Casa Germanica - Cubiculum Sabina

  • Was machte ein kleiner Junge, wenn er Langeweile hatte und sich unbeobachtet fühlte? Genau. Er machte entweder Lärm, Dreck oder, wenn er ausnahmsweise von beidem mal absehen wollte und sich zudem in einer vollkommen neuen Umgebung befand, erfand er ein Spiel.


    Für die kommenden Stunden war schnell eines gefunden.


    In diesem Haus gab es nämlich unwahrscheinlich viele Türen. So viele Türen, dass es beinahe an Arbeit grenzte, jede zu öffnen und zu gucken, wohin das Dahinter führte. Nun war er es aber glücklicherweise so, dass Marcus mit einer gehörigen Portion Neugier ausgestattet war. So scheute er keinen Aufwand, als sich an die "Arbeit" machte.


    Ausgangspunkt war das Zentrum seiner Welt, sein eigenes kleines Rom, sein Königreich. Es war sein Cubiculum. Die erste Tür, die er genau gegenüber seiner Zimmertür fand, öffnete sich in eine dunkle Leere, nachdem er zuerst höflich angeklopft und sie nur langsam geöffnet hatte. Ein verwaistes Zimmer. Wie langweilig. Die zweite Tür war verschlossen gewesen. Spielverderber.
    Der Spaß, den das Spiel versprach, schmälerte sich nach diesen Misserfolgen natürlich dramatisch.


    An der dritten Tür klopfte er nicht an, sondern trat einfach ein. Nun traf ihn die Überraschung doch, als er dieses Cubiculum alles andere als leer vor fand. Auf einem Stuhl saß das kleine Mädchen, mit dem er einen so unglücklichen Start hingelegt hatte. Neben ihr saß Bia, die nicht ihre Mutter war, sondern Bia. ;)


    Er blieb in der geöffneten Tür stehen, verschränkte die Hände hinter seinem Rücken und fragte: “Was mach ihr? Spielt ihr etwas?“

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    Bia, Sklavin und Kindermädchen


    Sabina schmiegte sich an Bia und diese versuchte ihren kleinen Schützling zu trösten. Was nicht so einfach war, denn das Mädchen war völlig aufgelöst und durcheinander. Und Bia wusste nicht einmal warum. „Ach, mein kleiner Schatz!“ sagte sie liebevoll und strich über den Kopf des Mädchens.


    Zunächst bekamen die Beiden gar nicht mit, dass noch jemand im Zimmer stand. Erst als die Stimme des Jungen erklang, hob das Kindermädchen den Kopf und schenkte dem Jungen ein schiefes Lächeln. Sabina jedoch bekam im Augenblick nichts, außer ihren eigenen kummer mit.


    „Salve, junger Mann!“ Bia blieb vor dem Stuhl hocken und nickte Marcus zu. „Wir spielen nicht“, antwortete sie und betrachtete den Jungen, während sie Sabina streichelte. „Langweilst du dich?“ fragte sie und war etwas überfordert. Da hatte sie nun ein weinendes Mädchen an der Brust und einen munteren Jungen mitten im Zimmer stehen. Sie war etwas ratlos.

  • Bia, die Bia war, und nicht Sabinas Mutter, lächelte in an, als sie ihn bemerkte. Sie war freundlich, befand er. Das Mädchen aber schien sein Eintreten gar nicht zu bemerken und schluchzte weiter. Nein, spielen taten sie wirklich nicht. Sabina machte einen sehr traurigen Eindruck. Ob Bia mit ihr geschimpft hatte?


    Sein Blick flog zu der Frau. Langweilte er sich? Hmmmmmmja. Ein bisschen. Alle haben etwas zu tun und mein Bruder muss sich um die Stadt kümmern.“ Tatsächlich musste sich Aculeo sich um Dinge in der Stadt kümmern, nicht um diese selbst, aber das hatte der Junge halt anders verstanden.


    Er drückte die Lippen aufeinander, verzog den Mund, blähte eine Wange auf und sah sich dann in dem Zimmer um. Seine Augen erblickten viele tolle Spielsachen. Dass Sabina Zeit hatte traurig zu sein, wenn doch so viele Spielsachen um Aufmerksamkeit bettelten, konnte nicht normal sein. Es bedrückte den sonst so resoluten Knaben sogar.
    Also ging er ein paar Schritte näher und setzte sich vor ihr im Schneidersitz auf den Boden. Aus dem kleinen Beutelchen an seiner Hüfte nahm er einen kleinen Gegenstand und hielt ihn auf der offenen Handfläche. “Das ist ein ganz besonderer Käfer. Man trifft ihn nur im Maius an und auch nicht überall. Das ist der einzige, den ich je gesehen habe. Mein Bruder sagt, er ist ein Bote Maias und damit ein ganz besonderer Glücksbringer.“

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    Bia, Sklavin und Kindermädchen


    Sie hatte es geahnt, der Junge langweilte sich und da sein Bruder anscheinend ausgeflogen war, fiel es nun ihr zu, sich um ein weiteres Kind zu kümmern. Ausgerechnet heute, wo Sabina völlig aufgelöst in ihren Armen lag und sie nicht wusste, wie sie das Kind beruhigen sollte. Aber vielleicht war auch Marcus eine passende Ablenkung für ihren Schützling.


    „Dein Name ist Marcus, richtig?“ fragte sie nach und streichelte während dessen Sabina. „Ich bin sicher, Sabina erlaubt dir dass du mit ihren Sachen spielen darfst. Aber sei bitte nicht allzu laut, die Senatoren müssen arbeiten und im Haus ist Ball spielen verboten. Sonst geht noch etwas kaputt!“ erklärte sie ihm. Doch der Junge setzte sich neben sie und kramte dann etwas heraus. Einen Käfer, sie konnte nicht fassen. Ein ziemlich großes hässliches Tier und es war bestimmt halb so groß wie die Kinderhand. „Hübsch“, kommentierte sie etwas angewidert, sie mochte Insekten nicht sonderlich, aber Sabina schleppte ständig irgendwas an.


    Sabina schniefte geräuschvoll und linste ein ganz klein wenig an Bia vorbei. Ihr Blick fiel auf den doofen Jungen, der sie am gestrigen Tag so geärgert hatte. Er wirkte nun gar nicht mehr so doof. Jedenfalls nicht so doof wie ihr Vater, der sich einfach ne neue Frau nahm sie und abschob. Ein großer toter brauner Käfer lag in seiner Hand. So einen hatte sie noch nicht gesehen.

  • Marcus nickte. “Die meisten sagen Pius zu mir, aber du darfst Marcus sagen.“ Die Mahnung nahm er hin, sie ging jedoch zum einen Ohr rein und zum anderen raus... Immerhin hatte er ja zur Zeit auch eine Beschäftigung, ein Spiel, das er sich selbst ausgedacht hatte und das noch lange nicht zuende war.


    Bia betrachtete den toten Käfer angeekelt. So reagierten die meisten Menschen, vor allem die Frauen. Warum nur? Taten die Käfer ihnen etwas? Sein Blick wanderte vorsichtig zu Sabina. Sie war ein Mädchen und er glaubte, dass irgendwann einmal aus ihr eine Frau werden würde. Vielleicht mochte sie den Käfer ja deshalb auch nicht leiden.


    Das Mädchen schniefte und ihr Blick wanderte zum Käfer in seiner Hand. Ausnahmsweise zeigte Marcus Feingefühl und blieb geduldig. “Ich habe ihn in der Nähe von Misenum aufgelesen. Ich weiß leider nicht, was ihn getötet hat.“ Er machte eine Pause und strich mit dem Finger über den braunen Panzer. Innerlich focht er einen Kampf mit sich aus. “Wenn du magst, kannst du ihn haben.“
    Er hielt ihn ihr hin. “Aber du musst gut auf ihn aufpassen.“ Vielleicht wollte sie ihn ja nicht, dann wäre er froh.

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    Bia, Sklavin und Kindermädchen


    Bia nickte nur, sie hatte ja immer noch Sabina an ihrer Brust. Sie ahnte aber bereits, dass sie in Zukunft auch auf diesen Jungen achten durfte. Das konnte heiter werden. Vor allem dann, wenn sich die Kinder unter einander dann nicht verstanden. Der Junge hatte ja schon bewiesen, dass er ziemlich frech sein konnte. Sabina war beleidigt davon gelaufen.


    Zu ihrer Überraschung zeigte dann der Junge doch so etwas wie Feingefühl. Verblüfft sah sie zwischen Marcus, Sabina und dem Käfer hin und her. Ein leichter Schauer lief ihr über den Rücken. Wer wusste schon, wo sie auf das tote Vieh stoßen würde, wenn sie wieder einmal ihrem Schützling hinter her räumte. Aber sie mischte sich nicht ein, das war eine Sache der Kinder.


    Noch einmal schniefte Sabina, ihr Blick wanderte von dem Käfer zu Marcus und wieder zurück. Für den Moment war ihr Kummer vergessen, sie war Faszination gewichen. „Der ist aber groß!“ piepste sie. Etwas unsicher sah sie kurz zu Bia auf, sollte sie wirklich den Käfer an sich nehmen. Ihr Kindermädchen zuckte mit den Schultern, was so viel bedeuten sollte, wie ’Deine Entscheidung’. Sabina löste sich von ihr und setzte sich Marcus genau gegenüber auf den Boden. Trotz der geröteten Augen lächelte sie schüchtern. „Ich darf ihn wirklich haben?“ fragte sie

  • Mit einer Mischung aus Freude und Enttäuschung beobachtete Marcus, wie das Mädchen sich von kindlicher Faszination mitreißen und sich ebenfalls auf dem Boden nieder ließ. Er nickte. “Mein Bruder hat gesagt, er hat sogar schon größere als diesen gesehen,“ setzte er noch eins oben drauf.


    Marcus kleine Hand mit dem Käfer kam Sabina ein bisschen näher. “Ja. Er hat mich auf der Reise gut beschützt, ich war gar nicht krank. Und da ich jetzt hier bin, brauche ich ihn nicht mehr.“ Er lächelte schief, weil ihm der Gedanke, den Käfer herzugeben, doch mit Wehmut traf.
    “Einem Erwachsenen kann man ihn nicht geben. Sie finden ihn entweder ekelig oder sind zu unvorsichtig.“ Jetzt nahm er ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und legte ihn in Sabinas Hand.


    Da wuchs er aber gerade über sich hinaus.

  • „Es soll noch größere Käfer geben?“ fragte sie erstaunt. Kurz sah sie den Jungen prüfend an, der flunkerte sie doch nicht etwa an? Aber er meinte Aussage durch aus ernst. Sie war sichtlich beeindruckt.


    Marcus legte ihr schließlich den Käfer in die Hand und sie betrachtete das Geschöpf ganz fasziniert. Der Panzer war braun und matt, der kopf schwarz, die Fühler hatten lustige Puschel und die Beine kitzelten ein wenig. Kurz sah sie zu Bia, auch diese mochte Käfer gar nicht leiden. „Bia mag keine Käfer!“ teilte sie ihm dann mit. „Aber ich weiß nicht warum. Ich find sie lustig!“ ein Lächeln stahl sich auf ihre Züge.


    „Schau mal, ich hab bunt angemalte Schneckenhäuser!“ sagte sie, sprang auf und verschwand zur Hälfte in der großen Truhe- Den Käfer hatte sie ihm kurz noch einmal in die Hand gedrückt. Sie kam mit einem bunten Beutel zurück, den sie dann auf dem Boden ausschüttete. Kleine Holzkugeln, bunte Schneckenhäuser und Kiesel kullerten nun zwischen ihnen herum. „Damit spielen wir immer Kästchenhüpfen!“ erzählte sie ihm. Bisher hatte sie noch nie mit einem Kind unter einem Dach gelebt, das war eine ganz neue Erfahrung für sie. „Du darfst dir was aussuchen!“ sagte sie dann zu ihm. Sie wollte ihm auch etwas schenken.

  • “Hmhm,“ brummte Marcus bestätigend. “Aber gesehen habe ich noch keinen, der größer war als dieser.


    Der Käfer wechselte den Besitzer. Marcus verschränkte etwas trraurig die Hände ineinander, aber als Sabina schließlich lächelte und sagte, dass sie Käfer lustig fand, musste auch er lächeln. [I]“Ich auch!“


    Er folgte ihr neugierig mit seinem Blick. Angemalte Schneckenhäuser?! Sowas hatte er ja noch nie gesehen. Als sie dann das Beutelchen ausschüttelte, verfolgten Marcus‘ Äuglein die vielen bunten Gegenstände, die umher purzelten. Nun war er es, der fasziniert war. Diese bunten Dinge waren ja beinahe noch spannender als so ein Käfer. Immerhin waren sie…. Bunt! “Wow! Die sind aber schön.“


    Er sah staunend zu ihr auf. “Ich darf mir etwas aussuchen?!“ fragte er und seine Stimme überschlug sich fast. Aber er ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern nahm sich ein großes, sehr buntes Schneckenhaus und betrachtete es. “Das möchte ich gerne haben. Wo hast du das denn her?“

  • Zwar hatten die beiden Kinder einen schlechten Start gehabt, aber nun schien das erst einmal vergessen. Auch wirkte Sabina nun nicht mehr so traurig, sondern ein zaghaftes Lächeln zeigte sich auf ihren Zügen.


    Das Mädchen nickte bestätigend, er durfte sich eines aussuchen.


    „Die Schneckenhäuser hab ich im Garten gefunden und Bia hat sie mit mir dann angemalt!“ erzählte sie ihm. „Wir können ja mal gemeinsam im Garten nach Schneckenhäusern suchen gehen“, schlug sie ihm vor. Meist kurz nachdem es geregnet hatte kroch sie unter den Büschen herum und kam dann mit einer ausbeute von einigen Schnecken. Und dann kochte sie Helena für sie aus.

  • “Au ja!“ zeigte Marcus sich begeistert. Schnecken suchen klang nach viel Spaß! Jetzt gab er den Käfer bereitwillig zurück an Sabina, warf das Schneckenhaus in seiner Hand hoch und fing es wieder auf. Dann lächelte er fröhlich und steckte es in sein Beutelchen. Es war ein guter Ersatz für den Käfer, befand er.


    “Wollen wir was spielen?“ fragte er dann und sah sich überlegend um. Vielleicht hatte sie ja auch ein Gladius hier irgendwo rumliegen.

  • „Im Sommer, nachdem es geregnet hat finde ich immer die meisten Schnecken. Direkt unter den Büschen!“ erzählte sie ihm und nahm den Käfer wieder an sich. Kurz sah sie sich und legte das Geschöpf in eine kleine Schale auf ihrer Kommode, da würde er nicht verloren gehen oder kaputt. Auch würde ihn Bia garantiert nicht aus ihrem Zimmer räumen. Bia war erst einmal erleichtert, dass ihr Schützling sich beruhigt hatte. Sie würde die Gelegenheit nutzen und den Kindern etwas zu trinken hollen. Kurz strich sie Sabina über den Schopf.


    „Nicht zu laut!“ ermahnte sie die Beiden und ließ sie dann erst einmal allein. Vielleicht konnte sie dann noch in Erfahrung bringen, was Sabina so aufgeregt hatte.



    „Was willst du den spielen?“ fragte Sabina. Einen Holzgladius hatte sie nicht, aber dafür ein paar geschnitzte Holzfiguren in Form von Soldaten.

  • Natürlich hatte Marcus schon viele Schnecken gesehen. Er wäre nur nie auf die Idee gekommen sie auszuhölen und anzumalen. Er war da eher der Vertreter, der Schneckenrennen veranstaltete. Damit konnte man sich gut die Zeit vertreiben, wenn der Bruder keine Zeit übrig hatte. Bei Gelegenheit würde er auch mal ein Schneckenrennen mit Sabina veranstalten. Vielleicht.


    Bia schien die Gunst der Stunde nicht ungenutzt verstreichen lassen zu wollen und verließ mit mahnenden Worten den Raum. Wenn sie wüsste….


    “Mhmmmm…“ machte Marcus nachdenklich und stand auf, um einen besseren Überblick zu haben. Da fiel sein Blick auf die hölzernen Soldaten. Sie standen bzw. lagen etwas ausgegrenzt in einer Ecke des Zimmers auf einer kleinen Truhe. Mit einem Satz war er dort und nahm sie in die Hand. “Wollen wir Krieg spielen?“ schlug er dann vor und kam mit den Soldaten zu Sabina zurück.

  • Sabina hatte schon fast zu viel Spielzeug, deswegen lagen ihren Soldaten auch wenig beachtet in der Ecke herum, sie spielte viel lieber mit ihren Schnecken oder aber mit ihrer Puppe, welche einen Ehrenplatz auf ihrem Bett hatte. Als Marcus nun mit den Soldaten zurück kam betrachtete sie diese nachdenklich.


    „Warum willst du unbedingt Krieg spielen?“ fragte sie und nahm eine der Figuren aus seiner Hand. Suchend sah sie sich um und krabbelte dabei sogar unter ihr Bett. Schließlich kam sie wieder hervor, zu de Soldaten gehörten nämlich auch zwei Pferde. Beide waren irgendwann mal unter das Bett gekullert.
    Irgendwie wollten alle Jungs immer Krieg spielen, auch ihre Freunde. So wirklich verstehen konnte sie das nicht, aber sie spielte meist mit.

  • Marcus beobachtete sie, wie sie unter das Bett krabbelte und zuckte dabei etwas ratlos mit den Schultern. “Weil es Spaß macht! Und weil ich später, wenn ich groß bin, auch ein Soldat werde und dann in den Krieg reite. Dann werde ich ein berühmter Feldherr sein und der beste Kämpfer. Und Rom wird sicher sein.“


    War doch klar, oder? Nun kam Sabina wieder zu ihm und neben den beiden Soldaten hielt sie nun auch noch zwei hölzerne Pferde. “Magst du nicht Krieg spielen?“ fragte er, weil sie irgendwie den Eindruck erweckte, als wäre sie damit nicht so wirklich glücklich. Vielleicht musste er sie ein bisschen überreden. “Du bist ein germanischer Stammesführer, der gegen Rom revoltiert, ja? Und ich bin der römische Heerführer und wir kämpfen bis einer Tod umfällt oder sich unterwirft!“


    Das klang doch fabelhaft! Oder etwa nicht? Hm. “Was würdest du denn gerne spielen?“ Er überlegte kurz, was er gerade noch gerne machen würde. “Vielleicht Fangen?“

  • Irgendwie klang Marcus Antwort ziemlich vertraut. Diese Erklärung hatte sie schon von ihren Freunden gehört. Vor allem Lyso erzählte wann immer er es konnte, dass er Soldat werden wollte. Marcus würde wohl ihre Freunde auch bald kennen lernen dürfen, wenn er auch bald mit ihr zur Schule ging. Schließlich mussten alle Kinder zur Schule. Das hatte Bia ihr so erklärt. „Mein Freund will auch Soldat werden“, erzählte sie ihm. „Er heißt Lyso, sein Vater ist Beamter und wohnt hier in der Straße!“ erklärte sie dann freimütig.


    Als er sie fragte, ob sie nicht Krieg spielen wollte, wusste sie nicht was sie antworten sollte. Sie war froh gerade nicht allein zu sein, sodass sie auch mit den Jungen spielen würde, was er wollte. „Warum muss ich ein germanischer Stammesführer sein? Warum kann ich nicht der römische Feldherr sein?“ fragte sie, weil sie glaubte, dass Germanen ganz schlimme Menschen waren. Zwar gab es auch nette Germanen wie Gundhi und andere Sklaven, aber sie kannte eben nur die meisten schlimmen Geschichten.


    Marcus schlug dann vor, dass sie doch Fangen spielen konnten. Kurz überlegte sie, ob das so klug war. Eigentlich sollte sie nicht laut sein oder irgend etwas spielen, wobei etwas kaputt gehen konnte. Fangen gehörte zu diesen Spielen, aber sie war so wütend auf ihren Vater, dass sie gern bereit war, die Regeln des Hauses nicht zu beachten.


    „Wir spielen Fangen mit verstecken!“ schlug sie dann vor. „Zuerst zählt einer bis zehn, in der Zwischenzeit rennt der andere Weg und versucht ein Versteck auf die Schnelle zu finden oder zumindest so lange weg zu laufen, bis er gefangen ist“, erklärte sie ihm dann.

  • Diesen Lyso wollte Marcus gerne kennenlernen. Es klang so, als wäre er ein toller Spielgefährte.


    “Na, weil ich gewinnen möchte, antwortete Marcus ihr wahrheitsgetreu und geradeheraus. So waren Kinder nun einmal. Sie hatten eine ganz genaue Vorstellung von dem, was sie wollten und wie sie es wollten. Dabei war Sabina nun bedauernswerterweise die Rolle des groben Germanen zugefallen. “Und die Germanen sind stark und zäh und tragen Tierfelle auf ihren Köpfen.“ Naja, so eine gute Idee schien das nicht gewesen zu sein.


    Der zweite Spielvorschlag, der von Sabina akzeptiert und sogar erweitert wurde, klang jedoch auch nach viel Spaß. Dennoch musste Marcus einen Einwand bringen. “Aber das ist gemein. Du kennst dich hier aus und somit auch die besten Versecke.“ Das war natülich ein riesen strategischer Nachteil. Doch nach kurzem Überlegen konnte selbst der ihn nicht hindern, zuzustimmen. Immerhin war Sabina nur ein Mädchen und er mit Sicherheit doppelt so schnell wie sie. “Aber egal, ich werde schon welche finden. Darf ich anfangen mit Davonlaufen?“

  • Marcus reagierte wie jeder Junge, er wollte unbedingt gewinnen, wenn sie Soldaten spielten. Aber Sabina wollte auch nicht verlieren, außerdem gefiel es ihr nicht sonderlich gut mit groben Pelztragenden Germanen verglichen zu werden. Sie zog eine Grimasse, um ihren Unmut auszudrücken. „Ich will aber nicht verlieren!“ erklärte sie ihm dann kategorisch. Kurz überlegte sie, ob sie sagen sollte, dass es ihr Spielzeug war, aber das wäre nicht nett gewesen und Marcus hätte sie dann vermutlich allein gelassen. Sie wollte aber nicht allein sein, nicht nachdem ihr Vater diese Dinge gesagt hatte.


    „Ich kann dir ja vorher das Haus zeigen!“ schlug sie ihm vor. „Oder wir spielen nur im Erdgeschoss. Hier oben sind die privaten Zimmer der Familie und in dem Zimmer von Calvena will ich nicht spielen. Sonst ist sie Böse. Aber ich mag meine Cousine, sie ist ganz lieb!“ erklärte sie ihm. „Du wirst sie sicher auch kennen lernen!“ plapperte sie weiter. Sie nickte dann. „Ok, du darfst zuerst los rennen!“

  • "Germanen verlieren aber immer." Das musste mal festgestellt werden. Aber nun gut, dieses Spiel fiel eh erst einmal flach, also brauchten sie sich darum nun auch nicht streiten. Darauf wäre es jetzt nämlich ganz sicher hinausgelaufen.


    “Dann spielen wir nur im Erdgeschoss. Einverstanden!“ Schließlich hatte er noch ein anderes Spiel am Laufen und das sah vor, dass er jede Tür öffnete. Das wollte er erst einmal gerne alleine tun, sonst war ja der ganze Spaß weg.


    “Gut,“ sagte der Junge und hob dann einen Finger. “Du hälst dir die Augen zu und zählst bis Zehn. Ab –„ Er drehte sich um, warf einen Blick links und rechts aus dem Zimmer und sah sie dann wieder an. “Jetzt!“


    Er wartete noch kurz, bis er sah, dass sie sich auch wirklich die Augen zuhielt, dann lief er los auf der Suche nach einem Versteck…

  • Heulend und wutentbrannt war Sabina die Treppen hoch gestürmt, nicht gerade leise. Einfach auch nur um ihren Vater zu ärgern. Er verstand ja überhaupt nicht. Mit einem Knall warf sie dann auch die Tür zu, nur um sich einen Augenblick später unter ihren Bettdecken zu verstecken. Nicht gerade ein allzu gutes Versteck, aber es reichte aus um allen zu signalisieren, dass sie mit NIEMANDEN reden wollte, schon gar nicht mit ihren Vater. Schniefend drückte sie ihr Gesicht ins Kissen und zog die Decke um sich herum zu einem festen Kokon...

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