Cubiculum - Iunia Axilla

  • Das Fläschchen war aus dickem Bleiglas. Wenn man es gegen das Licht hielt, konnte man die Flüssigkeit darin sehen, wie ein unscharfer Fleck im dunklen Glas. Das bisschen Luft, das ebenfalls eingeschlossen war, zeichnete eine tiefschwarze Linie, die man gut erkennen konnte, wenn man es leicht drehte.
    Wie die letzten tage saß Axilla da und hielt es in der Hand. Sie hielt es leicht gegen das Fenster, wo das Licht vom Garten hereinfiel, und betrachtete die Flüssigkeit mit gemischten Gefühlen. Es schien so einfach. Sie musste nur das Wachs vom Verschluss brechen und den kleinen Korken entfernen und es austrinken. Das war es, dann musste sie nur noch warten. Warum also zögerte sie schon seit so vielen Tagen? Es war ganz einfach. Nur öffnen, trinken, warten. Gut, sie würde Schmerzen haben, aber... war es das nicht wert? Sie würde ihr Leben wieder zurückerhalten. Es würde sein, als wäre nie etwas gewesen. Sie würde weiterhin die fröhliche, unbekümmerte Axilla sein können. Niemand würde etwas wissen. Niemand würde etwas ahnen. Ihre Freundschaft mit archias wäre nicht mehr gefährdet. Sie konnte sich sogar mit Seiana anfreunden. Also, so richtig anfreunden. Seiana war sowieso so nett, das Gespräch mit ihr hatte ihr erstaunlich gut gefallen. Sie war nicht so ein Dämchen, das nur von Mode und Zeitvertreib dahergeplappert hatte. Nein, ihre Gesprächsthemen waren irgendwie bodenständiger gewesen. Ehrlicher. Männlicher. Ja, ein wenig, als hätte sie sich mit einem Mann unterhalten.
    Mit einem Seufzen ließ sich Axilla rücklings auf ihr Bett fallen, hielt die Phiole über sich in die Luft. Das Wachs glänzte, weil sie mit den Fingern schon so oft darübergefahren war. Es war ganz glatt poliert. Nur ein wenig Druck, und es würde ganz einfach abbröseln. Es war keine besondere Kraft dafür nötig. Es war nur, damit der Inhalt luftdicht abgepackt war. Die einfachste Art, etwas zu verschließen und zu verhindern, dass flüssiger Inhalt auslief. Es war so einfach.


    Gab es denn eine andere Möglichkeit? Axilla hatte lange und oft darüber nachgedacht. Sollte sie es Archias sagen? Was würde dann passieren? Er würde sie vielleicht sogar heiraten an Seianas Stelle, noch war er nicht verheiratet. Bestimmt würde er das Kind annehmen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er sie fallen ließ. Aber... es würde ihre Fruendschaft belasten. Er liebte Seiana. Wirklich. Richtig. Tief. Und Seiana? Die würde Axilla wohl hassen, wenn sie das amchte.
    Was konnte sie noch tun? Sie könnte zu Piso gehen und sagen, es sei sein Kind. Soviel Zeit lag da nicht dazwischen. Vielleicht 8 Wochen. Das war noch im Rahmen. Das Kind würde zwar für sein Verständnis zu früh kommen, aber nicht so, als dass sie es nicht erklären könnte. Aber... nein, das könnte sie nicht machen. So fies war sie nicht. Sie konnte nicht so sehr lügen, nur um den eigenen Vorteil zu sichern. Und wer sagte, dass er es überhaupt annehmen würde? Axilla kannte ihn nicht so gut, um das abschätzen zu können.
    Das Kind allein bekommen? Nein, das verwarf Axilla sofort wieder. Dann noch eher es nach der Geburt erwürgen, das wäre barmherziger. Ein Kind ohne Vater, das war nicht mehr als ein Peregrinus. Und die Schmach für die Familie! Nein, das konnte sie ihrem Vater nicht antun. Sie schuldete ihm einen Erben, der seinen Namen in seine Ahnenreihe aufnehmen würde, damit seine Seele in Ewigkeit ruhen konnte. Nein, das war vollkommen ausgeschlossen.


    Axilla drehte das Fläschchen noch ein wenig in ihren Händen. Ihre Finger spielten wie so oft mit dem Wachs am Verschluss. Nur ein bisschen mehr... es bröselte und fiel auf sie herunter, verteilte sich krümelnd auf dem Bett. Axilla setzte sich auf und wischte sich achtlos die kleinen Krümel vom Bauch. Der Korken saß auch ganz locker, nur ein kleiner Ruck.
    Axilla roch erst einmal daran. Beißend, scharf, kalt. Unangenehm. Sie verzog den Mund. Sollte sie das wirklich trinken? Bestimmt war es bitter, oder scharf. Was, wenn sie nicht alles trank, oder es wieder ausspuckte? Was, wenn sie sich davon übergeben musste? War ja nicht ausgeschlossen, und es roch nicht gerade appetitlich. Aber dann würde sie nochmal gehen müssen. Vielleicht sollte sie es gar nicht nehmen und einen anderen weg finden. Andauernd verloren Frauen ihre Kinder. Ihre Mutter hatte sechs verloren. Oder zumindest 6, von denen sie wusste. Vielleicht waren es sogar mehr. Bestimmt würde sie es auch verlieren, wenn sie genug Sport machte. Reiten sollte ja schädlich sein bei Schwangerschaften, und sie mochte Pferde. Sie konnte sogar reiten. Einzig es fehlte ein Pferd, aber das konnte man ja besorgen...
    Sie roch noch einmal daran. Nein, es roch wirklich abscheulich. Axilla hielt das Fläschchen von sich und holte einmal tief Luft. Mit Schwung setzte sie es an und kippte es in einem Zug hinunter.
    “Blärg...“ entfuhr es ihr und sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, während sie die Phiole von sich warf. Es war nicht scharf gewesen, und auch nicht so bitter. Nein, es schmeckte eher wie eine Mischung aus Galle und Blut, rostig und sauer, und hinterließ ein pelziges Gefühl auf der Zunge.
    Axilla saß ruhig auf dem Bett und lauschte in ihren Körper. Außer diesem Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen, fühlte sie etwas? Sie lauschte in sich hinein, versuchte, die Wirkung ausfindig zu machen, aber da war... nichts. Absolut gar nichts. Sie fühlte keinen brennenden Schmerz, kein Stechen, nichtmal ein Kribbeln. Da war nur der schale Geschmack in ihrem Mund, aber sonst nichts, was Tod verheißen könnte.

  • Der Tag verging langsam und träge, floss dahin wie Honig. Axilla lauschte weiter in sich hinein, während sie ihren ganz normalen Tätigkeiten nachging. In der Bibliothek las sie ein Buch, auch wenn sie dabei so abgelenkt war, dass sie jede Seite eigentlich 3 Mal lesen musste, bis sie in ihrem Kopf angekommen war. Ovids Metamorphosen, die sie schon eigentlich in und auswendig kannte. Wieder und wieder las sie die Hexameter, leise, laut. “Am Anfang war das Goldene Zeitalter, in dem es keine Strafen gab....“ Wieder und wieder dieselbe Zeile. Wie sehr sie sich in das Zeitalter des Saturn in diesem Moment wünschte.
    Das Abendessen wurde im Triclinum eingenommen, leichte Konversation zu Tisch, der sie nur so halb folgte. Sie meinte, in ihrem Bauch würde es zwicken, aber immer, wenn sie darauf achtete, war das Gefühl wieder weg. Vielleicht bildete sie es sich auch nur ein. Vielleicht hatte Crios ihr gar nichts gegeben, nur eine Scheußlichkeit, damit sie Ruhe gab? Vielleicht sollte ihr von dem Trank schlecht werden, so dass sie glaubte, er wirke nicht? Er war ja so dagegen gewesen. Vielleicht... vielleicht...


    Als es schließlich spät wurde und Axilla sich in ihr Cubiculum zurückzog, ließ sie sich von Leander die Haare kämmen. Abends machte sie es normalerweise alleine, aber heute winkte sie ihn noch mit sich. Jeder wusste von den Neigungen ihres Sklaven, so dass es kein Thema war, dass er zu ihr mit ins Cubiculum kam, auch wenn sie nur zu zweit darin waren.
    Axilla saß vor ihrem Spiegel und schaute hinein. Sie meinte, sie würde alt aussehen. Irgendwie müde und erschöpft. Blass. War das wirklich so, oder bildete sie sich das ein? Sie wusste es nicht. Sie fühlte sich elend, und ihr Gewissen plagte sie. Hätte sie doch mit Archias reden sollen? Sollte er nicht wenigstens wissen, was sie hier tat, für ihn? Sollte er ihr nicht sogar vielleicht helfen, bei ihr sein heute Nacht, damit sie in Sicherheit war?
    “Leander? Ich will, dass du heute nach bei mir bleibst.“
    Leander bürstete gerade die langen, welligen Haare mit einer feinen Bürste aus weichen Borsten, um es zum glänzen zu bringen, als er plötzlich in der Bewegung inne hielt. “Herrin?“ An sienem Ton konnte Axilla hören, dass er glaubte, sich verhört zu haben. Natürlich, warum sollte sie ihm sowas aufgeben? Sie würde ihn nie zu so etwas zwingen, dass wussten sie beide.
    “Ich möchte, dass du heute Nacht bei mir bleibst. Hier, im Cubiculum.“
    Jetzt stockte Leander wirklich und sagte im ersten Moment gar nichts. Axilla sah sein Gesicht verwaschen im Spiegel, und sie meinte, das Erschrecken darin zu erkennen. “Herrin, das... kann ich nicht. Und ich glaube auch nicht, dass es dominus Silanus gefallen würde, wenn ich hier bei dir bleibe. Wenn er hereinkommt... Herrin, sei nicht so leichtsinnig.“
    Natürlich dachte er das falsche. Und obwohl es Axilla hätte aufregen müssen, blieb sie dieses eine Mal ganz ruhig. “Leander... ich will nicht, dass du mit mir schläfst. Du sollst nur hierbleiben und auf mich acht geben.“
    “Acht, Herrin?“ Axilla sah die Verwirrung in seiner Haltung, und er legte langsam die Bürste auf den Tisch und kam herum, um sie richtig anzusehen. “Domina Axilla, ängstigt dich etwas?“
    Axilla sah weg, konnte ihn nicht anschauen. Diese einfache, kleine frage brachte sie beinahe zum weinen. Wann hatte sie das letzte Mal jemand gefragt, ob sie Angst hatte? Wann hatte sie das letzte Mal wirklich Angst? Und jetzt, wo sie eigenltich keine zu haben brauchte, wo alles auf dem Weg zum besseren war, da hatte sie so entsetzlich viel Angst, etwas falsches gemacht zu haben, hatte Angst davor, es könne nicht funktionieren, hatte angst vor dem Schmerz und der Ungewissheit. Und sie hatte auch Angst, dass Leander erkennen würde, was es war, denn sie schämte sich ja so dafür.
    Sie merkte, wie er vor ihr in die Hocke ging und sie anschaute. Eine Weile passierte nichts, dann fühlte sie seine Hände auf ihren Oberarmen. “Herrin, was ist los mit dir? Ich kenne dich so gar nicht. Ist es etwas schlimmes? Soll ich den Medicus rufen lassen? Oder domina Serrana?“
    Eine Träne fand doch ihren Weg, wurde von Axilla aber sogleich weggewischt. Sie zog einmal schniefend die Luft durch die Nase ein, und schüttelte den Kopf. “Nein, keinen Medicus. Und lass Serrana schlafen. Du musst nur bei mir bleiben und aufpassen.“
    Leander verstand offenbar die Welt nichtmehr und schüttelte nur ungläubig den Kopf. “Auf was aufpassen, Herrin? Was ist denn passiert?“
    Axilla holte Luft, als wolle sie etwas sagen, schüttelte dann aber den Kopf. Sie sah beständig weg. Kurz blickte sie zu ihm und holte noch einmal Luft, nur um weiter zu schweigen, den Kopf zu schütteln und beiseite zu schauen.
    “Nach heute Nacht wird alles in Ordnung sein. Aber... heute Nacht werde ich leiden müssen. Und ich kann das nicht allein.“
    Axilla sah die Falte, die sich auf Leanders Stirn bildete. Das tat sie immer, wenn er angestrengt nachdachte oder sich sorgte. Im Moment schien er beides zu tun. Behutsam ließ er sie los, streichelte dabei noch einmal aufmunternd und wärmend über ihre Oberarme. “Ich werde bleiben, wenn du es wünscht, Herrin. Aber wenn du mir einfach sagen würdest, was los ist...“
    “Ich bin schwanger!“, brach es aus ihr japsend heraus und sie sah Leander kurz an, sah das Entsetzen in seinem Blick und weinte jetzt doch einmal richtig, verbarg ihr Gesicht in ihren Händen.
    Es dauerte einen Moment, bevor Leander wirklich die Situation erfasst hatte und geschlussfolgert hatte, warum er nun hierbleiben sollte und was sie mit 'leiden' meinte. “Oh, Herrin, du solltest nicht... ich... ich kenne mich damit nicht aus, Herrin. Deine Cousine scheint mir vertrauenswürdig, willst du nicht lieber, dass sie...“
    “Nein! Nein, auf keinen Fall! Sie soll davon nichts wissen. Sie... sie denkt doch... nein, sie soll davon nichts wissen. Bitte, Leander. Das geht schon. Bitte...“
    Axilla hatte Leander noch nie etwas wirklich befohlen, aber so angefleht hatte sie ihn auch noch nie. Sie sah dem Griechen an,d ass ihn das etwas überforderte, aber schließlich nickte er und legte ihr wieder eine Hand auf die Schulter.
    “Gut. Aber Herrin.... du bist ein Schaf! Das allein hier zu machen....“
    Axilla nahm ihm seine Direktheit nicht übel. Er wusste das, sonst wäre er nie so direkt gewesen. Im Gegenteil, sie gab ihm ja recht. Aber es ging nunmal nicht anders, wenn niemand etwas wissen sollte. “Ich weiß...“ war das einzige, was sie noch sagte.

  • Jetzt im Spätwinter, kurz vor Anbrechen des Frühjahrs, war es schon früh dunkel und der Anbruch der Schlafenszeit verschwamm in der Ungenauigkeit der langen Dämmerung. Obwohl alles in ihr schon in Erwartung des folgenden unruhig und angespannt war, legte sich Axilla ins Bett und überließ Leander einen bequemen Platz an der weich gepolsterten Fensterbank, wo man besonders schön Gedichte lesen konnte. Nur im Moment gab es nichts zu lesen, und keine Sonne schien durch das lichte Fenster. Lediglich das schwache Licht des zunehmenden Mondes spendete etwas Helligkeit neben der kleinen Öllampe auf dem Tischchen, deren gelbe Flamme unheilig und unruhig flackerte.
    Axilla lag auf dem Rücken und starrte hoch zur Decke, die in dem schwachen Licht ihr blau erschien. Was, wenn es nicht funktionierte? Was, wenn all das, was sie durchgemacht hatte, um sich selbst zu überzeugen, dass es notwendig war, umsonst war, weil Crios ihr ein unwirksames Mittel gegeben hatte? Wenn einfach nichts passierte? Wohin könnte sie dann gehen, um doch noch an ihr Ziel zu gelangen? Sie kannte sich hier nicht aus, kannte nicht die Kräuterweiber mit ihren Zaubertränken und Amuletten, wusste nicht, was wirksam und was nur Schein war. Sie war noch nie in solch einer Situation gewesen, hatte sich nie vorstellen können, es jemals zu sein. Und ein Teil von ihr schämte sich, dass sie es war.


    Leander lag am Fenster und schlief. Axilla konnte es ihm nicht verdenken, er hatte einen arbeitsamen Tag gehabt. Dass sie ihn nötigte, jetzt hier bei ihr zu sein, tat ihr Leid. Gerne hätte sie ihn nicht dieser Gefahr ausgesetzt. Sollte Silanus hereinkommen, könnte er die Situation falsch deuten und im Zorn ihn erschlagen. Wobei... nein, Axilla glaubte nicht, dass ihr Vetter irgendjemanden erschlagen könnte. Sein letzter Besuch bei ihr hatte sie endgültig davon überzeugt, dass er kein Krieger war, nichtmal im Entferntesten. Dieses Herumgeseufze und Gejammere hatte sie als wirklich sehr unmännlich empfunden, daher konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er, sollte er tatsächlich hereinkommen, dieses Mal wie ein echter Kerl reagieren würde.
    Sie wälzte sich leicht auf die andere Seite und starrte Richtung Tür. Das Haus schlief. Nichts passierte. Langsam glaubte sie wirklich, Crios hatte sie verschaukelt und ihr nur ein Placebo gegeben. Es passierte einfach nichts. Missmutig stieß sie die Luft aus und schnaubte gereizt. Da haderte sie so lange mit sich selbst, und absolut nichts passierte. Absolut rein gar nichts! Dieser verdammte Grieche, der einfach nicht verstand, dass sie das Kind nicht bekommen durfte. Der einfach nicht verstand, was es bedeuten würde, wenn sie es tat. Der einfach nicht verstand, dass sie verdammt war, wenn herauskam, dass sie...
    “Hough“, keuchte sie plötzlich und krümmte sich nach vorn zusammen, als ein stechender Schmerz in ihren Unterleib fuhr. Eine glühend heiße Nadel, direkt in ihren Unterleib gestochen, und nun steckte sie dort, brannte sich in das helle Fleisch. Axilla legte ihre Hände auf die Stelle, etwas links von ihrem Bauchnabel, als könne Druck auf die Stelle den Schmerz lindern. Doch keine Sekunde darauf fühlte sie die zweite Nadel, auf gleicher Höhe direkt rechts ihres Bauchnabels, kreisend hineingestochen, um möglichst viel ihres Leibes dabei zu verbrennen. Sie hustete vor Schmerz, und krümmte sich zusammen, zog die Beine leicht in Schutzhaltung an, aber es half nichts. Ein hoher, jammernder Fieplaut entkam ihr, die Zähne fest aufeinandergebissen.
    Sie hörte, wie Leander aufschreckte und zu ihr kam, fühlte sein Gewicht neben ihr auf der strohgefütterten Matratze und seine Hände vorsichtig auf ihrem Arm und ihrem Rücken. Er sagte etwas, aber es ging in dem hohen Fiepen unter, das sie nicht unterdrücken konnte. Die Nadeln schienen sich noch weiter aufzuheizen, ihre schmerzerfüllten Spitzen sich so ausbreiten zu lassen wie Eisstacheln. Finger schienen in ihrem Leib am Werk, griffen, rissen, zogen, zerfetzten ihren Leib. Axilla weinte, keuchte, konnte es nicht abstellen. Sie biss die Zähne aufeinander, biss in ihre Decke, um den Schmerzensschrei zu unterdrücken, der sich anbahnte.
    Sie fühlte, wie ihre Blase sich entleerte, fühlte die Feuchtigkeit an ihren Schenkeln, roch den sauren Geruch und schämte sich für ihre Unfähigkeit. Sie fühlte Leanders Hände, wie er sie hielt, ihren Rücken rieb, hörte seine Stimme ängstlich und doch beruhigend weiterreden. Sie fühlte mehr Feuchtigkeit, langte sich ängstlich zwischen die Beine und zog ihre Hand hoch, vor die Augen. Im schwachen Licht der kleinen Lampe war das Blut gänzlich schwarz und glänzte schleimig und zähflüssig. Axilla weinte heftiger und wusste selbst nicht, warum. Es funktionierte, der Trank wirkte. Aber bei diesen Schmerzen hier konnte sie sich kein bisschen darüber freuen.


    “Herrin, ich muss den Medicus holen. Herrin? Herrin, das sit zu viel Blut. Herrin, du verblutest. Herrin, lass mich den Medicus holen.“ Leander versuchte es wieder und wieder. Er konnte sie hier nicht allein liegen lassen, aber er konnte auch nicht bei ihr bleiben, bis sie verblutet war. “Herrin, der Medicus! Bitte!“
    “Cri... Crios... Merca...Traja...“
    Leander kannte den Laden, den sie meinte, er hatte sie vor einigen Tagen dorthin gebracht und in der Nähe gewartet, bis sie fertig war. Wenn er geahnt hätte, dass es hierfür war, hätte er anders gehandelt. Aber so nickte er nur und ließ sie los.


    Allein lassen konnte er sie nicht, also machte er wohl das einzige, wofür ihm seine Herrin hinterher nicht den Kopf abreißen würde. Er ging los und weckte Serrana.

  • Serrana schlief noch halb, als sie von einem mehr als aufgeregten Leander durch den dunklen Korridor zu Axillas Cubiculum gezogen wurde, das nur wenige Türen von ihrem eigenen entfernt lag. Irgendwie verstand sie nur die Hälfte von seinen hektischen Erklärungen, doch die aufkeimende Sorge um ihre Cousine, ließ sie automatisch ihre Schritte beschleunigen. Spätestens, als ihr an der Tür der Geruch nach Urin, Schweiss und noch etwas anderem, das sie im ersten Moment nicht zuordnen konnte, entgegenschlug, war Serrana hellwach und eilte, ohne weiter nachzudenken, auf die Gestalt zu, die sich auf dem Bett zusammengekrümmt hatte und beängstigend wimmernde Töne ausstieß.


    "Axilla, kannst du mich hören? Was hast du denn nur?" Serrana ging neben dem Bett in die Hocke und legte vorsichtig eine Hand auf die Stirn ihrer Cousine. Axillas Haar und Haut waren schweissnass und ihr Gesicht, soweit sie das im Halbdunkeln des Zimmers erkennen konnte, schmerzverzerrt und geisterhaft fahl. Ob sie vielleicht irgendetwas bei der Cena nicht vertragen hatte?
    Um besser sehen zu können, hob Serrana die kleine Öllampe, die auf dem benachbarten Tisch stand, ein bisschen in die Höhe und fuhr bei dem Anblick von all dem Blut, das sich auf Axillas Nachtgewand, ihren Schenkeln und der Matratze angesammelt hatte, schlagartig zurück.
    Serranas Verstand sagte ihr sehr schnell, was sie hier vor sich sah und während ganz tief in ihrem Innern ein uraltes Entsetzen, das sie schon seit etlichen Jahren erfolgreich unter einer Menge anderer Erinnerungen begraben hatte, versuchte, sich wieder einen Weg nach oben zu bahnen, überlegte sie fieberhaft, was sie tun konnte um ihrer Cousine beizustehen. Alles andere war im Moment vollkommen bedeutungslos, jetzt ging es nur darum, nicht noch ein weiteres Familienmitglied an den Tod zu verlieren, der gerade ganz offensichtlich seine Finger nach Axilla ausstreckte.
    "Geh jetzt und hol so schnell du kannst den Medicus, ich werde bei ihr bleiben." sagte sie zu dem völlig aufgelöst wirkenden Leander. Der Umriss einer riesigen Gestalt im Türrahmen zeigte ihr, dass Adula ihr zu Axilas Cubiculum gefolgt war und aus irgendeinem Grund gab ihr der Anblick ihrer Sklavin ein wenig mehr Zuversicht. "Adula, lauf in die Küche und hol eine große Schüssel mit Wasser und dann besorg ein paar Tücher." Der Schatten verschwand aus der Tür, und Serrana wusste, dass die gewünschten Dinge innerhalb kürzester Zeit bei ihr sein würden. Wieder spürte sie, wie die alte Angst in ihr hochzusteigen drohte, und drängte sie mit großer Anstrengung zurück. Nein, nicht hier und nicht jetzt, dafür war keine Zeit und panisch konnte sie Axilla keine Hilfe sein.


    Serrana setzte sich auf's Bett und zog den Kopf ihrer Cousine vorsichtig in ihren Schoß. "Axilla, hörst du mich? Ich bin bei dir, bald wird es dir wieder besser gehen, ich verspreche es dir." Während sie auf Axilla in leisem und möglichst ruhigen Ton einredete, fuhr sie mit ihren Fingern sanft über deren Haar und die schweiss- und tränenfeuchten Wangen. Wie lange Leander wohl brauchen würde, um diesen Medicus zu holen? Und ob der es rechtzeitig zur Casa Iunia schaffen würde? Serrana blendete auch diesen Gedanken aus und begann inständig zu beten, während sie auf Adula wartete.

  • Nein! Warum hatte er das getan? Warum hatte er Serrana geweckt?
    Unfähig, darauf richtig zu reagieren und sie wieder ins Bett zu schicken, lag Axilla zusammengekrümmt da, beide Hände auf ihren Unterleib gepresst und leise und hoch wimmernd. Als Serrana näher kam, schlug Axilla einmal ganz leicht mit dem Fuß, zu einer anderen, abwehrenden Bewegung nicht fähig, aber offenbar blieb das unbemerkt. Sie versuchte, sich auf die Knie zu rollen, um im Bett voranzukommen. Sie wollte nicht dass die Cousine sie so sah. Serrana hätte von all dem hier nichts mitbekommen sollen. Das hier war Axillas Angelegenheit! Ihre ganz alleine. Ihre Schuld, und sie musste da durch! Nicht ihre süße Cousine, die von den Lastern da draußen keine Ahnung hatte. Sie wollte von ihr wegkrabbeln, aber sie konnte sich nicht einmal bis auf die Knie rollen, ehe sie mit einem lautlosen Schrei wieder zurücksackte und sich nicht bewegen konnte.
    Die Nadeln in ihrem Leib drehten sich und rührten in ihren Eingeweiden herum, verätzten alles wie grüne Säure und ließen ein hilfloses Stöhnen über ihre Lippen kommen. Serrana fragte, was sie hatte, und die Worte brannten beinahe ebenso. Axilla wollte doch nicht, dass sie wusste, was sie hatte. Nichts! Es ist nichts! Geh wieder schlafen! schrie sie im Geist, aber von ihren Lippen kam nur ein leises Wimmern. Und dann war die Cousine auch schon im Bett, schickte Leander endgültig los und nahm ihren Kopf auf den Schoß. Serrana kommandierte noch irgendwen herum, und Axilla gab einen hohen Fiepslaut von sich. Nein, nicht noch mehr. Es soll keiner wissen! Nicht noch mehr wecken. Bitte...! Aber sie konnte sie nicht aufhalten. Haltlos schluchzte sie und weinte wegen ihrer Unfähigkeit, während sie die Beteuerungen von Serrana hörte, die sie sanft streichelte.
    “Nicht...“, brachte sie schließlich als artikuliertes Wort heraus, während ihr Körper in leichten Krämpfen zu zucken anfing. Ihr war so schlecht, aber sie wollte sich nicht übergeben. Auf gar keinen Fall wollte sie sich übergeben, wo sie gerade auf Serranas Schoß lag. Unter gar keinen Umständen...
    Sie ruckte gerade noch so von Serranas Knien runter, als sich ihr Magen recht geräuschvoll auf die Bettdecke vor ihr entleerte. Nur brachte dies auch keine Erleichterung, im Gegenteil, nun schien sich das Feuer in ihren Eingeweiden bis in ihre Speiseröhre ausgebreitet zu haben, als würde ihr Körper von innen heraus regelrecht zerfressen und alles, nicht nur das ungewollte Kind, würde hinausgespült.

  • Wie unterschiedlich schnell Zeit doch verrinnen konnte! Manchmal schienen ganze Tage wie im Flug zu vergehen, aber hier, in diesem Zimmer voller Angst und Schmerzen, zog sich jede Sekunde zäh und endlos, und Serrana kam es vor, als befänden Axilla und sie sich in einer Blase aus der es irgendwie keinen Ausweg zu geben schien. Axilla wurde immer unruhiger, und Serrana setzte ihr Streicheln fort, in dem verzweifelten Bemühen, ihrer wimmernden Cousine ein wenig Sicherheit und Zuversicht zu vermitteln, von denen sie im Moment gerade selbst sehr weit entfernt war. Wieviele Schritte waren es wohl bis zur Küche und wieder zurück, wenn man sich beeilte? So lange konnte es doch unmöglich dauern...
    Axillas Körper verkrampfte sich nun immer mehr, und plötzlich schoss sie kurz nach oben und erbrach sich auf das Bett. Oh, ihr Götter, wo kam das alles denn nur her? All diese Dinge passten doch gar nicht zusammen... Serrana wischte mit einem noch sauberen Zipfel der Bettdecke vorsichtig Gesicht und Mund ihrer Cousine ab und zog deren Kopf dann wieder zurück in ihren Schoß.


    "Schhhh...ganz ruhig, mach dir keine Sorgen." sagte sie leise und versuchte, sich nichts von der Panik anmerken zu lassen, die immer wieder in Wellen in ihr hochzusteigen drohte. Nur nicht auf das Blut schauen...so lange sie sich auf etwas anderes konzentrieren konnte, und wenn es auch Erbrochenes war, ging es noch irgendwie. "Adula wird gleich zurückkommen, dann kann ich es dir ein bisschen bequemer machen. Und Leander wird auch bald wieder zurück sein und den Arzt mitbringen. Du musst dir also keine Sorgen machen...Da ist Adula schon, siehst du..." Beinahe lautlos war die große Sklavin wieder neben ihr aufgetaucht und reichte ihr wortlos Wasserschüssel und Tücher. Behutsam schob Serrana das blutdurchtränkte Nachtgewand ihrer Cousine noch ein Stück nach oben bis über ihre Hüfte, tränkte dann eins der Tücher in dem kalten Wasser, knüllte es ein wenig zusammen und legte es dann vorsichtig zwischen Axillas Schenkel. "Das wird jetzt ein bisschen kalt sein, aber du musst keine Angst haben. Die Kälte ist gut für dich, sie wird die Blutung verlangsamen..." Wieviel Blut hatte ein Mensch wohl in sich? Irrte sie sich, oder war Axilla in der Zwischenzeit noch ein bisschen blasser geworden? Alles, aber nicht noch mehr Blut.... "Oh bitte große Göttin, tu mir das nicht an, lass sie am Leben, ich bitte dich..." flehte Serrana und begann sich mit Axilla in ihrem Schoß vor und zurück zu wiegen. "Geh zur Porta und lass den Arzt rein, sobald du ihn und Leander siehst." sagte sie leise zu Adula. Diese nickte, glitt leise wieder aus dem Zimmer und ließ die beiden Mädchen im Halbdunkeln zurück.

  • [Blockierte Grafik: http://img705.imageshack.us/img705/5492/leander.gif]


    Bei der Tür stand schon Adula und wartete. Leander schaute etwas verwirrt zu der Sklavin, hatte er doch gehofft, Serrana könnte das ganze für sich behalten. Wenn diese Geschichte hier Wellen schlug, dann musste Leander bestimmt ordentlich schwimmen, wollte er nicht ersaufen. Er hatte keine Ahnung, was Silanus wohl machen würde, wenn er es herausbekäme. Vielleicht würde er ihn verkaufen, um seine Herrin zu strafen, oder solche Spielchen.
    Den Weg hierher hatte er den guten Crios ganz schön gehetzt, hatte den Schritt immer schneller werden lassen, solange der Arzt mithalten konnte. Er hatte sich redlich beeilt. Erst hier an der Tür hielt er an und wandte sich nochmal an seinen Landsmann. “Im Haus müssen wir leise sein. Die Herrin Serrana wird bei meiner Herrin wohl sein, aber wir sollten möglichst sonst niemanden mehr wecken.“
    Er hatte keine ahnung, ob Crios das verstand oder sich gleich echauffieren würde, aber er hätte es zumindest versucht. Und sogleich leitete er den jungen Arzt auch direkt bis zum Cubiculum seiner Herrin.


    Axilla unterdessen hatte es größtenteils aufgegeben, Serrana wegschicken zu wollen. Sie konnte nicht lange genug an sich halten, um einen vernünftigen Satz rauszubringen, so dass es nur zu vermehrten “Nicht“-s und “Nein“s reichte. Inzwischen zuckte ihr Körper immer wieder vor nicht enden wollendem Schmerz zusammen, und ein Teil von Axilla flehte um eine süße Ohnmacht, der das hier beenden würde. Sie hasste es, so schwach zu sein, nicht mehr erdulden zu können, aber es tat so unendlich weh. Und keine Position, kein Druck, keine Willensanstrengung half, davor zu entfliehen. Und sie fühlte sich so elend und schwach, selbst das Atmen ging nur gepresst und fast hechelnd wie bei einem Hund.
    Irgendwann sah sie dann das vertraute Gesicht von Leander vor sich. Er beugte sich über sie und sagte etwas. Hörte sich an wie “Der Medicus ist hier, domina“, aber sie war sich nicht sicher, ob das nicht nur ihrer Phantasie entsprungen war, die wollte, dass ein Arzt hier sei und all das hier beenden würde.

  • [Blockierte Grafik: http://img210.imageshack.us/img210/4457/crios.jpg~Crios~


    Wenn es um einen Notfall ging, war Crios immer bei der Sache, aber das hier war noch mal was anderes. Er war sich nach wie vor nicht sicher, ob er nicht einen grundlegenden Fehler begangen hatte. Vielleicht wäre es besser gewesen, sich aus der ganzen Sache herauszuhalten. Wenn jetzt etwas schief ging, wirklich schief, dann würde die Familie wohl ihn verantwortlich machen, und das noch nicht einmal zu Unrecht. Aber das war es nicht, was ihm wirklich zu schaffen machte. Wenn der Iunia etwas zustieß, und es war seine Schuld… Crios biss die Zähne aufeinander, bemühte sich die Worte des anderen Griechen, dass es ihr sehr schlecht ginge, zu verdrängen, ohne dabei wirklich erfolgreich zu sein, und war dankbar für jedes Mal, da der Sklave seine Schritte noch ein wenig beschleunigte. Als sie ankamen und Leander meinte, sie müssten leise sein, nickte Crios nur. Es wusste niemand, und er konnte sich denken, warum das so war, immerhin hatte Axilla ja sehr deutlich klar gemacht, dass sie nicht wollte, dass irgendjemand davon erfuhr. Als der andere aber dann von einer anderen Herrin anfing, die bei Axilla war, runzelte er die Stirn. Es war also doch noch jemand eingeweiht. „Wie viel weiß sie?“ murmelte er leise, während Leander ihn durch das Haus zum Zimmer der Iunia führte.


    Als Crios das Zimmer betrat, brauchte er nur einen Blick um festzustellen, dass es Axilla übel erwischt hatte. Wirklich übel. Er hatte keine praktische Erfahrung damit, wie der Trank wirkte, was ihn etwas hilflos machte, weil er rein nach Vermutung handeln musste, weswegen er noch nicht einmal genau sagen konnte, ob sich das hier nicht vielleicht doch im Bereich des Normalen abspielte. Er wusste, dass die Wirkung des Tranks sehr heftig war. Sie musste es sein, immerhin sollte er bewirken, dass der Körper das Kind abstieß. Und nach allem, was er wusste, was er gelesen und gelernt hatte, war es bei keiner Frau damit getan, dass sie einfach nur ein wenig Bauchweh hatte – entsprechend hatte er ja auch Axilla vorgewarnt. Mit wenigen, schnellen Schritten war er bei ihr, ignorierte die Frau, die bei ihr saß, und untersuchte Axilla rasch, prüfte ihre Augen, tastete über ihren Bauch, ihren Unterleib, fühlte ihren Puls und ihre Stirn. Die Krämpfe… die Krämpfe könnten noch im Rahmen des Normalen sein. Aber so viel Blut, wie er sah, hätte sie nicht verlieren dürfen. Er griff in die Tasche und zog einen Flakon heraus. „Hörst du mich, Axilla?“ Crios legte eine Hand an ihre Wange und tätschelte sie leicht, versuchte ihre Aufmerksamkeit zu erregen. „Das hier wird deine Schmerzen lindern.“ Er wusste nicht genau, ob sie tatsächlich wahrnahm, was er sagte, aber er sprach es dennoch aus, nur für den Fall, bevor er ein paar Schlucke des Flakoninhalts Axilla vorsichtig einflößte.




  • [Blockierte Grafik: http://img705.imageshack.us/img705/5492/leander.gif]


    Auf dem Weg nach Oben ins Cubiculum antwortete Leander noch leise auf die Frage von Crios. “Ich denke, sie weiß nichts. Aber wenn sie nicht blind ist, wird sie sich ihren Teil schon denken. Du wirst es ja gleich sehen.“ So viele Möglichkeiten für den Zustand von Axilla gab es ja nicht, und wenn Serrana nicht wirklich so vollkommen unschuldig und naiv war, wie sie meist erschien, würde sie es einfach wissen müssen.
    Sie betraten das Zimmer und Leander ging als erstes besorgt zu Axilla hinüber. Sie war so blass, und sie hatte angefangen, zu zucken. Das gefiel ihm gar nicht. “Domina? Der Medicus ist hier, domina. Axilla? Hörst du mich?“ Er blickte in die etwas glasig wirkenden Augen seiner Herrin und machte dann Platz für den Arzt. Er hatte keine Ahnung, ob sie ihn gehört oder erkannt hatte.


    Axilla sah die Gesichter wechseln, sah plötzlich Crios vor sich und begann, daran zu glauben, dass das hier Wirklichkeit war. Er öffnete ihre Augen mehr, fasste nach ihren Bauch. Axilla bekam es nicht wirklich bewusst mit. Sie fühlte sich so schwach, einzig noch für den Schmerz reichte ihr Empfinden. Alle anderen Reaktionen waren nur eingeschränkt möglich. Er tätschelte ihr auch die Wange, und Axilla versuchte, ihn mit ihren Augen zu fixieren, was aber nicht so gut ging. Ihr wurde ganz schwindelig dabei, und noch einmal schlecht. Ihr Körper krampfte sich zusammen, gerade, als Crios ihr etwas gegen den Schmerz geben wollte, und sie erbrach noch einmal auf das Bett vor ihr. Ihr Magen hatte keinen eigentlichen Inhalt mehr, so kam nur Galle. Sie blieb einen Moment leicht nach vorne gebeugt und atmete zweimal schwer, ehe sie sich wieder zurück sinken ließ und hoffnungsvoll zu Crios blickte, mit einem Flehen in den Augen. Ihr war es egal, was er ihr gab, solange es den Schmerz nur lindern würde. Sie war eigentlich kein Weichei, sie behauptete von sich selbst, einiges auszuhalten, aber das im Moment war zuviel. Soviel Kraft hatte sie nicht, weil es nichts gab, mit dem sie sich dagegen wehren konnte.

  • Warum kam denn der Arzt nicht endlich? Serrana lauschte verzweifelt in die nächtliche Stille der Casa Iunia hinein, konnte ausser dem immer leiser werdenden Wimmern ihrer Cousine jedoch nichts hören. Mittlerweile hatte Axillas Körper zu zucken begonnen, und Serrana, die nichts weiter tun konnte, als sie zu streicheln, ihr gut zuzureden und das vollgesogene Tuch zwischen ihren Schenkeln auszutauschen, merkte gar nicht, dass ihr inzwischen selbst Tränen der Angst und Hilflosigkeit die Wangen herunterliefen.
    Gerade als sie sich in ihrer Verzweiflung dazu entschlossen hatte Silanus zu wecken, eilte plötzlich Leander in Begleitung eines jungen Mannes zur Tür herein, und Serrana rutschte sofort vom Bett herunter, um dem Medicus bei seiner Arbeit nicht im Weg zu stehen. Unter normalen Umständen hätte sie sich vermutlich über dessen junges Alter gewundert, aber in dieser Nacht interessierte sie nur, ob er Axilla helfen konnte und so sah sie ihm mit weitaufgerissenen Augen dabei zu, wie er ihre Cousine untersuchte. Wirklich begreifen, was hier gerade geschah, konnte Serrana nach wie vor nicht, doch vor ihrem inneren Auge gewannen die Bilder von anderen blutigen Laken und einem ihr so vertrauten und immer blasser werdenden Gesicht zunehmend an Schärfe . Serrana schüttelte unwillig den Kopf, als könnte sie auf diese Weise auch die ungewollten Bilder wieder loswerden. Nein, das war das letzte, woran sie jetzt erinnern wollte, und über die Gründe für Axillas Zustand konnte sie immer noch nachdenken, wenn es dieser wieder besser ging.


    "Gibt es irgendetwas, was ich tun kann?" fragte sie leise und hoffte inständig, dass es wirklich etwas gab, damit sie nicht länger so untätig und nutzlos, mit dem Rücken an die Wand gepresst, dastehen musste.

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    Crios kam kaum dazu, Axilla etwas von der Flüssigkeit einzuflößen, da beugte sie sich nach vorne und erbrach sich auf das Bett – und das nicht zum ersten Mal, wie er nun feststellte. Er biss sich auf die Unterlippe und neigte sich dann zur Seite, zu seiner Tasche, von wo er einen kleinen Beutel hervorzog. Mit einigen raschen Bewegungen hatte er dem Flakon – in dem eine Mischung aus Wein, gekochter Erdkieferwurzel und Schlafmohn schwappte – etwas Dill hinzugefügt. Der Trank brachte nichts, weder gegen die Schmerzen noch gegen den Blutfluss oder die Krämpfe, wenn sie ihn nicht bei sich behielt. Anschließend lehnte er sich wieder zu ihr, hielt leicht ihren Kopf und versuchte erneut, ihr etwas einzuflößen. „Ssssh“, machte er beruhigend und versuchte den flehentlichen Blick zu ignorieren, mit dem sie ihn ansah. Das hier war seine Schuld. Er hätte länger versuchen müssen, sie zu überzeugen es sein zu lassen. Hätte drastischer werden müssen in der Beschreibung dessen, was sie erwartete. Er wollte Menschen gesund machen, nicht krank… und Axilla lag hier und wand sich vor Schmerzen, weil er nachgegeben und ihr den Trank zusammengemischt hatte, den sie gewollt hatte.


    Crios blieb bei seinen Bemühungen, bis Axilla erfolgreich ein paar Schlucke getrunken hatte, dann stöpselte er den Flakon wieder zu und stellte ihn auf die Seite. Jetzt erst sah er hoch, zu der anderen jungen Frau, die noch im Raum war – das musste Serrana sein. „Nicht viel. Aber die kalten Laken waren ein guter Anfang“, versicherte er ihr, während er erneut Axillas Unterleib abtastete. Die Krämpfe hatten zu Verspannungen geführt, ließen ihren Bauch hart wie Stein wirken. Und die Kälte tat hierzu ihr Übriges, aber es ging nicht anders. Wärme hätte den Blutfluss nur noch mehr gefördert. Aber die Verhärtungen waren dort, wo er sie erwartet hatte, was immerhin bedeutete, dass sie nicht noch an etwas anderem litt. Nach einem winzigen Augenblick des Überlegens griff er wieder nach der Tasche, holte sie diesmal auf das Bett hoch. „Das Bett sollte sauber gemacht werden“, sagte er ins Zimmer hinein, während er herausholte, was er nun brauchte. Wolle, fest zusammengebunden, Teile von schwarzem Nachtschatten, Weihrauchrinde, ein flache Schale. Mit einem kleinen Mörser zerstieß er die noch etwas groben Pflanzenteile, bis sie fein waren, mischte sie mit etwas Essig auf und tränkte die Wolle dann darin. Anschließend sah er hoch. Die Römerin hatte etwas tun wollen, und er winkte sie zu sich, während er gleichzeitig das mit kaltem Wasser und Blut getränkte Laken von Axillas Beinen fortnahm. „Sie braucht das hier als Zäpfchen. Kannst du ihre Beine auseinander halten?“ Und zu Axilla gewandt: „Ich werde dir etwas einführen, das helfen wird, den Blutfluss zu stoppen. Es wird etwas brennen.“ Vermutlich nichts im Vergleich zu dem, was sie ohnehin gerade an Schmerzen litt, aber dennoch war es Crios wichtig, es ihr zu sagen, sie vorzuwarnen – sie auf dem Laufenden zu halten über das, was er tat. „Versuch ruhig zu bleiben“, murmelte er noch, bevor er sich ans Werk machte.




  • Sie hörte die Stimmen um sich herum. Alle redeten etwas, aber sie verstand es nicht richtig. Es war, als halle es in ihrem Kopf wieder, wie Echo, deren Stimme als Widerhall nach Narziss rief. Und sie fühlte sich so schwach, dass sie nur die Augen zumachen und sich diesem Schmerz ergeben wollte. Es war so unendlich viel.
    Das einzige, das wirklich einzige, was sie davon abhielt, war, dass ihr Blick immer wieder auf die Truhe fiel, in der die Rüstung ihres Vaters lag und darauf wartete, eines Tages wieder von einem stolzen, jungen Mann getragen zu werden. Es würde keinen solchen jungen Mann geben, wenn sie jetzt aufgab. Es würde niemand den Namen ihres Vaters ehren und besingen, er würde in der Lethe verblassen, sein Geist verschwinden im Nichts, wenn sie jetzt nicht durchhielt. Sie musste noch einen Erben zur Welt bringen. Sie musste einen Mann heiraten, damit der diesen Erben rechtmäßig machte, und erlaubte, dass er den Namen ihres Vaters in seine Ahnenreihe aufnahm. Das musste sie tun. Sie durfte vorher nicht sterben.
    Auch, wenn ihr Körper immer wieder krampfte, zwang sie sich, wach zu bleiben, es auszuhalten. Sie zwang sich, zuzuhören, den Worten Sinn abzugewinnen. Besser wäre es gewesen, sie hätte es nicht getan, denn sie hörte ein Wort, dass sie instinktiv noch mehr zusammenkauern ließ. Es gab Wege, auf denen Medizin ekelig war, wenn sie bitter schmeckte und dergleichen, wenn es Dämpfe warne, die juckten und die Augen zu verätzen schienen, oder Salben, die sich ins Fleishc brennen wollten. Und dann gab es noch das, was Crios mit ihr vorhatte. Instinktiv zog sie ihre Beine noch ein wenig näher ran und schüttelte unwillig den Kopf. Kraft, sich zu wehren hätte sie ohnehin nicht, aber dennoch würde sie das nicht so einfach über sich ergehen lassen, ohne ihm zu zeigen, wie unangenehm ihr das war.
    Ruhig bleiben... der hatte leicht reden....

  • Serrana stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als der Medicus ihr bestätigte, dass die kalten Tücher zwischen Axillas Beinen kein Fehler gewesen waren. Nicht auszudenken, wenn sie ohne es zu ahnen auch noch zu einer Verschlimmerung der Lage beigetragen hätte...
    Dankbar, etwas Sinnvolles tun zu können, das sie von der Angst um ihre Cousine und den schrecklichen Bildern in ihrem Kopf ein wenig ablenken konnte, entfernte Serrana so behutsam wie es ging die mit Blut und Erbrochenem besudelte Bettwäsche neben und unter Axillas Körper und drückte sie der nach wie vor still abwartenden Adula in die Arme. "Schnell, besorg frische Wäsche und lass das hier irgendwo ausserhalb des Hauses verschwinden, bevor es einer der anderen Sklaven zu Gesicht bekommen kann." Die Sklavin verschwand sofort aus dem Cubiculum, und Serrana wandte sich wieder Axilla zu, während der Arzt die Zutaten für das hoffentlich rettende Zäpfchen zusammenstellte. Es war mehr als deutlich, wie verängstigt ihre Cousine war, und Serrana versuchte möglichst ruhig zu klingen, während sie ihre Hände auf deren Knie legte, um die Beine sanft auseinanderzudrücken.


    "Axilla, bitte, ich weiß du hast Angst, aber es ist der einzige Weg, wie der Medicus dir helfen kann. Du verlierst viel zu viel Blut, und wenn er nicht bald etwas unternehmen kann, dann wirst du vielleicht sterben, hörst du das?" Serrana erschrak selbst vor ihren eigenen schonungslosen Worten, aber sie fühlte auch, dass sie der Wahrheit entsprachen und für etwas anderes keine Zeit mehr war.

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    Crios war erleichtert, dass Axilla ein paar Schlucke trank und sie zumindest auch vorerst bei sich behielt. Der Schlafmohnextrakt würde ihr helfen, würde die Schmerzen lindern, auch wenn es noch ein wenig dauern konnte, bis sich die volle Wirkung in ihrem Körper entfaltete. Aber eine erste Erleichterung würde sie schon bald spüren können. Und das erleichterte auch Crios. Das vage, angenehme Gefühl wurde aber sofort wieder beiseite gewischt, als er Axillas Reaktion auf seine nächste Ankündigung sah. Er presste die Lippen aufeinander und sah kurz zu der anderen Iunia, die inzwischen dafür gesorgt hatte, dass das Bett wieder etwas sauberer war, und die bereits dazu angesetzt hatte zu tun, was er ihr gesagt hatte. Er nickte nur zu ihren Worten, fügte aber selbst nichts mehr hinzu. Es gab nichts hinzuzufügen, und es würde nicht besser oder angenehmer werden, je länger er wartete. Vielleicht vernebelte der Mohn bereits Axillas Sinne ein wenig, aber warten bis er volle Wirkung gezeigt hatte, konnte Crios auch nicht, nicht bei dem Maß an Blut, dass die Iunia schon verloren hatte. Also räusperte er sich nur kurz, drückte einmal kurz Axillas Hand und schob dann die blutbefleckte Tunika hoch, um das vorbereitete Zäpfchen einzuführen, so dass die Kräuter ihre Wirkung tun konnten. Anschließend richtete er sich auf und sah kurz zu Serrana, bevor er Axilla musterte. „Kannst du mich hören, Axilla? Wie fühlst du dich gerade, zeigt der Trank Wirkung?“ Dann sah er wieder zu Serrana, und jetzt fiel ihm auf, wie mitgenommen sie wirkte. „Sie sollte gewaschen werden und eine frische Schlaftunika bekommen. Und ich brauche heißes Wasser, dann mache ich ihr einen Kräuteraufguss.“ Ein Blick wanderte zu den anwesenden Sklaven, während er kurz zögerte. Dann fügte er hinzu: „Du siehst nicht gut aus. Wenn du möchtest, kann ich dir auch etwas machen.“ Und den beiden Sklaven auch, sofern sie das wollten. Zumindest Leander sah fast noch fertiger aus als Serrana.




  • Unangenehm traf es nicht ganz, wie es sich anfühlte. Und 'ein bisschen brennen' war auch der Euphemismus des Jahrhunderts. Axilla zog so scharf die Luft ein, dass ihr selbst davon schwindelig wurde. Ihr Körper spannte sich an und sie versuchte instinktiv, sich wegzudrehen, aber sie wurde festgehalten und hatte ohnehin zu wenig Kraftreserven übrig, um sich noch zu wehren. Auch, wenn der Mohnsaft so langsam ihren Geist durchwaberte, bekam sie von der Tortur jede Sekunde mit, und auch jedes einzelne Gefühl spürte sie mit voller Wucht.
    Eigentlich war Axilla kein Weichling, aber sie musste weinen. Sie versuchte, sich zurückzuhalten, stark zu sein, aber sie heulte und schluchzte. Als Crios sie ansprach, wie es ihr ginge, wandte sie nur den Kopf von ihm weg, damit er die Tränen nicht sah, sagte aber nichts. Ihr ging es mit einem Wort elend, und wenn er nicht blind war, konnte er das sehen.



    [Blockierte Grafik: http://img705.imageshack.us/img705/5492/leander.gif]


    Leander hatte Adula so gut er vermochte geholfen, und hatte sich ansonsten gemüht, nicht im Weg zu sein. Es zerriss ihm schier das Herz, zu sehen, wie seine Herrin litt. Am liebsten woltle er den Arzt von ihr fortzerren, als er sah, wie Axilla sich wand und ihm zu entkommen suchte, aber er wusste, dass es notwendig war. Nichts desto trotz litt er mit. Sämtliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Er hatte noch nie gesehen, dass ein Mensch so viel blutete, und es anschließend überlebte. Und auch Serrana sah nicht gut aus. Er hoffte, er hatte ihr nicht zuviel zugemutet, aber er hatte Axilla doch nicht allein lassen können!
    Als der Medicus nach heißem Wasser verlangte, nickte Leander kurz. “Ich geh schon.“ Kurz hier herauszugehen würde ihm sicher gut tun, auch wenn sein Herz bei seiner Herrin bleiben wollte. Was, wenn sie doch starb, und er war nicht da? Nein, darüber wollte er gar nicht nachdenken, während er schnell in die Küche ging und Wasser aufsetzte.

  • Serrana biss sich auf die Unterlippe und versuchte, Axillas Weinen und unterdrückte Schmerzensschreie irgendwie auszublenden, während sie die Schenkel ihrer Cousine auseinanderhielt. Allzuviel Kraft brauchte sie dafür nicht aufzuwenden, denn Axilla hatte ihr trotz der unübersehbaren Angst nicht mehr allzuviel entgegenzusetzen. Dennoch war Serrana im Grunde dankbar für Axillas Schluchzen, denn dieses zeigte nicht nur die furchtbaren Schmerzen und Qualen, die ihre Cousine im Moment ganz offensichtlich durchlitt, sondern auch, dass immer noch Leben in ihrem Körper steckte und sie vielleicht doch gerettet werden konnte. Nicht so wie damals, als es sehr schnell nur noch Stille gegeben hatte..., kein Weinen, keine Schreie, nur Stille und Blut...


    Inzwischen war Adula mit sauberen Laken zurückgekehrt, und Serrana bemühte sich mit Hilfe ihrer Sklavin, schnell das Bett neu zu beziehen, ohne Axilla dabei allzu sehr zu behelligen. Dann durchsuchte sie die Kleidertruhe ihrer Cousine und zog ein frisches Nachtgewand heraus. "Ich werde sie waschen." sagte sie an den Medicus gewandt und begann dann Axilla vorsichtig die besudelte Nachttunika auszuziehen. "Ich ziehe dir sofort eine andere Tunika an, damit du nicht frierst, aber vorher mache ich dich ein wenig sauber. Dann wirst du dich sicher ein wenig wohler fühlen." Die letzen Worte waren wieder an Axilla gerichtet, und Serrana fuhr leicht mit der Hand über deren Stirn und Haare, bevor ihr zu Bewusstsein kam, dass der Arzt auch ihr ein Angebot gemacht hatte. "Vielen Dank, aber das wird nicht nötig sein." sagte sie mit einem Lächeln, das noch ein bisschen gezwungen ausfiel. "Mir geht es gut, und das Wichtigste ist jetzt, dass Axilla wieder auf die Beine kommt." Die Vorstellung, den Schreck und die Angst dieser Nacht durch irgendeinen Trank oder eine sonstige Medizin zumindest vorrübergehend einzudämmen, war schon sehr reizvoll, aber gegen die alten Gespenster, die langsam aber sicher wieder an die Oberfläche gekrochen waren, würde ohnehin nichts etwas ausrichten können.

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    Auch Crios bemühte sich, das verzweifelte Schluchzen auszublenden, so gut es ging. Bei den Göttern, er hatte sie gewarnt. Aber dass es so schlimm sein würde, hätte auch er nicht geahnt. Als sie anschließend auf seine Frage hin nur den Kopf zur Seite drehte, schloss Crios für einen Moment die Augen. Er fühlte sich so müde. Aber gleichzeitig war er verantwortlich, für Axilla, aber auch für die anderen hier. Er war der Arzt. Nur dieser eine kleine Moment des Augenschließens, das konnte er sich gönnen… Dass Leander verschwand, bekam er nur am Rande mit, und auch nur, weil er es sagte. Als Serrana ihn aber ansprach, öffnete er seine Augen wieder und sah sie an. Er hätte ihr geholfen, aber er ging davon aus, dass es sowohl ihr als auch Axilla wohl lieber war, wenn er sich zurückhielt, was derart intime Dinge betraf – sofern sie nicht medizinisch notwendig waren. Und so nickte er abermals nur und setzte sich so hin, dass er Axillas Körper nun den Rücken zuwandte und nur ihren Oberkörper, ihren Kopf im Blick hatte. Er legte ihr eine Hand an die Wange und strich kurz darüber, bevor er erneut ihre Stirn fühlte und anschließend ihren Puls. Er war immer noch so schnell, viel zu schnell und flatterhaft, und Crios presste die Lippen kurz aufeinander, bevor er sich zusammenriss. Es half keinem, wenn er sich seine Besorgnis allzu deutlich anmerken ließ.


    Kurz wandte er erneut seinen Blick zu Serrana, als diese ihm nun auf sein Angebot antwortete. „Es hilft ihr nicht, wenn du leidest, ohne etwas dagegen zu tun. Und einen beruhigenden Trank zu machen, kostet nicht viel Zeit oder Aufwand“, entgegnete er ernst. Während Serrana Axilla wusch und ihr dann eine neue Tunika anzog, saß Crios da und hielt Axillas Hand – bis Leander wiederkam mit dem heißen Wasser. Crios bedeutete seinem Landsmann, den Topf abzustellen auf dem Tisch, der im Cubiculum war, während er zugleich aufstand und seine Tasche nahm. Erneut kramte er darin herum, holte Kräuter hervor, setzte eine Mischung in einem Leinensäckchen an und nahm dann den Krug, den Leander gleich mitgebracht hatte. Das Säckchen wanderte in den Krug, und Crios goss heißes Wasser darauf. Anschließend begann er erneut, mit einer zweiten Mischung, und für diese nahm er kurzerhand den Krug, der bereits auf dem Tisch stand. Kurz überzeugte er sich davon, dass er leer war, dann übergoss er auch den zweiten, etwas größeren Beutel mit heißem Wasser. Und dann gönnte er sich erneut einen winzigen Moment, in dem er einfach nur da saß, sich kurz mit Daumen und Zeigefinger an die Nasenwurzel griff und zudrückte. Anschließend, als wäre nichts gewesen, richtete er sich auf und brachte beide Krüge zum Bett. „Es muss noch ein wenig ziehen. Danach möchte ich, dass ihr davon“, er hob den zweiten leicht an, „etwas trinkt. Alle.“ Seine Stimme machte klar, dass er keinen Widerspruch dulden würde. Es half Axilla nicht, wenn die anderen irgendwann zusammenklappten, ganz im Gegenteil.




  • Um Axilla nicht noch zusätzlich zu quälen, ging Serrana so vorsichtig und sanft vor wie es möglich war, während sie den Körper ihrer Cousine nach und nach von Blut, Erbrochenem, Schweiss und Tränen befreite. Sie hatte Axillas Oberkörper nach dem Umziehen gerade wieder auf das Bett sinken lassen, als der Medicus sich wieder an sie wandte und sie und die Sklaven unmissverständlich dazu aufforderte, seinen frisch zubereiteten Trank einzunehmen. Von der Eindringlichkeit seiner Worte überzeugt, nickte Serrana automatisch, jedoch nicht, ohne sich selbst nur wenige Sekunden selbst zu verfluchen. Was war sie doch nur für ein erbärmlich schwacher Mensch! Konnte sie denn nichts durchalten, ohne dass sie sofort einknickte, wenn ihr irgendjemand eine anders lautende Anweisung gab? Serrana biss die Zähne zusammen und rang einen Augenblick mit sich, dann schob sie diesen unerfreulichen Gedanken beiseite und streckte den Arm nach dem Krug aus, nachdem der Arzt ihr bedeutet hatte, dass der Trank lang genug gezogen hatte.
    Vorsichtig setzte sie das Gefäß an ihre Lippen und trank ein paar Schlucke von der heissen und bitteren Flüssigkeit, bevor sie den Krug wieder absetzte und ihn zu Leander herrüberreichte, der immer noch völlig aufgelöst wirkte. "Trink etwas davon, Leander, deine Herrin würde das sicher auch wollen."sagte sie eindringlich und versuchte sich an so etwas wie einem beruhigendem Lächeln , bevor sie sich an Adula wandte, deren unbewegtem Gesicht man, wie üblich, nicht das geringste ansah. "Und danach bist du dran." fügte sie in einem energischen Tonfall hinzu, der angesichts ihrer eigenen Feigheit vermutlich eher lächerlich wirkte. Dennoch konnte sie ein paar Sekunden später ein winziges Nicken bei Adula wahrnehmen und seufzte erleichtert, bevor sie wieder den jungen Medicus ansah.


    "Würdest du mir bitte sagen, wie du heisst?" fragte sie leise. "Du hast heute nacht schon so viel für meine Cousine getan, und ich würde dich gern beim Namen nennen können, wenn ich mich bei dir bedanke."

  • [Blockierte Grafik: http://img705.imageshack.us/img705/5492/leander.gif]


    Nachdem er mit dem Kesselchen wiedergekommen war, hatte sich Leander wieder an die Wand gelehnt. Sein Blich glitt zu seiner Herrin, die von Serrana gerade ausgezogen wurde. Gerne wollte er seine Hilfe anbieten, aber er hatte Befürchtungen, dass das unschicklich sein könnte, gleich, ob er dabei nichts sexuelles empfand. Also ließ er es bleiben und sah nur, wie Serrana vorsichtig die Tunika wechselte und Axilla etwas wusch, ehe sie ihr eine neue Tunika über den Kopf zog. Seine Herrin selber schien nicht mehr ganz bei sich zu sein. Er sah ihre Lider flattern, und hin und wieder eine etwas hilflose Bewegung mit der Hand, als würde sie versuchen, Serrana wegzuschieben. Aber das konnte Einbildung sein. Insgesamt sah es aus wie die Bewegungen eines Trunkenen, dem jegliche Kraft fehlte.


    Der Arzt mischte etwas zusammen und bestand darauf, dass sie es trinken sollten. Leander starrte nur vor sich hin. So viel Blut... er glaubte nicht, dass sie überlebte. Er hatte noch nie so viel Blut gesehen, und Axilla war nun nicht gerade die Kräftigste. Sie war zierlich und sanft... zwar nicht wehleidig, aber doch eben von schmaler Statur. Manchmal aß sie tagelang nichts, wenn man sie nicht daran erinnerte. Sie war ncihtmal besonders laut, außer, wenn sie wirklich wütend war. Insgesamt hatte Leander nicht den Eindruck, dass sie wirklich hart genug war, um ausreichend zu kämpfen.
    Er betete zu den Göttern, dass sie ihr die Kraft gaben. Wenn sie starb... er wollte gar nicht daran denken!


    Mit einem Mal bekam er einen Krug entgegengehalten und Serrana meinte, er solle davon trinken. Axilla würde das auch wollen. Leander schaute wie hypnotisiert auf den dampfenden Inhalt und zögerte kurz. Weigern ging nicht, er war Sklave. Aber er glaubte nicht, dass er verdient hätte, Linderung zu erhalten. Er hätte besser auf sie acht geben müssen, damit sie nicht in diese verdammte Lage erst geraten wäre. Er hätte ihr damals schon bei diesem Griechen deutlicher im Weg stehen müssen, und jetzt das mit dem Aelier... er hätte einfach mehr machen müssen. Auch wenn er nicht konnte, er hätte müssen. Irgendwie.
    Gehorsam nahm er einen großen Schluck von der bitteren Mischung und reichte dann den Krug an Adula weiter. Sein Blick ruhte starr auf Axilla, die einzuschlafen schien, nachdem der Arzt ihr auch aus dem anderen Becher etwas eingeflöst hatte. [size=7]“Lasst sie nicht sterben, Götter. Isis, große Magierin, heile sie, bitte...“[/size]



    LEIBSKLAVE - IUNIA AXILLA

  • [Blockierte Grafik: http://img210.imageshack.us/img210/4457/crios.jpg~Crios~


    Sowohl Serrana als auch die beiden Sklaven gehorchten ihm, und Crios kümmerte sich unterdessen um Axilla, flößte ihr etwas von dem heißen Kräutertrunk ein, bevor er ihren Kopf sachte wieder auf das Kissen gleiten ließ. Axilla schien mehr und mehr wegzudämmern, was Crios als gutes Zeichen wertete. Sie brauchte Schlaf, sie brauchte Erholung, und dass sie einschlief, hieß, dass die Schmerzen nicht mehr stark genug waren, um sie trotz ihrer Erschöpfung davon abzuhalten. Er strich ihr noch kurz über den Kopf, dann richtete er sich wieder auf. In den Trank für Serrana, Leander und die andere Sklavin hatte er zusätzlich zu den beruhigenden Kräutern noch ein Kraut hineingemischt, das leicht halluzinogene Wirkung hatte. Bei weitem nicht genug, dass es ihnen tatsächlich den Kopf vernebeln würde, und schon gar nicht so viel, dass ihnen wirklich etwas auffallen dürfte, aber genug, um ihnen die Situation leichter zu machen und später das Einschlafen zu erleichtern. Crios fand, dass das unter den gegebenen Umständen vertretbar war. Er hatte vor, die Nacht über hier zu bleiben und auf Axilla aufzupassen, aber viel länger konnte er nicht bleiben, und sie würde die nächsten Tage einfach jemanden brauchen, der sich um sie kümmerte. Es war besser, wenn die wenigen, die eingeweiht waren, sich jetzt ausruhten, so lange er da war.


    Er warf Leander einen kurzen Blick zu, gerade als dieser trank, und registrierte, dass auch er einen großen Schluck nahm, dann wandte er sich an die andere Iunia, als diese ihn ansprach. „Crios ist mein Name“, antwortete er ihr dann, mit einem ernsten, aber dennoch freundlichen Gesichtsausdruck, und sah dann erneut zu Leander, der nur noch fertig aussah. Crios bezweifelte in diesem Augenblick, dass der Sklave etwas von dem begreifen würde, was er ihm sagte – ganz im Gegensatz zu Serrana vor ihm, die zwar mitgenommen, aber doch gefasst wirkte. Anerkennung für die junge Frau machte sich in ihm auf einmal breit. „Ich werde die Nacht über hier bleiben und mich weiter um sie kümmern, Iunia. Spätestens morgen früh allerdings würde ich gerne noch einmal mit dir reden, was Pflege und Verabreichung von Medizin in den nächsten Tagen angeht.“




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