[Tablinum] Sermones cum Octaviis

  • Die Befunde, welche der Centurio schilderte waren so abscheulich, dass es mich schauderte. Kalte und heisse Wellen rannen meinen Rücken hinunter als er aufzählte, welche Verbrechen diese schreckliche Bande begangen hatte.


    Noch schlimmer war die Erkenntnis, dass der Mord an Cousin und Cousine vielleicht gar nicht wirklich nötig gewesen wäre, also vielleicht eine Tat darstellte, die am Ende diese Bande ins Verderben geführt hatte. Naja, also schlimmer nicht im Sinne dessen, dass der Tod der Verwandten damit sinnlos gewesen wäre, ganz im Gegenteil. Schlimmer deswegen, weil es scheinbar einen Doppelmord brauchte, um eine solche Bande zu zerschlagen.

  • Dives hing gebannt an den Lippen des Centurios, als dieser seine Ausführungen begann. Und er fing bereits mit einem Paukenschlag an: Die verantwortlichen Täter waren tot! Der Iulier nahm dies mit gemischten Gefühlen auf. Denn einerseits hatte diese Bande ehrloser Mörder gewiss nichts anderes als den Tod verdient. Auf der anderen Seite jedoch wäre ein Prozess mit späterer Hinrichtung im Rahmen einer "unterhaltsamen" Tierhetze oder einer Kreuzigung vor der Porta Esquilina, dem nächstgelegenen Stadttor zur Domus Iulia, zweifellos geeigneter gewesen, diese barbarischen Verbrecher für ihre Taten büßen zu lassen. Ein kurzer, qualfreier Tod durch die Klinge eines Soldaten der Cohortes Urbanae - und von diesem Szenario ging Dives bis hierher noch aus -, das wurde der Schwere des Verbrechens seiner Ansicht nach nur in Teilen gerecht.


    Der Octavier setzte seine Ausführungen fort mit der Nennung des Namens dieser mörderischen Bande: "Die Krähe". Der Senator wusste, dass die Krähe der Göttin Iuno heilig war als Symbol der Gattentreue. Und er wusste auch, dass es von allen Göttern "sein" Gott Apollo war, welcher sie nach mythologischer Erzählung ihr schwarzes Gefieder zu verdanken hatte. Noch nie jedoch hatte der Iulier den Namen "die Krähe" in Verbindung mit einer kriminellen Untergrundbande vernommen. Welchen Sinn hatte dieser Name? Weshalb nannte man sich so? Diese Mörder waren wohl kaum die Rächer der Iuno, die gegen untreue Ehegatten vorgingen...


    Noch bevor er weiter über diese seltsame Namensgebung nachdenken konnte, offenbarte der Centurio eine weitere überaus unerwartete Wendung: Die Krähen waren nicht durch die Cohortes Urbanae gerichtet, sondern bereits ausgeschaltet aufgefunden worden! Äußerst kurios. Und zugleich auch noch einmal etwas ärgerlicher. Denn dies bedeutete, dass die Mörder nicht nur ihrer gerechten Strafe durch die römische Iustiz entkommen waren, sondern es bedeutete überdies auch, dass sie nicht einmal für ihren Doppelmord an den beiden Iuliern gestorben waren, sondern am Ende womöglich nur für einen Kleinkrieg mit einer anderen Bande. - Man konnte ihm ansehen, dass Dives nicht besonders glücklich über diese Entwicklungen war. Dennoch wusste der Senator, dass es wohl kaum den Soldaten der Cohortes Urbanae anzulasten war, dass sich diese ehrlosen Gestalten scheinbar auch gegenseitig den Garaus machten.


    ...oder war es am Ende vielleicht doch mehr göttliche Rache denn reiner Bandenkrieg? Dieser vom verwundeten Hauptaufklärer ausgerichtete Gedanke war nämlich in der Tat auch aus divitischer Sicht interessant: Als Aedituus im Tempel der Venus Genetrix hatte Iulius Caesoninus ihm einst geschrieben von der tödlichen Rache, welche Venus einst an einem gewissen Tiberier genommen hätte. Ein kurzes Schmunzeln eilte über seine Lippen, während Dives seinen Cousin fast schon aus dem Grab rufen hören konnte, dass es gewiss auch hier einmal mehr Venus war, die ihren ergebenen, früheren Aedituus gerächt hätte. Der Senator seinerseits hingegen hätte - wenn, dann - indes eher Apollo in seiner alten Bedeutung als Todesgott in Verdacht. Und der Soldat der Cohortes Urbanae sah hier selbstredend den kriegerischen Mars am Werk.
    "Wer ist dieser Soldat, der für das Aufdecken all dessen den Hauptverdienst trägt, Centurio? Ich hoffe, es war nicht dieser Einsatz, bei welchem er sich derartig verletzt hat?", ergriff Dives letztlich als erster das Wort nach den Ausführungen des Octaviers.

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    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Nun war die ganze Familie versammelt, doch der Soldat, der ihnen die neuesten Ermittlungsergebnisse zu den beiden Morden mitteilen wollte, war noch nicht zugegen. Doch sie mussten nicht lange warten, lag doch eine gewisse Spannung in diesem Raum.
    Centurio Octavius berichtete dann, was seine Männer herausgefunden hatten. Offenbar waren Ceasoninus und Phoebe Opfer einer gefährlichen und brutalen Bande geworden. Rücksichtslose und gewalttätige Männer, die in der Subura ihr Unwesen trieben. Wie roh es dort zuging, hatte sie und Sulamith selbst erleben müssen.


    Zu ihrer Überraschung aber, waren die Täter wohl selbst zu Opfern geworden, denn man hatte ihre Leichen gefunden. Wer dies getan haben konnte, konnte nur gemutmaßt werden.
    Graecina hatte gefasst die Ausführungen des Centurios verfolgt. Auch wenn es abscheulich gewesen war, was sie da hören musst. Auch wenn am Ende die Mörder ihrer Verwandten tot waren, empfand darüber keinerlei Genugtuung. Vielmehr schmerzte es sie, dass so viele Menschen hatten sterben müssen. Wofür nur? All das war so sinnlos gewesen!

  • "Der Soldat, der die Hauptverantwortung trägt, ist Manius Purgitius Lurco. Er hat sich in diesem Einsatz über die Maßen des Erwartbaren hervorgetan."


    Jetzt wusste, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, Lurco nicht mitzubringen. Maro konnte sich nicht vorstellen, dass ihm Nachfragen besonders angenehm gewesen wären.


    "Was seine Verletzungen angeht... nicht direkt. Ich fürchte, viel genauer kann ich nicht werden. Das sind Operationsdetails, die ich prinzipiell ungern heraus gebe, wenn ihr mir vergeben wollt. Sie betreffen den persönlichen Zustand des Miles und ich wäre indiskret, wenn ich in dieser Frage nähere Ausführungen machen müsste. Abe ihr sollt wissen, dass er sich vollständig erholen wird."

  • "Manius Purgitius Lurco.", repetierte der Senator den genannten Namen des Soldaten... und erinnerte sich dabei daran, diesen Namen vor gar nicht allzu langer Zeit bereits einmal gesprochen zu haben. "Der Miles Purgitius Lurco aus der Cohors XII Urbana?!", versicherte er sich. Doch er meinte sich zu erinnern, dass auch der Centurio Octavius geschrieben hatte, dieser - ehemals unter divitischer Führung stehenden - Kohorte anzugehören. Da wäre es dann wohl doch ein größerer Zufall, wenn sich zwei namensgleiche Milites in derselben Kohorte derselben Einheit wiederfanden... oder? "Welch ein erstaunlicher Zufall!"


    "Ich habe erst vor kurzem auf dem Heimweg Halt gemacht vor der Villa Tiberia - oder vielmehr vor dem, was von dem glanzvollen Namen dieses Hauses heute übrig ist. Kaum dass ich meiner Sänfte entstiegen war, um mir das Haus nach meiner Zeit fern von Roma etwas eingehender von außen zu betrachten, ging auf einmal vieles ganz schnell: Mein Privatsekretär stellte sich auf einmal einer plötzlich in meiner Nähe aufgetauchten... Person in den Weg, die kurz darauf dann von einem Soldaten überwältigt und abgeführt wurde.", berichtete der Iulier den Vorfall aus seiner Perspektive. "Ich kann selbstredend nicht abschätzen, wie groß die Gefahr in dem Augenblick tatsächlich war, doch bin ich davon überzeugt, dass dieses Eingreifen sowohl meines Sklaven als auch - und vor allem - dieses Soldaten gewiss Schlimmeres verhinderte.", erklärte er. Denn auch ein Diebstahl oder ähnliches waren bekanntlich Dinge, deren Verhinderung mehr als wünschenswert war. "Ich hatte leider nicht die Möglichkeit, dem Soldaten sogleich persönlich zu danken, doch erfuhr ich von einem seiner anwesenden Kameraden, einem Iunius S..." - Dives überlegte einen Augenblick, bevor ihn sein Privatsekretär aus dem Hintergrund mit der passenden Einflüsterung erlöste - "...Iunius Scato, genau. Von diesem erfuhr ich, dass es sich um einen Purgitius Lurco aus der Cohors XII Urbana handelte, der hier mutig und beherzt eingriff."


    "So dies nun derselbe Purgitius Lurco ist, der sich auch in den Ermittlungen um den Tod unserer Verwandten Iulius Caesoninus und Iulia Phoebe so engagiert hervorgetan hat, hoffe ich, dass es mir gestattet ist, mich danach zu erkundigen, ob der Miles Purgitius für seinen augenscheinlich außergewöhnlich engagierten Einsatz mit einer Belohnung zu rechnen hat.", leitete er dann über. "Denn selbstredend liegt es mir fern, mich als Zivilist hier in die Angelegenheiten der Cohortes Urbanae einzumischen. Deshalb werde ich dich auch keinesfalls übergehen und mich über deinen Kopf hinweg an den zuständigen Tribun oder gar den Praefectus Urbi wenden. Doch ich möchte dir als Centurio sagen, dass es wohl im Interesse aller hier Versammelten ist, wenn ein so engagierter Soldat und Ermittler für seinen Einsatz auch Anerkennung findet - und sei es auch nur in Form einer Phalera.", breitete der Senator dem Centurio aus und hoffte, dass seine Worte dabei auf fruchtbaren Boden fielen. "Denn auch wenn im Fall unserer Verwandten die Täter leider nicht mehr ihrer gerechten und verdienten Strafe zugeführt werden konnten, sondern stattdessen wohl mit einem sehr viel milderen 'Urteil' davonkamen, so wäre es gewiss ein Ansporn, dennoch auch weiterhin so engagiert und tatkräftig an Roma Dienst zu leisten.", argumentierte der Senator und ließ nach so vielen Worten eine kurze Pause.


    "Darüber hinaus würde ich gerne dem Miles Purgitius schreiben und würde ihn - sowohl deine Zustimmung als sein Centurio als auch seine Genesung vorausgesetzt - eventuell dazu einladen wollen, mir bei einem Opfer zu assistieren.", trug er im Anschluss noch eine Bitte um Erlaubnis an den Centurio heran. "Denn als du vorhin sagtest, dass der Soldat ausrichten ließ, Mars habe unsere Verwandten gerächt, da musste ich augenblicklich an Iulius Caesoninus und an seine Verbundenheit den Göttern gegenüber denken. Bekanntlich hat er vor seinem Vigintivirat als Aedituus im Tempel der Venus Genetrix Dienst getan. Und ich denke, ein Dankesopfer seiner Familie am Tempel des Mars Ultor, bei dem auch der tüchtige Hauptermittler in diesem Verbrechen anwesend ist und beim Opfern assistiert, das wäre wohl zweifellos eine Geste, die auch ihm gefallen hätte.", dachte der Iulier laut und ging selbstredend bei den Worten 'Dankesopfer der Familie' davon aus, dass sich vielleicht auch seine Cousinen und sein Onkel als weitere Assistenten finden würden: Eine seiner Cousinen könnte den Wein reichen. Eine seiner Cousinen könnte Obst und Gebäck reichen. Sein Onkel könnte sich womöglich um den Weihrauch kümmern. - Und der Soldat wäre natürlich gewissermaßen prädestiniert, den Schlächter zu geben, der das Opfertier seinem Ende zuführte... So zumindest das spontane Gedankenspiel des Senators, der selbstredend ein solches Opfer finanzieren und in diesem Falle das Gebet sprechen würde.

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  • Iulius Dives Dankbarkeit war mehr als nur verständlich, auch wenn der Ausgang der Untersuchung leider nicht so war, wie es vielleicht wünschenswert gewesen wäre. Trotzdem schien von dieser Bande keine weitere Gefahr auszugehen.


    Ein Opfer war sicher angebracht!

  • Lurco und Scato hatte nalso auch hier schon beträchtlichen Eindruck gemacht. Interessant. In einigen Punkten konnte Maro dem gewesenen Ädil natürlich positiv antworten.


    "Ich werde Lurco in der Tat für eine Auszeichnung vorschlagen. Wie ich bereits sagte, hat er sich in dieser Sache über die Maßen verdient gemacht. Es ehrt dich, dass du sicher gehen möchtest, dass Lurco angemessen belohnt wird. Du kannst sicher sein, das dies auf jeden Fall geschehen wird.
    Ich denke eauch, er wird höchst geehrt sein, am dem Opfer, das du erwähntest, Teil zu nehmen. Ich werde ihn dann zum gegebenen Zeitpunkt vom Dienst frei stellen, damit er sich dieser Aufgabe widmen kann.
    Das Wohlwollen der Götter ist von hervorragender Wichtigkeit für die Sicherheit und den Erfolg der Cohortes wie aller Soldaten Roms."

  • "Das ist sehr großzügig von dir, Centurio. Vielen Dank.", zeigte sich Dives sehr erfreut darüber, dass der Octavier nicht nur für den Vorschlag der Auszeichnung offen war und die Partizipation seines untergebenen Miles an einem Opfer erlaubte, sondern überdies gar anbot, besagten Miles gar zum gegebenen Zeitpunkt von seinem Dienst freizustellen. Viel mehr hätte sich der Iulier an dieser Stelle wohl kaum erhoffen können.


    Der Senator hielt sich anschließend zurück und schaute in die Gesichter seiner anwesenden Verwandten (väterlicherseits). Denn er wollte das Thema nicht wechseln, bevor nicht auch sein Onkel und seine Cousinen die Möglichkeit hatten, etwaige Fragen und Bemerkungen loszuwerden. Erst wenn niemand weiter etwas würde sagen wollen, so hatte sich der Enkel des Censoriers Cicero Octavius Anton vorgenommen, würde er selbstredend noch in Erfahrung zu bringen versuchen, inwiefern es sich für Dives beim octavischen Centurio womöglich ebenfalls um einen Verwandten (mütterlicherseits) handelte...

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  • Bisher hatte sich die rothaarige Sklavin einzig und alleine darauf konzentriert, mit den Erfrischungen parat zu stehen und auf den Wink der domini augenblicklich zu reagieren. Jedoch ertappte sie sich dabei wie sie unwillkürlich ihre Ohren spitzte und den Octavier mit großen Augen anstarrte. Er sprach von einem Opfer im Tempel. Was für ein Opfer? Unwillkürlich krallten sich ihre Finger fester um das Tablett, während ihr das Herz bis zum Hals pochte.


    “Ein .. Opfer?“


    Wisperte die kleine Germanin mit erstickter Stimme und ließ ihren Blick zwischen dem Urbaner und dem Hausherrn hin- und her gleiten. Atemlos und aufgeregt zugleich.

  • Die Nachrichten waren eindeutig und leider nicht nur gut, aber es blieben für mich im Moment keine Fragen offen, welche ich dem Centurio stellen wollte oder konnte. Daher schüttelte ich langsam und bedächtig den Kopf, als mich Iulius Dives fragend anschaute.

  • Gnaeus und seine Frau Vibia Licinia verfolgten die Ausführungen des Offiziers Octavius sehr aufmerksam, aber zugleich mit versteinerten Mienen, die wie eine Mauer fast sämtliche Emotionen würdevoll vor dem Gast verbargen. Nur wer ganz genau hinschaute, dem fiel der kurze Seitenblick Licinias auf, während der Centurio redete. Und nur wer noch genauer hinsah, der bemerkte, wie sie ihrem Mann unauffällig eine Hand auf den Bereich seiner oberen Lendenwirbelsäule legte und ihm mit dieser Geste versuchte, Kraft zu geben und den Rücken zu stärken.


    Als der Senator später ein gemeinsames Opfer mit dem Hauptermittler vorschlug, nickte Gnaeus unweigerlich leicht. Das war sicher eine gute Art, um sowohl der Toten zu gedenken als auch diesen Purgitius wertzuschätzen - als auch den Kriminellen und Verbrechern in der Stadt zu zeigen, dass die Iulier noch immer da waren und fest an der Seite der schlagkräftigen Urbaner standen! (Oder auch umgekehrt, die Urbaner schützend an der Seite der Iulier.)


    Nach dem Danke des Senators hatte Gnaeus auch nichts weiter hinzuzufügen und schwieg deshalb. Er schaute kurz zu seiner Frau und sie daraufhin zu ihm. Und sie verstand auch ganz ohne Worte, dass sie die Hand vom Rücken ihres Mannes nehmen konnte. Gnaeus schenkte ihr ein dankbares Lächeln für ihre Unterstützung. Dann sah er zurück zum Senator und erinnerte sich, dass er noch eine Frage an diesen richten wollte. Aber nicht jetzt. Erst nach diesem octavischen Besuch.

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