Ein trüber Morgen mit einem kurzen Sonnenschein

  • Es war immer kalt hier, niemals schien die Sonne warm und ihre zarte Haut streicheln auf sie. Die Tage und Wochen, ja Monate schon die sie jetzt in Rom war waren für sie nicht einfach gewesen. Ihre Herrin war sehr lange krank gewesen, man dachte sogar schon das sie in Eas reich gehen würde doch hatten die Götter Mitleid mit ihr und schenkten ihr doch wieder das Leben.
    Dieser Morgen war trüb und es hatte geregnet in der Nacht. Serafina zog sich ein Tuch um die Schultern und bemühte sich leise und ungesehen durch die Gänge der Villa zu kommen. Bis jetzt hatte sie es geschafft dass kaum jemand Notiz von ihr nahm und eigentlich wollte sie es auch so belassen. Die Menschen hier in Rom waren ihr zu oberflächlich, zu sehr von sich eingenommen. Was hatten sie schon erreicht. Eine Stadt die stank und zu voll war und darauf waren sie stolz und bildet sich ein die Herren der Welt zu sein.
    Serafine bog um eine Ecke und musste sofort abbremsen. Vor ihr baute sich ein Berg von Mensch auf, plötzlich und unerwartet. Sie wollte sich schon umdrehen und leise verschwinden doch…
    Zwei dunkle Augen treffen ihn, der breite Rücken, die Statur. Ein erkenne, ein runzeln der zarten Stirn. In ihrer eigenen Sprache spricht sie, denn ihr Latein war noch etwas holprig.
    „Entschuldigung, ich muss vorbei.“
    Sie senkte den Kopf und wollte an ihm vorbei huschen.



    Sim-Off:

    Reserviert

  • Cassims erster Weg an diesem überaus trüben Morgen, war die Bibliothek gewesen. Sein Körper war in eine wollene Tunika eingemummt, um sich gegen diese Affenkälte zu schützen. Er hasste nicht nur die Römer, auch auf die klimatischen Verhältnisse in diesem Land hätte er gut und gerne verzichten können. Er trug einige Schriftrollen bei sich, die er sich am Abend zuvor mitgenommen hatte und nun wieder zurück bringen wollte. Ein Text hatte ihm besonders gefallen. Der Parther konnte einfach nicht widerstehen und öffnete sie, mitten im Gang stehend und begann zu lesen. Nur die Literatur schien ihm in diesen Tagen sein Herz wärmen zu wollen. Völlig vertieft, nahm er das, was um ihn herum geschah kaum wahr.
    In seinen Augenwinkeln bemerkte er plötzlich eine sich nähernde Person, sah kurz auf, widmete sich aber gleich wieder, wie von einer Sucht angetrieben, der Schriftrolle. Selbst das bezaubernde Geschöpf, welches ihm nun unweigerlich gegenüberstand und ihn ansprach, hatte daran nichts ändern können. Die süße zarte Stimme, einer Nachtigall gleich, hätte allein schon seine Aufmerksamkeit erregen müssen und dass sie sich nun der parthischen Sprache bediente, erst recht. Die griechischen Philosophen jedoch, hielten ihn(vorerst) fest in ihrem Bann gefangen und so erwiderte er ein ganz selbstverständliches, in parthischer Sprache gehaltenes „Aber sicher doch!“ und trat ein wenig zur Seite.
    Der Hauch einer zarten Blume schien seine Nase zu erreichen und endlich wurde ihm bewusst, er hatte sich, nach unendlich langer Zeit, der Sprache seiner Väter bemächtigt. Verdattert sah er endlich auf, als sei er aus einem tiefen Schlaf erwacht und erkannte – ein Mädchen. So schön, wie die Morgenröte, das Haar so schwarz wie Ebenholz, die Lippen einer Rose gleich.
    „Yasmina!“, war sein erster Gedanke, den er laut artikulierte.
    Nein, die Schöne war nicht Yasmina. Seine Lieblingssklavin, so sie noch unter den Lebenden weilte und nicht vor lauter Gram ob des Verschwindens ihres Herrn und Geliebten gestorben war, befand sich noch in der Obhut seiner Familie im fernen Dura Europos an den Gestaden des Euphrat. Ein Jammer!
    Doch der große Ahura Mazda, in seiner nicht enden wollenden Güte, schien Mitleid mit seinem Diener zu haben und schickte ihm nun jenes entzückende Wesen, welches ganz offensichtlich auch aus Parthien stammte.

  • Sie hatte sich also nicht getäuscht. Eine vertraute Stimme, ein lieblicher Klang der Sprache und wie von selbst wurde es ihr warm ums Herz. Sie war doch nicht ganz allein in diesem kalten, nassen hässlichen Rom.
    Wie ein kleiner Sonnenstrahl traf sie seine Stimme, auch wen er sie nicht wirklich wahrnahm. Vertief in eine Schriftrolle stand er einfach so da, genau wie ihr Bruder das immer machte wenn ihn etwas fesselte. Einfach stehen bleiben, alles um sich herum vergessen und im Weg stehen.
    Sie lachte und lief weiter als er hinter ihr einen Namen aussprach. Mit einer geschmeidigen Bewegung drehte sie den Kopf, ihr langes schwarzes Harr floss ihr über Schulter und Rücken und sie sah zu ihm auf.
    „Serafina, Tochter des Tiridates aus Edessa, doch jetzt ein nichts. Also nenn mich wie du magst.“
    Er war ein stattlicher Mann und sicher ein Gelehrter gewesen doch jetzt bestimmt auch nur ein verwöhnter Römer, nichts deutete für sie im ersten Augenblick daraufhin das er wie sie ein Sklave war.
    Sie konnte sich mit ihrem Schicksal noch immer nicht abfinden und ab und zu wurde sie dadurch bissig und launisch und nicht wie sie wirklich einmal war.
    Sie biss sich auf die Zunge, was hatte er ihr getan das sie so mit ihm umsprang. Er hatte ihr Herz erwärmt, sie nicht schlecht behandelt und dafür zinkte sie ihn an? „ Es tut mir leid, ich bin wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden.“ Entschuldigte sie sich und sogar etwas röte flammte ihr über die Wangen und sie senkte ihre dunklen Augen zu Boden.

  • Sie war einfach so an ihm vorbei gezogen, wie ein fleischgewordener Traum. Sie lachte, dann wandte sie sich zu ihm um. Ein wenig bissig für Cassims Geschmack stellte sie fest, ihr Name sei Serafina. Se-ra-fi-na aus Edessa. Wie süß das klang, noch süßer klang es aus dem Mund der Schönen. Serafina, die Feurige. Oh ja, zweifellos war dies der passende Name für diese heißblütige Schönheit. Und doch schien ein Schatten auf ihrem Herzen zu liegen. Genau wie er selbst ertrug sie nur schwer ihr aufgebürdetes Schicksal, welches sie in der Fremde fristen musste. Dass sie nun in ihm einen Römer, einen Feind vermutete, ahnte er nicht. Wie sollte er auch? Der Parther war durch ihre pure Gegenwart wie berauscht. Seine Augen hafteten an ihr und ließen sie nicht mehr los. Wenn er nicht bald die Initiative ergriff, war sie weg!
    "Aber halt! So warte doch, Serafina!", rief er ihr endlich nach. Schließlich begegnete man nicht jeden Tag einer parthischen Schönheit aus gutem Hause. Wenn sich ihm eine solche Gelegenheit bot, so konnte er sie nicht tatenlos an sich vorbei ziehen lassen. Die Schöne besann sich.
    "Aber nein! Ich habe mich zu entschuldigen, weil ich für die schönste Blume des Gartens keine Augen hatte. Ich hoffe, du kannst mir noch einmal verzeihen, Serafina, Tochter des Tiridates aus Edessa."
    Das süße Geschöpf hatte ihm vollkommen den Kopf verdreht, so dass er nicht nur vergas, sich vorzustellen. Er vergas sich selbst und das, was er eigentlich zu tun gedachte. Verträumt blieb er eine Weile vor ihr stehen, hatte nur Augen für sie und lächelte treudoof. Ahura Mazda sei Dank, hatte ihn niemand so gesehen, außer dem Mädchen natürlich.
    Irgendwann schließlich, musste ihm bewusst geworden sein, was er tat. Voller Verlegenheit räusperte er sich.
    "Oh, äh, wo bleiben denn nur meine Manieren! Cassim, Sohn des Surenas aus dem Hause Parwaz aus Dura."
    Stolz und erhaben, wie es sich für einen parthischen Edelmann gehörte, verneigte er sich andeutungsweise vor ihr.

  • Im ersten Moment wollte sie sich erneut umdrehen und weiter gehen, was hatte sie auch mit dem Mann noch zu bereden, doch in der Bewegung rief er erneut sie an das sie warten sollte. Gehorsam blieb sie stehen und wartete ab was er noch wollte von ihr.
    Die süssen Worte, in ihrer eigenen Sprache. Keine andere der Welt konnte sich so gekonnt ausdrücke, ihr schmeicheln und ihr Herz erreichen. Die waren Dichter der Schönheit kamen (und würden noch kommen) nun mal aus ihrer Heimat. Sie konnte nicht anders als ihm zuhören und ihr Herz machte fast einen Aussetzer als er ihr seinen Namen nannte.
    Sie hatte sich nicht getäuscht in ihrer Empfindung, er war wirklich ein Landsmann wenn auch…Parwas? Sagte das ihr etwas? Ihr Vater hatte viel einflussreiche Freunde und Bekannte gehabt. Sie schüttelte leicht den Kopf. Nein das wäre ein zu großer Zufall gewesen und was würde es ihr helfen?
    Ihr Blick blieb gesenkt doch sah sie durch ihre langen dunklen Wimpern zu ihm auf.
    „Es ist mir eine Ehre Cassim, Sohn des Surenas aus dem Hause Parwaz. Natürlich kann ich dir verzeihen, den es gibt nichts was ich verzeihen müsste. Ich bin es die in den Staub zu deinen Füßen gehört den ich sah ein falsches Bild in dir.“
    Sie neigte ihren Kopf etwas vor ihm und ihre Haare fielen dabei etwas nach vorne und bedeckten ihr Gesicht wie ein Schleier.

  • Diese Schönheit! Diese Anmut! Nur eine parthische Frau konnte so viel Grazie und Eleganz in sich vereinen und dabei distinguiert zu bleiben, wie es ihrer Stellung zukam. All die schamlosen römischen Weiber würden ihr niemals das Wasser reichen können, waren sie im Grunde doch alles nur gottlose Schlampen, die es mit allem und jedem trieben. Doch Serafina war ein Lichtblick in al der Finsternis, die ihn bis dahin umgeben hatte. Sie war ein Geschenk Gottes und er würde, wie man es nun mit wertvollen Dingen zu tun pflegte, sie sorgsam und mit Bedacht behandeln.
    Seine Hand näherte sich ihrem Gesicht. Mit seinen Fingern strich er ihr zart die Strähnen ihres wundervoll glänzenden Haares aus dem Gesicht. Dann hob er sanft ihr Kinn an, damit ihm der Glanz ihrer dunklen Augen nicht länger verborgen blieb.
    Sie danach zu fragen, auf welchem Wege sie hierher gekommen war unterließ er tunlichst, da er die Antwort darauf schon kannte. Wie fast jeder parthischer Sklave in diesen Tagen war sie auch ein Opfer dieses unseligen Krieges geworden. Weshalb also sollte er ihr Herz durch dumme Fragen noch erschweren?
    „Du bist schöner als die Morgensonne, wenn sie an einem Sommertag über dem Tal des Euphats erwacht. Aber das weißt du sicher selbst, weil es dir schon unzählige Verehrer erzählt haben,“ mutmaßte er, obwohl er insgeheim hoffte, es gäbe niemanden sonst, der um ihre Gunst buhlte.

  • Seine Berührung war wie Hitze, schön und warm, der Sonnenstrahl den sie so vermisste. Kaum traute sie ihren Blick zu erheben als er ihr unter das Kinn faste und es anhob. Sosehr sie eben noch aufbegehrte gegen ihn, den vermeintlichen Feind, das verhasste Fremde, umso mehr kam jetzt ihre natürliche Scheu zurück.
    Der Mann ihres Volkes, ein hoher Mann, ein stattlicher Mann, ein echter Mann eben. Seine Worte waren Honig und Balsam für ihre Seele.
    „Die Göttin sagt in ihrer ganzen Weisheit. Ich bin die Mutter aller Götter und meine Töchter sollen mir gleich kommen. Sie soll das Herz eines Mannes betören und erweichen aber sie soll auch hart sein zu sich selbst. Denn auch ich ging in die Tiefe der Unterwelt um den Geliebten zu suchen und fand ihn tot in den Armen meiner Schwester.“ Serafina zitiert die Leere ihrer Göttin ernst und ruhig doch dann lacht sie und ihre Augen glühen wie Kohle im Schmiedefeuer der heiligen Lanze.
    „Ja, so mancher Mann hat versucht mein Herz zu erreichen und schmeichelte mir mit schönen Worten, doch keiner schaffte es bis jetzt.“
    Die Zeit vor ihrer Gefangennahme war versteckt hinter einer grauen Wand, der versprochene Mann. Bestimmt lag er schon längst im Bett einer andern oder war tot. Doch nein, zum Tot war er zu eitel gewesen wusste sie heute und verdrängte den Gedanken an ihn und alles was früher mal war.

  • Nicht nur schön wie die Morgenröte war sie auch geheimnisvoll wirkte sie auf den Parther, dem es schon so lange nicht mehr vergönnt gewesen war, mit einer Frau seines eigenen Volkes zu sprechen. Bezaubert von ihrer Schönheit, lauschte er ihrer Stimme dessen. Offenbar war sie Anhängerin eines Kultes, den er nicht kannte. Aber was machte das schon! Das allein war doch unerheblich!
    Viel wichtiger war es da zu hören, dass es noch niemand geschafft hatte, sie zu besitzen. Cassims Herz begann innerlich zu jauchzen und zu frohlocken. Er würde ganz ohne Zweifel diese Herausforderung annehmen. Serafina war keine dieser Frauen, denen man kurz Honig ums Maul schmierte, damit man sie schnell in sein Bett zerren konnte. Sie war eine hübsche junge Frau aus gutem Hause. Wäre er in seiner Heimat gewesen, hätte er sie vielleicht zu seiner vierten Frau erwählt. Doch auch in der Fremde gab es Möglichkeiten...
    "Welch gute Neuigkeiten, dass die schönste Blume des Gartens noch nicht gepflückt worden ist." Cassim strahlte über beide Ohren. Fast hätte er vergessen, was er an diesem Morgen zu tun gedachte. Ach was, die Schriftrollen konnten warten! Serafina war wohl noch nicht lange in der Villa. Gewiss kannte sie sich hier noch nicht aus und wenn doch, gab es mit Sicherheit den einen oder anderen Platz, den sie noch nicht kannte.
    "Ich nehme an, du weilst noch nicht sehr lange hier? Darf ich dir die Villa zeigen?" Natürlich wollte er ihr nicht den Sklaventrakt zeigen, den kannte sie bestimmt schon zu genüge. Viel besser waren da die Gänge und die herrschaftlichen Zimmer oder der Garten mit seinen verwinkelten Plätzen. Der Teich oder auch der Platz, an dem einst die Vogelvoliere gestanden hatte.

  • Sie sah zu ihm auf, was nicht ganz so einfach war den er überragte sie doch ganz gut. Sie war noch nicht so lange hier? Einige Monate waren es schon doch war sie da hauptsächlich in den Räumen ihrer Herrin Falvia Vera, den diese war todkrank gewesen.
    Was kannte sie alles in der Villa? Erstmal die Räume ihrer Herrin und auch ihres Bruders. Dann natürlich die Küche. Natürlich das Atrium und auch ein par Plätze im Garten, jetzt wo es ihrer Herrin wieder besser ging und sie sich dort draußen oft erholte. Die Baderäume, etwas was ihr immer noch unheimlich war und auch der kleine Haustempel, ihr Herrin war dort öfters. Eins hatten die beiden Frauen gemeinsam, sie verehrten die gleiche Göttin, Vera die Göttin Venus und Serafina die einzige wahre Göttin, Mutter aller Götter, Ishta.
    Sie vermisste so schmerzhaft ihre Heimat und auch den Tempel in Seleukia. Dort allein war sie das letzte Mal glücklich gewesen.
    „Sicher, es würde mich freuen wenn du mir alles zeigt, sicher kennt sich der hohe Herr hier besser aus als ich kleine unwürdige Sklavin.“ Noch immer hatte sie ihn nicht als das erkannt was er war und seine Selbstsicherheit, die er so an den Tag legte, Zeit hatte sich mit ihr zu unterhalten, sich im Haus gut auskannte als ob er dort lebt machte sie etwas unsicher.

  • Hoher Herr? Cassim fühlte sich dadurch geschmeichelt. Lange war es her, seit man ihn so betitelt hatte. Jedoch dachte er keinbeswegs daran, Serafina könnte in ihm einen Freien sehen. Schließlich war er Parther und jeder Parther, der in Rom lebte, war unfrei. Außer den parhtischen Händlern vielleicht. Diejenigen die weder das eine noch das andere waren, waren zweifellos Verräter, die ihr Heimatland verraten hatten.
    "Du bist keine unwürdige Sklavin, meine Blume! Du bist das entzückendste Wesen, welches in diesem Haus umher wandelt." Sanft strich er ihr über die Wange, bevor er sich dann an die Hand nahm und mit sich zog.
    "Komm mit, du Rose von Edessa! Lass uns zuerst in die Bibliothek gegen. Dort muss ich noch eine Kleinigkeit erledigen." Endlich waren ihm wieder die Schriftrollen ins Gedächtnis gefallen, derer er sich zuerst entledigen wollte, damit er freie Hand hatte. 8)
    Dort angekommen, atmete er erst tief ein, um den Geruch des Pergamentes einzusaugen. Dann trat er zu einem der Regale und ließ die Rollen darin verschwinden.
    "So, hier verbringe ich die meiste meiner Zeit. Dies ist die bibliotheca der Flavier! Hier verstauen sie ihr Wissen.", witzelte er und grinste dabei.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!