Der Germane kommt

  • Brutus nickte dem Sklaven nur zu, zum Zeichen dass er warten würde. Ein wenig verloren schaute er sich im Atrium um und blickte durch die offene Decke in einen herrlich blauen Himmel. Das Klima war mild hier in Italia, nicht zu vergleichen mit der Kälte und dem Schnee, der nun in Germanien schon bald fallen würde. Die Iden des Novembers kamen näher und doch hatte er noch keinen Regen gesehen, seit er Rom betreten hatte.
    Brutus nahm den Wein entgegen, den ihm ein Sklave anbot und kostete. Er war würzig und genau richtig mit Wasser vermischt. Während er sich am Becher festhielt überlegte er, wie das Wiedersehen wohl sein würde, schließlich waren fast zwei Jahre vergangen, seit er Clara das letzte Mal gesehen hatte.

  • So einen schönen Tag wie heute hatten wir lange nicht mehr. Ich saß im Garten und genoss die herbstliche Stimmung
    als plötzlich Makitros auftauchte und sagte, ein fremder Mann wartet auf mich im Atrium. Ungern und mit einem tiefen
    Seufzer stand ich auf, bedeckte meine Schultern mit der weichen, wolligen Stola und machte mich auf den Weg.

    Ich betrat das Atrium und erblickte einen großen Mann, der durch die offene Decke in den Himmel blickte. Er schien in
    Gedanken versunken zu sein. Ich blieb stehen und schaute auch durch die Decke, habe aber da nichts interessantes
    entdeckt.... Ich zuckte nur mit den Schultern und wollte nun wissen, wer dieser Fremde war und was er wollte.


    "Salve, Herr, ich bin Duccia Clara, ... und mit wem... mit wem ...", und gerade in diesem Moment nippte er an seinem
    Becher und meine Knie wurden schwach. Ich konnte nicht glauben, wen ich da gerade erblickte... Es war kein Fremder,
    es war mein Cupidus, oder träumte ich? ... Langsam ging ich auf ihn zu und ein Lächeln trat auf meine Lippen. Und als
    ich vor ihm stand, reichte ich ihm vertrauensvoll und doch leise forschend meine Hand, während ich mit meiner anderen
    Hand ihm eine wirre Locke zärtlich aus der Stirn strich...


    "Mein edler Ritter,... schön, Dich wieder zu sehen..."

  • Der letzte Schluck Wein wollte fast nicht an dem Kloß in Brutus´Hals vorbeirutschen, als er Claras Stimme hörte und sich ihr zuwandte. Sein Herz schlug schneller und ein Lächeln kehrte in sein Gesicht zurück. Da stand sie also wirklich vor ihm und war noch schöner als vor zwei Jahren. Sie sah gesünder aus, hatte mehr Farbe im Gesicht und ihre wunderschönen Augen leuchteten.


    Freunde rann durch seine Adern, aber auch vermischt mit ein wenig Furcht, wie sie nun reagieren würde. Sie hatte in ihrem Brief nicht viel verraten, er wusste immer noch nicht, ob sie vielleicht wieder verheiratet war oder schon Kinder hatte. Zögernd nahm er ihre Hand in die seine, hielt sie zärtlich fest, als sie ihm mit der anderen eine Locke aus der Stirn strick, wie sie es schon früher getan hatte.
    Er zog sie sanft zu sich, nahm sie in den Arm und barg seinen Kopf einen Moment an ihrem Hals. Sie roch noch immer so aufregend....
    "Meine Clara... Meine Göttin...wie habe ich dich vermisst," stammelte er und wollte zerspringen vor Freude. Er hob den Kopf wieder.
    "Wie geht es dir?" hauchte er und streifte ihre Lippen mit den seinen.

  • Wie habe ich diesen Moment herbeigesehnt.... . In den vielen Nächten des Wachens und in den langen Wintertagen des
    Träumens habe ich stets ihn vor meinen Augen gesehen und in der Stille gebetet, es möge ihm nichts passieren, wenn er
    mit wilden Banditen in den Wäldern Germaniens kämpfte, gebetet, ihn noch einmal zu sehen, und die Götter haben meine
    Gebete erhört und nun er ist hier und seine Nähe brachte mich fast um den Verstand als er mich in seine Arme nahm und
    seinen Kopf an meinem Hals verbarg. Liebevoll streichelte ich seine Haare und genoss diesen Augenblick der Zärtlichkeit.


    Seine Berührung war für mich voll vertrauter Wärme und doch auf wunderbare Weise völlig neu... Dabei entging mir nicht,
    dass er trotz der Freude des Wiedersehens, etwas betrübt auf mich wirkte, was mir Sorgen bereitete, aber dann als unsere
    Lippen zu einem flüchtigen, zärtlichen Kuss fanden, war alles schon wieder vergessen...


    "Mein Amor, ich habe Dich auch vermisst, wie habe ich mich nach Dir die ganze Zeit gesehnt ...", mein Herz pochte wie
    wild, ob Cupidus das wohl hören konnte, ich lächelte glücklich in mich hinein...


    "Mir geht es großartig, danke, aber was ist mit Dir?...Und erzähl mir, Liebster, wie ist es Dir in dieser Zeit ergangen?"..."

  • Erleichtert spürte er, wie sie den leichten Kuss erwiderte, ja sie schien sich ebenso danach gesehnt zu haben wie er selber. Er umarmte sie und genoss einfach ihre Wärme, das Gefühl, endlich nach Hause gekommen zu sein. So musste sich Odysseus gefühlt haben, als er seine geliebte Penelope endlich wieder in die Arme schließen konnte.


    Er lächelte sie glücklich an und seine Hand fand die ihre, streichelte zärtlich darüber und ihre Finger umschlangen sich. "Mir geht es auch sehr gut, jetzt wo ich weiß, dass es dir gut geht. Ich hatte schon befürchtet ich würde nie wieder etwas von dir hören und habe meinen Freund Romanus gebeten, dich hier in Rom zu suchen und dir den Brief persönlich zu übergeben. Ich wusste ja nicht, dass ich auch noch hier her kommen konnte, sonst hätte ich ihn dir selber gebracht," meinte er verschmitzt.
    "Es gibt so vieles zu berichten, wo soll ich nur anfangen?", murmelte er, ein wenig verwirrt. Clara hatte immer noch diese Wirkung auf ihn, in ihrer Gegenwart konnte er nicht mehr klar denken, und wenn dann nur noch an sie.

  • In seiner Umarmung hatte ich das Gefühl, völlig gelöst in einem warmen Fluss zu treiben. Dann legte ich meinen Kopf auf
    seine Brust und schloss die Augen. Einen Augenblick war es still... Schweigend saßen wir so nebeneinander, als wollten
    wir den Genuss dieses Augenblickes nicht durch die Worte stören, und lassen unsere Hände nicht mehr voneinander los.
    Erst als Cupidus zu reden begann, öffnete ich meine Augen und sah ihn liebevoll an,


    "Ach, wie könntest Du nur so was denken... Ich war sehr glücklich, als Atius Romanus mir Deinen Brief übergab, denn
    ich habe auch gedacht, dass Du mich vergessen hast ..., habe auch sehr lange nichts von Dir gehört und mir Sorgen
    gemacht ..., aber nun bist Du hier, mein Herz ..."
    , ich schlang meine Arme um seinen Hals und küsste ihn zärtlich...


    "Was hältst Du davon, wenn wir einen kleinen Rundgang um die Casa machen, ich möchte Dir unseren schönen Garten
    zeigen, dann speisen wir zusammen und..., und dann können wir uns weiter unterhalten, was sagst Du dazu?"

  • Ihr Götter, wie hatte er ihre sanften Lippen und ihre wohltuende Stimme vermisst. Alles an ihr schien ihm göttlich zu sein und als sie ihn küsste, wusste er nicht, ob vielleicht Venus selbst herabgestiegen war.
    Langsam lösten sie ihre Lippen wieder voneinander und sahen sich tief in die Augen.
    "Deine Abreise kam so plötzlich, ich hatte keine Adresse, wohin ich Briefe hätte schicken können. Ich bin so froh, dass ich dich endlich wieder bei mir habe." Er hauchte ihr einen Kuss auf Ohr und blickte sich dann im Atrium um. "Ich folge dir, wohin du willst, meine Liebe, wenn es sein muss bis in den Orcus." Er lächelte und stand auf, sanft zog er sie hoch.

  • Über meine Abreise wollte ich nicht reden, denn ich wollte nicht an meine Krankheit erinnert werden.... Ich senkte meine
    Lider und seufzte leise, dann sahen wir uns wieder in die Augen und meine kleine Traurigkeit verschwand wieder.

    "In den Orcus? ..., das ist aber sehr weit, das Paradies liegt viel näher, ... komm, folge mir, mein Geliebter..."


    Und wir verlassen beide Hand in Hand das Atrium, um einen kleinen Spaziergang zu machen und anschließend begaben
    wir uns in mein Wohngemach

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