiel das der Aurelia gar nicht auf und das obwohl sie ihn durchaus eingehend musterte (wenn auch nur mit verstohlenen Blicken) und verbunden mit dem beschämenden Gefühl, dass ihre glühenden Wangen wiederum sie verraten könnten. Zu schade, dass dies hier nur der Prüfung der Ware gilt … Dem Kleid wohlgemerkt, noch dazu in aller Öffentlichkeit!
Besonders freute sich Prisca über die Einladung die Piso als nächstes aussprach. "Danke Piso. Es ist mir eine große Freude und Ehre zu eurem Fest eingeladen zu sein. … ", strahlte die Aurelia ihren Begleiter an und da der Termin noch nicht fest stand, wollte sie zumindest wissen: "Gibt es denn einen bestimmten Anlass für dieses Fest? … Das letzte Mal war ich zu den Saturnalien Gast bei euch , fragte Prisca nach und ging im Kopf schnell die vielfältigen Möglichkeiten durch Seine Ernennung vielleicht? Oder ein Geburtstag, eine Verlobung, ein einfaches Familientreffen?. Sie wollte in jedem Fall dem Anlass entsprechend vorbereitet sein, auch wenn die Wahl des Kleides bereits heute fest stand. "Wie geht es deiner Familie überhaupt. Ich hoffe gut? ... , fiel ihr bei der Gelegenheit ein, sich nach dem Wohl von Pisos Angehörigen zu erkundigen, so wie es sich eigentlich gleich zu Beginn gehört hätte.
Das Wohl des Händler interessierte die Aurelia im Gegensatz dazu kein bisschen, auch wenn es nicht gut um Mithridates bestellt schien. "Z ..z..Zehn … Zehn?? .. Zehn Aurei?!!", ächzte dieser neben ihnen in den Kissen und wirkte seltsam blass. Von wegen sympathisch, … unverschämt! Das war der Römer: "Zehn Aurei?!? … Wollen du ruinieren mich und mein Familie? Was hab ich´e dir getan? .. Das isse völlig in-ak-zep-table Preis fur mich", fand Mithridates endlich wieder seine Stimme, die Arme dazu theatralisch gen Himmel streckend: "Was verlange du von mir? Solle ich´e etwa verschenke all meine Sache . Ai ai ai " Einige Sekunden rang der Händler scheinbar nach Luft und Worten, ehe er ein weiteres Gebot abgeben konnte: "Fur 10 Aurei du kriegst Spiel allein sag ich dir! … ", machte der Händler eine wegwerfende Gest in Richtung des Billigspiels. "Aber fur Ringe und Kleider ich will 30 Aurei!!", beharrte der Händler auf einem neuen Angebot, welches schon deutlich niedriger lag. Lange konnte es also nicht mehr dauern, bis ein akzeptabler Preis geboten wurde
Prisca nahm diesen Preis mit einem leichten Nasenrümpfen zur Kenntnis, hielt sich aber weiter aus den Verhandlungen heraus. Dieses Feilschen mit den Händlern kostete sie jedes Mal Überwindung und so war sie sehr froh, dass heute Piso die Verhandlungen führte. Noch dazu da es wirklich sehr schöne Kleider waren, die er ihr schenken wollte. Ich werde ihm ebenfalls etwas schenken! Ich weiß nur nicht nicht was … , beschloss sie kurzerhand und hoffte, dass sie noch ein wenig mehr über ihn in Erfahrung bringen könnte. Allerdings war das hier nicht der richtige Ort um sich in Ruhe zu unterhalten und so hoffte die Aurelia, dass sie im Anschluss an das Geschäft noch die Gelegenheit haben würden ein wenig miteinander zu plaudern …
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Unglaublich, aber Piso schien tatsächlich einen Staat machen zu können mit seiner Schmeichelei. Du bist halt ein großartiger Schauspieler, Aulus, lobhudelte er sich selber in Gedanken und lächelte den Parther gütig an. „Na, das ist ja was!“ Polygamie, auf so etwas können auch nur diese Parther kommen. Er nickte nur verständnisvoll. „Charax-Spasinu, wie schön!“ Er hatte keinen Plan, wo das denn liegen könnte, aber, zum Tartarus damit. „Ein mächtiger Führer, das glaube ich gern!“, lobte Piso und ließ seine Augen über des Parthers Krempel schweifen. Ein mächtiger Führer, klar, und Mithridates schlummerte wohl nur deshalb nicht in seines Vaters orientalischen Palast, weil er so menschenfreundlich war, die Wunder des Orients in Rom zu vermarkten. Das konnte er seiner Großmutter erzählen.
Da war es doch um einiges schöner, sich Prisca zuzuwenden und ihr Kleid anzufassen, als dem Parther halbwegs glaubwürdig zuzugrinsen. Genauso wenig wie Prisca seine Röte bemerkte, sah Piso etwas von Priscas immer gesünder werdenden Gesichtsfarbe. Er war nur auf ihr Kleid fixiert (und, er gab es ja innerlich zu, das, was es umschlungen hielt). Der Flavier blickte ihr aber doch in die Augen, als sie ihn ansprach.
„Eine Ehre und Freude? Ach...“ Er winkte lässig ab. „Ich mache das doch gerne.“ Er machte eine kurze Pause, in der er offenbar sich bemühte, einen Satz zusammenzustöpseln. Was herauskam, war: „Denn ich fände es eine große Schande, würde ich dich nicht wieder sehen.“ Es war ein wenig leiser und ein kleines bisschen stockender vorgebracht als sein vorheriger Satz.
Gut, dass sie den Anlass ansprach! „Ja, meine Familie, insbesondere ich, würden gerne meine Schwester in die römische Gesellschaft einführen. Du kennst sie sicher nicht, sie heißt Vera, und sie ist eine ganz wundervolle Person. Ich glaube, du wirst sie mögen.“ Wer könnte das nicht, dachte er sich, voller Stolz über seine Vera. „Und, ach ja, ich gedenke ein Gedicht vorzutragen, welches ich momentan am Schreiben bin. Ich hoffe, es zu gegebener Zeit fertig zu stellen.“ Das wäre eine feine Sache. „Ah, die Saturnalien. Nun, dieses Jahr ist bei uns kein großes Fest geplant. Niemand ist sonderlich scharf darauf.“, legte er offen.
„Meiner Familie?“, fragte Piso nach, als ob er nicht recht verstanden hätte und Bestätigung suchte. „Nun, es geht ihnen allen recht gut.“, vereinfachte er die Situation. „Gracchus...“ geht es immer schlechter, je mehr ich ihn sehe. Sollte er ihr das sagen? „...ist ein bisschen krank, es muss mit dem Winter zusammen hängen. Furianus...“ geht es auch nicht viel besser. „...ist jetzt wieder aus Aegyptus zurückgekehrt. Es hat ihm sehr gut gefallen dort, und ich glaube es ihm! Warst du schon einmal dort?“, fragte er neugierig. „Gracchus Familie befindet sich wohl. Minor ist ein Prachtbursche, er entwickelt sich sehr schnell und gut. Von Aristides hört man zur Zeit nicht so viel, er lebt jetzt in Baiae bei seiner Mutter. Angeblich aber geht es ihm blendend. Lucullus macht sich ohnehin gut, wie immer. Ach ja, und mein Onkel Manius Sabinus lebt jetzt ebenfalls bei uns. Und er ist ein sehr rüstiger alter Herr, wie man es sich vorstellt.“, meinte er lächelnd. „Und bei meinem Vetter Felix auf Sardinien ist auch alles in Ordnung, wie man so hört. Er ist ein begeisterter Rosenzüchter geworden.“ Auch nicht das schlechteste Hobby. „Und wie geht es deiner Familie? Hat sich eigentlich Celerina gut eingelebt in ihre Ehe, man hört und sieht nichts von ihr!“ Ein bisschen sonderbar war dies schon.
Zurück aber zum Händler. Als Piso sah, wie der Gute sich aufregte, unterdrückte er sich ein Grinsen. Ha, den hatte er jetzt! Und den Preis hatte der Händler auch wieder gedrückt.
„Mein Freund!“, rief Piso aus. „30 Aurei! Weißt du, was man damit kaufen kann? Dieser Preis ist doch viel zu hoch, viel zu hoch! Ich müsste jetzt eigentlich gehen! Aber weißt du was? Ich biete dir 20 Aurei. Das liegt zwar weit über dem Wert dieser Sachen, aber ich mache dir dieses Angebot, weil du mir so sympathisch bist!“, gab Piso an. Wie Schnecken war ihm der gierige Händler sympathisch, aber man brauchte ja wohl ein wenig Diplomatie bei Verhandlungen. „20 Aurei, damit kannst du monatelang in Saus und Braus leben!“, versicherte Piso dem Händler. „Und sicherlich würde ich wieder kommen, wenn du mir diesen Pries bietest. Also, angenommen?“ Piso streckte dem Parther seine Hand hin. Wenn er Glück hatte, schlug der Mann jetzt wirklich ein. Das wäre nicht schlecht. Ja, Piso hatte sich wirklich schon enorm in diesen Handel hineingesteigert, und war mit vollem Eifer dabei. -
Dem Anlass entsprechend war die Feier bei den Flaviern - ohne Zweifel - ein wichtiges Ereignis und ganz sicher bestünde die Gästeliste aus ziemlich vielen einflussreichen Namen. Von daher empfand Prisca es durchaus als eine Ehre, von Piso zu dieser Festivität mit eingeladen worden zu sein. "Nein ich kenne deine Schwester leider noch nicht. Aber ich freue mich schon sehr darauf ihre Bekanntschaft zu machen ..." und besonders freue ich mich auch dich wieder zu sehen, drückte Prisca ihre ehrliche Freude über die Einladung und diesem - zugegeben etwas zusammen gestöpseltem - kleinen Nachsatz mit einem versonnenen Lächeln aus. Er will mich wiedersehen? ... Ich ihn auch Denn es wäre wirklich eine Schande! Nicht nur wegen dem schönen Kleid. Für wen sonst sollte ich es tragen und mich hübsch machen? Wenn nicht für ... ihn?, dachte Prisca ganz für sich, ohne den Blick dabei aus Pisos Augen zu verlieren.
Ach herrje … Es war wirklich eine wahre Schande, dass sie und Piso ausgerechnet zur falschen Zeit am falschen Ort waren: "Oh, du schreibst auch Gedichte?", horchte Prisca nämlich mit einem bewundernden Seufzer auf, als Piso ihr von seinem Vorhaben erzählte. "Wie schade, dass es noch nicht fertig ist. Ist es dein erstes selbstgeschriebenes Werk, oder hast du schon viele Gedichte geschrieben?" , fragte Prisca dennoch mit regelrecht glänzenden Augen nach, da sie Gedichte über alles liebte. Ist er zu allem Überfluss auch noch ein Poet? Nur zu gerne hätte sie sofort eine kleine Kostprobe aus Pisos Mund vernommen. Ob sich vielleicht später die Gelegenheit fände? Hoffentlich ...
Leicht irritiert begann die Aurelia jedenfalls zu blinzeln, als Piso viele Namen aus seiner Familie aufzählte, von denen sie wiederum (zu ihrer eigenen Schande) die Hälfte zum Teil nur flüchtig - bis gar nicht kannte. Das wollte sie aber nicht offen zugeben, zumal die beiden Familien durch die Verbindung zwischen ihrem Onkel und Celerina, längst näher zusammen gewachsen waren. "Das macht mich traurig zu hören, dass es Flavius Gracchus nicht gut geht. Ich hoffe es ist nichts Ernstes?! Bestelle ihm doch bitte meine besten Wünsche.", entgegnete Prisca mit leichter Bestürzung. Wenigstens geht es seinem Sohn und Antonia offensichtlich gut. An das Familienoberhaupt und seine Frau konnte sie sich nämlich noch gut erinnern, da er ihr damals zu den Saturnalien höchstpersönlich jene kleine Löwenfigur geschenkt hatte, die seitdem einen Ehrenplatz auf ihrem Schreibtisch gefunden hatte.
Der Name Furianus sagte der Aurelia hingegen nur flüchtig etwas in Bezug auf dessen Consulat in Hispania und auch die Frage nach Ägypten musste sie mit einem: "Nein, leider war ich noch nie in Ägypten. Aber ich habe schon viel davon gehört und gelesen und nur zu gerne würde ich es einmal bereisen." - verneinen. Die Namen von Aristides und seiner Frau waren Prisca hingegen wieder ein Begriff: "Oh, in Baiae lebt er und Epicharis also neuerdings?! … Und ich habe mich schon gewundert, warum ich die beiden so selten hier in Rom antreffe", entgegnete Prisca völlig überrascht davon, dass er und seine Frau längst aus Rom abgereist waren. Lucullus - Sabinus - Felix ...? All diese Flavier kannte Prisca wiederum gar nicht, oder nur flüchtig, weshalb sie die Worte von Piso lediglich mit einem interessierten Nicken bedachte. Zu den Saturnalien sagte Aurelia ebenfalls nichts, da dieser Feiertag für sie ohnehin ein überflüssiges und lästiges Übel war.
Sehr viel lieber erzählte Prisca da von ihrer eigenen Familie, wenngleich sie auch hier nicht immer alles genau wusste. Zum Beispiel: Warum weilt Celerina schon seit längerem in Ostia ...fern von Marcus?. Möglicherweise ein Ehekrach?! Aber gut, das wollte die Aurelia nicht unbedingt vor dem eigenen Bruder der Braut andeuten, denn sie wusste es nicht genau. "Celerina? Ja es geht ihr gut, so wie im übrigen meiner gesamten Familie danke. Sie hat sich auch schon gut bei uns zu Hause eingelebt" hoffe ich zumindest, antwortete Prisca daher etwas verhalten auf Pisos Frage hin. "Mein Onkel ist übrigens auch ein begeisterter Blumenliebhaber, wie dein Vetter Felix. Die beiden könnten sich sicher stundenlang über Blumen unterhalten", plauderte Prisca mit einem leisen Kichern weiter von ihren liebgewonnenen Verwandtschaft. "Einige meiner Cousins waren in letzter Zeit verreist oder im Dienst im Ausland. Aber sie sind zum Glück alle wohlbehalten nach Rom zurück gekehrt. Avianus, Orestes, Cotta … vielleicht kennst du ja den einen oder anderen bereits?" Es wäre sicher nicht unwahrscheinlich, dass die jungen Römer sich bereits kannten. Genügend Verbindungen und Gelegenheiten gab es in Rom ja zu Hauf.
Gerne hätte Prisca einfach so weiter mit Piso geplaudert und gelacht und alles um sie herum vergessen. Zu dumm nur, dass sich ausgerechnet in diesem Moment der nervige Händler wieder räuspernd zu Wort meldete ...
So so, der Kunde wollte also wiederkommen, sofern der Preis stimmt?! Ja ja. So sicher wie es in Charax-Spasinu schneien würde, zog Mithridates eine gequälte Grimasse. Denn wenn heute jemand eine Anleitung zum Unglücklichsein gebraucht hätte, so wäre (seiner Meinung nach) eindeutig er derjenige gewesen! … Nur 20 Aurei wollte ihm der Römer allen Ernstes bieten, der ihn noch dazu als Freund verspottete. Schöner Freund! Ein Räuber ist das- ruiniert mich, dachte der Parther für sich und hätte am liebsten erneut die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. "20 Aurei?! Was solle ich schon großartig davon kaufe, hah? … Isse Roma eine sehr teure Pflaster. Du wisse das sicher selber … Freund", meckerte der Händler beleidigt und machte eine wegwerfende Handbewegung. Als ob der Kunde jemals wieder kommen würde. Pah, solche Versprechungen hörte der Parther tagtäglich. Gerade als er sich zu einem allerletzten Gebot von 25 Aurei herab lassen wollte, wurde Mithridates (zu allem Überfluss) von einem seiner Sklaven gestört: "Herr?" - "Ja? ...Wasse, Wasse isse?", zischte er genervt, verstummte aber sogleich wieder, da ihm der Sklave anscheinend etwas sehr wichtiges ins Ohr flüsterte. "Drusulia? … Drusulia isse hier, oooh…", seufze Mihtirdates plötzlich ganz andächtig und mit verklärt blitzenden Augen. Jene Dame gehörte nämlich zu den wenigen solventen Kunden, die tatsächlich regelmäßig seinen Laden besuchten (und ganz im Vertrauen: nicht nur seinen Laden) und dabei jedes Mal ein kleines Vermögen hier ließen.
Das würde das Verlustgeschäft mit dem Flavier mehr als aufwiegen. "[SIZE=7]Ich´e, ehm ... Fuhre Drusulia schon mal … du wisse schon wohin. ..und richte ihr aus, dass ich´e fliege[/SIZE]", flüsterte er dem Sklaven hinter vorgehaltener Hand hastig zu. Fast im selben Atemzug ergriff der Händler die immer noch hingehaltene Hand des Römers und drückte diese fest, um das Geschäft schnell zu besiegeln : "Ehm na gut, meinetwegen. 20 Aurei! … Du solle habe geschenkt. Isse ja fur schöne Frau, nicht wahr?" Schon war der Parther aufgestanden und hatte Piso an der Hand halb mit auf die Beine gezogen. "Aber nun du musse mich entschuldigenwertes Freund. … Ich´e, äh … ich´e musse dringend weg. Zahle du ruhig an meine Sklave hier, die werde sich weiter um euch kummern? … Wunsche ich euch noch schönes langes Leben ", verabschiedete der Händler etwas überstürzt seine Kunden und - 'schwupps' - schon war er im Haus verschwunden.
Prisca verfolgte das Geschehen mit sichtlicher Verwunderung und einem verständnislosem Kopfschütteln. Unverschämtheit, uns so abzuservieren. Wenigstens verschont er uns mit weiterem Geschwätz und zudem hat Piso einen wirklich guten Preis heraus schlagen können, dachte sie sich zufrieden und mit einem anerkennenden Blick zu dem Flavier. An dem Preis war wirklich nichts auszusetzen, denn die Ware (woher auch immer sie stammen mochte) war wirklich von guter und edler Qualität. "Ein komischer Kauz nicht wahr? …", kommentieret Prisca schließlich knapp das sonderbare Geschäftsgebaren des Händlers. Sie erhob sich ebenfalls aus den weichen Kissen und schritt langsam auf das Zelt zu: "Wenn du mich kurz entschuldigen würdest?! … Ich ziehe mich nur schnell um." Prisca würde das Kleid selbstverständlich nicht anlassen, da es seine Premiere ja erst auf der besagten Feier hätte. Piso könnte in der Zwischenzeit schon mal zahlen, während die beiden Ägypterinnen die Kleider vorsichtig zusammenfalteten und anschließend an Saba aushändigten.
Eine gefühlte Ewigkeit später war Prisca wieder zurück bei Piso, dem sie sofort ein strahlendes und dankbares Lächeln zu warf. Schließlich hatte er nicht nur seinen kleinen Fauxpas von vorhin mehr als angemessen beglichen, sondern er hatte sie überdies mit seiner sympathischen Art wirklich berührt:"Ich weiß gar nicht wie ich dir danken soll, ... Piso. Die Kleider sind wunderschön und ich kann es kaum erwarten sie zu tragen" Etwas unsicher blickte Prisca ihrem Begleiter in die Augen. Wäre er ihr Onkel oder ihr Cousin Ursus gewesen, hätte sie ihm - ohne zu zögern - zum Dank einen Kuss auf die Wange gehaucht. So aber blieb es nur bei einem zögerlichen Verharren und einem sehr innigen Blick, mit dem sie den Flavier bedachte und hoffte, dass ihr gemeinsamer Einkaufsbummel nun nicht allzu abrupt enden würde.
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Piso lächelte, als Prisca ihrer Freude, Vera kennen zu lernen, Ausdruck verlieh. Er war immens stolz auf seine Schwester, und glaubte insgeheim, wenn er ihr sagen würde, wie sehr er seine Schwester liebte, würde er sich hoffnungslos lächerlich machen. Dabei fiel ihm ein – wann würde dieses Fest stattfinden? Womöglich erholte sich Vera gar nicht so rasend schnell von ihrer schweren Krankheit. Au weia! Womöglich würde es ewig dauern, bis er Prisca wieder sähe... oder aber er ließ sich etwas einfallen, um ein Wiedersehen eher zu machen. Doch wer sollte in die Zukunft sehen? Was sein wird, wird sein. Also beließ er es dabei – es war vielleicht sowieso viel interessanter, diesem Lächeln nachzusinnen. Was wollte sie damit ausdrücken? Sie hatte nichts erwidert auf seine Ansage, dass es ihn freuen würde, sie wieder zu sehen. Doch sie teilte ihm keine Ohrfeige aus, ließ keine Schimpftirade über ihn ergehen - wobei, wenn sie so eine wäre, hätte sie das schon früher gemacht – in Piso erwachte die Lust, auszuloten, wie weit er gehen könnte. Doch er war vielleicht ein Mann mit Zivilcourage, jedoch war das mit Frauen eine ganz andere Geschichte. In der einen Sekunde lächelten sie einen noch an und machten einem schöne Augen, dann nahmen sie plötzlich Reißaus. Doch... die Aurelierin hatte das bisher nicht gemacht.
Vielleicht gab es doch Frauen, die du mehr verdient hättest als deine kleine Decima, wurde eine Stimme im Flavier laut. Standhaft ignorierte er sie, doch auslöschen konnte er sie nicht. Vielleicht verschießt du dich in die falschen Frauen. Ein sicherer Weg, sich unglücklich zu machen, ein guter Pfad in die Unbefriedigtheit war das.
Überdies wurden seine Gedankengänge wieder auf Erfreulicheres gelenkt, als sie ihn auf sein Gedicht ansprach. Ein stolzes Lächeln zierte seinen Mund genauso wie nun seine Ringe seine Finger. „Gedichte? Um ehrlich zu sein, Gedicht – dies ist mein Erstlingswerk, wenn man diverse poetische Irrungen meiner Jugendzeit außer acht lässt.“ Ja, und es würde ein Werk werden, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte – im schlechten oder im guten Sinne, war noch nicht absehbar. „Mein Gedicht handelt vom Sturz des Königtums und der Errichtung der Republik. Von Lucretias Schändung und der Verbannung von Tarquinius Superbus.“, verriet er jetzt schon im Vorhinein. Ein zeitloses Thema.
Sein Gesicht verzog sich leicht bekümmert für eine Sekunde, bevor er abwinkte. „Ach. Er wird sich wieder erholen, es ist nur etwas Vorübergehendes.“ Dies würde er kurz später auch dem Magister Septemvirorum erzählen. Eine weiße Lüge zur Wahrung der Privatsphäre. Und nicht zuletzt glaubte Piso an die Chance, dass Gracchus sich wieder erholen würde, dass er wieder mit vollem Elan einsteigen würde in alles Mögliche, sodass er Flamen Dialis oder Rex Sacrorum werden würde... doch momentan sah es nicht danach aus. „Aber natürlich werde ich das machen. Selbstverständlich.“, versicherte er Prisca.
„Ägypten ist sehr schön, das solltest du dir einmal ansehen.“, meinte er, während seine Augen einen leicht verträumten Ablick annahmen. „Ich war dort schon einmal. Wundervolles Land. Pyramiden! Oasen! Der Nil!“ Nirgendswo fehlte es an Ästhetik, wie Piso bei Aegyptus anerkennen musste, egal ob man den Kameltreibern bei ihrer Arbeit zusah, Teppiche in Läden bestaunte, im Museion studierte, eine Nilfahrt unternahm oder in einer kleinen Seitengasse nach landesüblicher Art beraubt wurde. Stets Authentik pur!
„Oh ja, Epicharis lebt auch bei ihm.“, warf er ein. Er kannte sie kaum, und hatte sie nicht erwähnt. Nun ja, eine Claudia. Ob sie sich schon von der Entführung durch ihre Sklaven erholt hatte? „Das wird wohl auch der Grund sein.“, meinte er als Erwiderung auf ihre Vermutung. „Seit er weg ist, habe ich ihn nicht mehr gesehen. Er hinterließ mir aber einen sehr netten Brief, bevor er ging. Ein großer Mann.“, meinte er voller Wertschätzung.
Dass sie mit den anderen Namen nichts zum Anfangen wusste, war klar. Schließlich war Felix schon sehr lange weg aus Rom. Sabinus war gerade erst angekommen. Und Lucullus verbrachte seine meiste Zeit sowieso am Liebsten in seiner Villa in Oberitalien.
„Das ist sehr schön!“, freute sich Piso. Er hielt Celerina für eine leichte Zimtzicke, aber trotzdem, einem Mitglied seiner Familie würde er nichts Schlechtes wünschen. Davon, dass etwas nicht im Lot war, würde er nur merken, wenn er dereinst bei ihrem Onkel vorsprechen würde, um um seine Stimme zu bittstellen und dabi noch über die eine oder andere interessante Sache zu reden.
„Oh, das ist schön! Ich mag ebenfalls Blumen!“, rief Piso mit ehrlicher Begeisterung aus. Allerdings eher in ihrer floristischen Schnittvariante. Blumenzucht war nicht etwas, was ihn sehr interessierte. Aber so ein Blümelchen hie und da, da und dort... was könnte es Netteres geben? Je mehr er über diesen Corvinus hörte, um so sympathischer wurde er ihm.
„Dienst im Ausland? Meinst du in den Provinzen, oder in Parthien?“, fragte er ein wenig entsetzt nach. Er hatte viel über die Gräuel des Krieges in Parthien gehört... unästhetisches Blutvergießen... na ja. Orestes sagte ihm schon etwas, ebenso wie Avianus, aber von Cotta hatte er noch nie etwas gehört. „Es freut mich zu hören, dass sie wohlauf sind!“, meinte er froh. „Ich habe ja gehört, einige von deinen Verwandten wollen sich auch dieses Jahr zur Wahl stellen?“ Als Kanzleibeamter bekam man das eine oder andere mit.
Doch was wollte der Parther jetzt? Ach, den preis weiterverhandeln. Mit einem leisen Seufzen wandte er sich wieder an den Mann hin.
Geduldig ließ er die Meckerei über sich ergehen. Natürlich war es ein enormer Unterschied, ob man in einer luxuriösen Domus lebte, mit Sklaven und nur dem Feinsten vom Feinsten zu Essen – oder aber in einer Insula und am lokalen Markt einkaufen ging. Natürlich wäre so etwas für den pompösen Piso nie in Frage gekommen. So lebten andere, doch nicht er! Parthern aber musste man nicht eben die wundervollsten Lebensumstände an den Hals wünschen.
Was für eine Sprache der Orientale benutzte! Piso war gerade dabei, ein wenig säuerlich zu werden, da sah er urplötzlich einen Sklaven in den Ort des Geschehnisses hineinplatzen. Etwas unrund blickte der Flavier auf zu ihm. Was sollte das? Die Störung sollte sich aber als Glücksfall erster Güte erweisen. Es handelte sich um die Ankunft einer Frau. Ihren Namen hörte er nicht heraus, jedoch schien der Parther mit einem Mal sehr agitiert und aufgewühlt. Was sollte das jetzt werden? Der Parther verabschiedete sich und überließ dem baffen Piso all dies für 20 Aurei.
„Öhm... wirklich? Oh...“, erwiderte er ganz schrecklich eloquent. Was wollte der Parther damit erreichen? Piso wäre bereit gewesen, auch mehr zu zahlen als diese Summe, doch, kaum hatte er es sich versehen, verschwand der Parther. Kaum konnte ihm der Flavier noch ein verblüfftes „Vale...“ hinterherrufen, schon war er weg.
Wer konnte diese Frau sein, dachte er, als er auf seine neuen Ringe herunterblickte. Entweder hatte sie ihm ordentlich den Hals verdreht... oder aber sie zahlte immer die Preise, die der Parther ihr ursprünglich anbot.
Noch ein paar Sekunden saß er da, verwundert in die Richtung schauend, in die der Parther verschwunden war, als endlich Prisca etwas sagte. „Das kann man laut sagen.“, bestätigte er ihre Worte und machte sich daran, umständlich aufzustehen. „Na, sicher, geh nur...“, meinte er, ein wenig konfus, und schielte ihr nach, als sie davonschwebte.
Sein Blick wandte sich abrupt an den Sklaven, der noch immer mit einem fordernden Gesichtsausdruck vor ihm stand. „Jaja, ich weiß, 20 Aurei.“, machte Piso leicht genervt, griff sich an seinen Gurt, holte seinen Geldbeutel (den er vor Kurzem gerade erst vorm Zugriff des Flittchens gerettet hatte) heraus und zählte 20 Aurei daraus herunter. Mit einem würdevollen Gesichtsausdruck drückte er die Aurei dem Sklaven in die Hand, bevor er sich wieder daran machte, seine Finger anzuschauen. Wie schön, damit könnte er sich nun Eindruck verschaffen. Die Zeit des armen Vetters war endgültig vorbei – er hatte sich genug Geld erarbeitet, von Betrieben verdient und zusammengeschnorrt, um als wohlhabender Mann nun zu gelten.
Endlich kam Prisca zurück und bedankte sich. „Keine Ursache, das habe ich gern getan. Schließlich war ich dir noch was schuldig, von eben.“ Er hoffte, die Sache war nun beglichen. Doch er hoffte gleichsam nicht, dass der Nachmittag jetzt schon vorbei sein würde. Er verspürte einen tiefgründigen Blick von ihr, und blickte zurück.
Bei manchen leuten war es ja so, dass man, wenn man ihnen tief in die Augen blickte, nur das Innere des Hinterkopfes erblickte. Und es gab welche – Frauen vornehmlich – in deren Augen konnte man sich verlieren. Sie hatte blaue Augen. Wunderschön. Wie das adriatische Meer. Es mussten wohl ein paar Sekunden vergangen sein, in der sie sich gegenseitig anschauten, bevor er anfing, zu grinsen. „Ähm. Ja. Gut. Wohin sollen wir jetzt gehen? Es gibt einen guten Bücherhändler hier, gleich um die Ecke. Was denkst du davon? Wenn du wo anders hingehen willst, ist es mir Recht.“ Und fiebernd heiß fiel ihm noch ein: „Und wenn du anderswo noch zu tun hast, lass dich bloß nicht aufhalten.“ Er hätte eigentlich noch Arbeit in der Kanzlei... pfeif drauf.Sim-Off: Schau mal in die Wi-Sim
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Sim-Off: Oh, vielen lieben Dank! *freu*
Das klingt viel versprechend, staunte Prisca nicht schlecht über die Themen des Gedichtes. Sie war ehrlich beeindruckt, klang es doch nach sehr viel Fleiß und Mühe dahinter. Dass er sich so eine Mühe macht, extra für seine Schwester, (selbst-)verständlich war das (nicht). Ach wie schön wäre es doch, wenn mir auch jemand mal ein Gedicht widmen würde, schwärmte die Aurelia innerlich. Nur warum Piso ausgerechnet diese Themen zu Ehren seiner Schwester gewählt hatte, erschloss sich der Aurelia nicht ganz. Nachfragen wollte sie jedoch nicht, ohne zuvor das Gedicht gehört und die Schwester persönlich kennen gelernt zu haben. "Oh Das klingt sehr interessant! Ich kann es kaum erwarten das Gedicht zu hören.", entgegnete Prisca deshalb mit sichtlicher Begeisterung. Sie freute sich auf diese Feier und das Wiedersehen mit Piso, wobei ja noch gar nicht fest stand wann es soweit sein würde. Und bis dahin? Wie lange werde ich ihn wohl nicht mehr wiedersehen, dachte Prisca spontan und sie fühlte innerlich, wie ihr dieser Umstand so gar nicht gefallen wollte.
Pisos Andeutung nach schien die Krankheit des Familienoberhauptes der Flavier jedoch nicht allzu schlimm zu sein, so dass mit seiner baldigen Genesung zu rechnen war. Schön, dann steht der Feier ja eigentlich nichts im Wege, hoffte Prisca zumindest während sie aufmerksam seinen Ausführungen weiter folgte und hie und da zustimmend nickte. "Oh ja, Ägypten würde ich wirklich zu gern bereisen" Nur ob mir mein Onkel eine so weite Reise erlauben würde? Allein sicher nicht. … Naja vielleicht werde ich einmal meine Hochzeitsreise dorthin machen … Doch wer weiß schon was die Zukunft bringen wird, zweifelte Prisca innerlich daran, dass ihre Träume diesbezüglich einmal in Erfüllung gehen würden. Sehr schnell verwarf sie diese träumerischen Gedanken wieder und beschränkte sich stattdessen lieber auf die karge Gegenwart.
Aristides und seiner Frau ging es anscheinend gut und das freute Prisca für die Beiden. Von der Entführung hatte sie zwar nur flüchtig gehört, aber die Tat dieser Sklaven schockierte sie doch sehr. Ob Hektor auch zu solch einer schändlichen Tat fähig wäre? … Wehe ihm! ..., schoss es Prisca flüchtig durch den Kopf und sie fand ihre niedere Meinung über das gesamte Sklavenpack nur noch mehr bestätigt. Aber wozu sich solche Gedanken machen? Viel lieber folgte Prisca den weiteren Ausführungen des Flaviers und sie kam nicht umhin, bei der Erwähnung der Blumen leicht zu schmunzeln. Na das wäre doch genau das richtige Thema für meinen Onkel. Sicher würden die beiden sich gut verstehen., überlegte Prisca spontan und meinte dann ganz unbefangen: "Wenn du Blumen magst, dann besuch uns doch einmal zu Hause. Mein Onkel hat im Garten eine sehr beeindruckende Blumenzucht und er würde sich über einen kleinen botanischen Erfahrungsaustausch mit dir sicher sehr freuen", ohne zu ahnen, dass Piso (aus einem ganz anderen Anlass heraus) unlängst ein Treffen mit ihrem Onkel haben würde.
"Was meine Cousins betrifft, so waren Orestes und Cotta nur innerhalb Italias und auf Sardinien unterwegs, während Avianus bis vor kurzem in Germanien stationiert war. Ein schreckliches Land! Kalt, verwildert und voller Barbaren, wenn du mich fragst. Ich verstehe sowieso nicht was wir Römer dort eigentlich suchen?!. … ", plauderte Prisca mit bebender Stimme weiter, da sie sich über dieses Land jedes Mal aufs Neue aufregen konnte." Da finde ich dieses Parthien, mit seinen sagenumwobenen Reichtümern und Palästen um einiges interessanter " Auch wenn diese Parther in meinen Augen auch nur blutrünstige Barbaren sind, schloß Prisca gedanklich ihr Urteil über beide Länder ab, ehe sie auf Pisos Frage abschließend entgegnete: "Ja, Orestes und Avianus wollen - meines Wissens nach - dieses Jahr noch kandidieren und ich bin zuversichtlich, dass sie Erfolg haben werden. " So sicher wie es klang, war sich die Aurelia allerdings nicht Hm wie ihre Chancen wohl stehen mögen, so kurz nach ihrer Rückkehr in Rom?
Wenigstens das Geschäft war mittlerweile besiegelt und der Händler endlich verschwunden. Zum Glück! Oder war es eher Pech, da nun der Zeitpunkt des Abschieds gekommen schien? Oder warum sahen sie sich nur stumm in die Augen? Wie schade. Ich finde ihn wirklich nett. Prisca zählte jedenfalls die Sekunden nicht, die verstrichen und sie sich nur in die Augen sahen.Er hat interessante Augen, so voller Lebenslust und Beschwingtheit, fand Prisca und sie freute sich innerlich, als Piso endlich das Wort ergriff: "Oh ein Buchhändler? Oh ja, ich finde Bücher sehr interessant. Du auch?", sprudelte Prisca auch schon hervor, kaum, dass der Flavier den Vorschlag ausgesprochen hatte. In der selben Sekunde tadelte sie sich dafür.Herrje, Prisca! Was hat Mutter immer gesagt? Sei vor allem interessanten Männern gegenüber stets zurückhaltend und zeige niemals sofort zu viel Interesse! Ach menno ..."Ehm, da fällt mir ein, natürlich hätte ich noch das Eine oder Andere zu erledigen …" Was gar nicht stimmte. " Und du hast doch sicher auch sehr viel zu tun, als angehender Senator?", fügte die Aurelia ein wenig zurück haltender hinzu, wobei sie ihn eigentlich nur ungern jetzt schon gehen lassen wollte. "Ein bisschen Zeit hätte ich allerdings noch …" Er hoffentlich auch. Und wenn nicht? … Ach ja!!... Glücklicherweise fiel Prisca just in dem Moment etwas ein, was dann zumindest ein baldiges Wiedersehen wahrscheinlicher machen würde. Diese Frage hielt Prisca allerdings noch zurück ...
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„Es wird noch ein bisschen dauern, ich muss noch dran feilen.“, beschichtigte er mit einem Lächewln. Diese Frau war so enthusiastisch, was die schönen Künste anging, fast könnte sie ihn Konkurrenz machen. Das war direktgehend unglaublich. Ob der Freude, die ihm Prisca mit ihrer Freude machte, strahlte er sie begeistert an. Prisca erkannte sofort, was ein echter Künstler war, wie es schien. Allerdings irrte sie in einer Hinsicht – Piso machte das Gedicht nicht für seine Schwester, sondern vor allen Dingen für sich selbst. Seine emotionalen Verwirrungen hatte er Prisca ja schon gebeichtet. Doch was sie noch nicht wusste, war, dass diese er mit seinem Gedicht zu überwinden versuchte. Laevina hatte ihm ja gesagt, er sollte seine Energien in ein Gedicht hineinkanalisieren, da könnte er nicht viel falsch machen. Er würde dadurch seine Lebensfreude zurückfinden, hatte sie gesagt. Ja, er war Serrana ein Epos von gigantischen Ausmaßen schuldig... obwohl er nicht recht wusste, ob dies wirklich helfen würde. Vielleicht wäre das einzige Angemessene, was man in einer solchen Situation tun konnte, der Venus zu opfern, mit der Bitte, ihn von seiner Liebe zu befreien. Vielleicht sollte er wirklich das machen. Ja! Das wäre eine Idee. Er lächelte leicht versonnen, als ihm der Einfall kam. Ein Kalb sollte dafür reichen.
„Es ist auf jeden Fall eine Reise wert.“ Unweigerlich kam ihm bei diesem Gesprächsthema ein klassisches Klischee in den Kopf – die Frau eines Senators, die nach Aegyptus reist, um dort nichts mit ihrem Ehemann tun haben zu müssen. Wäre ja schon passiert, sagte man sich auf den Straßen Roms. Eigentlich war es eh kein schlechtes Arrangement – die Frau ging auf Juche, der Mann hatte eine Heirat zum Vorweisen, und beide mussten sich nicht gegenseitig auf die Nerven gehen. Hoffentlich wird meine Ehe anders... wenn sie überhaupt dereinst stattfindet. Er musste an Archi denken. Der Gute hatte sich eine so fesche Katze geangelt, und steuerte auf seinen Junggesellenabschied zu. Piso derweil hatte nichts vorzuweisen, mit der Decimerin waren ihm erst einmal die felle davon geschwommen. Bei diesen Gedanken musste er unweigerlich auch nolens volens einen etwas resignierten Gesichtsausdruck bekommen haben, der gar nichts mit Aegyptus zu tun hatte...
„Wirklich, er ist ein Freund der Blumenzucht?“, fragte er nach, schnell ein Thema verfolgend, welches ihm aus diesen düsteren Gedanken helfen würde. „Das ist ja sehr schön! Es zeugt von einem guten Geschmack. Ich muss mir unbedingt die Blumenzucht anschauen!“, machte er und nickte dabei ernsthaft. Vielleicht würde er ja ein paar mitgehen lassen können, um damit sein Zimmer zu schmücken. Na ja. Vielleicht auch nicht.
Dass Prisca über Epicharis‘ Entführung nachdachte, erschloss sich ihm nicht, wie auch? Er selber war ein wenig desinformiert über die ganze Sache, und jetzt, wo Marcus und seine Frau (ha, jetzt hatte er ihn in Gedanken Marcus genannt!) in Baiae weilten, konnte er sie nicht fragen. Natürlich könnte er zu ihnen hin, aber er hatte das Gefühl, das wäre nicht richtig. Aristides und Epicharis hatten das Exil in Baiae gewählt, damit sie nicht von irgendwelchen Stadtrömern gestört werden könnten.
Prisca erzählte über ihre Vetter, und Piso nickte wohlwollend. „Nun, wir sind in Germanien, weil es dort Bodenschätze gibt. Und viel Holz. Und nicht zuletzt, weil wir so gütig sind, den Germanen die via romana beizubringen.“, meinte er, es durchaus ernst meinend. Nicht, dass er die Germanen vollends disrespektierte, aber es waren halt auch nur... Barbaren. Prisca schien das Land aber überhaupt nicht zu mögen. „Warst du denn schon in Germanien?“, fragte er nach.
„Parthien ist sicher interessant, nur ist es schade, dass sie keine schlechten Kämpfer sind. Aus dem letzten Krieg haben wir jetzt ziemlich viele Sklaven, sonst aber wenig.“ Schade eigentlich. „Ich würde gerne einmal nach Ktesiphon gehen. Oder Hatra.“ Angeblich wären das keine schlechten Städte.
Er nickte, als sie ihm sagte, wer kandidierte. Hatte Avianus denn nicht schon kandiert? Egal. Orestes, hmm, den Namen hatte er schon gehört. Bald würde er ihn besser kennen, schließlich würde er sein „Inaugurateur“ werden. „Das hoffe ich ebenfalls.“, meinte er pflichtschuldigst und lächelte.
Es gefiel ihm, mit welcher Begeisterung Prisca auf sein Angebot reagierte. Sehr gefiel es ihm sogar. „Ich liebe Bücher!“, rief er aus. „Ich könnte Stunden in der Bibliothek verbri...“ Eigentlich hörte sich das doch ziemlich tragisch an. „...ngen...“, fügte er leiser mit einem scheuen Lächeln hinzu.
Möglicherweise war dies ein falscher Schachzug gewesen – aus irgendeinem Grund, den Piso nicht verstehen konnte, schien sie plötzlich nichts mehr von ihm wissen zu wollen. Sie hatte also plötzlich etwas zu erledigen? Nein, wollte Piso rufen. Jetzt habe ich schon eine Unsumme ausgegeben für diese Kleider, und jetzt willst du gehen? Unfair! Er tat es aber doch nicht, weil sein Hirn doch noch präventiv in Aktion trat und er nur nervös grinste. „Öhm, na ja, jetzt auch nicht so viel... ich meine...“, begann er zu stottern, als Prisca ihm aus seinen Leiden befreite. Sie hatte doch noch Zeit! Wundervoll! „Spitze! Dann auf, zum Buchhandel!“, rief er impulsiv, wie es seine Art war, und deutete in die Richtung, von der er wusste, dass man, wenn man ihr folgte, am Buchhändler vorbeikommen würde. -
"Ja das ist er in der Tat!", hatte Prisca ihrem Begleiter auf die Nachfrage, ob ihr Onkel ein "Freund der Blumenzucht" sei, mit einem hintergründigen Lächeln bestätigt. Sie verschwieg allerdings, dass die Liebe zu den Blumen bei Marcus fast schon fanatische Ausmaße annahm. Regelrecht mit Argusaugen wachte ihr Tutor über seine "pflanzlichen Lieblinge", wie er es sonst nur bei seinen Nichten und Cousinen tat. Soll ich Piso nicht besser warnen? Nicht, dass er am Ende völlig ahnungslos eine von den Blumen pflückt, um daran zu schnuppern - so wie ich es manchmal tue (natürlich nur, wenn Marcus nicht hin sieht) … Prisca malte sich die Szene im Gedanken aus und kam nicht umhin, innerlich über die möglichen Reaktionen ihres Onkels zu schmunzeln. Oh weh, das käme wohl einem Dolchstoß gleich, den Piso ihm damit versetzen würde… "Sollte mein Onkel zu der Zeit verhindert sein, so werde ich selbstverständlich gerne persönlich die Führung für dich übernehmen , machte Prisca sicherheitshalber ein selbstlos klingendes Angebot, wobei dies natürlich eine willkommene Gelegenheit wäre Piso wieder zu sehen.
Auf das Thema Germanien wollte Prisca hingegen nicht weiter eingehen und man merkte ihr das Unbehagen auch an, als sie davon erzählte:"Nun ja, ich … ja ich war bereits einmal in Germanien." Brrr, wenn ich nur daran denke, wird mir schon übel … Bodenschätze hin oder her Die Aurelia schloss kurz die Augen und schüttelte sich leicht,..."Meine Mutter hatte mich damals von Griechenland nach Mogontiacum zu meinem Onkel geschickt, damit er sich fortan um mich kümmert.", sprach sie jedoch unvermittelt weiter, wobei sie die genauen Umstände tunlichst nicht erwähnte. Zu sehr beschäftigten Prisca nach wie vor die Gedanken an die grässliche Krankheit und den schleichendend Tod ihrer Mutter, als das sie darüber hätte reden wollen. "Und ich muss zugeben, außer meinen lieben Verwandten habe ich dort absolut nichts gefunden für das sich die Reise dorthin gelohnt hätte." Ob sich andererseits eine Reise nach Parthien lohnen würde?!... Hm,egal " Also wenn ich die Wahl gehabt hätte, wäre ich auf alle Fälle lieber nach Parthien gereist. ..., pflichtete Prisca schließlich den Überlegungen ihres Begleiters bei und schloss damit das Thema 'Reisen' vorerst ab.
Ebenso wollte Prisca die politischen Karrieren ihrer Cousins nicht weiter ansprechen, hatte sie doch anscheinende gerade eine weitere gemeinsame Liebe entdeckt: Die Liebe zu den Büchern. Und da Piso auf ihr plötzliches Zögern hin irgendwie verzweifelt wirkte, konnte und wollte Prisca ihn einfach nicht enttäuschen. Egal was Mutter mir immer gesagt hat. … Ich kann ihn ja ein anderes mal wieder zappeln lassen, wenn es denn unbedingt sein muss, überlegte Prisca kurz, wobei sie das natürlich nicht böse meinte (ganz im Gegenteil) "Ja dann, ... auf zum Buchhandel!", echote Prisca also mit freudiger Stimme und folgte damit Pisos Wink.
Der Parther und sein Laden waren jedenfalls schnell vergessen und lange dauerte es nicht, bis Prisca die nächsten neugierigen Fragen stellte: "Was für Bücher liest du denn besonders gern? … Hast du einen Lieblingsautor?", wollte sie spontan von Piso wissen und da sie ihm ebenfalls keine Antwort schuldig bleiben wollte, fügte die Aurelia von sich aus hinzu:"Also Ich lese besonders gerne Reiseberichte und Schriften über die Astronomie. Aber auch Fabeln, Gedichte und Komödien mag ich sehr gerne … Hast du schon mal etwas von Aesop gelesen? Dass Prisca in den vergangenen Wochen vornehmlich erotisch bebilderte Literatur gelesen hatte, verschwieg sie besser. Zumal die Aurelia ihre Studien in diese Richtung (vorerst) abgeschlossen hatte. Rein theoretisches Wissen versteht sich, aber genug, um für die Praxis gewappnet zu sein, denke ich mal…
"Ich hoffe der Buchhändler hat eine gute Auswahl!... Ist es denn noch weit?, lenkte Prisca ihre Gedanken schließlich wieder auf das nahe Ziel und vor lauter Ungeduld tippelte sie zwischendurch immer wieder kurz auf Zehenspitzen, um über die Menschenmenge hinweg den Laden zu erspähen ...
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Ein Anknüpfungspunkt, das war immer gut. Blumen – das Thema würde gar nicht aufkommen, er würde es wohl vertrödeln, danach zu fragen. Schließlich musste man ja dem Vormund nicht alles erzählen, was man mit seinem Mündel so getrieben hat. Auch Piso würde schließlich nur die halbe Wahrheit von ihrem denkwürdigen und eigentlich ziemlich unwahrscheinlichen Zusammenstoß erzählen – wohlweislich. „Dann hat er sicher einen guten Geschmack.“ Sicherlich aber watete Corvinus nicht beim Anpflanzen im Dreck herum, um die Blumen anzusäen. So etwas wäre zutiefst unästhetisch. Nein, einfach nur dasitzen und den Garten anschauen, das bereitete ihm Freude. Blumen zu lieben, das mochte ziemlich effiminiert sich anhören, doch Piso mochte seine Blümelchen.
„Oh, danke!“, freute er sich. Vielleicht stieß man wirklich in der Villa Aurelia zusammen. Wenn nicht, fände er schon noch eine andere Ausrede, mit ihr irgendwie zusammen zu kommen. Möglicherweise bräuchte er nicht einmal eine Ausrede. Mal sehen. Wer weiß. Er senkte kurz seinen Blick und schaute ihr dann wieder in die Augen. Blaue Augen hatte sie, so unähnlich den braunen der Decima Serrana. Er verkniff sich ein melancholisches Seufzen und horchte auf, als sie von Germanien sprach.
„Oh ja... ich war auch schon einmal dort. Schreckliches Land.“, stimmte er ihr bei. „Ich war selber schon dort... grässlich!“ Mit ausladenden Gesten kolorierte er sein Entsetzen vor diesem Land. Es war nicht einmal gespielt – er hatte Germanien wirklich nicht gemocht. Im Gegenteil, man hatte ihn ausgenommen wie eine Gans zu den Saturnalien. Nein, es war nicht unbedingt ein Land, in das er zurückkehren mochte.
Er nickte nur verständnisvoll, als sie ihre Mutter erwähnte. Unwillkürlich musste er an die Seine denken... und musste feststellen, dass er noch immer nichts von den Gedächtnislücken, die er hatte, wenn er an sie dachte, auffüllen hatte können in der Zwischenzeit. Wie die Jahre zuvor ebenfalls nicht. Prisca schloss ihre Germanienbeschimpfung damit ab, dass sie meinte, Parthien würde ihr eher gefallen. „Da stimme ich dir bei. Parthien muss wundervoll sein.“ Wieso hatten sich diese Unseligen noch nicht dem römischen Reich unterworfen? Es war doch seltsam, dass es Leute gab, die nicht unter der glorreichen pax romana leben wollten. Unverständlich, dass diese Leute bereit waren, ihr Leben zu geben, um nicht in diesen Vorzug zu gelangen.
Es erleichterte ihn doch, dass Prisca bereit war, ihm ohne Umstände zu folgen. Schließlich hatte er auch schon irgendwie damit gerechnet, dass sie Widerstand leisten würde gegen diesen Wunsch, den er so begeistert geäußert, oder zumindest mit Befremden reagiert. Doch sie ließ sich von seinem Enthusiasmus mitreißen, was ihn seinerseits begeisterte. Diese Frau war spitze, dachte er sich vergnügt, und war danach versucht, in einer vertraulichen Geste nach ihrer Hand zu greifen. Doch er tat es dann doch nicht. Es we nicht richtig gewesen, nicht in dieser Situation.
Des Parthers Laden kam bald außer Sichtweite, als die beiden Patrizier dem Buchladen zustrebten, und Piso hörte Fragen aus Priscas Mund.
„Was für Bücher? Öhm...“ Er dachte kurz nach, als sie ihm aufzählte, was sie mochte. „Ich mag auch sehr gerne Gedichte. Und Prosaschriften. Und nicht zuletzt philosophische Schriften. Und welche Autoren? Hmm... ich mag Ovid. Aber vor allen Dingen Vergil. Vergil ist wunderbar.“ Er lächelte. „Die Aenaeis ist ein unerreichtes Meisterwerk... hmm, Aesop?“ Der berühmte Fabelschreiber? Piso dachte kurz nach, was kannte er von ihm? Die eine oder andere amüsante Geschichte von ihm hatte er schon gehört. „Oh ja! Aesop! Ich bewundere seine Geschichten, sie haben Witz und gleichzeitig so unglaublich viel Tiefgang! Was denkst du von Hesiod? Viele von seinen Geschichten sind im selben Geiste geschrieben wie die von Aesop.“ Er dachte kurz nach. „Aber, für Astronomie interessierst du dich? Das ist... interessant. Ich weiß leider nicht allzuviel davon, aber mathematisches Wissen habe ich mir schon angeeignet bei meinem Studium der Architektur.“ Er schaute sie neugierig an, vielleicht war sie ja bereit, ihm etwas von der Astronomie zu sagen?
„Das hat er auch! Und wie weit es ist? Nun!“ Er grinste und machte ein geheimnistuerisches Gesicht. „Zwei Fuß, zu meiner rechten.“ Er hielt an und streckte die Hand nach rechts aus, sodass er ein herunterhängendes Tuch beiseite schob und den Blick frei gab auf eine unterdachte Bude voll mit Büchern, deren Haupteingang sich auf der anderen Seite zu befinden schien. Schriftrollen verstellten zur Gänze die mannigfachen Regale, und einige Sklaven waren dabei, mit flinken Handbewegungen Kopien von Büchern anzufertigen. Einige Kunden durchstreiften die mit Schriftrollen vollgestellten Räumlichkeiten. Der Besitzer, ein dicklicher Grieche, bemerkte die beiden Besucher nicht, er war in einer Debatte mit einem Kunden involviert.
Piso liess selbstredend als Mann mit Manieren Prisca den Vortritt beim Hineingehen, er selber wartete auf seinem Platz, bis die bezaubernde Aurelierin an ihm vorbeigegangen war. -
An störrische Parther, barbarische Germanen und fanatische Blumenzüchter wollte Prisca nun nicht mehr weiter denken. Vielmehr wollte sie endlich mehr über Piso erfahren, da dieser Flavier ihr wirklich sympathisch war. Er hatte nicht nur ähnliche Ansichten was Germanien betraf, auch seine sonstigen Vorlieben und vielfältigen Interessen interessierten die Aurelia sehr. Und abgesehen davon - wann hatte sie sonst schon die Gelegenheit mit einem ehrbaren Mann wie er es war, über die Märkte Roms zu ziehen? Zwei schicke Kleider hatte sie obendrein von ihm geschenkt bekommen! Was wollte sie mehr?
Na ja, eigentlich erlaubte es ihre strenge Erziehung ja nicht, sich von 'fremden' Männern beschenken zu lassen, da dies viel zu schnell falsch interpretiert werden konnte. Ebenso, wie man sicher darüber tuscheln könnte was zwei unverheiratete Patrizier - genauer ein Mann und eine Frau - zusammen in aller Öffentlichkeit zu suchen hatten.
Ganz ehrlich, … Sollen sie doch reden!, dachte sich Prisca dazu nur denn es war ihr wirklich egal, was potentielle Augenzeugen bei ihrem Anblick denken mochten. Erstens war Piso ja kein wirklich Fremder, sondern eher schon ein angeheirateter Verwandter und zweitens, gingen sie ja nicht Arm in Arm durch die belebten Gassen (wobei Prisca durchaus schon überlegt hatte, ob sie sich nicht einfach bei ihm unterhaken sollte). Bei Marcus und Ursus tat sie das ja auch wie selbstverständlich und mit Piso fühlte sie sich schließlich ebenfalls in bester und vertrauter Gesellschaft. War sie deshalb so unaufmerksam? "Ach wir sind schon da?! Sag das doch gleich! … Vielen Dank!", scherzend und gut gelaunt reagierte Prisca auf Pisos Eröffnung hin, dass sie praktisch schon vor dem Buchladen standen und nun schritt sie als Erste in den Laden hinein, noch ehe sie ihm überhaupt auf seine Fragen geantwortet hatte.
Drinnen angekommen stieß Prisca einen freudigen Seufzer aus. Die Buchhandlung war genau das was sich die Aurelia vorgestellt hatte. Eine kleine, aber feine und ganz eigene Welt aus unzähligen Buchstaben, die vor den Augen des Betrachters zu faszinierenden lebendigen Bildern erwachen konnten. Entsprechend erwartungsvoll glänzten Priscas Augan auch, als sie sofort die vielen Regale mit den Schriftrollen zu inspizieren begann. Piso wähnte sie dabei ganz in ihrer Nähe, so dass sie über die Schulter hinweg die Konversation einfach fort setzte.
"Du erwähntest vorhin Hesiod. Ja ich habe schon von ihm gehört. Er schrieb die Theogonia nicht wahr?! " Jenen Mythos über die Entstehung der Welt und die Götter."Ich hatte leider noch nicht die Gelegenheit sie zu lesen, aber ich finde derartige Mythologien einfach faszinierend", gestand Prisca ihrem Begleiter mit schwärmerischer Stimme und sogleich wollte von ihm wissen:"Hast du sie denn schon gelesen? Sicher würde er dieses Werk kennen, für das sich die Aurelia durchaus begeistern konnte und vielleicht fanden sie ja hier sogar ein Exemplar davon.
Gut sortiert schien der Laden jedenfalls zu sein, wenngleich er nach außen hin einen eher unscheinbaren Eindruck erweckt hatte. Einige Sklaven waren emsig damit beschäftigt die unzähligen Werke zu kopieren und zu archivieren, während eine bunte Mischung von Kunden unterschiedlichster Stände die engen Gänge durchstreiften und nach einer interessanten Lektüre Ausschau hielten. Voller Neugier tat Prisca es ihnen nach und griff wahllos nach einer der vielen Schriftrollen. Was mochte wohl darauf stehen? Die Aurelia entrollte gespannt das Dokument… und?
Ovid, Artis amartoriae …
….stand da ausgerechnet als Titel und Prisca fühlte sich augenblicklich wie ertappt. Herrje, ausgerechnet sein Werk von der Liebeskunst muss ich erwischen… Genau dieses hatte Prisca in letzter Zeit sehr eingehend studiert. Piso mochte Ovid - das hatte er zumindest erwähnt - also kannte er mit Sicherheit auch dieses Werk. Hastig rollte die Aurelia das Papyrus wieder zusammen und schob es flugs zurück ins Regal.
...
Hoffentlich hat er jetzt gerade nicht hingesehen und lesen können was ich da gerade heraus gezogen hatte ... , hoffte Prisca mit einem leicht verlegenen und bangen Seitenblick zu Piso.
"Ehm, .. was übrigens die Astronomie betrifft …", hüstelte Prisca kurz und wechselte - zugegebener Maßen - etwas unbeholfen das Thema. "Naja, wie man es nimmt. Ich hege daran weniger ein mathematisches Interesse. Vielmehr faszinieren mich die alten Mythen, die damit in Verbindung stehen, sowie die Deutung der Sternbilder und die Fähigkeit, anhand der Gestirne die Zeit zu messen und sogar in die Zukunft sehen zu können." All diese Themen fand die Aurelia wirklich höchst interessant und entsprechend enthusiastisch erzählte sie weiter: " Zum Beispiel die Ägypter, … wie du sicher weißt, nutzen sie für die Nacht zwölf Sterne zur Zeitmessung. Der mythologische Hintergrund der Zwölf Nachtsterne, jene Sterne, die nie untergehen, ist dabei der Glaube, dass die nächtliche Überfahrt ihrer verstorbenen Könige mit dem Sonnengott Re unter dem Schutz der Zwölf Wächter des Nachthimmels stattfindet. Sie beginnt mit der einsetzenden Dämmerung und endet bei Sonnenaufgang. Ist das nicht aufregend? ..." Mit diesen Worten drehte sich Prisca ganz plötzlich zu Piso um und fand sich in dem engen Gang relativ nah ihm gegenüber. Fast berührten sie sich schon. Nicht, dass es ihr unangenehm gewesen wäre, im Gegenteil, jedoch war es fast schon ein eigenartiges (fast hätte Prisca gedacht: schönes ) Gefühl ihm so nah zu sein. Ob er sich überhaupt dafür interessiert? Oder langweile ich ihn am Ende gar mit meinen Geschichten? . , versuchte Prisca mit einem aufmerksamen Blick in Pisos graue Augen dessen Gedanken zu ergründen.
Sie musste zu ihm aufsehen und kam nicht umhin ein wenig verlegen zu lächeln bei dem, was ihr gerade sonst so durch den Kopf ging, wenn sie ihn so ansah: "Ich hoffe ich langweile dich nicht mit meinen Geschichten? … aber , ich, … ich finde Männer sehr bewundernswert, die trotz ihrer Karriere die Zeit finden, sich mit so vielfältigen Interessen zu beschäftigen ... Wie schaffst du das eigentlich? ", fragte Prisca mit einem regelrecht bewundernden Blick zu ihm, denn er hatte ihrer Ansicht nach sehr viele und sehr interessante Ansichten. Herrje, jetzt mache ich ihm auch noch Komplimente ... Diese allerdings, ...waren absolut ehrlich gemeint ...
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Daran, wie es wäre, ihre hand zu halten, hatte er auch schon gedacht. Sogar hatte er sich schon innerlich ertappt, als er sich fragte, wie sich ihre Hand anfühlen würde. Würde sie zart sein wie gedünstete Schweinsmedaillons? Trocken und krümelig, wie eine Handvoll weißer Sand von der Adria, an deren Küste er aufgewachsen war? Weich wie eine Feder, fettig wie Fritteusenöl, steif wie ein Bleiblock? An was du denkst, schalt er sich innerlich. Ausprobieren sollte man es halt können. Seitenblicke auf ihre Hände mochten zwar das eine oder andere Indiz geben, wie es sich anfühlen mochte, doch konnten dies auch Trugschlüsse sein. Das Verlangen wuchs in ihm, es zu erfahren, und er musste sich beherrschen, nicht hier und jetzt eine Bewegung auszuführen, welche als unzüchtig interpretiert werden könnte.
Die Leute schauten eh schon so verdächtig. Mit einem schnöseligen Gesichtsausdruck, der eher schnöde Arroganz ausdrückte als gesundes Selbstbewusstsein, blickte er zurück, und einige Köpfe wandten sich wieder anderem zu. Sofort wandelte sich Pisos Gesichtsausdruck in einen zufriedenen solchen. Böse dreinschauen, dass konnte er sehr gut, selbst wenn er sehr guter Laune war, wie hier jetzt. Ja, Priscas Anwesenheit hatte in ihm die trübseligen Gedanken quasi weggeblasen. Sie war eine, in deren Gesellschaft er alle seine Sorgen vergessen konnte. Es war richtiggehend wunderbar mit ihr, dachte er sich.
„Nun, vorher hätte ich es dir nicht sagen können, denn vorher waren wir noch nicht da!“, entgegnete er fröhlich und trat hinter Prisca in den Buchladen hinein. Er betrat eine komplett andere Welt, zumindest wollte es so scheinen. Eine Welt des geschreibenen Wortes, wo man die Wirklichkeit hinter sich lassen konnte, und einzutauchen fähig war in die der Schriftrollen, die sich hier vor ihnen ausbreiteten. Er folgte Prisca bereitwillig, wie ein Gatte, der sich von seiner Ehefrau, die sich auf einer Shopping-Eskapade austobte, herumschleifen ließ. Denn im Grunde war es ihm egal. Bücher waren Bücher, egal wie. Prisca blieb vor einem Regal stehen und brachte das Thema Hesiod wieder aufs Tapet.
„Jaa...“ Was wusste er über die Theogonie? Hatte er doch schon gelesen. Ach ja, genau. „Natürlich habe ich sie gelesen. Die Mythen sind sehr interessant, und sehr relevant auch für uns Römer.“ Er zuckte die Achseln, als ob er in Erklärungsnotstand wäre. „Schließlich verehren die Griechen die selben Götter wie wir, wenn auch nur in unter anderen Namen.“ Was ein ordentlicher Gott war, hatte viele Namen unter vielen verschiedenen Völkern. „Aber eigentlich finde ich, was Entstehungsgeschichte angeht, die Metamorphosen des Ovids spannender. Schon merkwürdig, wie die einen sagen, wir sind durch verschiedene Metallären geschritten, und die anderen, wir seien von Prometheus erschaffen worden... es muss die Zeit sein, die uns dies vergessen ließ. Ah, da ist er ja schon.“ Nicht zuletzt standen sie ja direkt neben einem Regal, welches voll mit Ovid war, und aus dem sich Prisca schon bedient hatte. Piso kam gar nicht dazu, zu sehen, was Prisca da für eine Schriftrolle hielt, er hielt schon seine in der Hand, als Prisca ihre zurücklegte. „Aurea prima sata’st aetas, quae vindice nullo... von Gold gesät war das erste Zeitalter, in dem es keinen Richter gab... wundervoll. So was schreiben sie heutzutage einfach nicht mehr.“ Er zuckte die Achseln und legte das Schriftstück zurück. „Nicht, als ob wir in der flavischen Bibliothek nicht alles mit Ovid vollgerammelt hätten... hast du da übrigens ein Buch entdeckt?“, fragte er noch am Rande, hatte er doch gesehen, wie Prisca etwas zurückgelegt hatte. Doch irgendwie schien sie etwas peinlich berührt davon, dass er gesehen hatte, dass sie da was getrieben hatte – und brachte das Thema schnell auf die Astronomie, noch bevor Piso möglicherweise neugierig nach der Schriftrolle grabschen konnte.
Astronomie war jetzt nicht wirklich sein Ding, obwohl es sicherlich, wie bei allem, eine unterschwellige Ästhetik dazu gab. Er nickte freundlich dann und wann mit dem Kopf, um ihr zu verstehen zu geben, dass er zuhörte. Redet sie nicht eher von Astrologie, fragte er sich. „Ja, es ist sehr interessant! Die Astronomie, sowie die Astrologie.“ Die Ägypter, Piso wusste auch nach Jahren augiebigem Studiums dieser Kultur nicht, was er von den Kerlen halten sollte. Sie schienen mit Ammon eine Inkarnation des Iuppiter zu verehren... doch wer wusste, ob das wirklich die richtige Interpretation war? Manche glaubten ja auch, man könne den Judengott mit Iuppiter gleichsetzen. So einfach war das aber nicht – obwohl er mit dem Konzept des Monotheismus nicht klar kam und es auch niemals tun würde.
Er wollte noch etwas dazu sagen, doch er musste deplorablerweise feststellen, dass es ihm die Sprache verschlagen hatte, und zwar vor lauter Ungläubigkeit darüber, dass sich Piso und Prisca offensichtlich ziemlich nahe gerückt waren während ihrer Konversation über Bücher. Er schluckte. Was sollte er jetzt sagen? Irgendetwas müsste er sagen... doch er ließ es sein. Ihm wäre unter Garantie nichts besseres als ein Öhm oder ein Hmm oder ein sonstiger Quargel über die Lippen gekommen. Mamma Mi... äh, Bona Dea, ihre Augen sind so blau, dass es unwirklich erscheint.
Und dann kam der Part, in dem beide, Männlein und Weiblein, verlegen grinsen mussten. Und das taten sie nun auch, als ob sie beide bei etwas Unangenehmen ertappt worden wären.
„Nein, nein, nein, nein!“, wehrte er ab ob ihrer Frage, viel zu viele Neins einflechtend, um dies noch als rhetorisches Stilmittel gelten zu lassen, und lachte nervös. Na fesch, was soll denn jetzt das werden? Bloß nicht rot anlaufen, dachte sich der für Komplimente sehr anfällige Flavier, als Prisca ihn lobhudelte. Wie er das schaffte? Mist, darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. Vielleicht einfach nur, weil er so großartig war? Nein, das war keine zufriedenstellende Antwort...
„Ich... hmm... teile mir einfach die Zeit gut ein...“ Es klang eher, als ob er riet, als dass er eine Auskunft erteilen würde. Er hatte keinen blassen Schimmer, was er jetzt noch sagen sollte. Mist! „Äh... Prisca, weißt du... ich finde die Schriftrollen sehr... geradezu außerordentlich...“ Gelb! Nein, nein, groß! Verdammt! Er hatte den Faden verloren und blickte sie hilflos an, bevor er sich zu etwas durchrang. „Prisca... d... deine Augen sind so blau wie das Wasser der Lagunen Ravennas... hat dir das jemand schon mal gesagt?“ Dafür, dass man so etwas Hirnrissiges sagte, sollte man eigentlich gekreuzigt werden, dachte er sich im Hinterkopf, und widerstand einem plötzlich aufkommenden Fluchtimpuls. Bloß weiterlächeln! Vielleicht hat sie ja nichts gemerkt... -
Aufmerksam hörte Prisca zu was Piso über die Theogonia, Ovids Metamorphosen und jenen Mythen, aus längst vergangenen Tagen zu erzählen hatte. Oh ja solche Themen liebte die Aurelia und in Piso schien sie jemanden gefunden zu haben, der dieses Interesse teilte. Zu gerne würde ich mir einmal die flavische Bibliothek ansehen. Hm, soll ich ihn einfach mal fragen, ob er sie mir nicht einmal zeigen möchte?, überlegte sie als Piso diese beiläufig erwähnte. Natürlich war auch die aurelische Bibliothek nicht zu verachten, was Größe und Umfang der Werke anging, jedoch war es ab und an ganz interessant in fremden Archiven zu stöbern. Oder so wie jetzt in diesem vergleichsweise kleinen Laden, der allerdings so einige Schätze zu bieten hatte. Zu den Ausführungen des Flaviers nickte sie währenddessen nur eifrig da sie viel zu sehr damit beschäftig war von jener Schriftrolle abzulenken, die sie unbedachter Weise heraus gezogen hatte. Zum Glück hatte Piso diese nicht gesehen, oder doch? Andererseits wäre es doch sehr interessant zu erfahren, wie er gerade diesen Werken Ovids gegenüber steht, dachte Prisca noch ganz mutig und fast hätte sie ihn direkt darauf angesprochen, wäre er ihr nicht mit seinen Worten zuvor gekommen …
Ganz ehrlich - sehr überzeugend war Pisos Antwort bezüglich seiner bravurösen Zeiteinteilung nicht. Schon eher klang es wie geraten, oder als Frage an sie gerichtet. Egal! Prisca gab ihm mit einem bewundernden "Aaaah!" zu verstehen, wie sehr sie von seinen Fähigkeiten - wie auch von seinen Interessen - angetan war.
Und was seine Wortgewandtheit betraf: Hm?? Er findet die Schriftrollen also sehr ... ja? ... aha, geradezu außerordentlich … ja was denn nun? Schön, wertvoll, faszinierend? Mit einem erwartungsvollen Blick, die Mundwinkel zu einem leichten Schmunzeln hochgezogen, wartete Prisca geduldig auf die Erklärung die Piso ihr zu geben versuchte. Und dann das! Abrupt erstarb das belustigte Schmunzeln und nach einer Sekunde der gefühlten Ewigkeit war die Bedeutung seiner Worte endlich bis zu ihr durchgedrungen. Hatte jemand die Heizung angemacht, oder warum wurde es ihr so warm ums Herz?
"Wirklich?? ...N..nein, .. d..das hat .. mir noch niemand gesagt" Du meine Güte, so etwas schönes! Wie lieb von ihm Ein verzücktes Lächeln huschte über Priscas Lippen während sie vor lauter Verlegenheit gar nicht mehr wusste, wohin sie zuerst schauen sollte. Zugegeben - es war ja nicht so, dass sie niemals Komplimente bekäme. Ihr Onkel machte ihr des Öfteren ähnlich schöne Komplimente, aber was zählte das schon im Vergleich zu hier und jetzt. Und was war mit Aquillius? Komisch, dass ich ausgerechnet jetzt an ihn denken muss? Vielleicht weil er auch ein Flavier war? An seine Komplimente konnte sich die Aurelia allerdings kaum noch erinnern. Vielleicht gerade weil diese stets so viel gewählter, überlegter, fast ein wenig aufgesetzt geklungen hatten. Dagegen war das hier … so spontan und unbeholfen in der Ausführung und gerade deshalb so mutig, so ehrlich …. so schön. Als käme es von Herzen …
Hat mir schon mal jemand gesagt, dass meine Wangen leuchten wie die Hänge des Vesuvs, kurz nach seinem Ausbruch Ob Piso die Farbe ihrer Wangen vielleicht so beschrieben hätte? Ohne Zweifel fühlten sich diese gerade so an wie die Lavaflüsse eines Vulkans. Als 'hirnrissig' hätte Prisca Pisos Worte im übrigen niemals bezeichnet, war sie doch regelrecht überwältigt angesichts der momentan fast schon trauten Zweisamkeit in der sie sich hier (zwischen unzähligen Schriftrollen und hinter hohen Bücherregalen verborgen) befanden.
Oder interpretierte sie am Ende gar zu viel hinein. Womöglich hatte es Piso einfach nur lieb gemeint oder eben aus reiner Verlegenheit gesagt, gerade weil sie hier momentan so eng aneinnder gedrängt standen. Diese Frage stellte sich Prisca jedoch gar nicht erst, vielmehr beschäftigte sie: ... [i]Was hat er jetzt vor und was soll ich denn jetzt tun, … ihm antworten?"Prisca sah hastig nach links und rechts den engen Gang entlang. Puh! Niemand war hier und könnte sehen was auch immer nun geschehen würde. Zum Glück! Erwartungsvoll sah Prisca schließlich zu Piso auf. War es nun ein unbedacht daher gesagtes Verlegenheitskompliment , oder würde dieser Offenbarung noch etwas folgen?
"D..du … warst also schon …in Ravenna?" , kam es schließlich stockend und leise über ihre Lippen. Wäre das die Rettung der Situation? Na bravo Prisca! Etwas dümmeres ist dir jetzt nicht mehr eingefallen!?! Prisca wäre am liebsten augenblicklich im Boden versunken für diese dämliche Frage und entsprechend hilflos stieß sie einen leisen Seufzer der Verzweiflung aus.
Innerlich verspürte Prisca den drängenden Wunsch seine Hände zu ergreifen und unmerklich fuhren die ihren dabei vor. Ganz flüchtig berührte sie seine Haut mit den Fingerspitzen, strich sanft über seine Handrücken und zuckte dann plötzlich zurück, als hätte sie sich daran verbrannt. Halt! Was, wenn er mich jetzt küsst? Keiner würde es bemerken. Oh bitte bitte , tu es einfach! und doch ... Oh nein ich phantasier schon. Nein nein! Ich müsste doch vor Scham augenblicklich im Boden versinken - und er mit mir Prisca sah schon die Schlagzeile vor ihrem geistigen Auge. +++ Skandal! Patrizier aus gutem Hause turteln hemmungslos in aller Öffentlichkeit herum. +++ Am Ende müsste Piso sich ihr gegenüber sogar verpflichtet fühlen und das wollte Prisca auf keinen Fall, dass er wegen ihr in Schwierigkeiten käme. Und sie selbst wollte auch keine, obwohl sie sich insgeheim durchaus zu ihm hingezogen fühlte. Ach! Es ist zum verzweifeln mit diesem ewigen anerzogenem aristokratischen Anstandsdenken. Voller Erwartung blickte Prisca dabei in Pisos wundervolle grauen Augen, innerlich vertrauend darauf, dass er in dieser Situation genau das Richtige tun würde … was auch immer dies wäre …
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Piso hatte es schon kommen sehen, dass das in einem Debakel enden würde, schon, als er krampfhaft nach einer Antwort gesucht hatte nach der Frage, wieso er sich für so vieles interessieren konnte. Vielleicht hätte er einfach nur die Schultern zucken sollen, und es damit auf sich beruhen sollen. Vielleicht hätte er rüplsen sollen. Das wäre noch immer eine intelligentere Ansage gewesen als die, die er von sich gegeben hatte. Zeiteinteilung, pah! Was für eine Ansage. Aber sie schien halbwegs anzukommen. Prisca entfuhr ein anerkennender Laut, oder zumindest etwas, was danach klang. Piso war sich nicht einmal recht sicher, wie er das einordnen sollte.
Was Piso von den Schriftrollen hielt, wusste er selbst nicht. Er litt unter einer akuten Gehirnausbrennung, wie es schien, und diese manifestierte sich auch in seiner Ansage.
Das erwartungsvolle Lächeln einer jungen hübschen Dame zu enttäuschen war eine Sache, die einem Mann gründlich gegen den Strich gingen, und bei Piso war das nicht anders. Wieso hatte er auch nur so einen Quargel daherquasseln müssen? Seine Ansage, die mehrere Stimmen in seinem Kopf veranlasste, loszuquasseln – wie peinlich!
Die meisten jener Stimmen schienen einen Chor zu bilden und ihm im Kanon vorzusingen, was für ein grundlegender Narr und Idiot er war. Eine beschimpfte ihn noch weitaus rüder, während andere versuchten, seine Aktion klein- und schönzureden. Eine flösste ihm sogar noch Hoffnung ein.
Doch egal, wie farbenprächtig seine Gedanken sich manifestierten, das half ihm wenig darüber hinweg. Er lächelte noch immer weiter, ein wenig verkrampft vielleicht. Er war nicht der Typ, der schnell errötete, aber mittlerweile müsste doch sicher schon was zu sehen sein!
Einfach nur so tun, als ob nichts geschehen wäre, als ob er nichts gesagt hätte, vielleicht hat sie es überhört und man konnte wieder zum Tagesthema übergehen, bitte, bitte, liebe Götter, macht, dass...
Vergebens! Prisca entgegnete seine Worte. Sie hatte sie gehört, und ging drauf ein. Mist. Oder halt. Was war denn das? War das ein Lächeln, zumindest der Anflug davon? War sie ihm unter Umständen... gar nicht böse? Schwer vorstellbar, dachte sich Piso, und unterdrückte eine zwanghafte Handlung des sich Kratzens.
Natürlich hatte ihr das noch niemand gesagt. Das glaubte er gerne, denn es liefen nicht viele Kerle in der Weltgeschichte herum, die so einfältig, so blöd, so bescheuert waren wie er. Aber sie hatte gelächelt, unbestreitbar. Oder war das nur ein Auslachen?
Reiß dich am Riehmen, Aulus, befahl eine der inneren Stimmen (wieso fühlte er sich plötzlich so paranoid?). Also. Nochmals alles in Ruhe durchdenken. Wieso war er hier? Bis zum Kleidungsstand sicher, weil er Prisca entschädigen wollte. Und danach? Das war nicht mehr nachvollziehbar. War dies nur ein Beispiel patrizischen Zusammengehörigkeitsgefühls? Oder war da was anderes? Etwas, das ihn dazu veranlasste, sehr ernst darüber zu denken, was sie über ihn dachte? Und zwar nicht nur, weil er in der Aurelia nicht zum Gespött werden wollte? Seltsam, was konnte das sein? Piso scheiterte daran, es zu klassifizieren. Er reihte es erst einmal unter der groben Kategorie „Sympathie in irgendeiner Weise“ ein.
Ihre Wangen waren ganz knallig geworden, stellte er nebenher fest. Sicher vor Scham. Was hatte er nur getan, dachte er sich, und zwang sich dazu, sich nicht zur Flucht zu wenden, sondern zu bleiben, wo er war, und Prisca tapfer in die Augen zu schauen.
Genau zur selben Sekunde wie Prisca blickte er sich unwillkürlich um. Niemand da. Niemand, der seinen Fehltritt (den als solchen empfand er ihn) bemerkt hatte. Niemand, der als Zeuge dienen könnte. Was tun, sprach Zeus jetzt also. Grundlegend verunsichert blickte er zur Aurelierin.
Die gewisperte, kaum hörbare Frage kam ein wenig unerwartet, und Piso griff danach wie ein Fallender nach einem hingeworfenen Seil. „Ravenna, ja! Ich bin dort geboren und aufgewachsen. Wunderschöne Stadt... ja...“ Ach Herrje, und schon war das Gesprächsthema wieder vorbei. Denn auswalzen wollte er es wirklich nicht. Er war an einem Punkt angelangt, da er Ravenna hasste mit einem Gefühl, welches ihn dazu veranlasste, das Wort Hass bewusst zu verwenden.
Und wieder stellte sich die Frage, was er tun sollte. Noch einmal ging er im Kopf die Möglichkeit durch, einfach nur auszubüxen, Prisca im Stich zu lassen, und zu hoffen, dass er niemals wieder etwas mit den Aureliern zu tun haben würde.
Fast hätte er diesen Entschluss in die Realität umgesetzt. Fast. Denn Prisca tat nun etwas, was er gar nicht erwartet hatte – sie berührte seine Hände. Ganz kurz. Nur mit den Fingerkuppen. Es hätte auch ein Wind sein können, doch was windete hier schon groß in einer Bücherei?
Er merkte, hier war er am Zug. Er müsste etwas tun, sonst würden sie noch ewig hier herumstehen, sich ewig anglotzen wie zwei Ölgötzen, und starren. Er versuchte, ohne es nach außen hin zu Zeigen, tief Luft zu holen, wie um aus der Luft heraus Mut zu tanken.
„Ich...“ Welche Eloquenz! „Darf ich? Ganz... kurz?“ Er blickte nach unten, ließ seine Hände nach vorne wandern und ergriff die ihren. So, jetzt war es getan, jetzt kommst du da nicht mehr raus, dachte er sich selber.
Sorgsam, ja, zärtlich ließ er seine Daumen über ihren Handrücken streichen und begann zu lächeln. „Wie ich es mir gedacht habe. Seide. Deine Hand fühl sich an wie... wie Seide.“ Irgendwie hatte er ein Deja-Vu. Formal war eigentlich alles wie bei bei diversen anderen Damen. Also, rein faktisch gesehen. Nur, bei bei denen hatte er einzig und allein blindes Verlangen gespürt. Ausser bei Serrana, selbstredend. Hier war es irgendwie... anders... obwohl es gleich war... Mensch, du Anwalt du, mit solcher Logik schwemmst du deine Prozessgegner nur so aus dem Gericht raus, frotzelte etwas in ihm. Aber Piso war sich ziemlich sicher, Logik würde ihn in seiner Situation nicht weiter helfen. Vielleicht sollte er jetzt einfach nur etwas Empörendes tun, und damit wäre die Sache gegessen. Er müsste sich nicht weiter wundern, was hier gespielt wurde.
Und doch... er wollte bei Prisca bleiben, und zwar um nichts lieber als alles andere. -
Oh weh! In welches Dilemma waren sie da beide nur hinein geraten?! Wessen Schuld war das eigentlich? Natürlich gab es nur einen Schuldigen: Aulus Flavius Piso! Aber wie hätte Prisca ihm böse sein können, ob seiner schmeichelnden Worte. Im Grunde hätte auch sie die Möglichkeiten dazu gehabt die Situation irgendwie zu entschärfen: Sie hätte das Kompliment einfach überhören können, es als nichtig abtun - sie hätte ihn auch leicht pikiert ansehen und die Frage stellen können, ob dies gar anzüglich gemeint gewesen sei. Sie hätte ihn von vorne herein dafür rügen müssen, dass dies ein unziemliches Verhalten für einen Patrizier sei. Letztendlich hätte sie auch einfach davon laufen können (spätestens jedoch nach ihrer dämlichen Frage). … Hätte, hätte, hätte… ja hätte .. (ständig dieses "hätte")
Womöglich hätte (schon wieder) Prisca das Eine oder Andere von dem sogar gesagt oder getan, wenn Pisos Worte vielleicht anzüglicher geklungen - und sein Blick ein bisschen lüsterner gewirkt hätten (*sfz*). Das gab es ja schließlich auch zur Genüge, dass die Männer zwar von den Augen einer Frau sprachen, während sie gleichzeitig die ihrigen um einiges tiefer blicken ließen. Alles Unsinn! Piso hatte geradewegs in ihre Augen gesehen und sonst nirgendwo hin. Falls doch wäre dies Prisca völlig entgangen. Im Moment entging der Aurelia allerdings so einiges, was sich in ihrer Umgebung abspielte. Unter anderem auch Pisos Antwort auf ihre dämliche Frage. Ravenna? …hmm, ... Nur ganz am Rande nahm Prisca davon Notiz, dass der Flavier anscheinend dort geboren ward.
Wunderschön - ja, echote es hingegen in Priscas Kopf als sie gebannt auf ihre Hände hinab starrte. Der Flavier hatte tatsächlich darum gebeten ihre Hände ergreifen zu dürfen. Und jetzt? Wird er mich jetzt in seine Arme ziehen? Welch naiver Gedanke, angesichts der Absicht die tatsächlich dahinter stand. Und doch. Es fühlte sich wundervoll an wie er so ganz vorsichtig und zärtlich über ihre Haut strich. Obwohl seine Hände angenehm warm waren, rann gleichzeitig ein angenehm kühler Schauer über Priscas Rücken hinab. Er hat sich tatsächlich Gedanken darüber gemacht, wie sich meine Hände anfühlen könnten? … Wie Seide ... Schon wieder so ein schönes Kompliment!
Prisca hielt unweigerlich die Luft kurz an und stieß diese sogleich mit einem kaum hörbaren wohligen Seufzer wieder aus. Für manch Einen mochten diese Gefühlsregungen vielleicht etwas übertrieben aussehen, doch war Prisca eben eine junge unberührte Patrizierin und von daher war sie es nicht gewohnt einem Mann so nah zu sein, auch wenn sie bereits sehr intensive Studien zum Thema: "Was sie schon immer über Männer wissen wollte" (und das mitunter an eher ungewöhnlichen Orten) betrieben hatte. Das hier war jedenfalls etwas ganz anderes. Eine sehr seltene und gleichsam neue, wie auch aufregende und schöne Erfahrung, so wie damals bei dem Ausflug nach Ostia. Doch jener Tag war längst Vergangenheit, im Gegensatz zu diesem wunderbaren Augenblick.
Gebannt beobachtete Prisca also weiter wie Piso ihre Hände befühlte und als er damit fertig schien, wagte sie es und umfasste vorsichtig die seinen, um diese zunächst ohne Worte zu halten und leicht zu drücken. Wie erwartet waren es keine rauen Arbeitspranken sondern vielmehr perfekt gepflegte und angenehm weiche, fast schon filigrane Patrizierhände. Trotzdem wirkten sie viel größer, viel stärker als die ihren und es war einfach aufregend schön sie zu halten und sich vorzustellen wie es wäre, von diesen Händen gehalten und gestreichetlt zu werden … Ich darf gar nicht dran denken ….
Ein versonnenes Lächeln stahl sich auf Priscas Gesicht und erst als sie bemerkte, dass sie bei der Betrachtung seiner Hände den daran hängenden Flavier fast vergessen hatte, sah sie wieder zu Piso auf und meinte mit einem ganz verklärten Blick und einem sanften Lächeln: "U..und was wirst du nun mit dieser Erkenntnis anfangen, dass sich meine Haut anfühlt wie Seide, … mein lieber Piso? " Oh, welch Wunder! Prisca hatte ihre Stimme wieder gefunden. Leise zwar, aber es klang dafür umso verl ….Du liebe Güte! ..Wie kann ich ihm nur eine derartige Frage stellen? Zu spät!
Noch immer waren sie in der selben verfänglichen Situation gefangen, hier zwischen all diesen Schriften und Büchern - mitten in einer kleinen öffentlichen Buchhandlung - verborgen hinter hohen Regalen. Mit dem einzigen Unterschied, dass sie jetzt auch noch Händchen haltend da standen! Und was jetzt? ...
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Jetzt aber, jetzt wirst du was erleben, Freundchen, dachte er sich selber. Jetzt war er zu weit gegangen. Sie würde ob der Berührung seine Hände wegklatschen, weggehen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden! Das war es jetzt! Er war zu weit gegangen. Kurz musste er sich vorstellen, was gewesen wäre, wäre er ein Mädchen, und ein Kerl würde sich so an ihn als Frau heranmachen. So einem Saubartel hätte er doch schon lange Feuer unterm Hintern gemacht! Gleichzeitig kam ihm dieser Gedankengang absurd vor. Er, eine Frau, da lachten die Hühner. Auch wenn Piso die eine oder andere weibische Anwandlung manchmal an den Tag legte – er war njoch immer ein Mann! Und dies beeinflusste offenbar auch die Art und Weise, in der er dachte. Prisca schien da duldsamer, als er es gewesen wäre. Sie lächelte ihn sogar noch immer an. Jetzt aber, dachte er sich, jetzt würde sie eine austeilen, tschack, mitten ins Gesicht, und...
Komisch, dachte er sich selber. Genau diese Gedanken hatte er in den vergangenen Minuten mehrere Male gehabt. Und es war nichts passiert. Vielleicht hatte er eine Glückssträhne? Denn bis jetzt war auch noch nichts geschehen – aber Prisca fing wieder an, zu sprechen, ein wenig stotternd, als ob Piso durch sein Auftreten ihr die Sprache verschlagen hatte (dem war wohl auch so). Gleichzeitig fühlte er, kaum dass er damit fertig war, bei ihren Händen auf Tuchfühlung zu gehen, ihre Finger über die seinen streichen. Es war ein prickelndes Gefühl, wie Quellwasser aus den Appenninen, wie wie ein Plantsch ins eiskalte Frigidarium, nachdem man aus dem Dampfbad, halb verbrüht, herausgestürzt war.
Bei dieser Berührung hätte er fast darauf vergessen, hinzuhören, als Prisca wieder ihre Sprache gefunden hatte. Mit Mühe konzentrierte er sich. Seine Kehle fühlte sich rauh an, wie Schmirgelpapier. Unangenehm. Wie konnte man mit so einem Sandbollen im Gaumen antworten? Vor allem auf so eine Frage, wie die Aurelierin sie stellte?
Denn die Frage war... ein wenig seltsam, wenn auch nicht unberechtigt. Ja, was würde er mit dieser Feststellung anfangen?
„Ich...“ Seine Stimme, welche unzweifelhaft die des begnadetsten Sängers in Rom war, klang nach Rauch. Wie eine Staublawine, wie ein Stück rostiges Eisen, welches lautstark über eine Schiefertafel gezogen wurde.
Er räusperte sich. „Ich...“ Schon besser. Nur, was sagte er? Viel Zeit zum Nachdenken hatte er nicht, doch viele Optionen erschlossen sich ihm ebensowenig. Was könnte er damit anfangen, was denn? Nichts zu antworten, wäre der Situation nicht wirklich angepasst. Er sollte etwas sagen, etwas, was halbwegs ankam. Nur was?
Es fiel ihm nichts ein, mit einer Ausnahme – dort, wo sich der Ästhet in ihm einschaltete. Gut beraten war er nicht, so etwas zu sagen... doch Alternativen waren inexistent. „Ich...“, begann er zum dritten Mal, „könnte es als Motiv nehmen für... ein Gedicht. Ja, ich könnte ein Gedicht darüber schreiben. Über deine Hände.“ Unsicher blickte Piso Prisca an, jeder Unzulänglichkeit dieser Antwort eingedenk. Er horchte kurz in sich hinein, ob vielleicht ein besserer Vorschlag nachkäme. Doch da war Leeranzeige. Seine Antwort würde ziemlich sicher Hohn und Spott nun ergeben, aber da musste er durch.
Oder halt, erklang eine Stimme in ihm. Bis jetzt war Piso noch in keinen Watschenbaum hineingerannt. Vielleicht würde er das in Zukunft auch nicht tun? Vielleicht durchlief er gerade so etwas wie eine Glückssträhne? Vielleicht endete alles gut, und Friede, Freude, Eierkuchen würden Einzug halten? Ja, es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als auf sein Glück zu vertrauen – denn so kam er sich vor, als ob er mit seiner Antwort Würfel in einen Würfelturm hineingeschoben hätte, welche unten in allen möglichen Konstellationen hinauspurzeln könnten.
„Würdest du das... wollen? Überhaupt?“ Mit einem ein wenig beklommenen Blick schaute er sie an. Vielleicht hatte er jetzt gerade ins Wasser gehauen. Vielleicht aber auch nicht. Vor lauter Spannung, die die Erwartung auf Priscas Antwort mit sich brachte, musste er fast zittern, doch er beherrschte sich. Ein Flavier zittert nicht, vor allem nicht vor einer Frau! Ein Flavier zeigt keine Angst! Ein Flavier bleibt stets stoisch... Bona Dea, mach, dass meine Blase hält, dachte er sich und blickte tapfer Prisca weiter an, lächelnd wie immer, in seinen Augen aber Gespanntheit und Konzentration erahnen lassend.
Und, was ihm auffiel – er hiel ihre Seidenhände noch immer. Doch sie loszulassen, wäre etwas, was er nicht wollte. -
Du meine Güte! Wie konnte sich dieser Tag, der doch ganz normal und unscheinbar seinen Lauf genommen hatte, nur derart verwirrend entwickeln? Verwirrend für die Sinne? Oder täuschte sich Prisca gar in ihnen ? Nur woher kam dieses seltsame Kribbeln in ihrem Bauch und das Herzpochen, das gar nicht mehr aufhören wollte? Nein nein, das bilde ich mir alles nur ein! Und doch war da etwas. Nur was? Noch einmal rief sich die Aurelia ins Gedächtnis was sich in so kurzer Zeit alles zugetragen hatte: Der Flavier ist in mich hinein gerannt, hat mich auf unflätigste Weise beschimpft und dann? Hat er mir sein Herz ausgeschüttet und wir haben uns immer besser unterhalten. Und jetzt? … Stehen wir hier in dieser Buchhandlung, halten uns an den Händen und … in ähnlcher Weise erging es Prisca so wie Piso, dass sie kaum mehr ein Wort herausbrachte. Jedesmal wenn Piso zu einem seiner "Ich´s" ansetzte, blickte die Aurelia ihn voller Erwartung an und hoffte er würde es sagen, etwas ganz bestimmtes obwohl allein der Gedanke dumm war darauf zu hoffen, er würde eventuell jene drei Worte sagen .... Ausgerechnet jetzt und hier … nein nein, das war völllig abwegig ...
Endlich! Beim dritten Anlauf brachte Piso dann heraus was er sagen wollte. Keine drei Worte. Nein Er wollte …. "Ein Gedicht? ..." schreiben Für mich? Über ihre Hände wohlgemerkt! Ungläubig starrte Prisca den Flavier zunächst an. Hatte sie ihn nicht richtig verstanden, oder war sie gar enttäuscht? Lediglich das Glänzen in ihren Augen vermochte ihre ehrliche Freude zu bekunden. Sehr wahrscheinlich hätte Prisca selbst ein Gedicht über ihre Nasenspitze, ihre Ohrläppchen … Augenbrauen (oder was auch immer Piso an ihr finden würde),mit gleicher Freude aufgenommen. Oder kam da am Ende gar noch etwas nach? Piso wirkte verunsichert, so als ob er in sich hinein hören würde. Hatte er es womöglich nicht ernst gemeint, war es ihm peinlich oder warum fragte er plötzlich nach, Ob ich das wollen würde …
Ja ja ja! Natürlich möchte ich es! So ein wundervolles Geschenk … … "Ich …", Herrje, jetzt fing das auch noch bei ihr an. "Ich...", fast hätte Prisca darin verloren den Flavier einfach nur weiter versonnen anzusehen. Wie konnte seine Freundin nur diesen Fehler begehen und ihn einfach verlassen? Hatte die denn keine Augen im Kopf, oder was könnte ein Grund sein so einen Mann einfach aufzugeben? Prisca konnte das nicht verstehen, hatte sie bis jetzt doch einen so positiven Eindruck von Piso gewonnen. Wie sollte sie es am besten erklären … Er ist nicht so prahlerisch und so von sich selbst überzeugt wie manche Männer - kein Macho und kein arroganter Schnösel. Er hat so vielseitige Interessen und sein Lächeln ist so offen und ehrlich … und er sieht auch noch gut aus …du meine Güte! Wie sollte das hier nur enden? Es war einfach zu schön um wahr zu sein. "Ich … Beim dritten Mal ging ein kurzer Ruck durch Prisca und sie zog ganz sanft an seinen Händen. Am liebsten hätte sie ihn umarmt und sich an ihn geschmiegt. Doch was machte sie stattdessen? …
Wie in Zeitlupe löste sie den Griff um seine Hände, sodass sie einander entglitten und gelichzeitig trat Prisca einen Schritt zurück. "Ich …mh, ich glaube, ich sollte jetzt besser ...gehen." Herrje wie kann ich nur so dumm sein und sowas sagen Beschämt blickte Prisca zu Piso und ein flüchtiges Lächeln der Entschuldigung huschte über ihre Lippen. Wie sehr hätte sich Prisca in dem Moment eine Anleitung zum 'Glücklichsein' für sie beide gewünscht, doch diese fand sich auf die Schnelle leider nicht ...
Schon hatten ihre Füße die Aurelia ungewollt wenige Schritte davon getragen, ehe sie sich noch einmal zu ihm um drehte. "Vale …bene …Piso! Ich hoffe wir sehen uns bald wieder?", wie eine Frage klang der Wunsch, den Prisca ihm entgegen hauchte und insbesondere seinen Namen betonte die Aurelia mit besonderer Hingabe. Oder war dieses Treffen nur ein Wunschgedanke? Prisca hob die rechte Hand und winkte Piso zum Abschied zu, ehe sie ihm schweren Herzens den Rücken kehrte und schnellen Schrittes die Buchhandlung verließ ...
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Ein Gedicht, ja, ein Gedicht, dachte sich Piso, als Prisca ganz ungläubig seinen Vorschlag echote. Er musste sich jetzt nicht wundern, dass sie sehr verwundert über so etwas war. Kurz dachte er darüber nach, was gewesen wäre, wenn ein mädchen zu ihm gesagt hätte, sie würde über seine Hände ein Gedicht schreiben. Gewiss wäre er sich veräppelt vorgekommen, trotz seiner enormen Anfälligkeit für Schmeicheleien. Ja, er wäre, aber sie? Da war ja noch was – Männer und Frauen mochten da ein wenig unterschiedlich sein. Ja, möglicherweise würde sie das anders auffassen als ein Mann. Piso sah sich selber zwar als Frauenversteher von nicht unbedingt geringen Fähigkeiten, doch hie und da blickte er gar nicht mehr durch. Eben darauf musste er jetzt hoffen, denn sonst wurde das nichts mehr.
Doch ob sie es wollte oder nicht, sagte sie nicht. Nein, sie begann zu stammeln. Herrje, Aulus, du dummer Mensch. Du hast sie jetzt in Verlegenheit gebracht. Und dich selber zum Affen der Nation gemacht. Ich... ich... ich... Irgendwie kam ihm das bekannt vor. Er hatte die Vermutung, sie zitierte seine Worte von grade eben. Verunsichert musterte er Prisca, und sein Blick traf ihre Augen, ihre wunderschönen azulblauen Augen, die strahlten – ein eindeutiges Ja zu seinem Gedicht.
Es war genau diese Sekunde, als in seinem Hirn ebendieses Gedicht Gestalt annahm. Oh ja, er würde ihr eines schreiben, wie er es noch nie geschreiben hatte. Für Prisca, nur für sie. Die Ideen akkumulierten sich schon in seinem Kopf. Er musste sie nur noch entsprechend kanalisieren. Ja, es kam ihm vor, als hätte man ihm eine Energiespritze gegeben.
Sie stotterte noch immer, fiel Piso auf, und er begann sich nun doch Sorgen zu machen. War sie so überwältigt von seinem Versprechen? Gut möglich. Doch was jetzt nun kam, damit hatte er nicht gerechnet. Sie schickte sich an zu gehen. Sie ließ seine Hände los und trat einen Schritt zurück. Ein eindeutiger Schritt der Abweisung, so kam es Piso vor.
Er zwang sich zu einem Lächeln. „Äh, sicher.“ Mehr brachte er nicht heraus, er musste Prisca unentwegt anblicken. Doch schließlich wurde er ihre Lächelns gewahr. Sie hatte so ein schönes Lächeln, dachte er sich, und entschied sich, nicht der Tatsache, dass sie ging, gram zu sein.
„Vale...“, machte er, und blickte ihr ein wenig nach, als sie hinfortschwebte, wie eine Gestalt aus einer alten Mythologie, nicht wie eine junge Frau des kontemporären Rom. Bis dass sie aus der Bibliothek hinaus ging, ins Freue, wo sicher schon ihre Sklavin und ihre Leibwärter warteten.
Der arme Flavier musste einen sehr seltsamen Eindruck machen, inmitten Regalen von Büchern herumstehen, belämmert dreinschauend, mit einem undefinierbaren Lächeln auf seinen Lippen.
Erst nach einer Minute oder so erwachte er aus seiner Starre. Er schüttelte seinen Kopf ein wenig, als ob er aus einem seltsamen Traum aufgewacht wäre, und blinzelte.
„Was...“ Er blickte um sich, schaute die Schriftrollen an, als ob er so etwas zum ersten Mal sehen würde, und rieb sich die Augen. Dann blickte er auf seine Hände, und lächelte. Sachte fuhr er sich mit der rechten über die linke Hand, als ob er die Abdrücke von Priscas Händen noch an seinen erahnen könnte.
Er seufzte, leise und knapp. Sei n Mund öffnete sich. „Eine Frau zum Verlieben...“, murmelte er, bevor sein Blick hinauf wanderte, gen Decke. „Wenn ich es denn wieder könnte... wenn...“
Kurz blickte er ncoh zur Decke, dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus, ein großes, freudiges Grinsen. Er hatte eine Idee.
Eilends verließ er die Bibliothek, ohne etwas gekauft zu haben, nur Fußspuren hinterlassend.finis
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