• Kurz dachte ich nach. Ja, da gab es noch etwas.


    "Du könntest mir noch deutlich größere Mengen an Wachstafeln und Papyrus organisieren. Ich werde ein weiteres Buch verfassen. Dieses wird aber schwieriger und ziemlich sicher mehrbändig, so dass ich mehr Material für Notizen und Entwürfe benötigen werde."

  • "Ich werde dir für dein Buch alles organisieren, was du wünschst. Wie hochwertig darf es denn sein? Für Notizen kannst du dich bis dahin an den Materialien in der Bibliothek bedienen. Dort findet sich neben der Literatur auch immer Schreibzeug, falls jemand sich etwas notieren möchte."

  • "Für die finale Version benötige ich Pergament und Tinte höchster Qualität. Die Stangen zum Aufrollen sind, denke ich, am besten aus Olivenholz mit verzierten Enden. Für die Notizen genügen günstige Materialien, Hauptsache, man kann darauf schreiben. Allerdings bevorzuge ich Papyrus. Irgendwie habe ich mich am Museion daran gewöhnt, Entwürfe auf alte Papyrusreste zu schreiben. Wachstafeln dienen nur der Sammlung von Stichwörtern."


    Ich hoffte, dass damit alle Fragen geklärt waren.

  • "So wird es geschehen." Terpander machte auf dem Absatz kehrt und entschwand, um die Abreise der Sklavin vorzubereiten. Die Schreibutensilien würde er auf dem Rückweg von den Trajansmärkten mitbringen. Er hatte da schon einen bestimmten Händler im Blick.

  • Nachdem Terpander die Bibliothek verlassen hatten, nahm ich mir eine Wachstafel, um zumindest den ersten Entwurf einer Struktur festzuhalten. Schließlich wollte ich mich auch so dazu zwingen, mit dem Verfassen des Buches zu beginnen.


    De Civitate et Legibus

    Volumen I: Theoria Civitatis

    Volumen II: De Re Publica Antiqua et Re Publica Restituta

    Volumen III: Theoria et Doctrina Legum


    Damit konnte man doch schon einmal etwas anfangen. Die Struktur erschien hinreichend logisch. Zunächst würde ich mich der Staatstheorie widmen. Damit würde ich die Grundlage beim Leser schaffen, um zu erkennen, welche "reinen" Staatsformen existierten und wie sie erkennbar wären. Im zweiten Band würde ich dann die "alte" römische Republik näher untersuchen und im Sinne der Staatstheorie einordnen. Dabei würde ich auch ihre Schwächen offenlegen, die schließlich zu ihrem Untergang führten. Ebenfalls in diesem Buch würde ich die Res Publica Restituta, also unsere aktuelle Staatsform, untersuchen und zeigen, dass es sich hierbei um die optimale Staatsform handelt. Und final würde ich mich den Gesetzen widmen. Hierbei würde ich zunächst die Theorie der Gesetze aufzeigen und belegen, dass ein gerechter Staat auch zu einer gerechten Rechtsordnung führen muss. Zugleich würde ich die Grenzen der Gesetze aufzeigen und eine allgemeine Rechtslehre definieren. Damit sollte es den Lesern gelingen, eine möglichst gute Kenntnis der Staats- und Rechtstheorie zu erhalten. Denn spätestens bei einer zweckmäßigen Auslegung der Gesetze würde dieser philosophische gute Dienste leisten.


    Das alles schien mir eine gute Idee zu sein. Die Schwierigkeit lag nun nur noch darin, das alles mit Inhalt zu füllen. Es würde sicher viel Zeit in Anspruch nehmen. Vielleicht zu viel? Hatte ich Zweifel an meiner Fähigkeit, ein solches Werk zu verfassen? Und war es nicht etwas zu früh, jetzt schon an mir zu zweifeln?


    Zu viele Fragen, zu viele Zweifel. Einfach machen, sagte mein Lehrer Alexios immer. Das war am Museion stets ein guter Rat gewesen. Warum sollte der Rat hier und jetzt an Qualität eingebüßt haben. Und doch, im Moment war mein Verstand leer. Ich würde mir in den nächsten Tagen vertiefte Gedanken zum ersten Band machen und mich erst dann ans Schreiben setzen. Es war schließlich nicht mein erstes Werk. Ich wusste also prinzipiell, wie es geht.


    So ging ich zu den Regalen und nahm mir das erste Buch der Politika des Aristoteles. Noch auf dem Weg zur Kline begann ich es zu lesen...

  • Dass der Einkauf ihn gestresst hatte, sah man Terpander wohl an, als er in die Bibliothek trat, einen übervollen Korb in seiner Hand, schützend ausgekleidet und abgedeckt mit weißem Tuch. Mit zerknittertem Gesicht schaute er sich um. Suchte man Aulus Iunius Tacitus, fand man ihn zumeist hier.

  • Ich war gerade in das dritte Buch der Politika des Aristoteles vertieft, als Terpander die Bibliothek betrat. Zwar bemerkte ich, dass jemand den Raum betrat, jedoch blickte ich nicht vom Buch hoch und gab ein Zeichen, dass ich Ruhe und etwas Geduld erwartete. So las ich in Ruhe den Abschnitt zu Ende, bevor ich aufblickte.


    "Ah, Terpander. Pergament, Papyrus et cetera, nehme ich an?"


    Ich lehnte mich leicht im Stuhl zurück, um wieder halbwegs gerade zu sitzen.

  • "Alles, was du geordert hast, Herr." Terpander trat vor Iunius Tacitus, schlug das Tuch zurück und zeigte den Inhalt des Korbes. "Pergament und Tinte höchster Qualität. Die Tinte enthält irgendeine Bleiverbindung*, so dass die Tinte schneller trocknet. Die Stangen, an denen die Papyri aufgerollt werden, sind aus Olivenholz und ich hoffe, die Zierde an den Enden gefällt dir so. Sie sind relativ lang und gut greifbar, so dass der Papyrus geschont wird. Darum habe ich sie gewählt."


    Er wühlte vorsichtig im Korb. "Hier ist außerdem noch ein Packen günstigeres Material für deine Notizen, doch nichts davon ist Billigware, damit dir nicht der Papyrus beim Schreiben reißt oder durchweicht, falls du im Eifer doch mal zu fest aufdrückst oder die Tinte kleckst." Terpander stellte sich vor, dass ein Advokat beim Verfassen eines Schreibens durchaus innerlich mal kochen konnte.


    Besonders gespannt war er, was Tacitus zu seiner letzten Errungenschaft sagen würde: "Ich habe mir außerdem erlaubt, eine Rolle mit vollständig abwaschbarem und neu beschreibbarem Papyrus mitzubringen. Vielleicht ist das ja was für dich."


    Terpander hatte, wie oft, ziemlich getrödelt, doch ihm gefiel seine Ausbeute.


    Sim-Off:

    *Quelle

  • Ich betrachtete alles genau, wobei ich mir keine Gefühlsregung anmerken ließ. Die bleihaltige Tinte war eine sehr gute Wahl. Überhaupt war alles von herausragender Qualität. Ich nahm die Stangen und betrachtete sie kurz. Schließlich nickte ich.


    "Sehr gute Arbeit, Terpander. Ich bin ausgesprochen zufrieden. Doch sei eins angemerkt: Es gibt keine Kleckse, wenn ich schreibe."


    Das war tatsächlich so. Mein Vater hatte penibel darauf geachtet und es hatte jedes Mal eine ordentliche Ohrfeige gegeben, wenn ich gekleckst hatte. Doch noch penibler waren mein Lehrer am Museion, Alexios, gewesen. Bei ihm hatte ich ständig das Gefühl, dass er einen Kalligraphen aus mir machen wollte. Dagegen sprach aber, dass die Schönheit der Schrift für ihn nie wichtig war. Er konnte nur keine Kleckse und keine unleserliche Schrift leiden.


    Den abwaschbaren Papyrus kannte ich noch nicht. Ich musterte diesen skeptisch.


    "Abwaschbar sagst du? Und die Tinte hält dennoch? Du bist dir sicher, dass das funktioniert?"

  • "Ich habe es noch nicht ausprobiert. Doch der Papyrus fühlt sich sehr glatt an. Es könnte funktionieren." Terpander freute sich, weil Tacitus den Inhalt des Korbes interessiert betrachtete. Gleichzeitig ärgerte er sich über sich selbst, weil er sich freute. Was galt schon die Meinung eines anderen? Im nächsten Moment spürte Terpander eine tiefe Trauer, dass er so dachte, dann Wut auf die gesamte Welt und noch einen Augenblick später entsetzliches Heimweh, das durch nichts hätte heilen können. "Ich freue mich, dass die Wahl gut war", sagte er etwas leiser als üblich.

  • "Ich danke dir für die gute Arbeit, Terpander. Du kannst nun deinen weiteren Pflichten nachgehen."


    Schließlich wollte ich ihn auch nicht unnötig von seiner Arbeit abhalten. Ich wusste, dass er im Hintergrund dafür sorgte, dass alles funktionierte und die anderen Sklaven ihre Pflichten ordentlich erfüllten. Andererseits...


    "Oder falls es deine Pflichten zulassen, kannst du dir den Rest des Tages frei nehmen."

  • Frei? Wenn Terpander ehrlich war - was bei ihm keine Selbstverständlichkeit war, gehörte das Lügen in seiner Heimat doch zu den allgemeinen Umgangsformen - hatte niemand so viel frei wie er. Doch mit einem Auge und einem Ohr war er trotzdem bei den Sklaven, so dass sich selten tatsächliche Entspannung einstellte. Er versuchte, sich zurückzuerinnern, wann er überhaupt das letzte Mal wirklich entspannt gewesen war und musste feststellen, dass das schon zwei Jahre her war.


    "Ich danke dir. Ich werde noch die letzten Anweisungen geben und dann die Zeit für einen Spaziergang im Grünen nutzen und vielleicht danach den öffentlichen Thermen einen Besuch abstatten."


    Terpander verabschiedete sich und flüchtete, bevor er noch die neuen Errungenschaften einsortieren sollte, vergaß aber nicht, unterwegs jemanden mit einer barschen Kopfbewegung in die Bibliothek zu schicken, wo er dann schon sehen würde, was zu tun war. So fanden die wertvollen Materialien ihren Bestimmungsort, während Terpander sich andere Kleidung, einen warmen Mantel und seine Wandersandalen anzog, seine Tasche für die Thermen vorbereitete und hinaus in das winterliche Rom marschierte.

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