Tot geglaubte leben länger oder...an einem milden Tag im November.

  • Es war ein milder Tag in Rom, der November war dieses Jahr sehr freundlich und die Ärzte sehr zufrieden mit Ihr und ihren Genesungsvorschritten. Vera saß, gut verpackt in Decken, in einer Schaukel unter einem Oleander Strauch im Garten der Villa. Neben ihr auf einem kleinen Tisch stand ein Teller mit Obst und anderen Leckerein. Nichts hatte sie bis jetzt davon angerührt nur der heiße Gewürzwein in ihren Händen war schon in den Genuss gekommen ihre inzwischen wieder vollen und roten Lippen zu passieren.
    Als sie damals, nach dem Abendessen der Familie zu Ehren der Rückkehr Lucius, am nächsten Morgen mit rasenden Kopfschmerzen aufwachte dachte sie noch es hätte am Wein gelegen, dem sie nur verdünnt und wenig zugesprochen hatte. Oder das die lange Seereise sie doch mehr erschöpft hatte als sie sich es zugestand.
    Sie war nicht lange genug wach gewesen um die besorgten Gesichter um sich wahrzunehmen, denn sie hatte nicht eine Nacht geschlafen sondern volle 5. Auch jetzt war das hohe Fieber das Vera in der Nacht nach dem Essen befallen hatte noch lange nicht wirklich vorbei. Viel Tage bangte man um ihr Leben, sie kam nur kurz zu sich und die Ärzte wussten sich bald keinen Rat mehr.
    Vera kämpfte, erst im Schlaf gegen das Fieber und später gegen den quälenden Husten der ihr fast die Lunge aus der Brust sprengen wollte.
    Sie wurde immer blasser und schwächer doch sie gab nicht auf. Endlich war sie in Rom, sie hatte doch noch gar nichts gesehen und sollte so einfach gehen? Nein, das kam für sie nicht in Frage.
    Selbst in diesem geschwächten Zustand hatte sie noch einen störrischen Dickschädel was auch so mancher zu spüren bekam der sie umsorgte. Immer wieder landete die bitte Medizin an der Wand oder sie spucke sie einfach auf den Boden. Nur mit Mühe brachte man sie dazu sie zu schlucken und noch schwerer war es sie im Bet zu halten, als sie endlich nicht mehr so stark fieberte.
    Jetzt endlich, nach langen öden und anstrengenden Monaten durfte sie aus ihrem stickigen und engen Zimmer. Vera hatte eine Jähzornsanfall nach dem andern bekommen, hatte es mit Bestechung versucht, mit Tränen und betteln doch erst heute durfte sie das erste mal für eine Stunde hier hinaus. Gut eingepackt und warm.
    Sie schloss die Augen, holte tief Luft, endlich tat das nicht mehr weh. Sie hatte es geschafft, die Unterwelt wollte sie noch nicht, hatte sie im hohen Bogen wieder ausgespuckt.
    Ihre geschlossenen Lieder zitterten leicht und zarte lila Äderchen pulsierten unter der hellen Haut.

  • Zu einer wahren Kunst hatte Gracchus es perfektioniert, sich in seinem Arbeitszimmer aufzuhalten, dort sich keinerlei sinnvollen Tätigkeiten hinzugeben - war ihm das Lesen wie flüssige Schreiben doch noch immer unmöglich - und dabei doch irgendwie das Gefühl zu haben, sich mit wichtigen Dingen zu beschäftigen. In eben jenen wichtigen Angelegenheiten fühlte er nunmehr sich gestört durch das unbotmäßig laute Rascheln, Knarzen und Klirren, welches durch das geöffnete, zum Garten hin gelegene Fenster herein drang.
    "Sciurus, was ist dies für ein Ge..töse?"
    Der angesprochene Sklave trat zum Fenster hin und warf einen Blick hinaus. "Die Dame Flavia Vera ist im Garten und es werden ihr einige Annehmlichkeiten gebracht." Bisweilen beschlich Gracchus das Gefühl, dass nicht nur das Leben Roms ihm verborgen blieb, sondern ebenso auch jenes in der Villa Flavia.
    "Flavia wer?"
    blinzelte er derangiert zu Sciurus. "Vera, Herr", antwortete jener geduldig. "Eine Tochter Aetius', Schwester des Aulus Piso, ebenso wie Leontias."
    "Leontia …"
    perlte unvermittelt der Name seiner Lieblingsbase über Gracchus' Lippen und ein verträumtes Lächeln schlich sich über sein Antlitz, ehedem mit der gleichen Emotion Trauer und Schaudern zugleich in ihm empor krochen, er die Augen schloss und fest zusammen presste, den Anblick der geliebten Base am Grunde des Meeres aus sich zu vertreiben, allfällig gar das aufsteigende Nass aus seinen Augenwinkeln.
    "Seit wann ist sie hier?"
    Er hatte nur eine Erinnerung an Vera, welche ein wenig jünger noch mochte sein als seine Schwester Minervina es gewesen war. Es war bei der Bestattung seines Vaters gewesen, einer der seltenen Gelegenheiten, zu welchen er nach Rom gekommen war und zu welchen Aetius nicht seine Ressentiments ihm gegenüber hatte offen zur Schau gestellt. Sie war ein kleines Mädchen gewesen, hatte gemeinsam mit dem kleinen Piso vor ihrer großen Schwester Leontia gestanden - dies war viele Jahre her und ebenso wie Minervina würde auch Vera wohl zu einer Frau herangereift sein. "Seit geraumer Weile bereits, Herr, doch lag sie lange von Fieber gebeutelt darnieder", unterbrach Sciurus die Erinnerungen seines Herrn.
    "Hier? In Rom? In der Villa?"
    "Ja, Herr." Das Anwesen war Gracchus bereits des öfteren zu groß erschienen, manches mal hatte er gar das Gefühl in einer ganz anderen Welt zu leben denn seine Verwandten - obgleich dies nicht unbedingt nur an der Weitläufigkeit der Villa mochte liegen. Ein Seufzen entrann seiner Kehle und er erhob sich - er hatte ohnehin nichts Wichtigeres zu tun, um nicht seine Base zu begrüßen. Gefolgt von seinem Schatten Sciurus durchquerte er die Flure der Villa zum Garten hin und trat in die frische, herbstliche Luft hinaus, die sich angenehm belebend über die Haut ihm legte. Noch ehe er bei Vera war angelangt, hatten die unsichtbaren Blicke und Handzeichen zwischen den Sklaven bereits dafür Sorge getragen, dass zu dem kleinen Arrangement unter dem Oleanderstrauch ein Stuhl war hinzugesellt worden.
    "Vera?"
    nannte Gracchus den Namen seiner Base, um auf sich aufmerksam zu machen.
    "Es muss wohl der Winter mir verlustig ge..gangen sein, denn augenscheinlich ist bereits wieder Frühling, da eine solch liebli'he Blüte unseren Garten ziert."
    Obgleich die lange Krankheit nicht spurlos an ihr war vorüber gegangen, so war ihre Schönheit doch unübersehbar.

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  • Die Sonne schmeichelte ihrer Haut und Vera genoss es. Die wärme der Sonne, ja auch im November war das noch möglich, floss durch ihren Körper und gab ihr die verlorene Energie zurück. Mit geschlossenen Augen hörte sie den Geräuschen im Garten zu und den entfernten Rufen auf der Straße vor der Villa. Etwas hinter ihr lies sie aufhorchen und dann hörte sie auch noch ihren Namen von einer ihr unbekannten Stimme.
    Vera öffnete die Augen und sah einen Mann vor sich stehen. Sein Kompliment nahm sie war doch war sie es auch gewohnt das die Männer so auf sie reagierten.
    Das sich jeder nach ihr umdrehte und so mancher Mann sich auch noch mehr wünschte, war nicht neu für sie und somit nahm sie Komplimente kaum war doch dieses was so nebenbei erwähnt das sie zu ihm auflächelte auch wenn sie sich eher unscheinbar und unansehnlich vorkam. Mit einem gewinnenden lächeln richtete sie sich etwas auf.
    „Nein der Winter hat noch gar nicht begonnen und ich sehe wohl gerade nicht wie der frisch blühende Frühling aus. Trotzdem dank für die lieben Worte auch wenn ich nicht weis von wem sie kommen.“
    Das leise Geister des Hauses eine Stuhl für ihn zu ihr gestellt hatten zeigte ihr das es kein Unbekannter war und auch kein Freund des Hauses, sondern einer ihrer Verwandter sein musste.
    Ihr war es aber auch egal, sie war froh endlich ein anderes Gesicht zu sehen als das des mürrischen Medikus oder der alten Sklavin dir ihr immer und immer wieder die bittere Medizin eingeflösst hatte.
    Vera beugte sich vor und der Schal rutschte ihr von der Schulte als sie den Becher mit dem Wein auf den Tisch abstellte. Aus den Augenwinkeln beobachte sie ihn als er sich setze. Ein attraktiver Mann im interessanten Alter, wer er wohl war?

  • Ein geradezu ausgeschlagenes Kompliment konnte Gracchus nicht auf sich beruhen lassen, ob dessen er vor seiner Vorstellung noch einmal zu einer Verfeinerung ansetzte.
    "Auch die Blüte verliert ni'hts von ihrer Anmut, nur weil der Nebel sie verdeckt."
    Langsam ließ er auf den Stuhl sich nieder, während ein emsiger Sklave einen Becher voll Wein ihm einschenkte, welchen er jedoch vorerst unbeachtet ließ.
    "Manius Gracchus, Sohn des Titus Vespasianus - es ist lange her, dass wir uns zuletzt begegnet sind."
    In der Tat war sie zu einer Frau heran gereift, doch an die Grazie ihrer Schwester konnte sie nicht heran reichen - obgleich dies auch durch ihren gegenwärtigen Zustand mochte begründet sein. Gleichsam mochte nichts je an die geradezu ephiphane Gestalt der Leontia heranreichen, in deren ebenmäßigem Antlitz Gracchus niemals nur die Harmonie ihrer äußeren Schönheit hatte wahrgenommen, sondern stets durch die sanften, blaufarbenen Augen ihr Inneres hatte geblickt, ihren bestechenden Geist, ihren untadeligen Charakter und ihren adorablen Esprit, in welchen beinahe bedingungslos er sich hatte verlieren können.
    "Wie geht es dir?"

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  • Vera lehnte sich zurück und zog den Schal wieder über ihre Schulter. Manius, war das nicht der…mit ihrer ach so braven Schwester? „Ach“ seufzte sie auf „ es ist eine Schande wie die Ärzte mit einem umgehen. Heute darf ich für eine Stunde raus aus meiner Zelle. Wie soll man da gesund werden wenn man eingesperrt ist und nur scheußliche Medizin bekommt. Ich bin doch nicht nach Rom gekommen um hier im dunklen zu liegen und zu versauern.“ Mit offenem Interesse sah sie ihn jetzt an.
    „Es ist mir eine Ehre Manius Gracchus, Sohn des Titus Vespasianus. Ich kann mh icgar nicht daran erinnern das wir uns je begegnet sind. Wenn, muss das gewesen sein als ich noch klein war und damals hatte ich bestimmt nur Augen für meine Puppen.“
    Vera griff nach einer Traube und ließ sie in ihrem Mund verschwinden.

  • Es war nicht zu übersehen, wie sehr Vera das Leben außerhalb ihres Cubiculum misste, respektive zu hören, sprudelten doch die Worte einer Kaskade gleich aus ihr heraus. Den Widerwillen gegen die Medici konnte Gracchus ihr nachfühlen, obgleich die seinen ihn stets hatten drängen wollen, das Haus zu verlassen und den Leib zu bewegen als dies noch gänzlich entgegen seinem Sinne war, doch letztlich war es wohl Bestandteil der Rekonvaleszenz sich stets gegen jenes zu sträuben, was die Ärzte verordneten - nicht zuletzt mochte jenes Aufbegehren ein untrügliches Anzeichen der Genesung sein.
    "Es liegt in der Tat lange zurück, da wir uns zuletzt begegnet sind, und obglei'h ich keine Acht darauf hatte, wem deine Augen damals galten, so mo'hten es wohl Puppen gewesen sein. Es war während der Be..stattung meines Vaters hier in Rom."
    Nun war er selbst bereits Vater und hatte einen Sohn, der mit Puppen spielte - die Zeit war doch ein überaus merkwürdiges Konstrukt, welches dem Leben einerseits eine Linie gab, es gleichsam jedoch dabei verzehrte.
    "Weshalb bist du nach Rom gekommen? Hat dein Vater dich gesandt? Stehst du no'h unter seiner Gewalt?"
    Letzteres war kaum anzunehmen, hatte Aetius seine Kinder doch stets überaus früh aus der patria potestas entlassen, wie Gracchus glaubte, um sich jeder Verantwortung zu entziehen, oder aber da ihn schlichtweg nicht interessierte, was seine Nachkommen zu tun gedachten - wie die Interessen der flavischen Familie ihn ohnehin nicht zu tangieren schienen, abgesehen davon, dass seine Herkunft ihm sein ausschweifendes und überschwängliches Leben ermöglichte. Manches mal schien es, als würden die flavischen Väter sich stets nur in Extremen bewegen können, und er hoffte, eines Tages für seinen Sohn einen adäquateren Weg zu finden.

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  • Vera überlegte wann das gewesen sein könnte, diese Reise nach Rom zur Beerdigung Gracchus Vater. Sie dachte eigentlich das sie vorher noch nie in Rom war, nun das war wohl doch etwas anders gewesen.
    Als er nach ihrem Vater fragte verzog sie das Gesicht, so als ob sie eine sehr saure Traube erwischt hätte.
    Vera beugte sich wieder vor und nahm den Becher wieder auf, inzwischen war er erneut mit heißem Würzewein gefüllt worden. Sie drehte ihn in ihrer Hand hin und her, sah auf den Spiegel des Weines als sie antwortete.
    „Ich bin schon lange nicht mehr zuhause gewesen und ich bin sicher, dass es meinen Vater nicht wirklich interessiert wo ich bin und was ich tue. Das einzige was ihn vielleicht interessiert, das kein schlechtes Bild auf ihn zurück fällt aber auch das dürfte ihn dann kaum stören.“
    Jetzt sah sie auf und ihn wieder direkt an, ein lächeln umspielte ihre Lippen.
    „Ich war lange auf Studienreisen doch noch nie in Rom, dachte ich zumindest und jetzt wollte ich einfach mal den Mittelpunkt der Welt sehen und meine Familie besuchen. Ich war sehr erstaunt und doch auch erfreut meinen Bruder hier anzutreffen und auch weitere nette und interessante Verwandte. Was die patria potestas betrifft, bin ich eine etwas führungslose Frau doch kann ich dir versichern, dass ich dem Rat meiner Familie folgen werde und versuchen werde sie tatkräftig zu unterstützen. Solange sie mich nicht an einen altersschwachen Tattergreis verheiraten will, der dazu noch zich Erben hat.“ Vera lacht auf und ihr lachen klingt hell und glockenklar.
    „Ich hoffe, sobald es die Ärzte erlauben, viele interessante Menschen kennen zu lernen. Ich möchte ins Theater und auch zu den Spielen, den Wagenrennen und sonst dorthin wo etwas los ist. Feste und Empfänge. Rom ist so voller neuer Inspirationen für mich.“ Vera blühte fast af als sie sich so begeistern konnte für das was sie noch vor hatte.

  • Die offene Art und Weise, in welcher Vera über ihren Vater sprach, befremdete Gracchus ein wenig, gleichsam rief er sich in Erinnerung, dass sie keinerlei Grund hatte, hier in Rom im Hause ihrer Familie diesbezüglich zu schweigen oder gar zu versuchen, ein fälschliches Bild zu zeichnen. Ihre Pläne glichen denen wohl aller junger Patrizierinnen, welche lange Zeit fern der Hauptstadt hatten gelebt, und als Flavia würden zumindest ihr alle Wege offen stehen. Dennoch, Rom schien Gracchus bisweilen wie eine helle, weithin leuchtende Kerzenflamme, deren Licht nicht nur die schönsten Falter aus der Ferne her anzog, sondern gleichsam auch allerlei Arten von Stechmücken und Geschmeiß, und nicht selten hatte der eine, wie andere - Schmetterling wie Ungeziefer - sein Verderben im heißen Feuer der Stadt gefunden. Ihre begeisterte Freude ob der in Aussicht stehenden Gelegenheiten indes ließ seine Bedenken vorerst verblassen, denn schlussendlich würde Aetius trotz allem dafür Sorge getragen haben, dass sie eingedenk patrizischer Werte und flavischer Tradition war aufgewachsen, und somit von den Lästlingen der Stadt sich fern halten.
    "Nun, an Gelegenheiten zu vergnügli'her Kurzweil wist du hier sicherlich keinen Mangel leiden. Die Naumachia des Aedilis Plebis hast du leider versäumt, wiewohl die Wagenrennen, welche Consul Tiberius anlässli'h der Feriae Latinae hat ausri'hten lassen, doch ennuyant wird das Leben in Rom selten."
    Bisweilen konnte es sogar überaus lästig und überdrüssig werden, doch selten nach den ersten Wochen. Da sie selbst die Thematik der Ehe ansprach und unbezweifelt im besten Alter für ein Arragement sich befand, hakte Gracchus noch einmal nach.
    "Hast du bereits mit deinem Bruder bezügli'h einer ehelichen Verbindung gesprochen?"
    Eine Verbindung zu den Tiberia war spätestens nach Durus' Wahl geradezu obligat, wiewohl auch weitere patrizische Gentes derzeit überaus gut gesellschaftlich wie politisch positioniert waren. Gleichsam mochten indes auch Pisos eheliche Absichten eine Rolle bei der Auswahl eines für Vera geeigneten Gemahls spielen, so er überhaupt bereits sich darüber hatte Gedanken gemacht - so nicht, würde auch dafür allmählich es Zeit werden.

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  • Angesprochen auf eine eventuelle Heirat zog sie den Schal enger um sich und trank erstmal einen Schluck aus ihrem Becher. Ihre nur leicht zusammen gestecktes Harre vielen ihr dabei ins Gesicht und mit einer fließenden Bewegung, voller Eleganz strich sie sie zurück.
    „ Nein haben wir noch nicht. Wir hatten uns so viel anderes zu erzählen als ich in Rom ankam nur er sprach von einer Frau, soweit ich mich erinnern kann.“ Vera grübelte etwas darüber nach, da war doch etwas und es war nicht richtig gewesen. Irgendetwas hatte an der Geschichte die ihr Piso im der Taverna erzählt hatte nicht gestimmt. Sie konnte sich noch daran erinnern dass sie nichtgerade begeistert war über seine Eröffnung.
    „Auf meinen Reisen habe ich mit einigen Familien Kontakt gehabt doch die Männer, die dort in frage gekommen wären waren alles…na ja sagen wir es mal so. Entweder waren ihre Ohren voller Staub weil sie zu tief in den Büchern steckten oder ihre Nasen zu rot weil der Wein zu gut schmeckte. Wirklich etwas Interessantes wie ein hoher Militär oder auch ein Beamter. Ich glaube auch das ein Mann der zu mir und unserer Familie passen wird ist nur in Rom zu finden. Wobei, so wirklich eilig habe ich es nicht.“
    Vera hob den Kopf und ihre Augen blitzen voller Energie auf.
    „Meinst du wir können vielleicht einen kleinen Empfang geben wenn es mir wieder besser geht? Ich wurde ja noch gar nicht eingeführt in die Gesellschaft in Rom und ich kenne hier wirklich niemanden außer meine Familie.“ Vera sah in mit so einem bittenden Blick an der Steine erweichen hätte können. Sie wünschte es sich wirklich von ganzem Herzen und sah auch keinen Grund warum es nicht möglich wäre ein paar Gäste zu einem kleinen Abendessen ihr zu ehren einzuladen. Schließlich war sie eine Flavia und neu in Rom.

  • Es war ein schrecklicher Anblick gewesen, als Piso heute mit seinen beiden Händen ganz langsam und bedächtig die Klinke heruntergedrückt hatte, um dann die Türe langsam mit seinem rechten Fuß aufzumachen. Denn er musste, voller Schrecken erkennen, dass seine Schwester verschwunden war.
    Zuerst hatte er gedacht, die dicken Decken würden sie vor ihm verschließen, doch als er zum Bett gesprungen kam und voller Besorgnis das Bett durchwühlt hatte, stellte er fest, dass niemand hier drinnen war.
    Er sprang auf und rannte im Zimmer umher, doch sie war nirgendswo. Der pisonsichen Rage, die daraufhin erupierte, fiel ein armer Sklave zum Opfer, den sich Piso packte, nach dem Verbleib seiner Schwester sich erkundigend. Der Unglückselige wusste es nicht, und wäre ob dessen fast zu Tode gebeutelt worden, als eher zufällig Phrima daherkam und Piso mit ihrem eigentümlichen, melodiösen raetischen Akzent mitteilte, seine Schwester wäre im Garten.
    Der junge Flavier ließ den Sklaven los und eilte hinfort, in den Garten hinein.
    Als er jenen betrat, konnte er sofort erkennen, dass Vera da war. Und noch jemand stand bei ihr – Gracchus. Sie schienen sich recht gut zu unterhalten.
    Piso kam auf Vera zugestürmt. „Vera, Vera, Vera! Was machst du da! Der Medicus hat doch gesagt, du musst im Bett bleiben!“ Echte Sorge umhüllte seine Stirn. Was Vera trieb, war doch immer wieder ein Mysterium. Wieso musste sie auch auf Teufel komm raus ihr Bett verlassen? „Willst du wieder einen Rückfall erleiden?“, fragte Piso inquisitorisch, bevor er sich an Gracchus wandte. „Und du lässt sie auch noch, Manius. Sie muss das Bett hüten!“, versuchte er seinem Vetter klar zu machen – vor Aufregung nur das Praenomen benutzend, welches er bei Gracchus noch nie getan hatte, obwohl dies, anbetracht der Tatsache, dass sie eng verwandt waren, nur allzu logisch erschien. Paralell dazu ruderte er mit seinen Armen in der Luft herum, als gälte es, quer durch das Mittelmeer nach Africa zu paddeln – eine megalomanische und sinnlose Geste, die typisch für ihn war, und jedem vertraut, der Piso schon einmal agitiert und entsetzt gesehen hatte.
    Seine Vorwürfe untermalte er, indem er seine Hände, die Gesten endlich unterbrechend, energisch in seine Hüften stemmte – bevor er auch diese Geste sein ließ und seufzte. „Bona dea, Vera, du bist mir eine.“ Piso war viel zu gutmütig zu seiner Schwester hin, als dass er ihr böse sein könnte. Er setzte sich neben Gracchus und Vera hin und seufzte. „Wie fühlst du dich?“, fragte er zu seiner Schwester hin. Ehrliche liebevolle Sorge lag in seinen Augen. Er wollte doch nur Veras Bestes.

  • Vera war gerade dabei einen Versuch zu starten Gracchus zubezirzen, wegen ihrem Wunsch ein Fest zu veranstalten, als es neben ihr recht lebendig wurde. Piso überfiel sie gerade mit Worten und Gesten. Er fuchtelte rum wie ein Verrückter und sie befürchtete im ersten Augenblick dass er theatralisch zusammenbrechen würde und seinen letzten geistvollen Atemzug zu ihren Füßen aushauchen würde. Nein er war nur wirklich besorgt um sie und es tat ihr im Herzen leid ihn so angstvoll zu sehen aber was ließ er sie auch volle zwei Tage allein.
    Wenn er bei ihr gewesen wäre und nicht sich in der Kanzlei in Arbeit gestürzt hätte, ja dann hätte er gewusst dass sie gestern Abend endlich die Erlaubnis erhalten hatte für eine Stunde das Bett verlassen zu dürfen und sich im Garten zu erholen. Vera richtete sich auf ihrer Kline auf und lies demonstrativ ihren Schal von den Schulten rutschen.
    „Piso, mein Herz du erschreckst mich zu Tode und wenn nicht der stickige Raum, der sich mein Zimmer schimpft, mich umbringt dann du indem du mich so erschrickst. Mir geht es endlich blendet seit ich hier draußen bin und dann noch mit so scharmante Unterhaltung.“ Sie blinzelte Graccus zu, irgendwie musste sie ja versuchen ihn für sich zu gewinnen.
    Ich habe gerade Graccus gefragt ob es nicht möglich wäre, natürlich erst wenn ich wieder ganz gesund bin, einen kleinen Empfang zu geben. Ich habe soviel versäumt und kenne ja noch nicht mal unsere ganze Familie. Wusstest du eigentlich dass ich doch schon mal in Rom war und da sogar Graccus getroffen habe. Bei der Beerdigung seines Vaters, er erzählte mir gerade . Ich kann mich gar nicht erinnern. War Mutter da noch bei uns? Ach Piso, ich bin so glücklich endlich wieder aus dem Bett zu sein.“
    Vera war erregt und ihre blassen Wangen füllten sich mit heißem Blut und färbten sich dunkel. Sie hatte sich so gefreut ihn zu sehen und endlich draußen sein zu dürfen das sie auf alles was der Medicus ihr geraten hatte, sich nicht aufzuregen und es langsam angehen zu lassen über Bord geworfen hatte und gerade jetzt ein Hustenanfall ihr zeigte was er von ihrem Temperament hielt.
    Vera griff keuchend und hustend nach dem kleinen zarten Tuch das neben ihr lag und presste es sich vor den Mund. Doch schnell hatte sie sich wieder erholt und sah die beiden Männer an als ob nichts gewesen wäre.
    „Was meinst du, wäre das nicht schön endlich auch mal jemand wirklich interessantes kennen zu lernen?“ Nahm sie das Thema, das sie im Moment alleine interessierte, wieder auf und sah ihren Bruder erwartungsvoll an. Sie ging davon aus dass er ihr bedingungslos zustimmte.

  • In seiner eigenen, selten übereilten Art und Weise überdachte Gracchus die Worte seiner Base bezüglich einer ehelichen Verbindung und musste wohl ihr zustimmen, dass solcherlei nicht vorschnell musste entschieden werden, denn obgleich sie längstens über das erste zarte Alter war hinaus, in welchem die Eheschließung für ein Mädchen possibel war, so war sie gleichsam noch fern jenes Alters, in welchem solcherlei dringend war angebracht. Ihre Bitte nach einem Empfang ließ ihn gleichsam innerlich erstarren, hatte er doch gerade erst nolens volens sich abgefunden damit, dass bald alle Tage dies oder jenes gesellschaftliche Ereignis anstand, welchem unvermeidlich er musste beiwohnen, so dass die Villa Flavia als letzter gefeiter Rückzugsort ihm geblieben war, wohin keinerlei gesellschaftliches Leben ihm zu folgen vermochte. Selbstredend war er dessen sich gewahr, dass diese Konstellation unmöglich würde von Dauer sein, doch hatte er gehofft, so lange wie möglich die Infiltration seines trauten Heimes mit Familienfremden herauszögern zu können. Er suchte noch nach einem Ausweg aus dieser misslichen Lage - denn obgleich Veras weibliche Reize ihn kaum nur zu tangieren vermochten, so war er doch sich stets der familiären Verantwortung gewahr, manches mal gar ein wenig zu ernsthaft - , als jählings Piso in den Garten stürmte zu ihnen hin, mit derart aufgebrachtem und erregtem Gemüt, dass nicht nur seine Stimme sich zu überschlagen schien, sondern er durch seine rudernden Bewegungen gleichsam den Anschein erweckte, in dazu synchroner Art auch den Leib rotieren lassen zu wollen. Überaus gebannt betrachtete Gracchus diese Emotionalität seines Vetters, konnte kaum seine Sinne von der offenen Schaustellung dessen Beklemmung und Besorgnis ob des Gesundheitszustandes seiner Schwester hinfort ziehen, nicht einmal als jener beiläufig seinen Namen erwähnte, derart fasziniert war er. Gleich der dem flavischen Wahn inhärenten Wut schien Pisos Echauffierung indes schnell abzukühlen, wodurch dessen Schwester die Gelegenheit fand, seine Vorwürfe - zumindest ansatzweise - zu entkräften, gleichsam die gänzliche Aufregung augenscheinlich für sie ein wenig zu viel des Guten war. Den auf ihr Husten besorgt herbeieilenden Sklaven indes beachtete sie wenig, ebenso wie das Symptom selbst, galt ihre Aufmerksamkeit doch noch immer dem durch sie ersehnten Empfang - Gracchus glaubte darin die zielstrebige und über alle Hindernisse hinweg stürmende Art der flavischen Frauen zu entdecken, was ein leichtes Schaudern ihm über den Rücken trieb in Reminiszenz an seine Schwester Minervina, sowie seine Nichten Arrecina, welche diese bisweilen störrische Art mit ihrem Leben hatten bezahlt.
    "Allfällig solltest du mit meiner Gemahlin Antonia in Hinblick auf einen sol'hen Empfang sprechen, sie hat einen weit besseren Überblick über die gesellschaftli'hen Strukturen Roms als ich dies habe."
    Würde Gracchus nach eigenem Ermessen Gäste laden, so würde Vera schlussendlich vermutlich zwischen Ehepaaren sitzen, deren Männer über politische Gegebenheiten disputierten, während die Damen schweigend daneben saßen.

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  • Komisch, dachte sich Piso. Je drastischer seine Gestikulierung war, je dramatischer seine Posen, um so weniger schien man Notiz von ihm zu nehmen. Vera und Gracchus schauten ihn, als er zu zetern begann, nur an wie ein seltsames, so faszinierendes wie auch unbekanntes Tier an. Erst, als er sich halbwegs wieder beruhigte aus seinem emotionalen Erguss, der aus Sorge um seine Schwester geboren war, und sich hinsetzte, fand Vera wieder den Atem, ihm zu kontern.
    „Tut mir Leid.“, quakte Piso verlegen, als seine Schwester ihn ausschalt. „Ich war einfach nur besorgt! Ich hatte keine Ahnung, was dir passiert hätte sein können, du hättest ja...“ Er stockte. Was hätte ihr schon passieren können? Je mehr er darüber nachdachte, desto irrationaler kam ihm seine Sorge vor. Er musste sich jetzt daran abfinden, dass Vera eine erwachsene Frau war, und er nicht mehr der Bruder, der, mangels Interesse vonseiten ihres Vaters, sich um sie Sorgen machen musste, wenn sie krank gewesen war als Kind. Er ließ seine Schultern nach unten sacken. Niemand konnte ihm seine guten Intentionen abstreiten, aber er hatte den Bogen wohl wieder einmal überspannt.
    Er blickte auf, als Vera etwas von einem Empfang zu sprechen begann. Er hob seine linke Augenbraue. Nicht vor Missbilligung, sondern vor Überraschung ob der guten Idee.
    „Vera, das ist... eine wirklich gute Idee! Ein Empfang wäre was richtig Nettes! Es gäbe sicherlich einige, die man einladen könnte. Zum Beispiel, weißt du, dass Caius Aelius Archias wieder in Rom ist? Er hat jetzt eine Verlobte.“ Natürlich musste Vera Archias, Pisos besten Jugendfreund, kennen, mit welchem er in seiner Kindheit fast unzertrennlich gewesen war.
    Seine Gesichtszüge verdüsterten sich, als sie begann, von ihrer Mutter zu sprechen. Nur für einen Moment, aber lange genug, um es zu bemerken. Er dachte dieser Tage oft an Calpurnia Fausta. Er hatte schon stundenlang wach in seinem Bett gelegen, versucht, die Erinnerung an das Gesicht seiner Mutter heraufzubeschwören, doch es war ihm nicht gelungen.
    „Ich kann mich an das Begräbnis erinnern, ja. Unsere Mutter war damals schon... nicht mehr unter uns.“ Er umschrieb, was hätte er sonst tun können? „Damals war... Genucia Triaria unsere Stiefmutter. Kannst du dich an sie erinnern?“ Vera und er hatten Triaria ständig Streiche gespielt. Verdient hatte sie es ja, die alte Hexe, möge sie jetzt im Tartarus schmoren – sie verschwand nämlich 2 Jahre später unter sehr mysteriösen Umständen. Für Piso bestand wenig Zweifel, dass Aetius sie umgebracht hatte. So wie seine eigene Mutter. Ich muss Vera einmal diese Geschichte erzählen... aber nicht heute... später... sie hat ein Recht, es zu wissen, redete sich Piso ein, ungewiss, ob er jemals den Mut dazu haben würde.
    Er nickte also nur zu Gracchus‘ Vorschlag hin. „Antonia zu fragen, ist sicherlich eine gute Idee. Wobei ich es durchaus von mir selber sagen kann, die eine oder andere Persönlichkeit in Rom höchstselbst zu kennen.“ Ein wenig angeberisch klang dies, aber Piso hatte sich mit einigen interessanten Leuten schon getroffen, die sicher einladenswürdig waren.
    „Solch einen gesellschaftlichen Anlass kann man ja dazu benutzen, dass ich mein Gedicht vortrage! Weißt du, dass ich schon seit einiger Zeit dran bin? Ich bin schon fast fertig!“, verkündete Piso gegenüber Vera.

  • „Archias ist in Rom und eine Verlobte hat er auch noch? Die arme, womit hat man sie gezwungen. Wahrscheinlich hat er sie sich an den Haaren eingefangen so wie er es früher mit mir auch gemacht hat.“ Vera lachte vergnügt auf, sie konnte sich noch sehr gut an den besten Freund ihres Bruders erinnern und das er ihr mehr als einmal an den Zöpfen gezogen hat wenn sie beide nicht in Ruhe lassen wollte.
    Vera verzog die Nase als er Triaria erwähnte. Eine zänkische Frau der man nichts recht machen konnte und Vera hatte nicht nachgefragt als sie von heute auf morgen weg war. Das sie einfach weggelaufen war glaubte sie nicht aber das ihr Vater sie vertrieben hatte schon eher. Vera hatte damals die alte Köchin als ihre Vertraute auserkoren den sie vermisste ihre Mutter noch immer sehr.
    Vera nicke Piso und Gracchus nur zu als sie von Antonia sprachen, auch sie kannte sie ja noch nicht. Was aber bestimmt bald sich ändern würde, hoffte sie zumindest.
    „Ein Gedicht, oh wie wunderschön. Bitte du musst es mir zeigen und vorlesen bevor es jemand anders zu hören bekommt. Ich liebe deine Ergüsse und hab sie so lange entbehren müssen. Bitte Piso das darfst du mir nicht verweigern.“
    Vera meinte was sie sagte, auch wenn sie wusste das ihr Bruder nicht gerade der begnadetste Dichter war so liebte sie wirklich was er von sich gab. Manchmal, aber nur selten, machte sie ihm Vorschläge wie er etwas noch besser ausdrücken hätte können, doch meist war sie so von seiner eigenen Begeisterung hingerissen das sie keine Fehler fand.
    Vera besaß die Begabung für Kunst nicht, egal ob im Gedicht, im Gesang oder sonstigen aber sie liebte Unterhaltung und was genussüchtig. Sie liebte alles was schön und künstlerisch war und ihr Zimmer quoll über von Dingen die sie von ihren Reisen mitgebracht hatte. Ein wehnig Kitsch war darunter aber auch wirklich hervorragende Kunstwerke, denn dafür hatte sie ein Blick und dann musste sie es haben. Egal wie.

  • Auch Piso musste lachen. „Die Ärmste habe ich noch nicht einmal kennen gelernt. Die wird sicher was mitmachen müssen. Obwohl, die Leute, die das unglückliche Los haben, uns beide einmal zu ehelichen, sind auch nicht zu beneiden.“ Er zwinkerte frech seiner Schwester zu.
    Er merkte sichtlich, dass Vera nicht gerade begeistert war, als der name der Genucierin fiel. Piso schaffte es, sein Gesicht unter Kontrolle zu halten. Über die Toten (denn so eine war ja Triaria fast hundertprozentig) sollte man nicht schlecht sprechen. Oder auch nur denken. Sein Blick schweifte kurz über das grüne Labyrinth, welches der Garten der Familie darstellte, bevor er sich wieder Vera zuwandte.
    Er lächelte geschmeichelt, als sie begann, seine Gedichte zu loben – sie wusste wohl, wie sehr er Bauchpinselei mochte – und musste lachen, als sie „Ergüsse“ sagte. „Ergüsse? Das trifft es wohl!“, meinte er und grinste breit. „Und natürlich werde ich dir das Gedicht vorlesen. Wenn du die Ausdauer dazu hast.“ Freundlich blickte er auf seine Schwester, der bereits das Schicksal dräute, sich stundenlang von ihrem Bruderherz zuschwafeln zu lassen. Was man eigentlich gewohnt sein sollte, wenn man sich zur Familie des Flavius Aetius zählen konnte und somit den kreativen Freisetzungen des Sohnes des Hausherren der Villa Flavia in Ravenna wiederholt ausgesetzt war.
    Gut, dass Vera ihre Gedanken, dass Piso nicht der begnadetste Dichter aller Zeiten wäre, äußerte. Denn obwohl sein Glaube daran, dass er der beste Sänger seiner Zeit sei, seitdem er in Rom war, doch ins Wanken gekommen war, glaubte er noch immer an seine dichterische Überlegenheit.
    Anhand dessen, dass Vera nicht so begabt war, was die Kunst anging, konnte man eindeutig feststellen, dass sie Geschwister waren. Sie unterschieden sich wohl nur in dem Ausmaße, in dem sie dies auch einsahen. Kitsch mochte Piso natürlich freilich auch, zu einem fast schon ungesundem Ausmaß.
    „Sag, Vera.“, merkte Piso an. „Wie hast du dir diesen Empfang eigentlich vorgestellt? Groß oder klein? Familiär oder im weiteren Bekanntenkreis?“

  • Vera wurde es jetzt etwas kühl draußen und sie zog ihre Decke etwas fester um sich. Der heiße Würzwein war auch leer und sie fühlte sich müde. Ob es jetzt am Wein lag oder daran das sie noch nicht wieder ganz gesund war lassen wir mal dahingestellt.
    Sie kannte ihren Bruder recht gut und auch das seine musischen Machenschaften oft in unermessliche ausarteten, doch das nahm sie immer hin. Sie liebte ihn einfach und das ohne Einschränkungen.
    Sie lächelte ihn sanft an. „Sicher werde ich die Ausdauer haben und ich werde jedes Wort mit Genuss lauschen.„ Ihre Hand legte sich auf seine. „ Ich kenne doch kaum jemanden in Rom, so was kann ich nicht entscheiden.“ Vera sah zu Graccus. „ Ich würde sehr gerne deine Frau Antonia kennen lernen.“

  • Da mit dem erwähnten Aelius Archias er weder ein Gesicht, noch sonst ein Faktum konnte verbinden, schwieg Gracchus während die Geschwister über diesen sich austauschten, vermutete indes nicht, dass jener Aelius zu dem Zweig der Familie gehörte, welchem auch der Imperator und dessen Bruder Quarto waren zugehörig, zu jenem nämlichen somit, welcher sonstig kein sonderlich gutes Verhältnis zu ihrem eigenen Zweig der flavischen Gens pflegte, weshalb Gracchus sich somit auch nicht ob der augenscheinlichen Freundschaft zwischen seinem Vetter und jenem Aelier wunderte, was andernfalls unbezweifelt er hätte getan. Das in Aussicht gestellte Gastmahl indes schien ein wenig mehr an Attraktivität zu gewinnen, war Gracchus Literatur wie Poesie doch überaus zugeneigt, fand ausnehmend großen Gefallen an derartigen Lesungen, wiewohl auch er selbst an solcherlei sich ab und an hatte versucht - für derart ausgereift indes noch nie eines seiner Schriftstücke befunden, dass es der Öffentlichkeit konnte zugänglich gemacht werden, so dass abgesehen von einigen wenigen Liebesbriefen an Caius noch all seine schöpferischen Ergüsse den Flammen oder der Radierung zum Opfer waren gefallen. Gleichsam indes hatte er nicht den leisesten Schimmer von Pisos bisweilen ausgefallenen Kreationen, ob dessen er womöglich ein wenig vorsichtiger und weniger auffordernd hätte seine Worte gewählt, so dass er gegenteilig seines Vetters Begeisterung regelrecht teilte.
    "Eine Vorstellung deines schöpferischen Schaffens ist eine ausgezei'hnete Idee, Piso, allfällig mag dies gar als Anlass für ein sol'hes Gastmahl gereichen! Mir war bisherig nicht bewusst, dass du dich mit lyrischem Schrifttum befasst, jedo'h muss ich zugeben, auch ich bin überaus neugierig auf dein Werk."
    Staatsmänner waren durchaus von großer Bedeutsamkeit für ein Imperium, Kaiser ohnehin, doch weit mehr in ihrer Zahl als historische Staatsmänner vergangener Reiche und Epochen konnte wohl ein jeder römischer Bürger Literaten und Philosophen nennen. Taten mochten einen Mann unsterblich machen, doch Worte würden jede Tat überdauern - dessen war Gracchus sich sicher. Alsdann nickte er Vera bestätigend zu.
    "Antonia wird sicherli'h dir nicht nur geeignete Kontakte nennen, sondern gleichwohl dich in die Kreise römischer Damen einführen können, die unbezweifelt eine ganz eigene Welt darstellen, wel'he unsereins immer wird verschlossen bleiben."
    Mit einem hintergründigen Schmunzeln blickte er zu seinem Vetter, nicht unfroh, dass dies eben so war.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Er lächelte seiner Schwester hin, als sie seine Hand auf seinen Arm legte. Er platzierte daraufhin seine rechte Hand auf der ihren. Wärme und Liebe konnte man seinem Blick ansehen. Sie schaffte es immer wieder, ihn aufzubauen und sein Selbstvertrauen zu stärken. Wieder einmal war er fürchterlich froh, dass sie hier in Rom war, wo sie ihn unterstützen konnte. Wenn eine Frau wie Vera hinter einem steht, dachte er, kann man alles erreichen.
    Piso blickte mit einer Mischung aus Erstaunen, Freude und unverhohlener Begeisterung zu seinem Vetter hin, als dieser ihm nun ebenfalls sagte, dass ihn die Aussicht auf seine poetischen Ergüsse (Veras Bezeichnung dafür war einfach die beste soweit) erfreute. Sein Vetter schien es durchaus ehrlich zu meinen, und Piso war ihm dankbar dafür. Schließlich brauchte er nun doch wieder ein weig Anerkennung für seine künstlerischen Kreationen, nachdem er Bekanntschaft gemacht hatte mit faulem Gemüse und Eiern sowie mit dem Brüllorgan des Furianus (zwei traumatische Erfahrungen, die ihn wohl lange nicht loslassen würden). „Ja, ich habe gedacht, ich sollte mich jenem einmal widmen. Meine Sangeskunst ist nicht immer uneingeschränkt positiv aufgenommen worden, muss ich gestehen, doch ich bin mir sicher, dass ich gefällig dichten kann.“, behauptete er voller Selbstvertrauen.
    Piso war durchaus froh, dass es mit Antonia eine Frau im Hause gab, die Vera ordentlich die höheren Gesellschaftskreise zeigen und sie ihr vorstellen konnte. Das war Piso sehr recht, denn er wusste nicht, zu welchem Ausmaß der Umgang, den er pflegte, seiner Schwester angemessen wäre. Schließlich war er der einzige Patrizier bei seiner Kanzlei-Clique (so nannte er es einmal salopp), auch wenn er sich gut mit einigen Patriziern verstand, mehr oder weniger zumindest. Er schmunzelte seinem Vetter zurück, als jener in seinem üblichen subtilen Humor den Unterschied zwischen Mann und Frau zusammenfasste.
    Er fügte allerdings noch hinzu: „Gracchus hat da komplett recht, richte dich nach Antonia. Wobei ich denke, du solltest auch ein wenig von der Herrenwelt kennen lernen. Oder hast du schon etwa ein paar Vertreter unseres Geschlechtes kennen gelernt?“, fragte er Vera.

  • Vera hörte ihrem Bruder und auch Gracchus aufmerksam zu. Sie war von der Kunst ihres Bruders überzeugt, schon allein weil er ihr Bruder war. Als er auf die Männer zusprechen kam musste sie versohlen grinsen.
    „Ich würde sehr gerne Antonia kennen lernen und sie natürlich um ihren Rat fragen, ich kenne ja so gut wie niemanden hier in Rom. Glaube mir mein geliebter Bruder, ich habe auf meinen Reisen so manchen Menschen deines Geschlechtes getroffen doch keiner konnte dir oder sonst jemandem aus unserer Familie das Wasser reichen. Aller nur oberflächliche, eingebildete Möchtegern. Selbst die Patrizier unter ihnen waren es kaum wert sich ihre Namen zu merken.“
    Das stimmte nicht ganz so wie sie es sagte den der ein oder andere hat sie schon interessiert und eine unglückliche Liebe war auch darunter gewesen doch zugegeben hätte sie so etwas niemals.
    Vera lehnte sich zurück, siei war erschöpft und müde.

  • Der Flavier nickte. „Dann gehe zu Antonia.“ Er selber kannte sie leider nicht allzu gut. Wen sollte es wundern? Seine meiste Zeit verbrachte er sowieso in der Kanzlei, in der Bücherei beim Studium von irgendwelchen Schriften, am Markt, bei der purgitischen Salutatio, dann bei der Salutatio seiner eigenen Klienten (es waren nun schon ein paar, hauptsächlich Kanzleibeamte – kürzlich hatte er auch seinen Obernotarius Numerius Urbicus für sich gewinnen können), und beim Aufsuchen von irgendwelchen Leuten, die seine Karriere vorantreiben könnten.
    „Vielleicht kann ich dir auch ein paar Namen nennen, deren Träger eine Einladung wert wären?“, warf er ein, er hatte schon einige Personen im Hintergedanken. Diese würde auch über die Clique hinausgehen, mit der sich Piso und Vera in der Casa Pompeia noch treffen würden.
    Er lächelte geschmeichelt, als Vera behauptete, keiner könnte den Flaviern, insbesondere ihm, das Wasser reichen. Es war eh klar gewesen! Doch es war immer wieder schön, die Meinung anderer dazu zu hören. Hach, es war schon eine tolle Frau, seine Schwester. „Möglicherweise ist dies in Rom ja anders.“, meinte er. Vera unter der Haube zu sehen hätte schon etwas Befriedigendes.
    Er merkte aber auf, als sie sich, scheinends energielos, zurücklehnte. „Vera? Geht es dir gut?“, fragte er besorgt und beugte sich zu ihr hin. „Möchtest du vielleicht wieder ins Bett?“

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