Strafformen

  • “Um Deine berechtigten Bedenken ein wenig zu mindern, Consul Tiberius, könnte man auch eine Frist einfügen. Das würde dem Verurteilten dann auch die Gelegenheit geben, gegen das Urteil Einspruch zu erheben.
    Der betreffende Absatz des § 54 könnte dann zum Beispiel so lauten:
    (3) Übersteigt die Schuld einen Betrag von 400 Sz., so kann der Delinquent zu deren Begleichung als Sklave verkauft werden, jedoch frühstens drei Wochen nach Urteilsverkündung.
    , schlug Aelius Quarto vor.


    “Aber was machen wir, wenn bei dem Verkauf ein Überschuss erzielt wird? Soll der dann von der Staatskasse einbehalten werden, oder wird er an die Angehörigen des Verurteilten ausgezahlt, wenn sich welche finden lassen?“

  • Auch Macer dachte über mögliche Überschüsse nach, allerdings auf andere Art als Aelius Quarto. "Vielleicht sollten wir einfach einen angemesserenen Betrag festlegen, dann wird es schonmal viel seltener zu Überschüssen kommen. 400 Sesterze sind ein Spottpreis. Man würde geradezu die Preise kaputt machen, wenn man jemanden verkauft, um 400 Sesterze einzutreiben. Wo ist das Problem, wenn jemand ein ganzes Jahr lang arbeiten muss, um eine Strafe von 400 Sesterzen abzubezahlen? Wenn er kein Vermögen hat und keine Familie, dann wird er doch wohl ohnehin ein Tagelöhner sein. Für einen solchen sind 400 Sesterze eine Menge Geld, und wenn er einen Schaden in dieser Höhe anrichtet, wird er es nur als gerecht empfinden können, lange dafür arbeiten zu müssen. Außerdem würde er als Tagelöhnen ja eben nach der Strafe auch wieder nichts anderes tun, als zu arbeiten."

  • “Aber die Strafe soll doch auch und vor allem abschreckend wirken. Wenn ein Mann jeden Tag um seine Existenz bangen muss und nicht weiß, ob er am Ende des Tages satt sein wird, was hindert ihn daran dieses ärmliche Dasein gegen ein gesicherteres einzutauschen, auch wenn dies eine Verurteilung bedeutet? Opus Publicum könnte einem solchen Mann durchaus erstrebenswert erscheinen und gar nicht wie eine Strafe. Am Ende begeht er eine Missetat nur deshalb, weil er auf eine solche Verurteilung spekuliert und das kann nun keinesfalls unser Ziel sein. Droht aber im schlimmsten Fall der Verlust der Freiheit, dann wird sich auch der Ärmste der Armen sehr gut überlegen, ob er die aufs Spiel setzt.“

  • "Der staatlich empfohlene Preis für einen Sklaven beträgt 250 Sesterzen. Die Frage ist also, ob ein Verurteilter überhaupt 400 Sesterzen auf dem Markt erzielt, denn - wie Aelius Quarto schon sagte - wird es sich bei zahlungsunfähigen Schuldnern wohl allgemein um nicht sonderlich begabte oder intelligente Menschen handeln. 400 Sesterzen erscheint mir daher als angemessene Grenze - ein römischer Bürger ist ja immerhin mehr wert als ein Sklave, doch muss man auch die Marktsituation berücksichtigen."


    wandte Durus ein.

  • Offenbar dachten alle Senatoren fieberhaft darüber nach, ob sie diesen Vorschlag gelten lassen wollten. Natürlich war auch die Frage, ob 250 Sesterzen der angemessene Preis für eine menschliche Arbeitskraft war...die Sklavenschwemme der Partherfeldzüge war wieder abgebrochen und kein neuer Krieg war in Sicht! Möglicherweise konnte man den Preis also auch wieder etwas erhöhen...aber das würde wohl den Rahmen dieser Sitzung sprengen!


    "Natürlich können wir die Grenze auch dynamisieren, indem wir beispielsweise stets den doppelten staatlich empfohlenen Preis für einen Sklaven festschreiben. Damit würde das Gesetz stets auf die Marktsituation Rücksicht nehmen."


    schlug er daher vor.

  • "Das wäre vielleicht unnötig kompliziert. An anderer Stelle werden ja auch überall feste Grenzen genannt", warf Macer nun wieder ein. Dann kam er noch einmal auf die Worte von Aelius Quarto zurück. "Ich dachte gerade noch über etwas anderes nach. Dass die Strafe abschreckend sein soll, ist zweifellos ein sinnvolles Ziel. Andererseits kann man es kaum als sinnvoll bezeichnen, wenn wir einen verurteilten Straftäter in die Sklaverei verkaufen, weil er Jahre bräuchte, um seine Schuld abzuarbeiten und dann möglicherweise selber wieder Sklaven ankaufen müssen, die schwere öffentliche Arbeiten durchführen. Es ist ja nicht so, dass die Arbeit nicht anfällt, nur weil wir die Verbrecher verkaufen können. Wie ich schonmal sagte, gibt es immer etwas zu tun und ob ein Verurteilter nun fünf Jahre lang öffentliche Arbeit leistet oder als Sklave verkauft wird und nach fünf Jahren stirbt, dürfte von der Abschreckung her durchaus vergleichbar sein."

  • “Die Frage, wie viele städtische Sklaven eine römische Stadt beschäftigt oder beschäftigen soll, diese Frage darf aber doch nicht mit der Zahl der dort lebenden Gesetzesbrecher beantwortet werden.“, gab Aelius Quarto zu bedenken.

  • "Sicher nicht. Aber man muss sich trotzdem fragen lassen, ob es klug ist, Verbrecher in die Sklaverei zu verkaufen und selber Sklaven für öffentliche Arbeiten zu kaufen. Im albernsten aller denkbaren Fälle könnte das schließlich dazu führen, dass einfach jede Stadt ihre Verurteilten an die Nachbarstadt verkauft", antwortete Macer. Ein wenig Ratlosigkeit spiegelte sich dabei auf seinem Gesicht. Das Thema schien ihm wichtig, aber zu einer definitiven Meinung hatte er sich wohl auch noch nicht durchgerungen.

  • "Ich halte es für großen Zufall, wenn eine Stadt genau dann Bedarf an Sklaven hat, wenn sie eine solche Versteigerung vornehmen muss. Abgesehen davon kann man meines Erachtens gern auch erlauben, dass eine Stadt den zu verkaufenden Sklaven selbst ersteigert."


    meinte Durus achselzuckend - diese Detailfrage interessierte ihn eigentlich herzlich wenig, denn wer nun einen in die Sklaverei verkauften Schuldner kaufte, war vermutlich sowohl dem Schuldner, als auch dem Gläubiger egal.


    "Überhaupt wäre wohl eine Versteigerung der Sklaven sinnvoll, damit der Staat den höchstmöglichen Preis erhält."


    Noch einmal ging Durus gedanklich die bisherigen Strafmaße durch. Er runzelte die Stirn.


    "Wobei ich auch eine höhere Bemessungsgrenze für sinnvoll halte, da 400 Sesterzen sogar eine Strafe für Beleidigung sein können. Einen römischen Bürger allerdings wegen einer Beleidigung in die Sklaverei zu verkaufen, erscheint mir als zu hart. Die bisherige Umrechnung einer Freiheitsstrafe von drei Monaten in etwa 600 Sesterzen. Nur für ein Verbrechen, das mit mindestens drei Monaten bestraft wird, sollte es meines Erachtens nach möglich sein, jemanden zum Sklaven zu machen."

  • “Ja, eine Grenze von 600 Sesterzen erscheint mir angesichts deiner Argumente gut gewählt, Consul.
    Und wie du es richtig sagst, hat eine Stadt mit entsprechendem Bedarf auch die Möglichkeit, sich selbst an der Versteigerung zu beteiligen. Allerdings würde ich keine Sklaven kaufen, die zuvor am selben Ort als freie Bürger gelebt haben, wenn ich ein städtischer Beamter wäre. Solche Konstellationen führen doch nur zu Ärger.“

  • "In jedem Fall besser als 400", stimmte Macer zu. "Aber die von Aelius Quarto aufgeworfene Frage, was mit eventuellen Überschüssen aus einer Versteigerung passiert, wäre damit immer noch nicht geklärt, denn auch bei einem solchen Preis sind Überschüsse zu erwarten", erinnerte er daran, wie dieser Teil der Debatte begonnen hatte.

  • “Hat der Verurteilte Verwandte bis zum zweiten Grad, dann sollen sie den Überschuss bekommen, wenn sie ihre Ansprüche geltend machen. Hat er keine, fällt alles dem Staate zu.
    So lautet mein Vorschlag.“

  • "Ich bin dagegen, dass Verwandte von den Überschüssen profitieren", vertrat Macer die gegenteilige Position. "Das könnte im ungünstigsten Fall dazu führen, dass sie sich für eine ungerechtfertigt hohe Strafe einsetzen, um aus der Verurteilung eines Verwandten einen Nutzen zu ziehen. Sie könnten ihn geradezu an die Justiz verkaufen und wenn er erst einmal verurteilt und versklavt ist, hat er kaum eine Chance mehr, dagegen Einspruch zu erheben. Natürlich bleibt ihm die Appellatio, aber vielleicht ist es besser, erst gar niemanden in Versuchung zu führen."

  • "Ich bin ebenfalls der Meinung, dass der Überschuss dem Staate zufallen sollte, so es einen gibt - immerhin ist dies ein deutlich höherer Preis als der staatlich empfohlene und ein Mann, der seine Schuld nicht begleichen kann, wird kaum über besonders hohe Qualifikationen verfügen."


    schloss Durus sich dem Einwand Quartos an. Wenn nun auch noch die Familien profitierten, wurde es doch etwas wild.

  • Wieder sah Durus zu den Fenstern des Senatsgebäudes, durch die ein immer schwächeres Licht einfiel. Es wurde Zeit, dass sie vorankamen!


    "Solange Freiheitsstrafen im Gesetz vorgesehen sind, würde ich sie im Übrigen durch einen Zusatz zu § 52 als Opus Publicum betrachten. Der Absatz kann ja entfernt werden, wenn wir sie aus den Gesetzen verbannt haben, was wohl ein langfristiges Ziel sein sollte.


    Wenn nun 600 Sesterzen akzeptabel wären, würde ich gern wissen, wie ihr zu den übrigen Vorschlägen steht."

  • “Also gut. Wenn die Mehrheit der Meinung ist, ein möglicher Überschuss soll dem Staate zugute kommen, und ich gebe zu, eure Argumente sind durchaus stichhaltig, dann werde ich mich dieser Meinung beugen.


    Deinen Vorschlag für eine Ergänzung des § 52 halte ich für gut, Consul Tiberius Durus. Allerdings sollte es eine eine zusätzliche Option sein, eine Haftstrafe in Opus Publicum umzuwandeln, solange die Haftstrafe noch in einigen Gesetzen vorgesehen ist. Ist diese Strafe einmal vollständig aus dem Codex getilgt, dann könnte man den kompletten § 52 streichen.


    Darum schlage ich vor, es einstweilen wiefolgt zu formulieren:
    (3) Eine Haftstrafe kann in Opus Publicum derselben Dauer umgewandelt werden.

  • Macer blickte etwas verwirrt, als weitere Formulierungsvorschläge gemacht wurden. "Bei welchem Paragraphen und Satz 3 sind wir gerade?" erkundigte er sich. "Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass ich es für unerlässlich halte, dass eine sinnvolle Reihenfolge der Strafen im Gesetz gewählt wird und eine deutliche Abgrenzung festgehalten ist, aus der unsere Absichten bezüglich der Schärfe der Strafe klar werden", setzte er dann hinzu, da der Consul nach weiteren Meinungen zu den übrigen Änderungen gefragt hatte.

  • "Bei dem Paragraphen zum Opus Publicum - welche Nummer er auch immer tragen wird. Ich würde ihn übrigens nicht streichen, wenn Freiheitsstrafen abgeschafft werden - vielmehr würde ich bei manchen Vergehen Opus Publicum als reguläre Strafe vorsehen.


    Ebenso würde ich den Vorschlag anders formulieren, denn gewöhnliche Gefängnisse sollten allgemein aufgehoben werden. Abgesehen davon hätten wir nach einer Änderung von § 52 keine allgemeinen Regelungen zu Freiheitsstrafe:
    (3) Eine Freiheitsstrafe entspricht in seiner Ausführung dem Opus Publicum.


    Mir wurde im Übrigen bisher, wie gesagt, nicht klar, inwiefern die bisherige Reihenfolge nicht die Abstufungen zur Härte der Strafe trifft. Das Opus Publicum dauert nach unserer Regelung maximal eineinhalb Jahre lang, eine Relegatio kann durchaus länger sein und ist stets mit einer Entfernung aus dem eigenen Umfeld verbunden. Um dies klarer zu machen, sollten wir vielleicht anmerken, dass Exilia und Relegationes immer mit einer Verbannung aus der Regio Italia verbunden sind."

  • "Nun, ich hatte es wie gesagt eben etwas anders gesehen", erinnerte Macer an seine Einwände die Reihenfolge betreffend. "Nach dem, was wir bisher besprochen haben, scheint die ursprüngliche allerdings auch sehr sinnvoll, wobei der Paragraph über die Geldstrafe wohl zweifellos der erste in der Reihe sein sollte. Die gerade erwähnten Einschränkungen würde ich dann aber auch noch einmal explizit festhalten. Insbesondere die Begrenzung auf eineinhalb Jahre beim Opus Publicum ergibt sich nur aus der heute durchgeführten Berechnung, die aber schon in wenigen Wochen nicht mehr jeder wird problemlos nachvollziehen können."


    Auf seiner Wachstafel hatte er inzwischen einiges dazu mitnotiert. "Ich schlage daher vor, dass sich §52 mit der Geldstrafe befasst und dem bisherigen §53 entspricht und dann der neugefasste §53 zum Opus Publicum folgt, in dem wir die Begrenzung auf eineinhalb Jahre ergänzen. Die Nummerierung der Sätze dieses Paragraphen ist uns inzwischen völlig durcheinander gekommen. Oder zumindest mir hier auf meiner Tafel." Er lächelte entschuldigend. "Danach käme dann §54 zur Relegatio und dem Exil, wobei ich den Zusatz mit dem Verlassen Italias so formulieren würde, dass er auch auf die Provinzen anwendbar ist. Anschließend dann §55 zur Todesstrafe wie bisher."

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