Domus Aeliana - Cubiculum Archias

  • Nen bleibenden Eindruck hinterlassen hatte er ganz sicher. Caius runzelte besorgt die Stirn und seufzte.
    »Wenn's nur um mich ginge, wär's mir ja egal. Aber ich will nicht, dass das schlecht auf Quarto fällt. Oder auf dich oder Seiana«, antwortete Caius ihr und zuckte mit einer Schulter.
    »Nur wie stell ich das an? Ich mein... Man geht ja nach so ner Aktion nicht einfach hin und sagt He, tut mir leid, aber der Kerl hat meine Freundin angebaggert. Ich hab eigentlich gar keine Lust, dass rauskommt, was da gewesen ist. Das geht die nichts an.« Fand er. Vielleicht konnte Axilla ihm da auch etwas raten.


    »Pah!« Caius verschränkte die Arme vor der Brust, als Axilla wieder von Vala anfing. Er beäugte sie misstrauisch von der Seite.
    »Ja, das denk ich mir. So wie du ihn angesehen hast. Was ist denn so Interessantes an dem?« Er klang abweisend und eifersüchtig, und das merkte Axilla ganz bestimmt auch.
    »Ich muss ihn ja nicht mögen. Reicht ja schon, wenn du ihn anstarrst, als wär er ein gekochtes Brathühnchen.« Er seufzte tief und versuchte, den grolligen Ausdruck von seinem Gesicht zu bekommen. Ein bisschen besser wurde es zwar, aber Caius sah immer noch hochgradig verstimmt aus.
    »Den, wo der ja sooo ehrenhaft ist mit seinen beschissenen Drohungen.«


    »Ach komm. Ich wollte sie doch nicht nur wegen der Familienbeande heiraten. Ich war halt irgendwie verliebt am Anfang...« Er zuckte mit den Schultern und sah jetzt wieder ruhiger aus. Axilla schmeichelte ihm ja auch ganz schön, und das verfehlte seine Wirkung nicht.
    »Meinst du das ernst? Also, nicht das mit Seiana, sondern dass du findest dass ich so bin?« fragte er nach.


    Caius war jetzt wieder besser gelaunt, und den Duccius hatte er fast vergessen, was auch gut war. Langsam sickerten Axillas Worte zu ihm durch. Langsamer erinnerte er sich an das Gespräch mit Piso. Und am allerlangsamsten kam er hinter die Bedeutung von dem, was Axilla sagte. Caius riss die Augen auf und starrte Axilla alarmiert an.
    »Wiewas! Babybauch! Aber...« Ihm wurde kalt und heiß. Piso, der verdammte Schweinehund!

  • Seine Freundin angebaggert? Irgendwie klang das seltsam für Axilla. Fast so, als ob... aber das war so ja nicht. Er liebte Seiana, hatte er immer gesagt, und sie hatten gemeinsam gesagt, dass sie füreinander eben jene Gefühle nicht hegten. Warum also sollte er eifersüchtig sein? “Naja, nicht so mit diesen Worten. Aber du kannst ja sagen, dass du überreagiert hast und dich für die Unfreundlichkeit entschuldigen magst? Vielleicht schenkst du auch irgendwas besonders Ausgefallenes noch nachträglich nochmal zu Hochzeit, so als Wiedergutmachung?“
    Bestimmt konnten sie ihm dann nicht böse sein.


    Als das Gespräch aber bei Vala angelangt war, war er schon wieder so furchtbar eifersüchtig. Er versuchte nichtmal, irgendwie anders rüberzukommen, er war eifersüchtig. Ganz eindeutig. Und Axilla begann, sich langsam noch viel kleiner und viel schlechter zu fühlen. Vor allem, da Archias ihr so vehemente Vorwürfe machte.
    “Aber so guck ich doch gar nicht...“ war ihre gemurmelte, schwache Verteidigung. Was so interessant an Vala war, das wollte sie lieber nicht sagen. Vor allem, da sie sich selbst einen Teil davon nie eingestehen würde. Für sie war er einfach sehr faszinierend und mehr als nur ein wenig anziehend.
    “Drohungen?“, fragte sie noch etwas kleinlaut und verwirrt und hatte keine Ahnung, was Archias da eben meinte. Vala hatte doch niemandem gedroht? Warum sollte er?


    Aber zum Glück war das Thema gleich bei Seiana, und Axillas mulmiges Gefühl nahm noch weiter zu. Er war am Anfang verliebt gewesen? Was hieß denn das jetzt? Er liebte Seiana doch noch immer?!
    “Ähm, ja, natürlich. Warum sollte ich das sonst sagen?“, meinte sie noch immer reichlich verwirrt auf seine frage und sah ihn dabei ehrlich an. Sie musste nicht erst schauspielern, dass sie keine Ahnung hatte, warum er da fragte, denn sie hatte keine. Wenn sie das nicht ernst meinen würde, hätte sie das nicht gesagt. Axilla war niemand, der jemand anderem schmeichelte, um ihm zu schmeicheln. Und sie sah Archias wirklich so und konnte daher nicht verstehen, warum Seiana ihn nicht würde haben wollen.


    Einzig Archias Reaktion auf die Nachricht mit dem Kind fiel dann doch etwas seltsam aus und Axilla nahm es als Anklage. Äußerst schuldbewusst senkte sie den Blick und zog instinktig die Beine wieder hoch aufs Bett, damit sie ihre Knie umarmen konnte und so in Schutzpostion ein wenig in sich selbst versank. “Ich weiß ja auch nicht, wie das passieren konnte! Ich meine, es hätte eigentlich tot sein müssen! Ich weiß nicht, warum es noch da ist.“ Sie jammerte, und dabei hasste sie es, zu jammern. Axilla nahm einen Atemzug und versuchte, sich zusammenzureißen. Sie wollte keinesfalls wieder losheulen.
    “Und ich hab mir einfach gedacht, ich gen dann, wenn man es sehen würde, aufs Land, und... mal schauen. Ich meine, vielleicht will es ja jemand, oder... ich weiß es doch nicht...“ Natürlich hätte Axilla auch Silanus um Hilfe bitten können, dass dieser seine Kontakte spielen ließ, so dass das Kind irgendwo unterkam. So es denn überhaupt nach der Geburt lebensfähig war. Aber das wollte sie noch viel mehr vermeiden als sie diese Situation hier und jetzt hatte vermeiden wollen.

  • »Hmpf.« Caius hatte keine Ahnung, was man Patriziern so schenkte. Mit irgendwelchen stinklangweiligen Abschriften aus Alexandrien konnte er nicht dienen. Vielleicht fiel ihm noch was ein. Begeistert wirkte er jedenfalls nicht gerade.


    »Na wie denn sonst. Du hast ihn angehimmelt als wäre er der Caesar höchstpersönlich«, murmelte Caius weiter und sah dann erschrocken aus. Hatte er das mit der Drohung wirklich laut gesagt? Er kaute kurz auf der Unterlippe.
    »Ach, vergiss das wieder. War nicht so wichtig«, schmetterte er ihre Frage leise ab und zuckte seufzend mit den Schultern. Hoffentlich ging sie nicht weiter darauf ein. Er wollte ihr nicht erzählen, mit was Vala gedroht hatte. Besser war das, sonst lebte Axilla nur noch in Angst. Auch wenn Caius gern glauben wollte, dass Vala dieser Worte im Zorn gesagt hatte, so distanzert und ruhig wie der Germane das gesagt hatte, konnte er das nicht einfach so außer acht lassen. Nur was hätte er schon dagegen tun sollen?


    Caius zuckte wieder mit den Schultern.
    »Weiß nicht. Weil du nett sein möchtest vielleicht.« Er runzelte nachdenklich die Stirn und wollte schon weiterreden, aber Axillas Thema war einfach interessanter. Caius starrte sie an. Er müsste tot sein? War es das nicht? Er bekam eine Gänsehaut und machte dann ein besorgtes Gesicht. Und er bekam den Gedanken an Piso einfach nicht weg. Caius barg sein Gesicht kurz in den Händen und rieb sich dann die Augen. Er musste aufstehen und herumlaufen, deswegen machte er das nun auch.
    »Oh schande, oh schande... Axilla, was machen wir denn jetzt? Und du bist dir ganz sicher? Ich mein... warum musstest du auch mit ihm... Ich dachte, ich wäre der einzige, der sonst noch... Oh Mann. Was tun wir nur? Wenn es meins wär....« Caius fuhr sich durch die Haare, blieb dann vor Axilla stehen und sah sie an.
    »Du bist dir nicht sicher, oder? Ob er... oder ich...« Er sah sie mit einem herzerweichenden Dackelblick an und wartete.

  • Sie hatte Vala so angehimmelt? Aber sie hatte doch überhaupt nichts gesagt, und bei dem Gespräch kam sie über ein 'Salve' ja nichtmal wirklich hinaus! Verlegen kratzte Axilla sich am Arm und überlegte, was sie denn gemacht hatte, dass Archias nun so wütend auf sie war. Sie war doch nur dagestanden und hatte ihn begrüßt, und hatte erzählt, wie nett und fruenldich Vala war, dass er sie heimgebracht hatte. Was war daran so falsch gewesen?
    Ihre Rückfrage mit der Drohung winkte er einfach ab, und Axilla ließ es gut sein. Archias hatte Vala immerhin eine Schüssel mit Süßspeise über den Kopf gekippt, da waren sicher böse Worte gefallen. Aber welche denn genau, das wollte Axilla vielleicht lieber gar nicht wissen, nachdem sie das Ende des Wortwechsels schon mitgehört hatte. Und noch immer war es irgendwie seltsam, wenn sie daran dachte, wie sehr Archias sie verteidigt hatte. Vor allem, gegen wen.


    “Warum sollte ich nur nett sein wollen? Du bist mein bester Freund. Wenn ich dir nicht meine wahre Meinung sagen kann, wem dann?“ Axilla sah Archias kurz von der Seite an. Er machte sich so viel kleiner, als er eigentlich war. Wenn er sich sehen könnte, wie sie ihn sah... Nun, aber es war nicht an ihr, ihm das zu sagen. Das war etwas, das seine Frau machen sollte, und auch, wenn Archias sich mit Seiana gestritten hatte, ihretwegen, so rückte der Hochzeitstermin doch näher, und Axilla sollte sich damit abfinden und sich zurücknehmen. Zumindest es versuchen.


    Allerdings waren diese Gedanken ohnehin obsolet, als Archias plötzlich aufsprang und wie ein Löwe im Colloseumskäfig herumlief und sich dabei die Haare raufte. Axilla verstand gar nicht, was er auf einmal hatte. Oder... vielleicht hatte er sie vorhin nicht richtig verstanden? Dass er es erst jetzt realisierte? Und deshalb so geschockt war?
    Axilla fühlte sich gleich noch ein wenig schlechter und machte sich noch ein wenig kleiner, so dass ihre Nasenspitze nichtmal mehr über die Knie guckte. “Crios hat es mir gestern gesagt, dass es noch da ist. Es ist wohl schon so groß, dass man es hätte sehen müssen, wenn es herausen wäre. Und wenn es tot wäre in mir, dann wär ich auch tot. Also lebt es noch.“
    Was meinte er mit 'Wenn es meins wäre'? Es war doch seins! Dachte er etwa, es wäre von Vala? War er deshalb so schlecht auf den Germanen zu sprechen? Wie kam er denn auf DIE blöde Idee? “Aber es ist doch deins! Ich meine... glaubst du mir das nicht?“ Au, das tat weh. Das tat sehr weh. Axilla hatte so viel Mut gebraucht, um es ihm überhaupt zu sagen, und jetzt glaubte er ihr nicht? Das tat wirklich weh. Sie zögerte noch einen kurzen Moment, dann stand sie auf. “Vielleicht geh ich besser“, beschloss sie und machte Anstalten, eben jenes zu tun. Sie ertrug ja viel, aber dass er ihr das nicht glaubte, das tat weh.

  • »Weiß nicht«, bemerkte Caius und zuckte die Schultern. Irgendwie fand er ihre Formulierung nicht so toll, ohne dass er hätte benennen können, was daran....oder doch. Er sah Axilla immer noch als seine beste Freundin an, aber eben nicht mehr nur noch als das. Ganz offensichtlich ging ihr das anders.
    »Ich dachte... Ich meine...« Caius überlegte. Jetzt ergab es einen Sinn, dass sie den Duccius so angehimmelt hatte.
    »Hm. Schon gut.« Er ließ die Schultern sinken und begann wieder mit seiner Wanderung.


    Axilla wurde zusehends kleiner. Caius bemerkte das, aber er führte das auf einen anderen Grund zurück. Sie fühlte sich wohl unwohl bei ihm. Und eben hatte sie ja noch ablenken wollen, indem sie einfach die Arbeit angesprochen hatte statt sich mit ihm zu unterhalten. Caius sah auf die Klimbimlawine hinunter und bückte sich, um ene eingeknickte Feder aufzuheben. Er drehte sie gedankenverloren hin und her und stand dabei seitlich zu Axilla, die gerade aufbrechen wollte.


    »Wie kannst du dir denn da so sicher sein, Axilla«, sagte er zu der Feder.
    »Ich mein... ich hab Piso nicht gefragt, aber es war ziemlich deutlich. Wenn es meins wär... Aber das ist bestimmt keine Option für dich. Auch wenn du mich lieb und witzig und einfühsam findest«, zitierte er sie und ließ die Feder dann fallen, um sich zu Axilla zu drehen.
    »Ich wünsch dir jedenfalls, dass du mit deinem Duccius glücklich wirst. Ich hoff, du lädst mich wenigstens auf deine Hochzeit ein, wenn du schon nicht zu meiner kommen kannst.« Weil es ohne sie dann keine geben würde. Caius hob einen Mundwinkel und lächelte schräg.

  • Auf seine gemurmelten Einwände wusste Axilla nichts zu sagen. Archias wirkte irgendwie abwesend und in Gedanken. Bestimmt dachte er an Seiana, vermutete Axilla, und daher sagte sie nichts. Vielleicht fasste er ja doch nochmal den Mut, zu ihr zu gehen. Sie war doch so gut für ihn! Und so schwer es Axilla auch fiel, sie wollte, dass er glücklich werden würde. Und Seiana war so perfekt, da musste er das einfach werden. Trotz allem, was war. Auch, wenn das bedeutete, dass das mit ihnen endgültig ein Ende hatte, und Axilla daran nichtmal denken wollte. Aber ihr schlechtes Gewissen war größer.


    Dann aber stellte er jene in ihren Augen gemeine Frage, und gerade, als Axilla aufstand, bückte er sich nach einer Feder und sprach sie leise an. Obwohl Axilla in ihrem Stolz gekränkt war, blieb sie stehen, und hörte ihm zu. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt, so konnte er die einzelne Träne nicht sehen, die ihr nun doch entkommen war, die sie sich aber nicht wegzuwischen traute, weil er es dann bemerken würde. Sie blieb stumm, auch wenn er gemein war. Er erwähnte Piso, und Axilla wurde wütend. Was hatte der ihm erzählt? Sicher nicht, dass sie sturztrunken war, als er sie einfach ins Bett geschleppt hatte. Auch, wenn Axilla überrascht war, dass er es wusste, die Wut überwog.
    Dennoch rührte sie sich nicht. Erst, als er ihr noch viel Spaß auf ihrer Hochzeit mit Vala wünschte, drehte sie sich wütend um. So schnell konnte sie selbst nichtmal was dagegen unternehmen, wie sie ihm von Wut getrieben eine knallte. Eigentlich hasste Axilla es, wenn sie sich doch wie ein Mädchen benahm, aber sie schlug ihn mit der flachen Hand auf die Wange, das es einmal knallte. Zum Glück, denn eigentlich hatte sie gelernt, wenn schon zuhauen, dann mit der Faust...
    “Du Idiot!“ brüllte sie ihn erstmal an und weitere Tränen flossen. Aber das war ihr jetzt egal. Das hatte weh getan, und zwar verdammt weh. Sie schubste ihn noch einmal, um nicht in Versuchung zu geraten, zu nah bei ihm zu sein.
    “Wie ich mir sicher sein kann? Du bist ein Hornochse! Als Piso mich abgefüllt und abgeschleppt hat, hab ich schon seit 6 Wochen keine Blutung mehr gehabt! Reicht dir das als Sicherheit? Was willst du überhaupt? Ich hab doch gesagt, du musst dir darum keine Gedanken machen, ich mach das schon. Und jetzt stellst du dich hier hin und tust so, als hätt ich von dir verlangt, es anzuerkennen! Und als nächstes schlägst du noch vor, ich soll's dem einzigen Kerl unterschieben, der absolut gar nichts falsches getan und sich nicht eine Sekunde unehrenhaft mir gegenüber verhalten hat!“
    Axilla war so wütend, dass ihr ganzer Körper zitterte. Sie hätte nicht gedacht, dass ihr jemand so weh tun könnte wie Archias in diesem Moment. Vor allem hätte sie das von ihm nicht gedacht, und sie verstand es auch nicht. Was hatte sie ihm denn getan?
    Die Wut wich langsam einer Art Verzweiflung, und Axilla merkte, dass sie noch immer dastand. “Was hab ich dir denn getan, dass du mich so behandelst? Was? Du liebst Seiana, und ich hab das akzeptiert. Ich hab von dir nie was verlangt, was du mir nicht geben kannst, und nichtmal jetzt verlang ich von dir sowas. Und du... du....“
    Sie wischte sich die Tränen vom Gesicht und schaute kurz an ihm vorbei. Ihre Palla lag noch auf der Stuhllehne, und so stapfte sie an ihm vorbei, um die zu holen. Bestimmt warf er sie ohnehin gleich gänzlich raus, da wollte sie hier nichts zurücklassen.

  • Zack, da drehte sich Axilla um. Und Peng, da hatte sie ihm eine geschossen. Caius war vollkommen perplex. Warum haute sie ihm denn eine runter? Er musste an Seiana denken, die hatte wenigstens recht gehabt damit. Aber Axilla? Verdattert blinzelte er sie an und ließ auch die Schimpfe klaglos über sich ergehen. Er war eh viel zu baff, um sofort was zu erwidern. Und Axilla weinte schon wieder. Caius verstand sie nicht. Er fragte aber auch nicht nach. Außerdem redete sie ja eh schon gleich weiter.


    Piso hatte sie abgefüllt und gefügig gemacht? Auf Caius' Stirn entstand eine verdammt steile Falte. Aber er sagte wieder nichts. Er hatte auch gar keine Gelegenheit dazu, denn Axilla redete einfach weiter und schien nicht mal Luft zu holen. Caius hingegen holte Luft. Tief. Verdammt tief. So tief, dass ihm schwindelig wurde. Anerkennen, unterschieben... Caius starrte Axilla betroffen an. Wo er sonst keine Ahnung gehabt hätte, kannte er sich auf diesem Gebiet aus. Keine Blutung bedeutete ein Kind (und keine Sauerei für eine Weile). Und das war es, worüber er gerade ziemlich angestrengt nachdachte. Gut, dass ihm dabei weitestgehend entging, dass Axilla Vala schon wieder verteidigte.


    Der Umschwang der Tonlage in ihrer Stimme und ihre Worte ließen ihn dann aber wieder etwas auftauchen. Caius sah Axilla bittend an, als sie an ihm vorbei stürmte und ihre palla holen wollte. Er griff sie am Handgelenk, das er als einziges relativ schnell zu fassen bekam.
    »Nix da, warte mal«, forderte er sie auf und zog sie zu sich ran.
    »Dann... dann ist es meins? Also, unseres?« wollte er einfach nur wissen, und seine Stimme drückte eine kaum verborgene Freude aus. Zu den anderen Dingen sagte er....nix. Erstmal.

  • Er hielt sie fest und Axilla war kurz davor, ihm diesmal richtig eine reinzuhauen, damit er sie losließ. Sie heulte, und sie hasste es, wenn sie heulte. Sie hatte ihre Emotionen nicht so unter Kontrolle, wie sie es gerne hätte, und sie hasste es, wenn sie sich so gehen ließ. Vor allem, wenn sie nicht wollte, dass jemand das mitbekam, wie es ihr ging. Und im Moment wollte sie das bei Archias ganz sicher nicht.
    So aber zog und wand sie nur einmal ihr Handgelenk und gab dann auf, sich zu befreien. Den Unterton in seiner Stimme hörte sie gar nicht, sie versuchte nur gerade, sich selbst zu beruhigen und nicht der Versuchung zu erliegen, ihm wie ein Kind auf die Brust zu trommeln. Warum hatte er sie überhaupt zu sich gezogen?
    “Ja, es ist von dir, du großer Holzkopf!“ schimpfte sie nur ungehalten und gab dann gänzlich auf, sich zu befreien. Ihre freie Hand bedeckte ihre Augen, weil sie nicht wollte, dass er sie jetzt weinen sah. “Lässt du mich jetzt gehen?“ fragte sie, nachdem losreißen ja nicht so geklappt hatte und sie auch keine Lust mehr hatte, noch weiter zu streiten. Es tat nur so unendlich weh, dass er ihr nicht glaubte und ihr die Sache mit Piso vorwarf. Und Vala. Und dabei gar nicht wusste, was in ihr eigentlich vorging.

  • Axilla bestätigte und Caius machte einen Seufzer. Und dann brach sich das breiteste Grinsen in der Geschichte der aelischen Grinser Bahn.
    »Bona Dea! Was machst du denn für ein Gesicht! Ich werde ein Papa!« Caius hob die vermutlich total überraschte Axilla hoch, drehte sich euphorisch einmal mit ihr im Kreis (wobei er auf irgendwas aus der Klimbimlawine trat und etwas mit einem Kracken zerbrach) und stellte sie dann wieder hin.


    »Nein, lass ich nicht«, strahlte er sie an.
    »Wenn's nach mir ginge, nie wieder. Ich kann doch meine zukünftige Frau mit ihrem Babybauch nicht einfach so loslassen! Sofern sie mich auch will, heißt das. Denn wenn sie einen anderen will, muss ich sie loslassen.« Caius strahlte und wurde dann schlagartig wieder ernst. Er dachte an die Drohung, die gleich viel mehr Gewicht hatte als eben noch. Und daran, was er machen würde, wenn Axilla nein sagte.

  • Erschrocken schrie Axilla einmal kurz auf, als er sie hochhob und herumwirbelte. Als er sie dann wieder absetzte, sah sie nur verwirrt hoch in sein strahlendes Gesicht und irgendwas in ihrem Gehirn verhakte sich andauernd, wie ein mechanisches Rad, bei dem ein paar Zähne abgebrochen wahren. Sie starrte nur zu ihm hoch, und starrte, und starrte. Und dann zitterte sie am ganzen Körper und taumelte etwas rückwärts. Wortlos setzte sie sich aufs Bett, und sah zu ihm hoch. Hatte er ihr gerade einen Antrag gemacht? Das konnte nicht stimmen. Das passte nicht. Das konnte einfach nicht passiert sein. War sie verrückt? Träumte sie gerade? Wenn ja, dann war es der verwirrendste Traum, den sie je gehabt hatte.
    “Aber... du liebst Seiana... ihr seid verlobt....“, stammelte sie nur und wusste gar nicht, was sie sonst noch sagen sollte. Es dauerte einen Augenblick, bis ein Gedanke es tatsächlich schaffte, in ihr Bewusstsein durchzusickern, und sie sah Archias unendlich schuldbewusst an. “Du... du musst das nicht machen. Also, deswegen. Wenn... also, wenn du Angst hast, dass... also, ich meine.... wenn du das Kind willst... also, ich meine... du musst mich deswegen nicht heiraten. Also, ich meine... ich will, dass du mit der Frau zusammen bist, die du liebst, und... also... du musst das wirklich nicht.“ Axilla verstand es nicht. Irgendwie drehten sich ihre Gedanken total im Kreis, und sie verstand es einfach nicht.

  • Caius ließ sie gehen, blieb noch einen Moment stehen und ging dann zu Axilla. Er kniete sich vor sie hin, schob ihre Knie zusammen und legte seine Hände drauf. Und dann platzierte er sein Kinn auf seine Hände und sah zu Axilla hoch, so gut er konnte. Er hatte hochrote Ohren und er bekam nicht gut Luft, aber das war eigentlich nur deswegen so, weil er jetzt endlich wusste, was zu tun war. Endlich! Endlich hatte das Grübeln ein Ende (hoffentlich)!


    »Dummerchen«, tadelte er Axilla, während sich auf seiner Wange ihre Rechte allmählich abzeichnete.
    »Das versuch ich dir die ganze Zeit zu sagen, schon seit vorhin. Aber du musstest ja unbedingt von diesem Germane anfangen...den du dann übrigens nicht mehr so anschauen dürftest! Seiana und ich haben den Streit des Jahrhunderts gehabt. Sie weiß das von uns, und ich kenn sie gut genug um zu wissen, dass sie mich unter Garantie nicht zurück haben will, so wie die Dinge jetzt liegen. Soooo sicher war sich Caius da nicht, denn eigentlich war Seiana auch sehr darauf bedacht, was andere von ihr hielten. Aber er behauptete das trotzdem. Auch, um sich selbst einzureden, wie leicht alles von jetzt an sein würde.


    »Das was ich dir damalsin Alexandrien gesagt hab, nachdem es das erste Mal...passiert ist. Das stimmt nicht mehr.« Caius runzelte die Stirn und setzte sich jetzt neben Axilla.
    »Ich fühl mich bei dir gut. Irgendwie ist alles einfacher dann. Das ist anders als bei Seiana. Bei Seiana war das nie so....« Caius suchte nach einem Wort.
    »So...tief. Nie so leicht. Weißt du was ich meine? Und ich werde Papa! Bona Dea, bei dem was du durchgemacht hast! Und trotzdem ist es so. Die Götter müssen einen Plan haben. Und Caius mochte es, wenn ein Plan funktionierte.
    »Ich werd das alles klären. Aber... Also... Wie ist es mit dir?« fragte er Axilla und sah sie abwartend an.

  • Archias kam zu ihr wie ein großer Hund und legte seinen Kopf auf ihre Knie. Sie fühlte sich so durcheinander, dass sie ihn einfach gewähren ließ und auch nicht widersprach, als er redete. Es gab immernoch keinen Sinn. Es konnte einfach nicht sein. Sie hatte sich doch damit abgefunden, dass es anders war. Und das, was sie fühlte, wenn sie bei ihm war, das war doch... das war doch eine Ausnahme! Das war doch nichts, was so sein sollte, und das war nichts, was sie kannte.
    Er setzte sich neben sie und redete weiter. Axilla starrte vor sich hin und wandte erst bei dem Wort 'tief' ihren Blick ihm zu, um ihm in die Augen zu schauen. Er freute sich auf das Kind? Das Kind, das sie hatte umbringen wollen? Bei dem sie sich überlegt hatte, wie sie es jetzt noch töten konnte? Ob sie es im Wald aussetzen sollte, wenn es auf der Welt war, sofern es da überhaupt lebte? Auf das freute er sich? Wirklich?


    Es war so einfach. Axilla traute sich gar nicht, etwas zu sagen, weil es so einfach aussah. Und die einfachen Dinge waren im Endeffekt nie einfach. Und nie richtig. “Ich weiß nicht?“, meinte sie ängstlich und sah Archias dabei schüchtern an. Ganz vorsichtig griff sie nach seiner Hand, und sie wusste, dass er fühlen konnte, dass sie zitterte. “Ich meine... du weißt, wie ich bin. Und... was ich getan hab, und... ich bin keine so gute Frau, Caius. Ich meine... Seiana ist perfekt, und... ich bin es nicht. Ich meine...“
    Sie zitterte noch ein wenig mehr. Ihr Kopf war wie leer und alle Pläne, die sie gemacht hatte, jede Ausflucht, die sie sich zurechtgelegt hatte, um das Kind eben nicht zu bekommen und sich eben nicht zu sehr auf die Beziehung mit Archias einzulassen, waren einfach weg. Trotzdem war da jetzt kein Loch in ihr, mehr so etwas wie Watte, die ihr jemand in den Kopf gepackt hatte und die alles auspolsterte.
    “Ich glaube gar nicht, dass die Götter irgendwelche Pläne mit den Menschen haben... ich meine, warum sollten sie...? Ich....“
    Axilla fasste sich mit der freien Hand an den Kopf, der so leer war, ohne seine Hand mit der anderen loszulassen. Ganz langsam ließ sie sich gegen ihn sinken und parkte den sich hohl anfühlenden Kopf auf seiner Schulter. Sie nahm einen unsicheren Atemnzug und schloss die Augen. Das fühlte sich so gut an, und Axilla hatte solche Angst davor, es einfach zu greifen.
    “Caius, jeder, den ich liebe, jeder, geht weg und stirbt. Ich hab Angst, weil ich will nicht, dass du stirbst. Ich will...“ sie machte eine unsichere Bewegung mit der Hand, weil ihr die Worte fehlten. Sie wusste nichtmal, ob es die richtigen Worte gab, die das ausdrücken konnten, was sie gerade fühlte, ihre Furcht, ihre Wünsche. “Ich kann jetzt nicht nachdenken. Das ist alles so viel und so groß. Kannst du mich nicht einfach festhalten?“ Axilla hatte das Gefühl, in einem Meer aus Fragen zu schwimmen, nur rettende Antworten waren weit und breit nicht in Sicht. Das war einfach alles ein wenig viel für einen Moment.

  • So sehr Caius sich auch freute, Axilla schien nicht nur überrascht zu sein, sondern traurig. Das versetzte seiner eigenen Freude einen kleinen Dämpfer. Er ließ also das strahlen weitestgehend sein und glomm nur noch leicht vor sich hin. Vor allem war er auch erleichtert, dass er Piso jetzt nicht killen musste. Aber dass Axilla traurig und irgendwie resigniert war, war so nicht geplant. Gut, was war schon geplant? Caius seufzte tief und sah ratlos auf Axillas kleine Hand hinunter. Die wackelte ziemlich, deswegen knautschte Caius sie kurz zusammen.


    »Du bist nicht perfekt. Aber ich bin's auch nicht. Und neben Seiana komm ich mir kantig und irgendwie nicht gut genug vor, verstehst du? Das ist bei dir nicht so. Bei dir bin ich einfach ich selber und fertig.« Caius hob die Schultern und ließ sie wieder fallen.
    »Du denkst vielleicht, sie würde besser zu mir passen, aber ich glaub das inzwischen nicht mehr. Seiana war in Alexandrien anders, aber irgendwie perfekt war sie immer schon.« Caius hing kurz seinen Gedanken nach. Auf ihre Frage sagte er nichts, weil er nichts Kluges wusste, dass sie vom Gegenteil überzeugen könnte. Er selber war ja nur in bedingtem Maß religiös. Normal, eben, aber nicht übermäßig. Von Axilla wusste er das gar nicht so genau, wie er grad feststellte.


    Axilla wirkte irgendwie gequält. Caius fühlte sich deswegen schlecht. Er wollte was auf ihre Angst sagen, dass ihm was passieren könnte, aber statt den Mund aufzutun, nahm er sie lieber in die Arme und zog sie seitlich auf seine Oberschenkel. Er steckte seine Nase in ihr Haar und roch daran. Wenn er auch vieles mit Seiana vergleichen konnte, sowas nicht. Oder wenn, dann nur flüchtig. Er versuchte, nicht dran zu denken.
    »Ist schon gut... Du musst ja nicht sofort was dazu sagen.« Auch wenn er sich das gewünscht hätte. Und hieß das nicht, dass er ihr irgendwas bedeutete? Wenn sie Angst um ihn hatte?
    »So leicht bin ich nicht kaputt zu kriegen, mach dir mal keine Gedanken«, versicherte er ihr.


    »Weißt du, warum ich deinem Freund die Schüssel übergekippt hab? Erst hast du ihn so verliebt angeschaut und dann hat er so richtig getroffen vor Ironie, als er von dir geredet hat. Das hast du nicht verdient. Tja, und jetzt hab ich wohl eine Patriziersippe zum Feind.« Caius schwieg einen Moment.
    »Was willst du?« flüsterte er leise.

  • Nein, Axilla verstand ihn nicht. Nicht wirklich. Er liebte doch Seiana, das konnte doch nicht einfach so weg sein? Und wenn man jemanden liebte, so richtig liebte, dann kam man sich in dessen Gegenwart doch nicht doof vor? Oder kantig?
    Er drängte sie aber zum Glück nicht weiter und stattdessen nahm Archias sie endlich richtig in die Arme und zog sie auf seinen Schoß. Axilla flüchtete sich leicht in die Umarmung, bettete ihren mit Watte gefüllten Kopf auf seiner Schulter und machte die Augen zu. Sein Herz schlug so schön kräftig und gleichmäßig, und sie mochte dieses Geräusch so sehr. Es war so unendlich beruhigend in seinen armen zu sein und einfach diesem Geräusch zu lauschen. Das war Sicherheit ohne Erwartungen, und Axilla brauchte das so sehr.
    Dennoch hörte sie Archias zu, als er von Vala zu sprechen anfing. Er hatte ihm die Schüssel übergekippt, weil sie ihn verliebt angeschaut hatte, er sie aber nicht? Das war der Grund? Weil Vala sie nicht liebte, hatte Archias so reagiert und es sich deshalb mit den Aureliern verscherzt?
    Axilla kuschelte sich nur stumm an ihn, ließ die Augen geschlossen, als sie seinen Atem an ihrem Ohr fühlte. Ganz leise, ganz sacht, flüsterte er mit ihr. Was wollte sie? Sie nahm ein paar mittlerweile wieder ruhige Atemzüge, ohne sich sonst zu bewegen, und lauschte seinem Herzen, atmete seinen Duft, genoss seine Wärme.
    “Das hier..., flüsterte sie als Antwort und legte ganz sanft eine Hand auf seine Brust. Die Augen ließ sie geschlossen, weil sie sich einbildete, so besser sein Herz zu hören. “Ich will hier bei dir sein, jetzt, in deinen Armen. Ich will deinem Herz zuhören. Ich will nicht nachdenken, ob etwas falsch ist.“
    Blinzelnd öffnete sie die Augen und bewegte leicht den Kopf, um Archias in die Augen zu sehen. “Und ich hab so viel Angst, es kaputt zu machen, weil ich es zu sehr will.“

  • Axilla war ruhiger geworden. Das war schon mal gut. Caius war recht unempfindlich, was solche innigen Momente anging. Er mochte sie, zumindest wenn sie ihn betrafen, auch wenn er bei anderen so manches Mal die Nase rumpfte, wenn sie turtelten. Vielleicht ging es Axilla ja genauso. Caius wollte eben ablenken und etwas anderes sagen, als Axilla dann doch noch antwortete.


    »Es ist nichts falsch daran, sofern es dir gefällt«, sagte er und drückte sie gleich noch etwas fester an sich. Irgendwie musste er gerade an sich halten, sie nicht zu zerdrücken, so feste hätte er sie knautschen wollen. Caius seufzte leise und sah Axilla wieder an.
    »Du...willst?« fragte er zur Sicherheit noch mal nach. Es gab da nämlich so die ein oder andere Möglichkeit, was genau sie wollen konnte... Und das eine hatte viel weitreichendere Folgen als sich nur an ihn kuscheln zu wollen.


    Ihm fiel Seiana in diesem Moment wieder ein. Er runzelte in einem Anflug von Skepsis die Stirn.
    »Und das Alter macht dir gar nicht aus, ja?« vergewisserte er sich. Was, wenn sie da jetzt doch sagte? Aber die Sorgen darüber wurde überlagert von der plötzlich zurückkehrenden Freude darüber, dass Axilla sein Kind trug. Sein Kind! Nicht das von Piso! Und Caius glaubte Axilla jedes Wort. Prüfen konnte er es eh nicht. Er begann, leicht nervös herumzurutschen.
    »Bona Dea! Ich denk, wir werden dir das Zimmer direkt neben meinem geben, was meinst du? Dann hast du es nicht so weit, wenn du wieder nicht schlafen kannst. Und und und, ich lasse ein kleines Bettchen bauen. Äh... Sag mal, kannst du eigentlich selber entscheiden oder muss ich da auf jemanden hören?« Denselben Fehler wie bei Seianas Familie würde Caius nicht noch mal machen. Lieber gleich vorstellig werden als hinterher Vorwürfe machen zu wollen. Begeistert sah er Axilla an. Dann fiel ihm das Lächeln aus dem Gesicht. Er hatte da eine klitzekleine Winzigkeit vergessen.
    »Ich geh gleich morgen zu Seiana und sag es ihr«, murmelte er.

  • An vielen Dingen, die ihr gefielen, war aber eine ganze Menge falsch. Was genau hierbei anders war, wusste Axilla nicht, aber sie fühlte sich im Moment zu müde, um darüber nachzudenken, und es war ein viel zu schönes Gefühl, von Archias gedrückt zu werden, um es in Frage zu stellen. Sie kuschelte sich nur mehr in seine Arme und fand noch ein wenig mehr Ruhe.
    Dann schaute Archias sie an und fragte nochmal, ob sie ihn wollte. Einen Moment zögerte Axilla, traute sich nicht, etwas zu sagen. Ihr Blick schweifte ins Nichts, während sie überlegte. Ihr Kopf lag noch immer so auf seiner Schulter, dass sie sein Herz hören konnte. Wollte sie?
    Etwas zögerlich und schüchtern nickte sie, ohne etwas zu sagen. Sie schaute wieder hoch zu ihm, und nickte nochmal. Ja, sie wollte. Sie wollte gerne. Wenn sie bei ihm sein konnte, wollte sie das wirklich gerne. Wenn er sie bei sich haben wollte, wirklich sie, dann wollte sie das gerne.
    Und auf seine nächste Frage schüttelte sie nur ebenso stumm den Kopf. Warum sollte ihr sein Alter etwas ausmachen? Bis jetzt hatte es ihr ja auch nichts ausgemacht. Und er war zwar älter als sie, aber so richtig alt war er ja auch nicht. Zumindest benahm er sich nicht alt, und Männer waren ja eh immer etwas älter als ihre Frauen. Oh, Götter, allein das Wort zu denken ließ Axilla wieder schwindelig werden. Sie seine Frau? War das wirklich eben passiert? Träumte sie das nicht vielleicht doch?


    Ein wahrer Redeschwall ging auf Axilla ein, als Archias freudestrahlend Pläne zu schmieden anfing. Ihr Zimmer direkt nebenan, und ein Bettchen für das Kind. Das vielleicht nicht lange leben würde, oder krank sein würde. Oder dumm. Axilla krampfte sich eine Spur zusammen in seinen Armen und bekam seine Frage nur so halb mit. “Fragen? Ich... nein, ich bin sui iuris, und es gibt keine tutela, die man beachten müsste. Aber du solltest es vielleicht Silanus sagen...“ Ja, das sollte er machen, dann musste sie sich nicht vor ihren Cousin stellen und das machen. Das war vielleicht besser, wenn er das machte, so von Mann zu Mann.
    Sie war noch immer sehr durcheinander, so dass sie seinen Stimmungsumschwung erst mitbekam, als er so zerknirscht dreinschaute und Seiana erwähnte. Die hatte Axilla für einen Moment ganz vergessen. “Sie wird sehr böse sein, oder?“ Axilla kam sich gerade unglaublich schuldig vor. Wäre sie nicht gewesen, hätte sie in Ägypten besser 'nein' gesagt, dann würden sie und Archias in einigen Wochen heiraten. Wäre sie nicht auch nach Rom gereist und nochmal zu ihm gelaufen, vermutlich auch. Ja, wahrscheinlich selbst jetzt, wenn sie nein gesagt hätte und ihn zurückgewiesen hätte... Sie fühlte sich mehr als nur schuldig. “Soll ich es ihr vielleicht erklären? Ich... ich wollte ihr ja nicht weh tun.“ Fragend schaute Axilla in Archis Augen und wusste immernoch nicht so recht, was eigentlich gerade passiert war.


    Nur ganz langsam kam die Freude durch dieses Chaos an Gefühlen an die Oberfläche, während sie ihn so anschaute. Er wollte wirklich bei ihr sein. Er wollte, dass sie bei ihm war. Er wollte mit ihr Kinder haben. Und trotz des schlechten Gewissens musste Axilla bei diesen Gedanken ganz leicht lächeln. “Caius? Was ich dir... in Alexandria gesagt habe... das stimmt nicht. Ich...“
    Es war so zerbrechlich und zart, diese Erkenntnis, und Axilla fühlte sich noch immer so durcheinander und trampelig. Sie wollte es nicht kaputt machen, indem sie es leichtfertig sagte. Statt dessen beugte sie sich leicht vor, stupste Archias' große Nase mit ihrer etwas beiseite und küsste ihn ganz vorsichtig und sanft.

  • Eine Weile passierte nichts, dann nickte Axilla. Dass sie es zögerlich tat, war Caius egal, er freute sich nur tierisch und brachte das mit einem festen Schmatzer auf Axillas Lippen und einem breiten Grinsen zum Ausdruck, das gar nicht mehr aufhören wollte. Hah, und Seiana hatte unrecht mit der Alterssache. Axilla war es genauso egal wie ihm selber! Caius' Hochgefühl wollte gar nicht mehr verebben. Am liebsten hätte er Axilla sofort geheiratet. Aber vorher mussten noch einige Dinge geklärt werden.


    »Ja, klar. Mach ich auf jeden Fall«, versicherte er ihr.
    »Möchtest du mit dabei sein oder soll ich das allein machen? Wie es dir lieber ist.«


    Die gute Stimmung wurde nur dadurch gedämpft, dass Caius sich die ganzen Dinge vorstellte, die er noch erledigen musste, ehe es losgehen konnte. Gut, dass er zumindest nicht ahnte, was Axilla über seine Beinahe-Hochzeit mit Seiana dachte. Sonst hätte er im letzten Punkt vermutlich wild widersprochen.
    »Ich weiß nicht. Ich denk schon. Obwohl... Also, wenn, dann wird sie es nicht zeigen. Hm. Ich denk eher, dass sie enttäuscht sein wird. Und verletzt. Aber da müssen wir jetzt alle durch. Leicht wird es wohl nicht werden.« Caius seufzte leise und strich Axilla unwillkürlich über den Arm.
    »Wie?« Er sah sie irritiert an bei ihrem Vorschlag.
    »Du willst ihr das sagen? Das kommt gar nicht in die Tüte. Das ist meine Sache. Ich werd das schon regeln. Da musst du jetzt nicht für mich in die Bresche springen. In Ordnung?« Caius lächelte sie kurz an und wurde dann wieder ernst.
    »Das wird eh noch nen Akt. Ich bin gespannt, was Quarto sagt. Und meine Eltern.« Er machte ein besorgtes Gesicht, wollte dann aber wieder ablenken, doch Axilla kam ihm zuvor.


    Caius ließ sich küssen und schämte sich ein wenig dafür, dass es mit der Zeit bei ihm etwas drängender wurde. Er unterbrach den Kuss dann, küsste Axilla noch mal flüchtig auf die Nasenspitze und schmunzelte.
    »Ich weiß. Bei mir stimmt es auch nicht mehr.« Er sah Axilla grübelnd an.
    »Oder meinst du, dass es damals schon nicht gestmmt hat?«

  • Sie überlegte, ob sie dabei sein wollte, wenn er es Silanus sagte. Sie war sich nicht sicher, aber vermutlich war das das beste, wenn sie dabei anwesend war und so gleich alles schnell geklärt war. “Wie du magst. Vielleicht geht es einfacher, wenn cih dabei bin? Aber das ist ja eigentlich mehr was, was Männer ausmachen, oder?“ Axilla war noch nie verlobt gewesen und kannte auch niemanden so wirklich. Nun, außer Serrana, aber bei der hatte Sedulus ja auch Silanus gefragt, bevor sie es offiziell gemacht haben. Und Axilla hatte sich darüber trotz allem nie so wirklich Gedanken gemacht, da sie mit einem 'mich will doch keiner' im Kopf durch die Gegend gelaufen war. Und jetzt war das alles ein wenig plötzlich und überraschend.


    Von der Idee mit Seiana hielt Archias aber reichlich wenig. Das wollte er allein machen, und Axilla verstand es ja auch. Das war etwas, das Stolz und Ehre verlangten, aber... sie hatte wirklich ein unheimlich schlechtes Gewissen der Decima gegenüber. Wenn sie das nicht jetzt gleich vom Tisch bringen konnte, weil das sonst die virtus von Archias verletzt hätte, musste sie es auf jeden Fall aber später noch machen. Sie wollte nicht, dass Seiana das falsche von ihr dachte. Axilla wollte keinen Streit. Auch wenn Seiana ihr das wohl höchstwahrscheinlich nicht verzeihen würde. Aber es war ja nicht mit Absicht gewesen!
    “Gut, dann machst du das. Aber... ich meine... meinst du wirklich, dass du deshalb Ärger kriegst? Also, mit Quarto, und... deinen Eltern...“ Das ganze wurde schon wieder so groß und so schwierig, dass Axilla am liebsten davor flüchten wollte. Es war ja nicht nur so, dass sie und Archias sich einigen mussten. Was, wenn sein Vater nein sagte? Soweit sie wusste, war Archias zwar von der patria potestas befreit, aber.... man hörte ja trotzdem auf den eigenen Vater. Und wenn der sie nun nicht mochte? Immerhin war sie bei weitem nicht so perfekt wie Seiana, und ihre Familie auch nicht unbedingt einflussreich.


    Der Kuss war schön, und Axilla schmiegte sich mehr gegen Archias, genoss es, wie er sie dabei leicht an sich zog, wie sie fühlte, dass er mehr wollte. Nur leider beendete er genau dann den Kuss und fragte sie nochmal nach ihren Gefühlen. Sie hielt in der Bewegung, ihn küssen zu wollen, inne, und sah kurz zu ihm auf. “Ich... weiß es nicht. Ich fühl mich nicht wirklich anders als damals. Aber...“ Wie sollte sie das erklären? “Du liebst Seiana. Oder... hast geliebt?“ Liebte er Seiana noch? Konnte man denn aufhören, jemanden zu lieben? Axilla wusste das nicht, das war ziemlich schwierig. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie Silanus nicht mehr liebte, aber rückblickend war sie sich auch nicht sicher, ob sie das denn jemals wirklich getan hatte, oder ob sie nicht nur in ihn verliebt gewesen war. Und das war ein Unterschied, wie sie jetzt wusste.

  • »Äh, ja. Doch, du hast recht, dann mach ich das mit Silanus alleine aus. Ist ja eigentlich ein netter Kerl, soweit ich das beurteilen kann.« Immerhin waren sie zu diesem Zeitpunkt schon einen trinken gewesen, zum Einstand von Caius als Palastmitarbeiter.
    »Meinst du, dass er morgen zu Hause ist? Isst er denn Mittags mit euch?« Konnte ja auch sein, dass er in eine Garküche ging oder eine Gewichtsangucker-Diät machte, wie sie später Weight Watchers heißen sollte. Wobei, das traute Caius ihm eigentlich nicht zu.


    »Ähm, nein, eigentlich nicht. Ich meine, meine Mutter wird zwar ausflippen, aber mein Vater sieht das alles ganz locker. Er hat mich damals ja auch von der Vormundschaft entbunden. Bei Quarto mache ich mir da mehr Gedanken. Immerhin hab ich Seiana schon bei unserer Verwandtschaft überall vorgestellt... Aber lass das mal meine Sorge sein, ja?« Caius drückte Axilla kurz an sich und gab ihr ein Küsschen auf die Stirn. Caius machte sich wenn überhaupt dann nur Sorgen wegen seiner Mutter. Dafür aber ernsthafte.


    »Mmmh...« Caius schmunzelte breit und wurde dann wieder ernst, als Axilla auch ernst wurde. Der Kuss war zwar schön gewesen, aber dass Axilla wieder arbeiten konnte, hieß ja nicht, dass sie und er dann gleich auch wieder... Naja, und außerdem war sie schwanger! Caius konnte, wenn wer anders zusah, aber bei seinem eigenen Kind hätte er vermutlich ein paar klitzekleine Probleme. Ob Axilla das ähnlich gehen würde?
    »Ich glaub, ich weiß was du meinst. Da war immer schon was zwischen uns, aber ich hab es erst jetzt gemerkt. Bei Seiana war das anders. Ich bewundere sie, wirklich. Und ich hab sie sehr gern. Aber das, was zwischen uns ist, das war bei ihr nie. Am Anfang war mir...so ähnlich wie ein Grummeln in meinem Bauch. Das hab ich schon lange nicht mehr gehabt bei ihr. In Alexandria das letzte Mal. Ich glaub, ich war verliebt. Aber richtige Liebe...« Caius zuckte mit den Schultern. Vielleicht verstand Axilla ihn ja.

  • Puh, da fragte er was. Axilla zuckte etwas hilflos mit den Schultern. “Nein, er isst meistens außerhalb, aber abends ist er doch meist daheim. Er und ich... sehen uns nicht so häufig.“ Sie hatte ihm ja bereits erzählt, dass sie und Silanus einander weitestgehend ignorierten, da ja doch das ein oder andere zwischen ihnen stand. Nicht zuletzt, dass Silanus ihr erster Mann gewesen war...
    “Und vielleicht solltest du erst noch mit Seiana morgen reden...“, fügte sie kleinlaut an. Natürlich hatte sie nichts dagegen, wenn er schnell mit Silanus reden würde, ganz sicher nicht, aber Axilla wollte nicht, dass Seiana noch mehr verletzt wurde, als sie es wohl ohnehin werden würde.


    Als Archias anfing, aufzuzählen, wer wohl wie reagieren würde, wurde Axilla noch ein bisschen kleiner, und ihr Bauchweh wurde dafür ein bisschen größer. Seine Mutter würde ausflippen und um Quarto machte er sich Gedanken. Das klang nicht unbedingt gut, und Axilla war niemand, der sich hinstellte und sagte 'so, hier bin ich, lebt damit'. Nervös kaute sie ein wenig auf der Unterlippe herum.
    Als Archias anschließend noch seine Gefühle beschrieb, wurde das noch ein wenig schlimmer. In Seiana war er also verliebt gewesen, aber seid Alexandria nicht mehr? Wollte er ihr das sagen? Und das war keine wahre Liebe, meinte er. Axilla kaute noch immer auf ihrer Unterlippe, als sie sich fragte, was das hier für ihn war. Machte er das vielleicht doch nur wegen dem Kind?
    “Caius, ich muss dir noch was sagen“, fing sie also unsicher an. Sie wollte nicht, dass er alles wegwarf wegen einer Vorstellung von einer glücklichen Familie, die vielleicht gar nicht eintreffen würde. Nervös knetete ihre linke Hand an den Fingern der rechten Hand herum, wobei beide Hände doch recht auffällig vor ihrem Bauch blieben und ihr Blick auf eben jene gesenkt war. “Also... wegen der Abtreibung... also, es kann sein, dass das Kind... sehr klein ist, und vielleicht auch nicht gesund. Und, also... wenn es nicht gesund ist... ich kann das dann auch nicht. Also, wenn es dann nicht sowieso stirbt, ich meine...“
    Es war ja nicht so, dass es etwas ungewöhnliches war, wenn man missgebildete Kinder aussetzte. Das war sogar eher die Regel als die Ausnahme. Es war noch nicht einmal strafbar, da Kinder per Gesetz das Eigentum des Vaters waren. Selbst Seneca hatte es öffentlich befürwortet, oder auch Plato. Aber dennoch war es nichts, was Axilla einfach so ansprechen konnte, als wäre nichts dabei.
    “Vielleicht ist es auch ganz in Ordnung, aber... also, wenn es das nicht ist, Caius... also, ich kann das nicht. Dann, also... dann... also, nur, wenn es wirklich so ist und... also... ich meine... und, und, wenn du sagst, du kannst das nicht, oder... also, ich meine, weil du anders fühlst, ich meine... nicht für mich, sondern für das...“ Ihre Hand berührte nervös zitternd ihren Bauch, und Axilla sah ihn forschend an. Er hatte nicht einmal gesagt, dass er sie liebte. Er hatte es nichtmal so richtig angedeutet. Vielleicht liebte er auch nur die Vorstellung einer Familie. Aber Axilla wollte nicht, dass er seine Entscheidung aus falschen Gründen traf. Und sie traute sich nicht, ihr Herz ganz zu öffnen und zuzulassen, was sie eigentlich schon wusste, solange da noch diese Unsicherheit war.

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