Officium | Aulus Flavius Piso

  • Natürlich kannte Nigrina ihren Bruder – und wusste nur zu gut, wie sie ihn ärgern konnte. Oder wenigstens ein bisschen aufziehen. Sie musste gar nicht darüber nachdenken. Gewisse Dinge schliffen sich einfach ein unter Geschwistern, und selbst wenn sie etwas daran hätte ändern wollen, hätte sie zunächst Schwierigkeiten gehabt, aus der Rolle auszubrechen, die sie als kleine, als jüngste Schwester, kombiniert mit ihrem Charakter, im Lauf der Zeit eingenommen hatte. Allerdings wollte sie gar nicht ausbrechen, im Gegenteil – sie persönlich fand, dass es einen großen Nutzen hatte, wenn man in der Lage war andere zu ärgern, oder wenigstens wusste, wie man sie ärgern konnte. Es gab einem nur einen zusätzlichen Trumpf in die Hand, den man spielen konnte, vorausgesetzt man war sich bewusst darüber. War man es nicht, konnte sich der Trumpf nur allzu schnell ins Gegenteil verkehren… aber auch darüber war Nigrina sich, inzwischen, bewusst.


    Sie ließ sich also ein wenig Zeit, erzählte über die Gladiatorenkämpfe, war fast ein wenig enttäuscht, dass er nicht nachfragte, und kam dann endlich auf den Punkt. Was aber dann geschah, war… nahezu unbeschreiblich. Pisos Reaktion, als sie Priscas Namen nannte, übertraf jede Erwartung, die Nigrina gehegt hätte. Sie hatte darauf spekuliert, dass er irgendwie reagierte, dass ja. Aber so… Einige Momente lang musterte sie ihren Bruder, fast verblüfft, fragte sich für einen winzigen Augenblick gar, was wohl vorgefallen sein mochte zwischen den beiden, denn zunächst wirkte Piso so schockiert, dass sie eher dazu tendierte, Negatives anzunehmen. Dann jedoch schlich sich zunehmend ein Lächeln auf ihre Lippen, und sie musste sich zusammenreißen, um es nicht zu einem ausgewachsenen Grinsen werden zu lassen. Piso war verliebt. VERLIEBT! Na wenn ihr das nicht hervorragend in die Hände spielte! Nigrina dachte nicht unbedingt hoch von Verliebten, aber Fakt war, dass sie sehr leicht zu kontrollieren waren, Männer wie Frauen.


    „Ja?“ wiederholte sie mit einem strahlenden Lächeln. „Das ist toll, danke!“ Und dann, endlich, fing sie doch an ein wenig zu grinsen. „Was ist denn mit dir los?“

  • Piso war, auch wenn er es nie zugeben würde, im Grunde seines Herzens zumindest seiner Schwester gegenüber großmütig genug, um ihr diese Neckereien zu vergeben, die dann und wann kamen. Solange sie nicht öffentlich daherkamen, passten sie schon, und hie und da konnten sie Piso sogar ein Lächeln abringen. Meistens aber waren sie vor allem nervig, und langsam aber sicher hatten sich die besten Schmähs schon vor einigen Jahren ausgeleiert. Aber, nun gut, jetzt, wo Nigrina wieder hier war, brauchte er vielleicht eine Auffrischung in nigrinischer Aufzieherei. Lange würde er es eh nicht mehr erdulden brauchen. Dies sagte er nicht, weil er seine Schwester an diesen Aurelier weggeben wollte, und dann mit leeren Händen zurückkehren. Nein, er war sich sicher, sein dringendstes Problem, welches ihm dieser Tage plagte, könnte schnell gelöst werden.


    Er war herzlich wenig interessiert in die Gladiatorenspiele. Obwohl er Priester war, und auch dann und wann zu den Circenses ging, hatte er sich an das Blutvergießen gewöhnt, war ihm früher doch immer schlecht davon geworden. Doch selbst nun liebte er es nicht so, dass er alles drüber wissen wollte. Es haben sich ein paar Leute abgemetzelt, in Ordnung, aber es würde sich schon nicht grundsätzlich von den Schlachtereien unterschieden haben, die man immer wieder aufführte. Das einzige Mörderschauspiel, das ihn einmal genuin und wirklich begeistert hatte, war die Seeschlacht des Annaeus Modestus gewesen. Danach tote Hose.


    Nigrina begann ziemlich doof zu grinsen, als sie Pisos Reaktion auf den Namen der Aurelierin sah. Aber Piso nahm das gar nicht richtig war. In seinem Kopf spielte ein ausgewachsenes Orchester, und vor seinen Augen hingen rosarote Wölkchen – ja, Piso liebte den Kitsch. “Bittebitte... hmm... mit mir?“, brachte er dann endlich heraus und blickte sie an wie ein Omnibus. “Öh. Äh. Gar nichts. Wieso?“ Er grinste ertappt.

  • Auf ihre Frage stotterte Piso erst mal ein wenig vor sich hin, während er weiterhin einen Gesichtsausdruck hatte, der irgendwo zwischen dümmlich und strahlend hin und her schwankte. Nigrina gab sich wirklich Mühe, nicht allzu sehr zu grinsen. In diesem Moment fand sie ihn irgendwie… ja, irgendwie süß, obwohl das normalerweise kein Ausdruck war, den sie gebrauchte. Aber bei ihrem Bruder konnte sie ja wohl mal eine Ausnahme machen. „Gar nichts also…“ Nigrinas Augenbrauen zuckten leicht nach oben. „Ich frag mich grad nur, warum du so grinst. Und, weißt du, aufgeregt wirkst du auch irgendwie ein bisschen…“ Natürlich wollte Nigrina noch mehr herausfinden, wollte noch mehr an Reaktion aus Piso herauskitzeln – je mehr sie wusste, desto besser für sie. Und es war ja nicht so, dass sie nicht noch den ein oder anderen Trumpf hätte, den sie spielen könnte. „Sie hat mir übrigens erzählt, dass ihr euch schon mal begegnet seid“, erwähnte sie also beiläufig.

  • Piso grinste weiter, bis ihm Nigrina sagte, dass er grinste. Piso zwängte seinen Mund in eine neutrale Form. “Oh, wirklich? Äh.“ Wieder grinste er, dieses Mal verlegen auf eine ziemlich effeminierte Art und Weise. “Aufgeregt, stimmt das? Komme ich dir so vor? Äh...“ Er kratzte sich am Nacken und blickte Nigrina weiterhin verzagt an. Diese vertraute ihm daraufhin an, sie wüsste schon über Pisos und Priscas vorheriges Treffen. Und dann geschah es: Piso knickte ein.
    “Nun gut. Du bist meine Schwester, wem könnte ich das anvertrauen außer dir?“ Er machte eine bombastische, aber komplett sinnlose und überflüssige Geste im Raum. “Ja – ich habe Prisca am Markt getroffen. Wir haben uns schon vorher mal flüchtig kennen gelernt, aber auf dem Markt sind wir wirklich gut ausgekommen... und irgendwie hat es gefunkt...“ Von seinem Opfer am Venustempel, und dass er als verdammter Septemvir das erste Opfer komplett versaut hatte, davon sagte er nichts. “Auf jeden Fall, später in meinem Vigintivirat bin ich zu den Aureliern – schließlich war Aurelius Corvinus Ädil – und dort habe ich wieder Prisca getroffen, im Garten... eines führte zum anderen und... öhm, ja... wir haben uns geküsst.“ Piso strahlte vor lauter Verknalltheit, es wäre kein Wunder gewesen, wenn es nun aus seinen Ohren gequalmt hätte. Doch dann, unvermittelt, verpuffte der ganze Elan und Piso hatte einen traurigen Blick drauf, den man bei ihm nur selten sah. “Doch dann hat uns Aurelius Corvinus erwischt. Beim Küssen. Er hat uns getrennt und...“ Nicht die Ohrfeige erwähnen, Archias hat eh gesagt, die wäre nicht wichtig! “...und er hat mir gesagt, ich soll Prisca nie wieder sehen.“ Traurigkeit war nun Zorn gewichen, es musste faszinierend sein, Piso dabei zuzuschauen, wie er zwischen Emotionen hin- und herwechselte. “Einen feuchten Kehrricht werde ich tun, sie nicht wieder zu sehen! Das kann der doch nicht machen, dieser, dieser, dieser eifersüchtige Ungustl!“ Theatralisch schoss Pisos rechter Zeigefinger in die Höhe und wirbelte dort herum. “Und genau deshalb will ich sie wieder sehen! Weil...“ Er senkte seine Stimme. “Weil ich sie liebe.“
    Es zeigte sich wieder ein verzagtes Lächeln, wie vorhin. “Und deshalb habe ich auch so begeistert auf deinen Vorschlag reagiert... hach. Ach Götter.“ Der Überschwang der Emotionen kehrte wieder in seine Augen zurück. “Liebe Nigrina, wenn ich es dir nicht schon irgendwann einmal gesagt habe: du bist spitze. Du bist toll, du bist einfach genial.“ Mit diesen Worten breitete er seine Arme aus und umarmte sie fest.

  • Es war tatsächlich faszinierend, zu beobachten, wie rasant ihr Bruder zwischen verschiedenen emotionalen Zuständen schwankte. Erst grinsend, dann beherrscht, wieder grinsend, beinahe verlegen, strahlend, deprimiert und zu guter Letzt wütend. Nigrina war so fasziniert davon, dass sie beinahe vergaß den Worten zu folgen, die Piso dazu noch aussprach. Sie hätte ja nie gedacht, dass ihr kurzer Besuch hier so erfolgreich sein würde, und sie hätte auch nicht gedacht, dass Piso so für Prisca empfand – dass da irgendetwas war, das schon, das hatte sie zumindest für möglich gehalten, aber das hier… sogar geküsst hatten sie sich auch schon. Nicht, dass Nigrina das für so ungewöhnlich hielt, aber Piso hätte sie das nun nicht unbedingt zugetraut, so draufgängerisch zu sein. Aber er hatte sich erwischen lassen. Und dann sagte er, dass er Prisca liebte. LIEBTE. Ausgerechnet!


    Nigrina war nicht unbedingt eine Römerin, die notwendigerweise an Liebe glaubte. Lust, das ja. Und dass man jemanden mochte. Irgendwie auch liebte, bei manchen mochte es das geben. Aber mal ehrlich: letztlich war sich doch jeder selbst der Nächste. Wenn es hart auf hart kam, wer würde da noch ein As auf Liebe geben? Und eine Ehe, eine patrizische vor allem, sollte auf ganz anderen Pfeilern aufbauen, fand sie. Wenn sich dann noch Sympathie dazu gesellte, umso besser, sie wollte schließlich auch nicht ihr Leben mit einem Kerl verbringen, den sie überhaupt nicht leiden konnte – obwohl sich auch das arrangieren ließe irgendwie, zur Not ließ sie sich halt irgendwann scheiden oder hielt es wie ihr Vater, wenn sich eine Gelegenheit dazu bot, hieß das –, aber Liebe? Daran zweifelte sie doch sehr. Was sie allerdings nicht davon abhielt, ihre Gedanken vor Piso sorgfältig zu verbergen. „Du machst Sachen… Ich schätze mal, dieser Aurelius Corvinus hat etwas zu sagen bei Prisca, oder wie?“ Sie bemühte sich, ihrer Stimme einen mitfühlenden Klang zu geben, während ein Teil von ihr fast versucht war zu lachen. Aber es war einfach irgendwie komisch, welche Vorstellung Piso gerade ablieferte.


    „Lass den Kopf nicht hängen, Aulus, das kriegst du schon irgendwie hin, du-“ Weiter kam Nigrina nicht, denn in diesem Augenblick hing Piso ihr plötzlich um den Hals. „Wuah!“ stieß sie hervor, während sie zuerst die Arme von sich streckte und dann, etwas verspätet, die Umarmung erwiderte – nur um dann völlig perplex zu fragen: „Eh. Ich bin was?“ Natürlich war sie das, aber sie hatte nun wirklich nicht damit gerechnet, dass Piso ihr das so sagen würde – oder gar so zeigen. Sie strich ihm leicht über den Rücken. „Na das mit dem Theater war ja Zufall, ich wusste doch nicht, wer sie ist… Aber das ist doch klasse, so kannst du mit ihr reden. Und mal ehrlich, dieser Corvinus wird sich doch nicht gegen einen Flavier sperren. Was denkt er von sich?“ Er war Patrizier, aber keiner vom alten Geschlecht. Der sollte sich bloß nicht einbilden, er könne einen Flavius davon abhalten, das zu bekommen, was er wollte!

  • Piso nickte, während er sich alle Mühe gab, nicht aus seinen Ohren es vor Zorn herausdampfen zu lassen. “Er hat etwas bei ihr zu sagen. Er ist... er ist ihr Tutor. Ihr Onkel. Ich komme an ihn nicht vorbei.“ Er war froh, dass sich seine Schwester zumindest bemühte, ihn nicht auszulachen ob seiner Geschichte. Wenn ihm ein anderer das erzählt hätte, er wusste, vielleicht hätte Piso selber die größte Gaudi damit gehabt, und gelacht wie noch nie. Sein Zorn verpuffte bei diesem Gedanken, und schiere Verzweiflung zog sich über sein Gesicht.
    Er nahm ihre Bemühungen, ihn zu beruhigen, gar nicht mehr recht zur Kenntnis, sondern lag nur noch in ihren Armen – die, wie er feststellte, erst nach ein paar Sekunden es den seinen gleich taten und sie nun in friedlicher geschwisterlicher Umarmung sich befanden – zumindest würde es ein Außenstehender so empfinden. Piso selber hatte das „Wua“ als ein freudiges solches interpretiert, und aus diesem Grund umarmte er sie umso fester – wobei, er war kein besonders kräftiger Mann, der zum Beispiel im Armdrücken noch gegen jeden verloren hatte, sogar gegen Frauen, sodass Nigrina das wohl kaum merken würde. Piso brummelte leicht, als sie ihn über den Rücken streichelte. Die Berührung tat gut, sehr gut sogar. Ach, sein Schwesterherz war doch die Beste! Piso fühlte einen Schwall von unageahnter brüderlicher Liebe in ihm aufkommen.
    “Naja, stimmt auch wieder, das hast du nicht gewusst... trotzdem bist du toll.“ Er gab ihr einen Kuss – jaja, seine Emotionen gingen mit ihm durch. Endlich ließ er sie wieder los. “Also. Wann habt ihr euch ausgemacht? Wann denn?“ In seinen Augen flackerte die Begierde, und ers stand wohl kurz davor, richtiggehend zu lechzen.
    Sie fragte ihn nach wegen Corvinus, und bestätigte Piso, das er im Recht lag, und Corvinus lag falsch! Komplett daneben! Der Kerl war eine gesitige Nullrunde! Wie konnte man nur die einmalige Chance, einen Flavier zur Verwandtschaft zu bekommen, ablehnen? Dieser Tölpel, der spinnte doch. Piso räusperte sich.
    “Ich muss mit Corvinus darüber reden. Wenn es so weiter geht, wird das nie mehr was.“ Er schluckte und blickte Nigrina an. “Du... du verstehst schon, dass... ich meine, was deine Hochzeit angeht... ich weigere mich, meine Schwester an so einen Aurelier abzugeben, ohne dass die Aurelier bereit wären, mir eine Aurelia zu überlassen. Ich meine... du weißt schon wie ich meine...“ Na toll, jetzt hatte er Nigrina hergestellt wie ein Handelsobjekt. “Ich meine das nicht so! Ich meine nur – das ist eine Sache der Ehre, der flavischen Familienehre! Wir dürfen denen gegenüber nicht beigeben!“

  • „Ihr Tutor?“ Dann hatte der Kerl doch ungefähr genauso viel zu sagen wie Piso bei ihr. Nigrina ging einfach mal davon aus, dass Prisca damit keiner Patria Potestas mehr unterstand, ansonsten hätte ihr Bruder das doch sicher erwähnt. Und wenn dem so war, dann… nun, natürlich würde sie nicht ihre komplette Familie vor den Kopf stoßen können, aber was sollte denn bitte die aurelische Familie dagegen haben, eine weitere Verbindung mit den Flaviern einzugehen? Sie waren die FLAVIER, bei allen Göttern! „Sicher kommst du irgendwie an ihm vorbei“, erklärte Nigrina kategorisch. Kam ja gar nicht in Frage, dass er hier so einfach aufgab. Während sie seine Umarmung erwiderte, überlegte sie, was sie tun könnten. Ihrem Vater zu schreiben war wohl keine so gute Idee, immerhin hatte der ja quasi gerade erst angefangen zu denken, Piso wäre wahrhaftig in der Lage auf eigenen Beinen zu stehen und seinen Weg zu gehen – da kam es wohl nicht so gut an, wenn er nun erfuhr, womit er sich bezüglich einer möglichen Vermählung herumschlagen musste. Und Nigrina war sich auch sicher, dass ihr Vater erst mal einen herzlichen Lachanfall bekommen würde, wenn er erfuhr, dass Piso verliebt war und deswegen unbedingt diesen aurelischen Wachhund irgendwie austricksen musste, weil er ganz offenbar nun mal Prisca wollte. Nigrina nahm an, sie müsste wohl noch froh darüber sein, dass Piso sich in eine Patrizierin verguckt hatte. Nein, ihren Vater ließ sie besser außen vor. Aber wozu hatte man einen Consul in der Familie. „Was ist mit Furianus, schon mal daran gedacht ihn einzuschalten?“


    Immer noch in seiner Umarmung, ließ auch Nigrina ihre Arme, wo sie waren – wer wusste schon, was für einen Bonus ihr das einbrachte, und, ja, irgendwie gefiel es ihr auch, dass Piso sie so behandelte und so mit ihr sprach. Und dann gab er ihr auch noch einen Kuss. Ihr Bruder im Überschwang der Gefühle. Nigrina musste schon wieder schmunzeln, aber sie schaffte es, ein leichtes Lächeln daraus werden zu lassen, als Piso sie nun losließ und sie sich wieder ansahen. „Noch gar nichts“, antwortete sie ihm dann. „Wir wollten zunächst Begleiter organisieren, bevor wir uns auf einen Tag festlegen – aber nachdem das nun von meiner Seite aus geklärt ist, würde ich ihr eine Nachricht zukommen lassen. Wann würde es dir denn am besten passen? Dann kann ich ihr einen Vorschlag machen.“


    Und dann sprach Piso wieder. Und sprach weiter. Und sprach weiter. Und Nigrinas Brauen rutschten mit jedem Wort ein Stückchen höher, die linke dabei stets ein wenig höher als die rechte. Sie traute ihren Ohren nicht so recht. Sie musste sich da einfach verhören. Das konnte doch unmöglich Pisos Ernst sein! Wegen einer… einer… einer lächerlichen VERLIEBTHEIT wagte er es ernsthaft, ERNSTHAFT in Betracht zu ziehen, IHRE Hochzeit aufs Spiel zu setzen? Es ging Nigrina dabei gar nicht darum, dass Piso sie quasi als Tauschobjekt zu nutzen gedachte. Nein, das fand sie in gewisser Hinsicht sogar normal. Aber bei allen Göttern, es ging hier nicht um die Tochter eines Consul oder gar des Kaisers! Ihr Vater war nicht mehr am Leben, sonst hätte sie keinen Tutor, und er war damit schon mal kein lebendiger Senator mehr! Und sie war eine Aurelia, keine Claudia beispielsweise! Und da wagte Piso es, auch nur darüber nachzudenken, sie, ihre Hochzeit, ihre künftige gesellschaftliche Stellung als Faustpfand zu verwenden? Nigrinas Augen begannen zu funkeln, als ihr klar wurde, dass ihr Bruder das sehr wohl so meinte, wie er es sagte. „Das ist nicht dein Ernst.“ Ihr Temperament begann zu brodeln. „Das KANNST du nicht ernst meinen! Hör mal, ich finde Prisca auch sympathisch – aber sie ist nicht die Tochter des Kaisers!“ Wer von ihnen war es denn, bei dem es egal war, in welchem Alter er letztlich verheiratet war und am besten schon soundsoviele Kinder, noch besser Söhne, geworfen hatte? Das war doch wohl bitte sie, von der das erwartet wurde, nicht er! „Natürlich werden wir ihnen nicht klein beigeben, wir sind Flavier, das tun wir nie, gegenüber niemandem! Aber du wirst nicht meine Zukunft aufs Spiel setzen, nur damit du Prisca kriegst, da wirst du dir was anderes einfallen lassen müssen!“

  • “Ihr Tutor. Das stimmt. Aber er ist halt auch viel mehr für sie... wie ein Ersatzvater. Also, auf jeden Fall, Prisca würde sich weigern, an ihn vorbeizuheiraten. Das weiß ich. Au Backe, ich verstehe es nicht! Kacke, Kacke...“ Missmutig kickte er einen Ständer, eine Miniatursäule, und zwar genau jene, auf der die Büste von Vespasianus stand, welche Piso einst aus dem Speicher gerettet hatte. Die Büste begann zu wanken, Piso machte riesige Augen, und warf sich zu ihr hin, sie gerade noch rechtzeitig auffangend, bevor sie am Boden aufkam und sie zerschellen würde. “Uff. Vergib mir, Ahne!“, flüsterte er mund positionierte vorsichtig wieder die Büste auf die kleine Säule zurück.
    Erst dann wandte er sich wieder seiner Schwester zu und schluckte. “Furianus? Nun ja... er ist moemntan extrem beschäftigt... ich habe eigentlich gedacht... vielleicht sollte ich ihn nicht mit solchen Nichtigkeiten belästigen wie meinen Liebschaften... aber naja, in diesem Fall ist es ja auch keine Nichtigkeit. Ich werde zu ihm gehen.“ Er nickte kräftig. Ja, das würde er machen. Furianus hatte ja auch irgendeinen Deal mit diesem Aurelier am Laufen – was für einen, wusste Piso nicht, irgendein Tirocinium Fori oder so, etwas, was ein Mann seines Kalibers nie nötig gehabt hatte. Vielleicht war er ja bald mal was Historisches. Der letzte, der ohne Tirocinium Fori es in den Senat schaffte. Aber halt, da war noch Iulius Centho. Der war... Aquarius? Nicht, dass er den kerl besonders gut kannte, er wusste nur, dass er bekannt war für seine Verhaspler in seiner Rhetorik. Nun ja, schon viele schlechte Redner sind was geworden. Nun, um zurück auf Furianus zu kommen - der könnte sicher was hinbiegen. Vielleicht. Eventuell. Nicht sicher, aber unter gewissen Umständen. Oder so. Pisos Gehirn war verwirrt und irrte momentan im Lala-Land herum. Wenn es das nicht immer tat.
    Ach, Nigrina hielt ihn umarmt. Sie war doch eine liebe Schwester. Piso reuten irgendwie die ganzen Jahre, die sie mit Streitereien verbracht hatten. “Ich wäre für jeden Termin offen!“ Sogar, wenn dies inmitten einer Sitzung der Septemviri läge. “Wann du willst! Wann auch immer du willst!“ Er würde seiner Schwester volle Ermessensfreiheit einräumen. Immerhin war sie in seiner Achtung nun so gestiegen, dass Piso nun bereit war, sich nach ihr zu richten, und nicht das Umgekehrte verlangte. Nun ja, was Termine anging.
    Interessant, dass bei Nigrina die linke Augenbraue höher anstieg als die rechte. Bei Piso war es andersrum, dabei müsste das doch gleich sein, waren sie doch Geschwister. Nun ja, nicht volle Geschwister, ihre Mutter war eine andere – welch Wunder, wechselte Aetius doch seine Fragen wie andere ihre Tunicae. Er presste die Lippen zusammen.
    “Es ist mein Ernst.“ Er blickte mit eben jenen Nigrina an. “Es geht, wie gesagt, nicht um mich. Es geht um die Ehre der Familie. Der Aurelier ist darüber hinweggetrampelt wie ein Kuh über eine Wiese. Und das sollte nicht damit belohnt werden, dass sein Verwandter eine Flavierin bekommt. Das, Nigrina, ist die Grundlage der Erziehung! Zuckerbrot und Peitsche!“ Er streckte seinen rechten Zeigefinger hoch. Woher er das Recht nahm, sich zum Erzieher der Aurelier aufzuspielen, deutete er mit der linken Hand an. “In uns fließt das Blut von Kaisern! Und wir müssen uns das nicht bieten lassen! Und ja, wir müssen zwangsläufig Sachen aufs Spiel setzen, um unsere EHRE zu bewahren! Das sind wir unseren illustren Vorfahren schuldig!“ Er gestikulierte zu Vespasians glatzköpfiger Büste hin. “Egal, ob du es einsiehst oder nicht, es geht dich was an! Unser Vater hat mir die Macht übertragen, die Heiratsverhandlungen zu führen – und ich werde sie beginnen, wann ich es für angemessen halte!“ Er verschränkte eingeschnappt seine Arme. “Und das wird sein, wenn ich die Chance sehe, an Prisca heranzukommen. Nicht einmal, wenn ich sie sicher habe, einfach nur, wenn ich die Chance sehe. Wenn ich aber diesen Beton an Sturheit bei den männlichen Aureliern sehe, weigere ich mich, meine Schwester unter diese Möchtegerns zu werfen! Das musst du doch einsehen!“ Sein Respekt vor den männlichen Aureliern hatte ganz klar ein Tief erreicht.

  • Die Aurelia würde sich also weigern, gegen den Willen ihres Tutors zu heiraten. Nun ja, das stellte dann doch ein Problem dar, für das Nigrina nicht wirklich eine Lösung hatte. „Nun… dann wirst du diesen Aurelier eben von dir einnehmen. Du bist immerhin Flavier. Weiß er denn schon, welche Absichten du hegst?“ fragte Nigrina dann unvermittelt. „Und weiß sie es?“ Es brachte ja nichts, sich hier jetzt großartig aufzuregen, wenn noch gar nichts fest war. Solange Piso seine Absichten nicht eindeutig gemacht hatte, konnte ja auch keiner wissen, was dieser Aurelier dann wirklich sagen würde. Oder ob Prisca Piso überhaupt wollte… und der sich nicht irgendwas einbildete, was von Seiten der Aurelia womöglich nicht mehr als oberflächliche Schwärmerei war. „Nun“, kommentierte sie dann Pisos Überlegungen bezüglich des Consuls, nichtsahnend, dass ihr Bruder fast so etwas wie Angst vor Furianus hatte – obwohl es ihr durchaus ein wenig merkwürdig vorkam, dass er so herumstotterte –, „es handelt sich ja offenbar um mehr als nur irgendeine Liebschaft, wenn du vorhast sie zu ehelichen.“ Ob es nun ihre Worte waren oder ob Piso selbst zu dem Schluss gekommen, er stimmte in jedem Fall zu, auch Furianus um Unterstützung zu bitten. Anschließend lächelte Nigrina und versuchte damit, Zuversicht auszustrahlen. Der Theaterabend immerhin würde eine Chance sein, für Piso, aber auch für sie, um zu sehen, wie ernst es ihm – und Prisca – denn tatsächlich war. Und es war eine Gelegenheit, weitere Mitglieder der Familie kennen zu lernen, bei der sie zukünftig leben würde. „In Ordnung, dann mache ich einen Termin aus und gebe dir dann Bescheid.“


    Was jedoch ihre Hochzeit – und ihre damit verbundene künftige gesellschaftliche Stellung – anging, kannte Nigrina keinen Spaß. Auch kein Pardon. Und erst recht kein Abweichen von ihrem Standpunkt, und sei es nur ein Fingerbreit. „Oh nein, das ist NICHT dein Ernst.“ Ihre Stimme klang genauso eingeschnappt wie seine. „Und natürlich geht es dir um dich, es geht nur um dich und darum, dass du diese Prisca unbedingt willst, obwohl du noch nicht mal mit Verhandlungen angefangen hast. Und MIR geht es um MICH und MEINE gesellschaftliche Zukunft! Und was würde es denn für die Ehre unserer Familie bedeuten, wenn ich nächstes Jahr noch unverheiratet bin? Ich werde bald 18, Aulus! Sollen die Leute tratschen, die Flavier wären nicht in der Lage ihre Töchter standesgemäß in angemessener Zeit zu verheiraten? Ich werde mit Sicherheit nicht noch länger auf meine Hochzeit warten, nur weil du meinst die deine nicht anders auf die Reihe kriegen zu können! Ob DU nun dieses Jahr noch heiratest, nächstes erst oder das Jahr darauf, das spielt doch für euch Männer keine Rolle! Aber ICH bin eine Frau, und eine Frau, gerade eine Patrizierin in meinem Alter sollte eigentlich schon längst verheiratet sein!“ Sie funkelte ihren Bruder an. „DU darfst dir das von diesem Aurelier nicht bieten lassen, da stimme ich dir zu, aber das wirst du wohl oder übel mit den Mitteln ausfechten müssen, die dir allein zur Verfügung stehen, und nicht meine geplante Hochzeit dafür verwenden! Vater mag dir die weiteren Verhandlungen übertragen haben, aber du weißt so gut wie ich, dass er die ersten bereits begonnen hat, dass das grundlegende Einverständnis von beiden Seiten bereits da ist, dass es eigentlich nur noch um die Mitgift geht! Und Vater ist der, der meine Patria Potestas hat – nicht du!“ Nigrina schäumte nun beinahe vor Wut, und inzwischen war sie dazu übergangen, vor Piso hin und her zu laufen, während sie mit ihren Händen gestikulierte. „Ich liege Vater seit zwei Jahren damit in den Ohren, dass er endlich einen Ehemann für mich aussucht, und jetzt hat er das ENDLICH getan! Und eines sag ich dir, wenn du vorhast mir DAS zu verderben und mich zu zwingen, NOCH länger zu warten, werde ich Vater bitten herzukommen und die Verhandlungen selbst zu Ende zu führen!“

  • Piso begann ein wenig zu schwitzen. Er kratzte sich verlegen am Kopf, als hätte er etwas angestellt. “Ichhhh... nun... nein. Sie wissen nichts davon. Aber ich meine, dieser Corvinus bringt mich um, wenn ich es ihm sage!“ Wiederholte er sich da? Er wusste es nicht recht. Vielleicht. Egal. “Aber ich weiß es, sie liebt mcih. Ich spüre es, ganz tief in mir drinnen!“ Er griff sich mit beiden Händen an die Brust, und ihm entfuhr ein Ton, der nach Hach klang. In dieser Stellung verharrte er, bis er sich wieder einkriegte und Nigrina ernst ansah. “Meinst du wirklich, er wird seine Meinung von mir ändern, wenn ich ihm sage, ich möchte sie heiraten?“
    Diese Frage zu stellen hatte ihm ja schon einiges an Widerstandskraft weggezehrt, aber nun kam es noch dicker – Nigrina fragte ihn freiheraus, wie seine Leibesbeziehung mit Prisca war. Und sie riet richtig. Piso holte tief Atem. “Nigrina... ich habe dir eines nicht gesagt. Nach unserem Kuss. Nun ja... da war ich Opfern. Ich habe Venus geopfert, der Wandlerin der Herzen. Ich habe ihr geopfert, dass sie mich lieben lässt... naja, dass ich weiß, was ich Prisca gegenüber empfinde.“ Wer Pisos Vorgeschichte nicht kannte, für den würde das überhaupt keinen Sinn ergeben, aber das war Piso auch schon egal. “Auf jeden Fall – meine Liebe zu ihr kommt direkt von Venus! Sie hat es meinem Herzen erlaubt, Prisca zu lieben – und wie ich sie liebe! Ich will sie an ihrer Seite wissen! Und zwar jetzt! Sofort! Ahhh!“ Er machte ein leidvolles Gesicht und blickte sie aber hoffnungsvoll an. Sie würde einen Termin ausmachen! Piso strahlte auf einmal, unvermittelt, wieder. “Och Nigrinchen, du bist super!“, rief er aus und verpasste seiner Schwester noch einmal einen herzhaften Kuss.
    Was für ein Kontrast zwischen dieser geschwisterlichen Harmonie und dem wütenden Wortschwall, mit dem die beiden Flavier sich nun übergossen! Doch während Piso noch eher beherrscht war, flippte Nigrina vor Zorn komplett aus. Was sollte Piso tun? Ah ja! Eine feine Idee, die er da hatte. Er schaltete auf Durchzug. So, und fertig. Nigrinas Worte drangen in sein ein Ohr hinein, und durchs andere wieder hinaus. Während er vorgab, zuzuhören, dachte er darüber nach, ob es denn wirklich fair war. Nigrina tat alles, um ihn mit Prisca zu verkuppeln – und er selber stellte sich quer? Das war auch nicht die feine britannische Art. Plötzlich fühlte er sich ein bisschen schuldig. Er legte den Duchzugschalter um, als Nigrina begann, herumzugehen, und begann wieder, hinzuhorchen.
    “Vater? Ach du Sch...“ Piso schluckte. Nicht schon wieder der. Nein, nein, nein. Er seufzte, tief und fest. “Na gut. Na gut. Na gut! Weil du es bist, aber wirklich nur, weil du es bist, oh Schwester! Ich werde mir den Kerl mal anschauen. Vielleicht stellt es sich heraus, dass er nicht eine so gewaltige Dumpfbacke ist wie dem sein Verwandter“, drückte er es im feinsten Lateinischen aus. “Wäre eigentlich zu hoffen“, setzte er pessimistisch nach. “Also. Zufrieden?“ Er blickte Nigrina zweifelnd an.

  • Er wusste es also noch nicht einmal. Und sie auch nicht. Und Piso wollte es offenbar auch nicht sagen, aus Angst, war aber zugleich felsenfest davon überzeugt, wie es schien, dass Prisca ihn genauso liebte wie er sie und alles ganz fantastisch sein könnte und der Himmel voller Musik und strahlendem Sternenglanz wäre und überhaupt und sowieso. Gut, da hatte sie einiges dazu gedichtet, aber mal ehrlich: Piso schien gerade nicht ganz bei Sinnen zu sein. Und Nigrina war kurz davor, die Augen zu verdrehen. Wie konnte man so sehr den Verstand verlieren? Gut, ein Teil von ihr war neidisch auf Prisca, aber nicht weil sie glaubte, dass Prisca ebenso verliebt war und die beiden gemeinsam überglücklich werden würden, nein – weil Piso in diesem Zustand leicht manipulierbar war. Am leichtesten für Prisca, wenn sie es denn richtig anstellte. Natürlich hatte das seine Vorteile, wenn ein Kerl einem derart hinterher hechelte. Aber auf Dauer würde das einfach langweilig werden. Und anstrengend noch dazu, denn auch dem noch so verliebtesten Trottel musste schließlich regelmäßig etwas vorgemacht werden, wollte man verhindern, dass er irgendwann begriff, dass er ausgenutzt wurde. Es wurde allerdings noch besser, was Piso erzählte. Venus? Seine Liebe zu Prisca kam direkt von Venus, weil er opfern gewesen war, um zu wissen, was er fühlte? Irgendwie kam sie nun nicht mehr ganz mit. Aber sie bezweifelte, dass sie mehr begreifen würde, wenn sie nun nachfragte und Piso noch mehr erzählte. Andererseits… Venus, die Wandlerin der Herzen? Was wollte er damit schon wieder sagen? Sollte sie… nein. Nein! Sie war doch kein Kummerkasten! Andererseits… sie war neugierig. Und wer wusste schon, was ihr das noch bringen könnte? Aber Piso redete so verworren… Nur…. ARGH! Nigrina war immer noch hin und hergerissen, als ihr Bruder ihr einen Kuss gab, als Dank für den Theatertermin. Dann allerdings fiel die Entscheidung. „Na wenn Venus dir ein Zeichen gegeben hat, was soll dieser Aurelius dann tun? Aber warum hast du überhaupt Venus geopfert? Warum sollte sie dich lieben lassen?“


    Dass Piso ihr bei ihrem folgenden Wortschwall kaum zuhörte, entging Nigrina, glücklicherweise, denn sonst hätte sie vermutlich erst recht angefangen zu toben. Sie fand es nun mal absolut ungerecht, dass sie erst so lange hatte warten müssen, bis ihr Vater endlich in die Gänge gekommen war, und dass nun ihr Bruder sich einzubilden schien, sie noch länger warten zu lassen, und, wenn es ganz schlimm kam: ihre Hochzeit komplett zu vermasseln. Denn so sehr Nigrina von sich und der Flavia überzeugt war, sie wusste, dass nicht alle diesen Blick auf die Realität hatten. Und sie glaubte nicht so Recht daran, dass die Aurelier sich erpressen lassen würden. Von Furianus vielleicht, der war Consul, aber nicht von Piso, der noch nicht einmal Senator war. Nigrina ergoss also ihren wütenden Wortschwall über Piso, danach herrschte einen winzigen Augenblick Schweigen – und dann tat Piso etwas, was Nigrina nicht im Mindesten erwartet hätte. Für einen Moment öffnete sich ihr Mund, bevor sie ihn wieder zuklappte, aber immer noch leicht perplex dreinsah. Dass Piso nicht scharf darauf war, ihren Vater zu sehen, war ihr ja nicht unbekannt, und hätte sie darüber nachgedacht, hätte sie diese Karte auch bewusst gespielt, aber sie hatte nicht darüber nachgedacht, sie war einfach nur wütend gewesen. „Ehm.“ Ihr wurde bewusst, dass sie Piso immer noch anstarrte ohne etwas zu sagen, und räusperte sich. Sie hätte wirklich erwartet, dass sie weiter streiten würden. Sie hatte sogar damit gerechnet, dass sie tagelang beleidigt sein und kein Wort mit ihm reden müsste, um ihren Willen zu kriegen, oder wenigstens einen Kompromiss. Irgendwie war Piso ja… süß. Sie kam wieder zu ihm und lehnte sich neben ihn an den Schreibtisch. „Klingt gut“, gestand sie zu, obwohl sich das irgendwie fast ein bisschen falsch anfühlte, ein klitzekleines bisschen nur, was aber daran lag, dass sie immer noch darauf eingestellt war, sich zu zoffen. „Wenn er wirklich eine Dumpfbacke ist, suchst du mir hoffentlich sowieso einen anderen…“ Allein deswegen schon hoffte sie, dass der Aurelier keine Dumpfbacke sein würde. Sie wollte einfach nicht noch länger warten. Sie hatte die Nase voll davon, ein Mädchen zu sein, sie wollte endlich als vollwertige Frau in der Gesellschaft stehen, und dafür führte nun mal kein Weg an einer Heirat vorbei – denn die Vestalinnen kamen für sie erst recht nicht in Frage.


    „Hör mal, geh doch erst mal zu diesem Aurelier und sag ihm, welche Absichten du hast. Du weißt doch gar nicht, wie er dann reagiert. Vielleicht war der nur so sauer, weil er dachte du willst seine Nichte verführen und ihre Ehre beschmutzen und sie dann sitzen lassen. Wenn das irgendein Kerl bei mir machen würde, würde Papá ihn auch umbringen.“ Und sie meinte das nicht metaphorisch. Es war ganz gleichgültig, wer da nun wen verführt hätte – der Kerl hätte dran glauben müssen, davon war sie überzeugt. Und sie selbst hätte die nächsten Jahre vermutlich irgendwo in einem Winzkaff verbringen dürfen, ohne Freunde, ohne Abwechslung, ohne gar nichts. Nein, es hatte seinen Grund, dass Nigrina bisher immer weitestgehend die Finger von Kerlen gelassen hatte. Sie wusste sehr genau, was sie sich erlauben konnte und was nicht, und obwohl der ein oder andere Kuss durchaus drin gewesen war, mehr definitiv nicht. Das Risiko, ihr Vater könnte sie erwischen oder es sonst wie mitbekommen – immerhin hatten die Sklaven im Haus vor ihm noch weit größeren Respekt, alternativ Angst, als vor ihr –, war viel zu groß. „Wenn du möchtest, kann ich auch mal mit Prisca reden“, schlug sie dann noch vor. Das mochte nun versöhnlich wirken, und zum Teil war es das durchaus – zum Teil lag das aber auch schlicht daran, dass sie nach wie vor ihre eigene Hochzeit gefährdet sah. Damit Piso nicht am Ende doch noch auf die Idee kam, sie als Druckmittel zu verwenden, tat sie wohl besser daran, ihm so gut es ging zu helfen, sein Ziel so zu erreichen. „Ich mag sie, ich möcht sie eh näher kennen lernen. Und wenn sie dich wirklich auch so liebt“, und ihr Bruder sich das nicht einfach nur einbildete, „dann wird sie doch auch wollen, dass ihr Onkel zustimmt. Also sollte sie ihn bearbeiten – und vielleicht hat sie ja auch Tipps, was du noch tun kannst.“

  • Der Flavier grinste, als er seine Schwester den Kuss gab und auch damit davon kam. Womit sein Schmusebedürftnis zusammenhing? Msicherlich mit dem Umstand, dass geschwisterliche Liebe zu Nigrina in ihm durch dieses Ereignis nun so entfacht war wie eigentlich selten zuvor. Seine Schwester war toll! Viel zu gut, um sie an so einen schnöden Aurelier zu verscherbeln. Vielleicht war er ja gar nicht schnöd. Mal sehen. Aber ihre Frage war dann doch unmissverständlich, und er grinste verlegen. “Hmm, ja. Ich habe mich mal in eine Plebejerin verknallt. Eine Decima. Ich weiß, was du jetzt denkst, ja, aber ich hatte sie sehr gerne! Nur ist sie dann verschwunden. Warum, weiß ich nicht. Ich glaube, sie wusste, dass dies nichts werden würde. Ermutlich ist sie einfach nur von mir davon gelaufen, weil ich so aufdringlich war“, gab er seiner Schwester gegenüber zu. “Weißt du, Nigrina, das war ein ziemlich harter Schlag für mich. Ich war halt schon immer ein Romantiker! Und Serrana, so hieß sie, war gottvoll! Nun tja... ich habe plötzlich nicht mehr lieben können. Habe zwar mit Frauen herumgemacht...“ Eigentlich nur mit einer, Iunia Axilla. Die jetzige Frau von Archias. “Aber mit Liebe war Fehlanzeige. Und dann kam Prisca. Sie ist so anbetungswürdig, für sie habe ich Venus gebeten, mein Herz zu öffnen. Und es ist gelungen.“ Wieviel Anteile da Venus gehabt hatte, und wieviele die vertrackte Psychologie in Piso, würde auch nur der Flavier wissen.
    Mit seinen Worten schien Piso Nigrina aber nicht nur komplett kalmiert zu haben, sondern si schien auch richtiggehend zufrieden! Mensch, Aulus, dachte sich Piso, du kannst jetzt deine beide Hände zusammen schütteln und sie dann benutzen, um dir auf die Schultern zu klopfen! Im Grunde nämlich hatte Piso Nigrina nur das abgerungen, was er selber schon sich gedacht hatte – er wollte seine Neugierde befriedigen, was das für ein Kerle war. Er hatte weder ein Zugeständnis gemacht, noch irgendetwas gemacht. Im Grunde musste er nicht mehr tun, als sich mit dem Kerl zu treffen und úbers Wetter zu reden. Vielleicht ging er auch überhaupt nicht sich den Typen anschauen. Nigrina würde das zwar raufinden, aber er hätte Zeit gekauft. Denn heute Zoff wollte er wirklich nicht. Und zudem hatte er sein Gewissen beruhigt. Er, Aulus Flavius Piso, war kein Arsch, der seine fürsorgenden Schwester etwas vorentheilt, nein, er, der Kavalier, erfüllte ihre Wünsche! Im Gegenzug dafür, dass sie Treffen mit Prisca organisierte. Brilliant, Aulus, du bist ein großer Politiker. Oder, wenn ihm danach war, das ganze abzukürzen, würde Piso einfach sagen, der Typ war ein hirnloser Idiot, und würde sofort anfangen, einen anderen zu suchen. Oder aber er könnte zu Corvinus gehen. Schau mal, könnte er sagen, was sagst du dazu, wie ich auf die Aurelier zukomme? Er war einen Schritt in Nigrinas Richtung gegangen, hatte sich dabei aber alles offen gelassen. Wenn alles fehl schlug, und sich alles in eine unangenehme Richtung entwickelte, könnte er den Typen ermorden und in den Tiber werfen lassen. Nun ja, ganz radikal musste man jetzt nicht werden. Aber mal sehen. Piso wäre bereit, diesen Schritt zu gehen, das hatte er ja auch schon bewiesen, als er Archias geraten hatte, diesen Duccius zu ermorden. Es war die flavische Ader, die selbst beim – an der Oberfläche – harmlosen Piso Einzug gefunden hatte. Ah, und noch ein Vorteil, er musste sich nicht mit seinem Vater rumärgern. Super. “Aber klar. Mal schauen, wann es geht.“ Morgen. Oder übermorgen. Oder vielleicht irgendwann.
    Bei ihren nächsten Worten runzelte er die Stirn. “Hmm.“ Er ließ die Schultern hängen. “Du kennst diesen Aurelius nicht, der ist gemeingefährlich! Der wird mich nicht mal ausreden lassen und rauswerfen! Aber Celerina wird mich einladen, bald schon, hoffe ich, dann kann ich vielleicht mit ihm reden. Hmm, wie soll ich das sagen. Salve, ich bitte in aller Form... nein... ach Götter, in meiner Lage wirst du nicht sein wollen, Nigrina.“ Er schütelte traurig den Kopf.
    “Du mit Prisca? Ich meine... ich werde sie sowieso sehen, und dann mit ihr darüber reden können.“ Ein vages Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. Oh, Prisca... er bekam sie nicht aus seinem Kopf! Oh, sein Zuckerschneckchen, seine Butterblume, sein Objekt der Begierde! “Ja, cih werde mit ihr darüber reden, keine Sorge, Nigrina. Aber trotzdem danke. Du bist süß.“ Ach, zwei Geschwister, die sich gegenseitig süß fanden, welch Harmonie, jetzt fehlte nur noch eine große Portion Eierkuchen. Wie zum Überfluss, vielleicht gerade, um sie ein wenig zu necken, drückte Piso seiner Halbschwester nochmal einen Kuss auf.
    “Jaaa. Jetzt ist es aber so... ich habe noch einen Haufen Arbeit zu erledigen.“ Er deutete hinter sich hin. “Muss ich heute noch machen. Ist nervig, ist aber so, und ich muss mich jetzt noch ordentlich beeilen. Also, wir sehen uns dann zur Cena!“ Nigrina würde sicherlich verstehen, dass Piso auf seinem steinigen Weg zum in der Ferne winkenden Consulatnoch einiges an Arbeit vor sich haben würde, und dazu zählte auch jene hier bei ihm auf dem Arbeitstisch!

  • ...mit der rechten Hand warf Piso Buchstaben in seiner schnörkeligen Schrift auf eine Wachstafel, wie ein Sklave Kies über einen Weg ausstreute, wenn er eisig war – was in Italien selten vorkam, aber umso öfter in nördlichen Provinzen des Reiches. Mogontiacum, brrr. Dorthin würde übrigens einer der Briefe gehen. Doch zuvor entwarf er nur einmal ein Standardbrieflein. Auf der Wachstafel. Ach, Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit...


    An Blablabla


    Quaestor Principis A Flavius Piso LAPP/PC/PAeg Soundso Salutem Dicit.


    Gemäß des jüngstens Befehls des Praefectus Urbi Pot Vescularius Salinator, in welchem er einen Census aller Bürger im römischen Reiche anordnet, möchte ich dich hiermit bitten, mir bei der Erstellung dieses für das Wohlergehen und die gute Verwaltung des Reiches unerlässlichen Dokuments zu helfen. Ich hätte gerne, dass du mir eine Liste aller der in deiner Provinz geführten Bürger schickst. Insbesondere wäre es sehr hilfreich, wenn auf dieser Liste die in deiner Provinz anwesenden Senatoren, Ritter und einfachen Bürger separat geführt werden; dies wäre mir eine große Unterstützung in meiner Arbeit.


    Ich zähle auf dich und auf die Qualität der mir in die Villa Flavia in Rom zu schickenden Liste im Namen des römischen Volkes.


    Mögen die Unsterblichen dich segnen und beschützen.


    Als er fertig war, blickte er auf. “BRIDHE!“, brüllte er nach seiner Schreibse.

  • Die getreue Bridhe schrieb natürlich auf, was Piso ihr auftrug, sodass die Briefe bald zur Post getragen werden konnten. Wenig später folgten die Briefe zu den italienischen Städten.
    Piso bekam nach dem Brief aus Ostia, der ihm eh bescheinigte, dass er bald auf Quintilius Sermo selbst treffen würde, bald schon Briefe und Berichte von anderen Städten. Zuerst von den Kleineren, die wenig Einwohner hatten.
    Pisos Atrium wandelte sich langsam, aber stetig in eines, welches wirklich und wahrhaftig gebracht wurde. Schreibersklaven wurden herangezogen, um die Listen zu archivieren und sie einer großen Generalliste hinzuzufügen. Briefe kamen stetig. Zuerst eben aus kleineren Städten. Nola, Nemi, Caere, Telamon, Volterrae, Bononia. Dann aus größeren. Ravenna, Mediolanum, Neapolis, Arretium. Die Liste wurde immer länger, immer größer. Schreiberhände begannen zu rauchen vor Arbeit. An Schweiß mangelte es nicht. Piso etappte sich immer öfter dabei, dass er bis spät in die Nacht vor Dokumenten saß, damit beschäftigt, Listen aus verschiedensten Städten durchzugehen. Denn bald kamen schon welche aus Provinzen, und Piso wollte bis dahin schon die meisten italienischen Orte beinander haben.


    Einer der Briefe, der ihn auch erreichte, war der aus Mantua. Piso trug es einem weiteren namenslosen Sklaven auf, die Namen aus Mantua in die Liste zu schreiben. Dieser kleckerte sie hernieder. Niemand von Wichtigkeit war darunter, alle schienen bei der Legion dort zu sein. Piso seufzte. Ein Brief vom Kommandanten der Legion wäre gut – denn er wäre dafür zuständig, nicht der Duumvir! Das dachte sich einmal Piso.

  • Der Flavier jubilierte. Rom war gezählt. Nachdem er ein paar Runden blindwütig durch sein Officium gehoppst war und dabei, die Fäuste herumwirbelnd, fast Vespasian von seinem Sockel heruntergeschlagen hätte, setzte er sich mit fast blindwütigem Enthusiasmus über die Wachstafeln und überflog sie. Holte Namen aus seinem Gedächtnis heraus. Überprüfte, ob sie auch drinnen waren – ja, und das waren sie auch. Es war ein gutes Gefühl.
    Es war vorbei.
    Eine große Weinamphore, nein, gleich mehrere, wurden ins Arbeitszimmer gebracht, um diesen Triumph zu feiern. Wann, wenn nicht jetzt, sollte man sie nämlich öffnen?


    Jetzt gab es im Prinzip nur noch zwei Sachen zu tun. Auf Ostia zu warten. Und auf Germania zu warten. Denn von diesen zwei Orten waren bisher noch kein Census gekommen... was Piso beunruhigte. Schliesslich begann schon bald die neue Amtszeit...

  • Nur, dass er es einmal beinander hatte, ging er die Liste durch, langsam und sorgfältig.



    Italia:


    Roma:


    Imperator
    GAIUS ULPIUS AELIANUS VALERIANUS



    Senatores
    ...
    Medicus Germanicus Avarus
    Potitus Vescularius Salinator
    Manius Tiberius Durus
    Manius Flavius Gracchus
    Marcus Vinicius Lucianus
    Quintus Germanicus Sedulus
    Lucius Annaeus Florus
    Kaeso Annaeus Modestus
    Faustus Octavius Macer
    Tiberius Aurelius Avianus
    Gaius Octavius Victor
    Spurius Purgitius Macer
    Lucius Aelius Quarto
    Herius Claudius Menecrates
    Titus Helvetius Geminus
    ...


    Equites
    ...
    Tiberius Prudentius Balbus
    Decimus Annaeus Varus
    Marcus Decimus Mattiacus
    Lucius Hadrianus Iustus
    Titus Decimus Verus
    Decius Germanicus Corvus
    Marcus Aelius Callidus
    Decima Lucilla
    ...


    Cives


    ...
    Lucius Iulius Centho
    Aulus Flavius Piso
    IULIA ULPIA DRUSILLA
    Decima Seiana
    Iunia Axilla
    Titus Duccius Vala
    Decimus Atius Romanus
    Claudia Romana
    Cnaeus Prudentius Spurinna
    Furia Calliphana
    Titus Sergius Lupus
    Sextus Aurelius Lupus
    Quartus Flavius Lucullus
    Spurius Tiberius Dolabella
    Quintus Claudius Lepidus
    Manius Peltrasius Bibulus
    Publius Aurelius Imbrex
    Iunia Serrana
    Lucius Claudius Brutus
    Quintus Flavius Flaccus
    Appius Aurelius Cotta
    Flavia Epicharis
    Lucius Iulius Antoninus
    Aulus Tiberius Ahala Tiberianus
    Tiberia Albina
    Aurelia Flora
    Publius Pompeius Pius
    Tiberia Arvinia
    Sergia Drusilla
    Aurelia Prisca
    Octavia Varena
    Gaius Iulius Lucanus
    Tiberia Septima
    Appius Matinius Augurinus
    Aulus Iunius Seneca
    Decima Amaesia
    Iulia Corona
    Marcus Claudius Flavus
    Titus Iulius Flavus
    Caius Silurius Rufinus
    Gnaeus Postumius Rufus
    Marcus Valerius Mercurinus
    Publius Matinius Avianus
    Aelia Paulina
    Aelia Vespa
    Annaea Iuliana
    Aulus Decimus Paulus
    Aulus Germanicus Umbricius
    Aurelia Narcissa
    Claudia Antonia
    Claudia Catilina
    Flavia Nigrina
    Gaius Decimus Matho
    Gaius Iulius Curio
    Gaius Pompeius Pinus
    Germanica Laevina
    Iulia Cara
    Iulia Livilla
    Iulia Vera
    Octavia Catiena
    Publius Ulpius Maioranus
    Quintus Claudius Iavolenus
    Quintus Germanicus Stilo
    Sergia Chaerea
    Terentia Gemina
    Tiberia Faustina
    Tiberius Pompeius Civilis
    Vinicia Petronilla
    Volusus Sergius Imperiosus
    Caius Flavianus Aquilius
    Germanica Sabina
    Manius Flavius Gracchus Minor
    ...


    Misenum:


    Senatores
    ...


    Equites:
    ...
    Primus Decimus Magnus
    Herius Hadrianus Subdolus
    ...


    Cives
    ...
    Publius Iulius Saturninus
    Marcus Iulius Proximus
    Publius Annaeus Domitianus
    Kaeso Iulius Iuvenalis
    ...


    Mantua:


    Senator
    ...
    Titus Aurelius Ursus


    ...


    Ritter
    ...
    Servius Artorius Reatinus
    ...


    Cives
    ...
    Marcus Iulius Licinus
    Gaius Tallius Priscus
    Caius Decimus Celsus
    Lucius Pompeius Cavarinus
    Manius Quintilius Cavarinus
    Tiberius Germanicus Messalla
    ...
    ...


    Aegyptus:


    Equites
    ...
    Appius Terentius Cyprianus
    Tiberius Octavius Dragonum
    Faustus Decimus Serapio
    Germanica Aelia
    ...



    Cives
    ...
    Lucius Iunius Merula
    Titus Decimus Cursor
    Lucius Septimius Palaemon
    Marcus Iulius Sparsus
    Aulus Trebellius Posca
    Lucius Annaeus Gratus
    Lucius Artorius Graeceius
    Appius Decimus Massa
    Lucius Claudius Cethegus
    ...
    ...

  • “Ostia, wunderbar. Guter alter Quintilius Sermo.“ Piso nickte begeistert. Super! Jetzt war alles beinander. Außer Germanien. Wann Germanien kommen würde, wussten die Götter. Die mussten sich wohl enorm viel Zeit lassen. War halt groß, die Provinz. Nun ja, nicht so groß wie Rom, und das hatte Piso bereits abgeklappert. Noch einmal schaute er auf die vervollständigte Liste.


    Italia:


    Roma:


    Imperator
    GAIUS ULPIUS AELIANUS VALERIANUS



    Senatores
    ...
    Medicus Germanicus Avarus
    Potitus Vescularius Salinator
    Manius Tiberius Durus
    Manius Flavius Gracchus
    Marcus Vinicius Lucianus
    Quintus Germanicus Sedulus
    Lucius Annaeus Florus
    Kaeso Annaeus Modestus
    Faustus Octavius Macer
    Tiberius Aurelius Avianus
    Gaius Octavius Victor
    Spurius Purgitius Macer
    Lucius Aelius Quarto
    Herius Claudius Menecrates
    Titus Helvetius Geminus
    ...


    Equites
    ...
    Tiberius Prudentius Balbus
    Decimus Annaeus Varus
    Marcus Decimus Mattiacus
    Lucius Hadrianus Iustus
    Titus Decimus Verus
    Decius Germanicus Corvus
    Marcus Aelius Callidus
    Decima Lucilla
    ...


    Cives


    ...
    Lucius Iulius Centho
    Aulus Flavius Piso
    IULIA ULPIA DRUSILLA
    Decima Seiana
    Iunia Axilla
    Titus Duccius Vala
    Decimus Atius Romanus
    Claudia Romana
    Cnaeus Prudentius Spurinna
    Furia Calliphana
    Titus Sergius Lupus
    Sextus Aurelius Lupus
    Quartus Flavius Lucullus
    Spurius Tiberius Dolabella
    Quintus Claudius Lepidus
    Manius Peltrasius Bibulus
    Publius Aurelius Imbrex
    Iunia Serrana
    Lucius Claudius Brutus
    Quintus Flavius Flaccus
    Appius Aurelius Cotta
    Flavia Epicharis
    Lucius Iulius Antoninus
    Aulus Tiberius Ahala Tiberianus
    Tiberia Albina
    Aurelia Flora
    Publius Pompeius Pius
    Tiberia Arvinia
    Sergia Drusilla
    Aurelia Prisca
    Octavia Varena
    Gaius Iulius Lucanus
    Tiberia Septima
    Appius Matinius Augurinus
    Aulus Iunius Seneca
    Decima Amaesia
    Iulia Corona
    Marcus Claudius Flavus
    Titus Iulius Flavus
    Caius Silurius Rufinus
    Gnaeus Postumius Rufus
    Marcus Valerius Mercurinus
    Publius Matinius Avianus
    Aelia Paulina
    Aelia Vespa
    Annaea Iuliana
    Aulus Decimus Paulus
    Aulus Germanicus Umbricius
    Aurelia Narcissa
    Claudia Antonia
    Claudia Catilina
    Flavia Nigrina
    Gaius Decimus Matho
    Gaius Iulius Curio
    Gaius Pompeius Pinus
    Germanica Laevina
    Iulia Cara
    Iulia Livilla
    Iulia Vera
    Octavia Catiena
    Publius Ulpius Maioranus
    Quintus Claudius Iavolenus
    Quintus Germanicus Stilo
    Sergia Chaerea
    Terentia Gemina
    Tiberia Faustina
    Tiberius Pompeius Civilis
    Vinicia Petronilla
    Volusus Sergius Imperiosus
    Caius Flavianus Aquilius
    Germanica Sabina
    Manius Flavius Gracchus Minor
    ...


    Misenum:


    Senatores
    ...


    Equites
    ...
    Primus Decimus Magnus
    Herius Hadrianus Subdolus
    ...


    Cives
    ...
    Publius Iulius Saturninus
    Marcus Iulius Proximus
    Publius Annaeus Domitianus
    Kaeso Iulius Iuvenalis
    ...


    Mantua:


    Senatores
    ...
    Titus Aurelius Ursus
    ...


    Equites
    ...
    Servius Artorius Reatinus
    ...


    Cives
    ...
    Marcus Iulius Licinus
    Gaius Tallius Priscus
    Caius Decimus Celsus
    Lucius Pompeius Cavarinus
    Manius Quintilius Cavarinus
    Tiberius Germanicus Messalla
    ...


    Ostia:


    Senatores
    ...


    Equites
    ...



    Cives
    Iullus Quintilius Sermo
    Paullus Germanicus Aculeo
    ...


    Aegyptus:


    Alexandria:


    Equites
    ...
    Appius Terentius Cyprianus
    Tiberius Octavius Dragonum
    Faustus Decimus Serapio
    Germanica Aelia
    ...


    Cives
    ...
    Lucius Iunius Merula
    Titus Decimus Cursor
    Lucius Septimius Palaemon
    Marcus Iulius Sparsus
    Aulus Trebellius Posca
    Lucius Annaeus Gratus
    Lucius Artorius Graeceius
    Appius Decimus Massa
    Lucius Claudius Cethegus
    ...
    ...


    Soooo. Passt. Damit würde er zum Praefectus Urbi gehen.

  • 4 Kandidatinnen, hatte der Senat gesagt. Und 4 hatte Piso gefunden, nach einer Woche des Herumstöberns und Herumfragens.
    2 Möglichkeiten gab es da. Erstens, Mädchen aus einflussarmen Hause zu nehmen, wo niemand einen Zirkus veranstalten würde. Zweitens, Mädchen auszusuchen aus einer Gens, die eng mit dem Cultus Deorum verknüpft war und für die ein Familienmitglied mehr oder weniger im Cultus Deorum auch nichts mehr ausmachte.


    Die Erste hieß Ogulnia Galla. Piso hatte die Information über diese Frau von einem seiner Calatoren, ein Bekannter der Familie. 6 sei sie, und durchaus ihrem Alter voraus. Aus einer kleinen, unbedeutenden, armen Familie. Sicher würde niemand es wagen, sich ob ihrer Aufnahme bei den Vestalinnen bei Piso zu beschweren. Und Piso kritzelte sie drauf.


    Die Zweite war Curatia Secunda, eine Verwandte des Flamen Quirinalis. Wenn dieser protestierte dagegen, dass seine Großnichte als Vestalin einberufen würde, würde er sich lächerlich machen.


    Die Dritte hieß Duilia Vera. Nicht nur, dass ihre Gens viele Aeditui und Aedituae stellte, nein, es war auch keine bedeutende Gens. Perfekt. Sie hatte Piso sich ganz gezielt ausgesucht.


    Die Vierte auf der Liste war Tiberia Caerellia. Eigentlich war es Wahnsinn, eine Verwandte des Vorstehers der Pontifices auszuwählen, aber er wollte nicht den Eindruck erwecken, dass er nur den Schrott der Nation, sondern wirklich nur die Fähigsten heraussuchte. Durus würde ihm sicher nicht böse sein, dass Piso ihm in die tiberische Familienpolitik hineinpfuschte. Aber nun gut, sie hatten eh viele unverheiratete junge Frauen, die Tiberier.


    Er begann, Briefe zu schreiben.

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