Und wie schon gesagt: Mach dir nicht so viele Sorgen Schon okay
Auch Axilla fiel nicht weiter auf, dass Piso sie so vertraulich beim Cognomen genannt hatte. Überhaupt war sie jemand, der schnell vertraulich mit der Umgebung umging und darüber vergaß, dass es so etwas wie Stand und Rang gab, auf das man achten musste. Sobald erst einmal das erste Eis gebrochen war, fühlte sie sich frei und handelte dann auch dementsprechend, ohne groß darüber nachzudenken. Förmliche Titel und Anreden hinderten da nur. Vielmehr nahm sie seine Vertraulichkeit als Geste auf, dass sie selbiges auch tun konnte, und damit war alles in bester Ordnung.
“Priester? Weißt du schon, für welche Gottheit?“ Axilla war einfach neugierig. Auch ihre Cousine Serrana wollte Priesterin werden, sie hatte sich ja erst von ein paar Tagen im Bad mit ihr darüber unterhalten. Axilla konnte sich gar nicht vorstellen, wieso man so etwas machen wollen sollte. Es war nicht, dass sie sich vor dem Opfern ekelte oder ihr der Dienst etwas ausmachen würde. Sie sah nur den großen Nutzen dahinter einfach nicht. “Hast du denn dann noch genug Zeit, um das Gedicht zu schreiben?“
Als Piso dann allerdings sagte, dass es wirklich Faunalia waren, war sowieso alles andere vergessen. Anstatt einer richtigen Antwort, ob sie hingehen und schauen sollten, bekam Piso nur einen Blick, der wohl nur von der Begeisterung eines kleinen Kindes noch getoppt werden könnte, und einen freudigen Hüpfer schon in die Richtung, der nur durch eine drehung gebremst wurde, ob er denn auch wirklich mitkam. Axilla lliebte die Faunalia. Sie liebte Faunus. Das war Freiheit, das war Leben, das war einfach tun und lassen, was man fühlte. Nichts mit strenger Zurückhaltung, Würde und Regeln, sondern Natur in ihrer wildesten und ursprünglichsten Form. Axilla liebte es einfach, weil sie darüber nicht nachdenken musste.
Kurzerhand griff sie nach Pisos Hand, ließ sie aber gleich erschrocken doch noch einmal los und schaute betreten zu ihm hoch. Sie erinnerte sich an einen anderen, grauäugigen Herren, der auf eine so plötzliche Annäherung sehr ungehalten reagiert hatte, und sie wollte denselben Fehler nicht zweimal begehen. “Tut mir leid. Wollen wir?“ gab sie ihm nun einen Wink und konnte die Vorfreude kaum verhehlen, dorthin zu gelangen. Die Pferde waren vollkommen vergessen.
Insgesamt waren es drei Faune, die dort musizierten. Oder besser gesagt, die Männer hatten sich wie Faune geschmückt. Von oben bis unten war der Körper der Männer mit roter Farbe bemalt. Mit Kalkwasser war das Haar versteift und so wie Hörner auf dem Kopf eingedreht. Sie alle trugen nur grob gegerbte Schaf- und Ziegenfelle, die auch einiges der roten Farbe abbekommen hatten. Einer spielte eine Trommel, ein anderer Flöten. Der dritte tanzte und hüpfte und versuchte, die Leute ringsum in seinen Reigen zu bekommen und sie zum mittanzen zu animieren. Die umstehenden klatschten zwar im Takt mit und einige wippten sogar zur Musik, aber immer, wenn der Faun wild auf einen zusprang, um ihn zu packen und in die Mitte des Kreises zum Tanzen mitzuziehen, fuhren die meisten erschreckt und dann lachend zurück.
Axilla sah von einem Ohr zum anderen grinsend zu Piso hoch und lachte und klatschte auch mit. Verträumt schloss sie dabei die Augen und ließ sich einen Moment ganz von der Musik tragen, wiegte sich zu den erdigen Klängen der Flöte leicht hin und her, und merkte erst, dass der Faun nun bei ihr sein Glück versuchte, als sie seine Hände auf ihren Armen fühlte und den sanften Zug, mit der er sie zur Mitte bewegen wollte.
Verwirrt öffnete sie die Augen, sah die feuerroten Hände auf ihrer gebräunten Haut… und ging mit. Wie von selber folgte sie dem Faun wie im Traum, und ihre Füße fanden die Schritte des hüpfenden Tanzes. Und wo die meisten anderen Zuschauer sich erschreckt hatten, lachte sie einfach, während sie ausgelassen sich mit dem Faun im Kreis drehte, bis ihr schwindelig war und sie glückselig stehen blieb, während ihr Faun sich schon ein neues Opfer auserkor. Mit ganz verklärtem Blick sah sie zu Piso hinüber und war für einen Moment einfach nur voll der Euphorie des Moments.