• Scipio musste schmunzeln. "Ich glaube ihr habt erst bei den kürzlichen Paraden mehr als deutlich gezeigt dass keiner eurer Soldaten unter Faulheit leidet. Das war alles mehr als beeindruckend, ihr habt sogar der Garde den Rang abgelaufen."
    Die Kosten hatte Scipio nicht im Blick, er steuerte nur Gedanken bei, mehr auch nicht. Aber er wusste dass so etwas wirklich Unsummen verschlingen würde, man könnte sicher viele Bürger davon ein Jahr lang satt bekommen. Aber das Volk wollte eben Spiele und nicht dauerhaft Brot, so war es eben.
    "Ja, es sind schon gewaltige Summen, die ich selbst aber gar nicht so im Kopf hab. Man könnte mit dem Geld sicher bessere Sachen tun, die Armen unterstützen oder Waisen ernähren, aber gut. Das Volk verlangt danach, das Volk bekommt es." Und dem Volk war es auch egal wenn eine Straße weiter die Leute verhungerten, jeder war sich am Ende doch selbst der Nächste. "Was einen Preis angeht danke ich dir für dein Angebot, mag hier aber nichts konkretes planen solange ich nicht mi den Kandidaten für die Aedilität und eben Senator Prugitius erneut gesprochen habe. Vielleicht komme ich aber noch einmal auf dich zurück."

  • Avianus lächelte breit. Die Parade war wohl in den Köpfen der Leute hängen geblieben. Ausgezeichnet. Mehr hätte er sich gar nicht wünschen können. "Ich danke dir. Die Parade auf dem Marsfeld war quasi die erste Aufgabe, die ich als Tribunus übernehmen musste. Entsprechend angespannt war ich auch. Aber dem Volk hat es anscheinen gefallen. Dennoch, du glaubst gar nicht, welche Märchen sich die Leute einfallen lassen, wenn ihnen langweilig ist." Und auf vergangenen Erfolgen würde er sich bestimmt nicht ausruhen.
    An die Bedürftigen hatte Avianus eigentlich gar nicht gedacht. Natürlich war es unschön, unter welchen Umständen manche Leute ihr Leben fristen mussten, doch wenn er sich über solche Dinge auch noch den Kopf zerbrechen würde, hätte er erst recht keine ruhige Minute mehr. Außerdem halfen die Spiele sicherlich auch manchen Menschen …
    "Oh … ich würde nicht so weit gehen, über die Sinnhaftigkeit solcher Veranstaltungen zu urteilen. Die einfachen Leute haben es oft schwer genug. Spiele sorgen für ein wenig Kurzweil und Ablenkung vom harten Alltag. Na wie auch immer … mein Angebot steht. Ganz bestimmt braucht der Sieger nicht leer auszugehen, und das ist vorerst das wichtigste. Abgesehen davon, ich bin vielleicht kein großer Geschäftsmann, ...", lachte er ein wenig über sich selbst, "... aber wenn für eine solche Veranstaltung eventuell meine Betriebe herangezogen werden oder zumindest mein Name im Zusammenhang mit ihr erwähnt wird, schadet das bestimmt nicht. Informiere mich einfach rechtzeitig, falls du in irgendeiner Art und Weise darauf zurückgreifen möchtest."
    Soweit wäre das Thema damit ja eigentlich durch. Es sei denn, er hatte irgendetwas vergessen, aber dann würde der Decimus ihn sicherlich darauf hinweisen. "Du machst also unter Senator Purgitius dein Tirocinium fori? Einen Patronus hast du bereits? Wenn nicht wird dir all das sicherlich dabei helfen, und selbstverständlich bei deiner späteren Karriere", plauderte der Iunius ein wenig. Er nickte anerkennend. Mit Sicherheit würde er Scipios Weg noch weiter verfolgen. Der Junge machte einen vielversprechenden Eindruck, sodass er ihn gerne unterstützte, wobei von einem Enkel des Decimus Meridius sicherlich nicht weniger große Leistungen erwartet wurden, als Scipio sie erbrachte.

  • Marcus musste lachen. "Märchen erzählen sich die Leute doch eh über alles und jeden. Ich habe ja einen kleinen Stand am Markt der ein Sklave betreibt, was man da so mitbekommt, das ist schon sehr erheiternd, manchmal aber auch angsteinflößend." Die Leute redete eben einfach gerne und gerne viel. Und wie das eben so war, aus einer wahren Geschichte wurde sehr schnell ein Märchen.


    Er lauschte Avianus Worten und dann ging auch dem Decimer ein Licht auf. "Ich denke deine Betriebe könnten durchaus von Vorteil sein, und auch dein Name wird natürlich immer gerne erwähnt werden. Niemand soll umsonst dabei helfen die Spiele zu einem Erfolg zu führen." Er kannte das ja bereits vom Wahlkampf des Iuliers, seit er dort lobend Erwähnung fand stiegen auch seine Verkäufe am Stand, zumal der Iulier selbst nun als Stammkunde zählen konnte, worauf Marcus Stolz war. Wenn sich das erst herumsprach würde er bald wieder erweitern müssen.


    Das Thema schweifte etwas ab, was aber Scipio recht war. Es wurde persönlicher, soweit das eben zwischen zwei fast unbekannten gehen konnte. "Ja so ist es. Der Senator ist ein hervorragender Lehrer, ich genieße meine Zeit als Tiro regelrecht, was sicher nicht viele von sich sagen können." Seine Kehle wurde trocken, also nahm er einen Schluck und fuhr fort. "Einen Patron habe ich noch nicht, nein, und ich muss zugeben ich habe mir darüber bisher auch nur wenige Gedanken gemacht. Ich habe ja bereits eine starke Familie im Hintergrund, aber natürlich weiß ich auch dass ein Patron ja viele Vorteile bringt. Nur die richtige Wahl ist einfach schwierig."

  • Scipio zögerte kurz, bevor er auf die Sache mit dem Patronat zu sprechen kam, und Avianus konnte den Decimus verdammt gut verstehen. Er hatte ja selbst noch nicht einmal einen. Irgendwelche Verwandten oder Freunde der Familie hatten ihn stets durchgeboxt, während er mit allen anderen Dingen beschäftigt gewesen war, nur eben nicht mit seiner Karriere. Fürchterlich. Und seit seiner Beförderung zum Centurio haderte er mit der Entscheidung, auf wen er mit der Bitte zugehen sollte, ihn als Klienten anzunehmen. Axilla hatte damals ja gemeint, derjenige solle dann die ganze Geschichte erfahren, von ihm und seiner Frau selbstverständlich. Avianus spielte ein wenig mit seinem Becher, ließ nachdenklich den Wein darin herumschwappen und sah wieder auf.
    "Es ist ohnehin besser, sich mit solchen Entscheidungen Zeit zu lassen, nicht wahr?" In einem gewissen Rahmen jedenfalls, dachte er sich und hätte fast bitter gelacht. "Jedenfalls besser, als es zu überstürzen. Der Senator Decimus Livianus hat sicherlich weitreichende Kontakte. Das macht bestimmt vieles einfacher. Also, bei der Wahl, meine ich. Auf einen Patron verzichten würde ich an deiner Stelle selbstverständlich nicht. Sowas schafft schließlich neue Kontakte. Und von denen kann man nicht genug haben." Er leerte seinen Becher, griff nach dem Krug, zögerte allerdings, bevor er nachschenkte, als er bemerkte, wie sich draußen im Hortus die Sonne bereits ein ganzes Stück weiterbewegt hatte. Bei angenehmen Gesprächen und einem Becher guten Weines vergaß man viel zu schnell die Zeit. Passierte ihm immer wieder. "Sollte zuviel deiner Zeit in Anspruch nehmen, denn bestimmt hast du noch andere Termine und Aufgaben, brauchst du es nur zu sagen, Decimus", bemerkte er.

  • Livianus, ja.... er hatte ihn lange nicht mehr gesehen, eigentlich wirkte die Casa zur Zeit eh ziemlich leer, wenn man mal davon ausging wer alles vor Ort sein sollte. Aber irgendwie sah man kaum jemanden, von den Sklaven abgesehen. Gesellschaft war Scipio gerade wichtig, daher mochte er solche Anlässe, oder die Zeit seinen Tirociniums wo er ebenfalls unter Menschen war.
    "Ja da hast du Recht, aber am Ende kann mir da auch Livianus nicht helfen. Ich muss meinen Weg selbst finden und gehen. Und Kontakte, nun die baue ich mir ja ebenfalls bereits auf, auch wenn ich da sicherlich manchem in der Familie auf die Toga drehte. Aber ich entscheide für mich und das ist auch gut, so werde ich es am Ende auch bei einem Patron handhaben."


    Avianus Einwand fand Scipio etwas seltsam, auch wenn es bereits langsam Dunkel wurde, so genoss er doch den Aufenthalt, es war mal etwas anderes hier zu sein und sich über allgemeine Dinge zu unterhalten.
    "Ich habe mir extra viel Zeit genommen, es kommt ja nicht oft vor dass ich mal mit einem Tribun rede und nicht mit Politikern. Und gerade mit den Urbanern sollte man sich gut halten, was gibt es eigentlich neues aus Rom? Wen sollte ich meiden was Geschäfte angeht?" Er lachte dabei etwas, wusste er doch selbst dass die Liste wohlmöglich sehr lang werden würde.

  • "Ha!", machte Avianus lachend und schenkte Scipio ebenso wie sich selbst Wein nach. "Und ich unterhalte mich eher selten mit Politikern. Ich muss zugeben, von der Politik halte ich mich teilweise sogar bewusst fern. Nicht etwa, weil mir die Leute allesamt unsympathisch wären, aber ich kann damit einfach nichts anfangen. Ich bevorzuge es zu wissen wer Freund und wer Feind ist. Als Soldat hat man es da etwas leichter." Zum Glück war eine politische Karriere bei ihm gar nie eine wirkiche Möglichkeit gewesen. Seine ganze Familie bestand aus Soldaten. Er hatte nie einen Gedanken an etwas anderes verschwendet.
    "Aber ich schweife ab ... wie es um Rom steht? So wie immer, würd ich meinen. Nun, wir sind einem Hehler auf der Spur, ach, was rede ich ... einer? Da stecken bestimmt noch mehr dahinter. Und Diebe selbstverständlich. Am besten machst du nur Geschäfte mit Leuten, die du kennst ... müsste ich dir eigentlich raten. Aber wenn wir ehrlich sind, die Lage ist jetzt nicht schlimmer als vor ein paar Monaten. Am besten machen alle so weiter wie gehabt. Dann haben auch wir Urbaner leichteres Spiel. Wenn sich das Volk weiterhin ahnungslos gibt, fühlt sich auch dieses Diebespack sicher und rechnet nicht damit, dass wir ihnen längst auf den Versen sind." Avianus lächelte siegessicher. Sie würden aufräumen, da brauchte sich bestimmt keiner Sorgen zu machen. Am liebsten würde er sich natürlich persönlich darum kümmern, als nur vom Officium aus zu kommandieren, aber die Zeiten waren nunmal vorbei. "Wieso fragst du? Ist dir etwas aufgefallen?"

  • Über den ersten Satz von Avianus musste der Decimer lachen. "Ja, manchmal wäre mir auch lieber das zu wissen... Aber die Grenzen in der Politik sind da leider eher fließend und ändern sich mit jedem Tag aufs Neue. Aus dem Grund werde ich auch meine Zeit beim Militär verlängern, einfach um aus diesem Politikersumpf eine Weile heraus zu kommen und ein anderes Bild zu gewinnen." Dann er wusste dass er nicht nur in Rom bleiben konnte, zuviel würde er sich sonst von den Spielchen im Senat beeinflussen lassen, ohne den Rest des Reiches gesehen zu haben. Und als Senator vertrat er eben nicht alleine Rom, er vertrat alle Römer.


    Eine Hehlerbande? Nun das klang doch mal mehr als spannend. "Hehler? Darüber musst du mir mehr erzählen. Ich denke aber kaum dass meine Geschäfte hier von Wichtigkeit sind, ich verkaufe ja nur Käse, Wolle und Lämmer, damit kann kein Hehler wirklich etwas anfangen. Auch wenn ich neuerdings überlege mich vielleicht noch der Keramik zu widmen, einer unserer Haussklaven hat dafür ein beachtliches Talent und wenn meine Ohren richtig hören, dann scheint es einen Mangel an Keramiken zu geben." Er nahm sich eine Olive, kaute etwas darauf herum und schluckte sie herunter. "Aufgefallen? Du warst lange nicht mehr auf dem Markt oder? Da ist doch alles iwie verdächtig, bei sovielen Menschen die immer nur flüstern, sich heimlich Dinge überreichen. Und wir leben in Rom, der prächtigsten Stadt der Welt, aber auch dem größten Sumpf an Abschaum."

  • Hehler. Da gab's so viel eigentlich nicht zu erzählen. Leute die ihre Ware bei Dieben kauften eben. Und ganz so genau wollte Avianus nicht darauf eingehen, um welchen Laden es sich handelte und von wem er den Tipp erhalten hatte. Er versenkte seine Zunge also erst einmal wieder im Weinbecher, um etwas Zeit zu schinden. Verflucht, er musste damit aufhören, sonst plapperte er am Ende ohne zu denken, und wenn einer das nicht gebrauchen konnte, war es wohl er. Avianus räusperte sich knapp.
    "Derzeit behalten wir einen Händler im Auge. Ein Buchhändler in Argiletum." Und dort gab es davon bekanntermaßen unzählige. Die perfekte Tarnung für einen Händler, der im Hinterzimmer krumme Geschäfte machen wollte. "Wir haben von einem anderen ehemaligen Hehler einen Tipp erhalten und dem gehen wir selbstverständlich nach. Meine Hoffnung ist, dass wir über diesen Verdächtigen noch mehr Verbrecher finden, die bei der Sache mit drin hängen. Interessant wäre es auch herauszufinden, ob vielleicht ein festes Netzwerk von Leuten dahintersteht. Dass in Rom viel geklaut und illegal gehandelt wird, ist nichts neues, aber das wäre dann weit abseits vom Alltäglichen und weitaus Besorgnis erregender. Wir werden sehen. Die Cohortes Ubanae tun jedenfalls ihr Bestes, damit die Stadt nicht in diesem Sumpf versinkt." Mit den Geschäften des Decimer hatte das glücklicherweise wenig zu tun, wobei der gutgläubige Käufer ohnehin stets unschuldig war. Da brauchte man sich also keine gewaltigen Sorgen zu machen.
    "Du sagtest was von Keramik. Es ist in letzter Zeit tatsächlich schwierig, an gute Töpferwaren zu kommen. Im Lager meines Weinguts steht nur noch das absolute Minimum an Amphoren herum, weil ich an die Unmengen an Töpferware, die dort benötigt werden, kaum rankomme. Furchtbare Zustände sind das. Andererseits trinkt Rom in dieser Saison seltsamerweise auch recht wenig Wein. Die Lager sind zum Bersten voll, der Wein so gut wie immer, aber keiner will ihn kaufen. Und, wie ich gehört habe, geht es auch anderen Weinherstellern nicht anders. Dann trinkt man das Zeug eben selbst." Avianus lächelte gezwungenermaßen und hob als kleinen Hinweis seinen Becher. Er hatte sogar schon darüber nachgedacht, das Gut loszuwerden, bevor es gar nichts mehr wert war. Ansonsten müsste eben weiterhin Geld reinstecken, bis es irgendwann (hoffentlich) wieder bergauf ging.

  • Die Sache mit dem Hehler war mal etwas spannendes, daher hörte Scipio hier besonders gut zu. Er hatte natürlich noch nie mit einem solchen Händler zu tun, die Bilbliothek der Casa Decima war schon sehr gut gefüllt, aber er fand es interessant womit alles so Schindluder getrieben wurde. Aber Schriftstücke, das machte ja Sinn. Man konnte sie leicht duplizieren und auch den Inhalt schnell kürzen, es würde den meisten Lesern nicht einmal auffallen.
    "Ich hoffe deine Männer haben Erfolg. Wer weiß womit diese Verbrecher weitermachen, wenn es ihnen nicht mehr ausreicht sich an der Lyrik zu vergreifen. Am Ende haben wir noch gepanschten Wein, schlechtes Garum oder sonstige Dinge die schnell aus dem Ruder laufen können." Aber er hatte auch volles Vertrauen in die Arbeit der Urbaner.


    Nun ging es wieder in das geschäftliche, was natürlich nicht minder spannend war. Anscheinend herrschte wirklich gerade eine hohe Nachfrage an Keramik, da aber auch nicht gerade ein Glücksgriff war, da die Winzier keine Abnehmer für ihren Wein fanden.
    "Nun, dann macht es auch kein Sinn in die Keramik einzusteigen. Die Weinbauern werden mir nicht genug abnehmen, denn sie bleiben auf ihren eigenen Wagen sitzen wie du aus eigener Erfahrung weißt. Auch wenn die Spiele sicherlich eine hohe Nachfrage zu Tage bringen werden, davon bin ich überzeugt. Nur wird man danach wieder in ein Loch fallen." Er dachte kurz nach. "Ich würde dir raten das Geschäft zu behalten, denn irgendwann besteht auch wieder eine hohe Nachfrage, allein schon da viele deine Mitbewerber pleite sein werden. Und dann kannst du mit guten Gewinnen rechnen."

  • "Ob er sich an der Literatur 'vergreift' … darum geht es erstmal gar nicht. Er kauft und verkauft Diebesgut, ein Hehler eben, und ich weiß nicht einmal ob es dabei nur um Schriften geht. Unter der Ladentheke kann er ja rein theoretisch mit allen möglichen Dingen handeln. Darauf werden wir uns konzentrieren", erklärte Avianus seinem decimischen Gast, der sich schon wahre Horrorgeschichten ausmalte, was das kriminelle Pack womöglich sonst noch anstellte oder in der Zukunft anstellen würde. Darüber dachte man am besten gar nicht nach, sondern nur über die Probleme, die derzeit Priorität hatten, und gegen die sie auch etwas unternehmen konnten, ansonsten wurde man ja gar nicht mehr fertig.


    Ohnehin empfand er ihr Gespräch über die Geschäfte als weitaus interessanter. Schon den ganzen Tag über in der Castra war er ständig mit den kriminellen Aktivitäten in Rom konfrontiert, das brauchte er Zuhause eigentlich nicht auch noch, wobei er selbstverständlich die Neugier des Decimers, der bestimmt nicht immer die Möglichkeit hatte, sich praktisch aus erster Hand über derartige Dinge zu informieren, nachvollziehen konnte.
    "Nun gut … mein Weingut ist glücklicherweise nicht mein wichtigstes Standbein. Dein Rat ist nicht schlecht. Darüber habe ich sogar selbst schon nachgedacht. Ich denke, ich werde es überleben, die Produktion vorerst auf Halbmast laufen zu lassen. Vielleicht lassen sich die Trauben auch so loswerden." Er zuckte mit den Schultern. "Wie lange das funktionieren wird … das werden wir dann sehen." Alles in allem war es eben eine Sache des Geldes. Davon hatte er derzeit zwar genug, aber er wollte ja, dass es so blieb. Er hatte eine Familie zu versorgen. "Sollte das Geschäft mit dem Wein aber irgendwann wieder bergauf gehen, kann ich dich sehr gerne informieren."

  • Der Decimer nickte, als das Gespräch über Hehlerei sich dem Ende neigte. Er konnte eh nicht viel dazu sagen, doch die Worte des Tribun wirkten sehr beruhigend. "Ihr werdet schon dafür Sorgen dass bald Ruhe einkehrt, zumindest was diese Sache angeht. Oder ihr habt in ein Wespennest gestoßen und es wird dir viel Arbeit machen, das werden nur die Götter wissen."


    Avianus lenkte wieder das Gespräch hin zu den Geschäften, was auch Marcus entgegen kam, hatte er davon doch deutlich mehr eine Ahnung als über Kriminelle die in Rom hausten. "Ein Weingut nicht als wichtigstes Standbein zu benennen ist schon eine Aussage die mich fragen lässt was dann dein wichtiges Standbein ist, solltest du nicht deinen Beruf selbst meinen. Nicht viele besitzen große Weingüter, und du klingst nich danach als dass es klein wäre. Die Trauben könntest du doch auch auf dem Markt zum Verkauf anbieten." Und dann kam dem jungen Mann eine Idee, seine Augen leuchteten als der Einfall in seinem Kopf Gestalt fasste. Das war doch eigentlich die Idee...
    "Ja, klar, das ist es doch. Ich verkaufe Käse wie du weißt, und was mag eigentlich jeder zu Käse? Eben, Trauben. Ich könnte doch deine Trauben an meinem Stand mit anbieten, natürlich müsstest du dann einen deiner Sklaven anweisen jeden Tag ein paar frische Reben an den Markt zu bringen, aber mein Verkäufer dort, Marius, der kann sogar einem Winzer noch fremden Wein verkaufen." Wenn die Qualität stimmte zumindest, aber davon ging er einfach mal aus. Und so würde sich Avianus auch einen eigenen Stand sparen, man könnte sich die Standmiete einfach teilen und würde vom vergrößerten Angebot gleich doppelt profitieren. "Man könnte auch zusätzlich deinen Wein dort anbieten. Dann teilen wir uns die Standmiete und schauen wie sich die Sachen von alleine verkaufen werden. Ob du dich dann meinen Gepflogenheiten anschließt die überschüssige Ware am Abend unter den Bedürftigen zu verteilen, das musst du wissen. Ich mache das mit dem Käse und der Laake so."

  • Der Einlass an der Porta der Domus Iunia hatte nichts zur Klärung des Status Quo beitragen können, sondern nur noch mehr Fragen aufgeworfen. Sein Vater war im Palatium Augusti? Was zum Teufel hatte sein Vater im Kaiserpalast zu suchen? Titus hatte ihn eher in einem Lupanar oder einer Spelunke vermutet. Natürlich wusste er, dass sein Vater einst in der kaiserlichen Kanzlei gearbeitet hatte, aber das war Jahre her. Als Tribun der Classis hatte er sich - zumindest was Titus mitbekommen hatte - nicht mit großer Arbeitsleistung und Pflichtbewusstsein hervorgetan, sondern eher das joviale Leben eines Mäzens geführt! Was hatte er also auf dem Palatin zu suchen? Titus war von zahlreichen Fragen geplagt und streifte deshalb unruhig durch das Tablinum, während er auf irgendeine Person wartete, die ihn aufklärte. Am besten geeignet war da eigentlich sein Vater, aber eigentlich wollte Titus ihm jetzt nicht unter die Augen treten. Nicht nach all dem, was passiert war. Er wusste nicht, wie er reagieren sollte und vor allem - wie sein Vater ihn empfangen würde. Daher betete er also zu den Göttern, dass Torquatus Maior noch etwas länger auf dem Palatium Augusti verweilte und die Domina des Hauses, die der Ianitor angekündigt hatte, von ihren Einkäufen zurückkehren würde.

  • Als Axilla mit Corinna von ihrem Marktbesuch zurückkam, vermeldete Araros schon an der Prota, dass ein junger Besucher eingetroffen war: Der Sohn ihres Verlobten. “Oh“, machte Axilla etwas überrascht. Zum Glück war der junge nicht im Atrium, sondern einen Raum weiter im Tablinum, so dass er nicht sehen konnte, wie eiskalt sie diese Nachricht erwischte. An und für sich war es ja nichts schlimmes, und sie freute sich ja schon seit Wochen darauf, den Sohn von Torquatus kennen zu lernen. Er war ungefähr im Alter von Atticus, also hoffte sie, mit dem jungen Mann auch klar zu kommen.


    Sie lud Corinna also den Teil des Einkaufes auf, den sie selbst bis eben getragen hatte und strich noch einmal ihr Kleid glatt. Da sie auf dem Markt war, war es eine recht einfache, grüne Wolltunika aus feiner Wolle ohne großen Schnickschnack. Nur ein paar Zierleisten um den Ausschnitt und alle Säume, aber nun nichts beeindruckendes oder gar verführerisches. Axilla hätte lieber etwas für das erste Treffen angezogen, das ein wenig mehr hermachte, aber gut, so war es nunmal.


    Ein letztes Glattstreichen, und Axilla betrat das Tablinum. Darin stand ein junger Mann, ein knapper Kopf größer als sie, und wirkte reichlich verloren. “Salve. Mein Name ist Iunia Axilla“, stellte sie sich erst einmal einfach vor. Da die Jugend immer ungeduldig war, würde er ohnehin mit allen fragen, die er hatte, auf sie zukommen, davon war Axilla überzeugt.

  • Titus streifte noch immer gedankenverloren durch das Tablinum, weshalb er etwas überrascht reagierte, als die angekündigte Hausherrin zum ihm stieß. Diese begegnete dort einem großgewachsenen Jungen, der auf den ersten Blick sehr wenig mit seinem Vater gemein hatte. Er hatte weiche, jugendliche Gesichtszüge, dickes, blondes Haar und einen leeren Blick. Während sein Vater in dieser Situation wohl die Führung übernommen und den Raum eingenommen hätte, stand Titus unbeteiligt im Tablinum und musterte die Domina mit ausdrucksloser Miene.


    Sie stellte sich als Iunia Axilla vor, woraufhin Titus sich zurückhaltend als "Titus Torquatus" präsentierte. Das prognostizierte Gewitter an Fragen allerdings blieb aus. Einen Moment lang starrte der junge Fabier ohne eine Rührung zur Hausherrin. Eine ungewöhnlich lange, beinahe unangenehme Stille nahm den Raum ein. Nach den Gepflogenheiten war es wohl Titus' Aufgabe, diese zu durchbrechen, aber er wusste nicht, was er mit dieser Frau anfangen sollte. Wer war sie und was hatte sein Vater mit ihr am Hut? Genau diese Frage stellte er dann auch, nachdem er wohl einige Momente zu lange geschwiegen hatte: "Was hast du mit meinem Vater zu tun?", erkundigte sich Titus eintönig und regungslos.

  • Gut, das war ein bisschen weniger Gesprächigkeit, als Axilla angenommen hatte. Aber nichts, womit man nicht fertig werden konnte, auch wenn der junge Mann hier vor ihr dreinschaute wie [strike]drei[/strike] [strike]fünf[/strike] zwanzig Tage Regenwetter.


    “Ich bin die Verlobte deines Vaters. Wir werden in ein paar Wochen heiraten. Ich hatte angenommen, dass er dich deshalb aus Alexandria hat herkommen lassen?“ Eigentlich hatte Axilla angenommen, dass Torquatus senior seinem Sohn von allem erzählt hatte. Doch irgendwie schien das nicht so ganz den Tatsachen zu entsprechen. Ein Fakt, der Axilla durchaus mit ein wenig gemischten Gefühlen erfüllte.


    Aber dafür konnte Torquatus junior nichts. Also wollte Axilla ihre Unsicherheit auch nicht an diesen weitergeben. “Aber wollen wir uns nicht setzen? Die lange Reise war sicher anstrengend. Ich weiß noch, wie ich damals von Alexandria nach Rom gesegelt bin. Mir war die ganze Reise über fürchterlich schlecht, und dabei war es Sommer und ruhige See. Ich kann mir kaum vorstellen, wie es im Frühjahr sein muss?“
    Vielleicht lockerte es den jungen Mann ja ein wenig auf, wenn er von der Reise erzählen konnte.

  • Verlobte? Sagte sie wirklich Verlobte? Titus entgleister Blick verriet eindeutig, dass er mit vielem gerechnet hatte, aber nicht damit. Sein Vater wollte diese Frau ehelichen? Abgesehen davon, dass Titus sich nicht vorstellen konnte, dass sein Vater heiratete, schien es ihm noch befremdlicher, dass er nicht mal davon unterrichtet wurde. Hatte er ihn vergessen? Er war doch sein einziger Sohn? Warum hatte er ihn all die Monate nicht einmal darüber aufgeklärt? "Ich..." Titus war sprachlos und überfordert. War dies alles nur ein schlechtes Schauspiel oder Realität? Er suchte in Gedanken vergeblich nach seinem Platz in dieser Geschichte. Seine anfänglich unbeteiligte Ruhe wich großer Nervosität, die auch nach außen hin nicht verborgen blieb. Er begann zu schwitzen und nahm das Angebot sich zu setzen ohne Zögern an.


    Wie eine Gewitterwolke brach darauffolgend das nächste Thema über ihn ein, das Axilla zur Sprache brachte. Die Reise. Seine Gedanken kreisten nun wieder um die Höllenfahrt, die er nach der Ankunft in Ostia für ein paar Tage verdrängen hat können. Nun kam alles auf den Tisch. Tabula Rasa. Nein, davon wollte Titus nichts hören und schon gar nichts erzählen. Er wollte vergessen. Mit einer Hand fuhr er sich über sein Gesicht und hoffte, dass er dadurch all die Gedanken einfach wegstreichen konnte. Axillas Worte legte er kommentarlos beiseite, als wären sie nie ausgesprochen worden. Dann fixierte er die Verlobte seines Vaters, die vermutlich in Erwartung eines ausführlichen Reiseberichts war und versuchte irgendwie das Thema zu wechseln. "Wo ist mein Vater? Und...warum heiratest du ihn?" Eine dumme und wohl gleichfalls ungewöhnliche Frage, wie Titus im selben Moment feststellte. Aber was sollte er schon sagen? All das passte überhaupt nicht zu seinem Vater, wie er ihn kannte. Wurde er womöglich verwechselt? Ausgeschlossen. In jedem Fall konnte er mit Fragen zu seinem Vater von der Reise ablenken. Und auch wenn er über diesen im Moment nicht gerne sprach, war ihm dies gewiss erträglicher als ein Gespräch über die Torturen, die ihm auf der Überfahrt widerfahren waren.

  • Warum sie Torquatus heiratete? Axilla rettete sich in ein geduldiges Lächeln und überlegte kurz, was sie wohl darauf antworten sollte. Der Junge stellte die Frage ja sicherlich aus einem bestimmten Grund, aber was wollte er hören? Was wollte man als junger Mann an der Grenze zum Erwachsensein denn hören von der zweiten – oder dritten? Axilla hatte keine Ahnung – Frau des eigenen Vaters?
    “Nun, dein Vater ist im Moment noch in der kaiserlichen Kanzlei auf dem Palatin. Als Procurator a memoria hat er dort viel zu tun“, erklärte sie also zunächst, wo Torquatus Senior denn steckte und schlug damit noch ein paar Sekunden weitere Bedenkzeit heraus. Aber auch die nützte im Grunde nichts, da Axilla einfach keine Ahnung hatte, was den jungen Mann am ehesten beruhigen würde. Also einfach raus mit einer jugendfreien Version der Wahrheit. Dann musste Axilla sich schon nichts ausdenken.
    “Und wir heiraten, weil es zum Vorteil für unsere beiden Familien ist. Dein Vater ist ein ambitionierter Ritter, der noch weiter aufsteigen wird, und meine Familie ist eine wohlhabende Familie, die ebenfalls schon viele Ritter hervorgebracht hat. Außerdem verstehen wir beide uns gut.“
    Was sollte sie noch sagen? Dass weder Mann noch Frau längere Zeit unverheiratet sein sollten, das wusste der Junge wohl selbst. In spätestens zehn Jahren würde es ihm ja nicht anders ergehen. Daher hoffte Axilla einfach, dass diese Erklärung ausreichen würde. Wenn nicht, würde sie es wohl als erstes erfahren.

  • Die Erklärungen der Iunia konnten Titus inneres Dunkel nicht wirklich erhellen, für ihn schien das Verhalten seines Vaters mehr als befremdlich. Er war nun Procurator der kaiserlichen Kanzlei? Titus konnte sich kaum ausmalen, wie er sich diesen Posten ergaunert hatte. Für den Moment war der junge Fabier sprachlos und überfordert, sodass er Axillas Worte irritiert hinnahm und sich dann in seine Gedanken zurückzog. Es folgte wieder eine längere Zeit des Schweigens, bevor Titus das Wort ergriff. "Ich...würde mich gerne etwas ausruhen, wenn es dir recht ist." Er wollte nun alleine sein und weiteren Offenbarungen schnellstmöglich aus dem Weg gehen. Früher oder später musste er sich sowieso seinem Vater stellen und dafür wollte er seine Gedanken noch einmal ordnen. Titus verabschiedete sich also von der zukünftigen Frau seines Vaters und zog sich dann in eines der Gästezimmer zurück, das für ihn vorbereit worden war.

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