ZitatOriginal von Cimon
Wie konnte der Parther nur glauben, der Nubier wüsste den Familienamen des anderen Parthers. In der Sklaverei spielten Familiennamen und Herkunft keine entscheidende Rolle mehr. Seit er in Gefangenschaft geraten war, hatte sich auch keiner um den Namen seiner Familie geschert. Warum sollte es hier anders sein? Die Römer sahen in ihnen nur Dinge, bestenfalls Wesen mit einem menschlichen Antlitz. Mehr aber auch nicht. Drum nickte Cassim nur bedächtig. Doch aus Cimons Worten konnte er entnehmen, dass jener Phraates einst einen höhergestellten Rang inne hatte. Vielleicht war er sogar Kataphrakt gewesen, so wie er selbst. Wenn das der Fall war, dann entstammte Phraates einer der edlen Familien Parthiens, denn nur den Söhnen aus adeligem Hause stand der Weg zu den Kataphrakten offen. Welch ein Jammer, dass Phraates nicht zugegen war! Er hätte ihn nur zu gerne getroffen. Blieb also doch nur noch die Möglichkeit, sich ein weiteres Mal Zugang zu dieser Villa zu verschaffen, um den anderen Parther zu sehen. Cassim war sich gewiss, wie schwierig dieses Unterfangen werden konnte, doch es musste eine Möglichkeit geben!
Wieder glaubte er, die Narbe seiner Brandmarkung stäche ihn, einfach um ihn in seine Schranken zu weisen. Wie er das alles hasste!
Zum Überdruss, glaubte er nun auch noch zu ahnen, der Nubier habe sein Schandmal im Nacken gesehen, was ihm ein unangenehmes Bauchgefühl bescherte. Tröstlich war es nur, er erwähnte es nicht.Nun begann er von diesem anderen Landsmann zu berichten, Bashir, den der Nubier kennengelernt hatte. In Mantua lebte jener. Also noch unerreichbarer für Cassim. Doch als Cimon dann beiläufig berichtete, wie er mit dem parthischen Freund in Kontakt bleiben konnte, verschlug dies Cassim glatt den Atem!
"Du, du schreibst ihm? Bei Ahura Mazda, wie machst du das? Ich meine, wer befördert deine Briefe?" Die Vorstellung, einander Briefe schreiben zu können, faszinierte Cassim so sehr, dass er die letzte Frage des Nubiers beinahe überhört hätte. Cimon hatte noch etwas Wein in den Becher des Parthers nachgegossen. Den konnte er jetzt gut gebrauchen, um seinen ersten Zorn hinunterzuspülen. Natürlich könnte er es dem Nubier nicht übel nehmen, zumal war aus der Formulierung seiner Frage zu entnehmen, dass man auch ihn gebrandmarkt hatte, wofür auch immer.
"Das Zeichen? Trägst du es auch?", fragte er mit ernster Miene. Bislang hatte er es dem Nubier nicht zugetraut, dass dieser jemals gegen seinen Herrn gestellt hatte. Vielleicht aber war das genau der Grund, weshalb er so unterwürfig erschien. Die Römer kannten viele Möglichkeiten, einen Mann zu brechen. "Nach meiner Flucht hat mich der verdammte Flavier brandmarken lassen, wie ein Stück Vieh. Verdammt soll er sein und all seine Nachkommen!", zischte er leise, damit ihn keiner der Römer hören konnte. Aristides jedoch galt sein ganzer Hass. Bedauerlich nur, dass jener Rom verlassen hatte und er ihm so keinen Überraschungsbesuch des Nachts abstatten konnte.