officium TAU | Spurlos verschwunden

  • Unwillkürlich zerknitterte Ursus' Hand den Brief. "Dort steht, eine Frau und ihr Kind. Wir wissen nicht... es muß nicht sie sein. Und... das Schiff müßte doch inzwischen in Alexandria eingetroffen sein. Woher... woher kommt dieser Brief? Wer hat ihn geschrieben, wer konnte das alles wissen? Nein, ich glaube es nicht. Noch nicht. Vielleicht... war es nicht sie." Ein Strohhalm war es, nach dem er griff. Ein sehr dünner Strohhalm. "Ihr Mann wird inzwischen mehr wissen. Wenn das Schiff in Alexandria angekommen ist, wird er die Besatzung befragen. Er wird uns informieren." Ursus wollte einfach nicht glauben, daß Penelope und ihre kleine Tochter tot waren. Es durfte nicht sein, also konnte es nicht sein. Vor allem, da ein Gefühl von Schuld in ihm aufstieg. Diese Reise hatte sie nur unternommen, weil er sie nach Rom eingeladen hatte... Er war der Grund.

  • Stumm hörte Cimon zu. Noch immer sagte er kein Wort. Musste er denn etwas sagen? War die Frage an ihn gerichtet? Er wusste keine ANtwort. So zuckte er nur mit den Schultern. In der Unsicherheit, nicht zu wissen, was er tun sollte, führte er den Becher an die Lippen, nahm mit geschlossenen Augen den Duft wahr und merkte doch nicht was er tat. Dann trank er einen guten Schluck, was sich in einem kurzen Husten umgehend rechte. Mit angespanntem Gesicht sah er schließlich zu Ursus.


    "Also warten wir, Ursus?"


    In seinen Augen stand die Frage, die flehende Bitte nach dem was geschehen war und der Hoffnung, das es beiden gut gehen mochte. Der Sklave merkte wärme, die vom Wein zu kommen schien, in seinem Körper. Allerdings erreichte diese nicht sein Herz.
    Von den Gedanken in Ursus wusste er nichts. Selbst wenn, hätte er es sicher nicht vermocht diese zu zerstreuen. War doch alles so seltsam leer geworden.

  • Ursus zuckte mit den Schultern. Die Nachricht war noch zu frisch, zu schmerzend, als daß er gleich eine vernünftige Entscheidung treffen konnte. Es fiel ihm schwer, zu denken. "Hat man Dir denn gar nichts weiter gesagt? Woher sie diese Informationen haben? Gab es da nicht... naja irgendetwas?" Nachdem er es ausgesprocheh hatte, kam ihm die Frage dumm und überflüssig vor. Aber er konnte nicht fassen, daß dies alles sein sollte, was übrig war. Daß es nichts weiter gab an Beweisen, an Berichten. So konnten doch zwei so kostbare Leben nicht enden. Nicht so sang- und klanglos. Bei diesem Gedanken, der gerade im Zusammenhang mit Penelope so vieldeutig schien, hätte er am liebsten aufgeschrieen vor Schmerz.

  • Und wieder folgte ein tiefer Schluck, der diesmal allerdings nur zu einem leichten Räuspern führte. Die Fragen wusste er erneut nicht zu beantworten. Doch diesesmal war deutlich, das er es musste. Cimon zuckte begleitend mit den Schultern.


    "Nein, Herr. Nichts... Verzeih, wenn ich ungenügende Informationen beschafft habe, Dominus Ursus."


    Tatsächlich spürte Cimon, wie er sich die Schuld daran gab, das sie nun beide derartig hilflos da saßen und...nichts tun konnten. Erneut trank er und sah, das der Becher fast geleert war. Rasch nahm er den rest dankbar in sich auf und stellte den Becher ab. Sich nach zu nehmen wagte er nicht. Vorallem da er bereits merkte wie ihm warm wurde und wie seine Gedanken mehr als nötig umher gingen.

  • Ursus seufzte schwer und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Daß Cimon gerade innerhalb kürzester Zeit einen ganzen Becher Wein getrunken hatte, fiel ihm gar nicht auf. Seine Gedanken waren zu sehr mit dem beschäftigt, was Cimon herausgefunden hatte. "Es ist grauenhaft, Ciomn. Bete... bete, daß dieser Brief nicht von Penelope und Panthea berichtet. Sie sollen leben. Sie hatten... haben noch so viel zu geben! Und... ich möchte nicht schuldig sein! Ich möchte nicht... sie sollen nicht..." Er schüttelte den Kopf.

  • Verwirrt sah Cimon auf und hörte doch mit überraschender Klarheit in dem leichten Durcheinander, das seine Gedanken bildete, den Worten seines Herren zu. Wie dieser sich anscheinend die Schuld gab und wie er sich selbst zu quälen schien, missfiel dem Nubier. Nun klang seine Stimme plötzlich etwas fester, wenn auch noch immer gedämpft.


    "Ja, Herr ich werde beten."


    Dann stand er langsam auf, stellte den Becher auf dem Tisch ab und umrundete diesen. Dabei achtete er darauf, das seine Schritte ihn nicht verraten mochten, denn ein kleinwenig drehte es sich schon in ihm. Allerdings nicht so sehr, das er es nicht hätte verbergen können.


    Dies tat er nur, um neben seinem Herren in die knie zu gehen und die Hände auf dessen Arm zu legen. Caelyn hätte Ursus nun sicher umarmt, doch ihm stand dies nicht zu. Allerings wollte der Sklave dennoch Nähe und Stärke beweisen. was nun auch an seiner Stimme zu erkennen war. Er durfte sich keine Schwächen leisten, er hatte für seinen Herren da zu sein. Dieser Gedanke ließ Cimon die Kraft finden, zumindest in diesem Augenblick die Trauer seinem Herren zu überlassen und selber der gute Sklave zu sein.


    "Dominus Ursus? Dich trifft keine Schuld. Du hast nicht auf schlechtes Wetter gehofft oder die Götter um Schaden für die beiden gebeten... dich trifft keinerlei Schuld an ihrem Leid, Herr!"


    Bei seinen Worten drückte er leicht den Arm um auch körperlich zu zeigen, das er da war. Was sonst hätte er noch tun können? Cimon wusste es nicht, versuchte aber darüber nachzudenken.

  • "Sie wären nie auf diese Reise gegangen, wenn ich sie nicht nach Rom gebeten hätte wegen dieses Kurses", erwiderte Ursus und schaute Cimon an. Es tat gut zu sehen, wie Cimon zu ihm stand. Auch die Berührung tat gut. Ebenso wie die Worte. Doch das Gefühl der Schuld blieb trotzdem. Und erstreckte sich nicht nur auf Penelope und Panthea.


    "Und dann Caelyn. Sie ist fort, Cimon. Seit der Hochzeit. Kannst Du mir sagen, warum ich es nicht mal bemerkt habe? Ich habe doch die Verantwortung für sie. Ihr muß etwas zugestoßen sein. Das letzte Mal wurde sie gesehen, wie sie auf dem Weg von der Villa Tiberia hierher stehenblieb, um sich zu übergeben." Ihr mußte etwas Schreckliches zugestoßen sein. Während Ursus sich vergnügte.

  • Immer noch hockte Cimon neben seinem Herren und ließ die Hände wo sie waren. Ruhig hörte er zu. Der Nubier war nicht wirklich geübt in der Bewältigung solcher Momente doch er wollte sich bemühen es so gut zu schaffen wie es eben ging. Wobei die letz´ten Worte von Ursus ihn schon ein wengi erschreckten. Machte er sich doch jetzt um so mehr Sorgen um Caelyn.


    "Herr... Du kannst nicht...du darfs die Schuld nicht auf dich nehmen.


    Caelyn? Was kann ich tun, Herr? Dominus Ursus? Sollte ich nicht nach ihr suchen, sollte sie bei meiner Rückkehr noch verschwunden sein?"


    Der Sklave wollte helfen, wollte alles auf einmal lösen. Doch natürlich hatte er keinerlei Ahnung wie er dies bewerketelligen sollte. Sorge stand offen in den Augen des Nubiers.

  • Ursus schüttelte den Kopf. So gerne er Cimon glauben wollte, gar so leicht ließen Schuldgefühle sich nicht abschütteln. "Heute ist es dafür schon zu spät. Ruh Dich aus. Und geh morgen mit frischer Kraft daran, sie zu suchen. Nimm Marei mit. Sie ist zwar nur ein Kind, aber sie kennt sich gut aus in Rom. Wenn Du das Gefühl hast, es wird zu gefährlich oder zu viel für sie, schickst Du sie zurück. Du kannst auch sonst mitnehmen, wen Du für richtig hältst. Mehr Anhaltspunkte haben wir nicht. Nur, daß sie sich übergeben hat und danach nicht mehr gesehen wurde." Er seufzte abermals und legte seine Hand auf die von Cimon. "Ich habe Marei eine Zeichnung gegeben, die Louan mal von Caelyn angefertigt hat. Das wird euch helfen. Ach, Cimon. Warum kommt all das Schreckliche immer zusammen?" Der vermutliche Tod von Penelope und Panthea, das Verschwinden von Caelyn, das ähnlich Furchtbares vermuten ließ.

  • Mit ernster Mine stellte Cimon den Themenwechsel durchaus fest und verstand, das Ursus wohl lieber nicht weiter über Penelope und Panthea würde reden wollen. Was Caelyn anging so hörte der Nubier sehr genau zu und nickte schließlich ergeben.


    "Ja, Herr. Ich werde mich sofort morgen früh mit Marei auf die Suche machen. keine Sorge, ich werde gut auf sie acht geben. Sicher wird die Zeichnung uns gut helfen."


    Kurz schluckte Cimon als sein Herr fragte wieso alles Schreckliche immer zusammen kam. Was nur sollte er dazu sagen? Es gab keine Erklärung dafür. Aber er sah auf seine Hände, wo inzwischen die Hand seines Herren lag. Nach einem Augenblick der Stille sah er erneut auf.


    "Schreckliches geschieht, ohne das wir etwas dagegen tun können, Herr. Aber wir können es durchstehen und am Ende...am Ende, Dominus Ursus, wird auch etwas gutes warten. Ich hätte es auch nicht gedacht, als ich auf dem Markt in Mantua zum Verkauf stand, Herr. Aber auch Gutes geschieht. Gib bitte nicht auf, Herr."

  • "Ich gebe nicht auf, Cimon. Das ist nicht meine Art." Er schaute seinen Sklaven dankbar an, wußte er doch, daß der ihm nur helfen wollte. "Aus Tod soll etwas Gutes entstehen? Ich weiß nicht. Natürlich werden wir wieder gute Tage haben. Wir werden lachen, fröhlich sein, uns an schönen Sonnenuntergängen erfreuen - und die Erinnerung an den Tod der Beiden tief in uns begraben haben. So sind wir Menschen. Das Leben geht weiter. Aber daß aus diesem Tod etwas Gutes erwächst, das glaube ich nicht. Die Zusammenarbeit mit dem Museion... kann sie überhaupt positiv weitergehen? Was ist mit ihrem Mann? Muß er uns jetzt nicht hassen? Ich sehe nur negative Folgen."

  • Langsam wirkten Wein und Müdigkeit. Denn Cimon merkte wie seine Konzentration in unangebrachter Weise schwand. Noch konnte er es unterbinden, das er gähnte, doch wie lange ihm dies noch gelingen mochte, wusste er nicht. Nur leicht schüttelte er den Kopf. Er hatte es doch anders gemeint, allerdings fielen ihm keine Worte ein, um es richtig zu stellen.


    "Du wirst es schaffen, das die negatieven Folgen gering bleiben. ... Dominus Ursus... niemand macht dir Vorwürfe. Das kann ich einfach nicht glauben. Das will ich nicht glauben."


    Prüfend sah er mit überraschend festen Blick in die Augen von Ursus. Der Nubier wollte helfen, wollte irgendetwas tun. Allerdings gab es wohl nichts was er würde tun können.

  • "Niemand", bestätigte Ursus und legte den Kopf schief. "Außer mir selbst. Cimon..." Er erwiderte den festen Blick seines Sklaven und mußte gestehen, daß der Nubier ihm tatsächlich irgendwie Halt gab. Wie war das möglich? Dies war ein Sklave, der über Jahre schlimm mißhandelt worden war. Der immer nur einen Teil des Lebens hatte kennenlernen dürfen. Und doch schien er auf seine Art Weisheit zu besitzen. Kannten sie sich wirklich schon gut genug, um sich derart aufeinander stützen zu können? Ursus wußte es nicht. Er wußte nicht mal, ob sie sich je so gut kennen würden. Aber er hoffte es.


    "Geh schlafen, Cimon. Du hast einen harten Tag hinter Dir. Morgen gehen wir dann die Aufgaben an, die sich heute aufgetan haben. Man kann nur eines nach dem anderen tun. Und das werden wir."

  • Kurz trafen sich ihre Augen und Cimon nickte nur. Er wusste nicht einmal wieso. Der Nubier glaubt einfach das diese eine einfache Geste helfen mochte. Nur eines nach dem Anderen. Wieder nickte er, stand auf und legte eine Hand sachte auf die Schulter seines Herren.


    "Ja, Herr. Eines nach dem Anderen. Wir sollten schlafen gehen...Dominus Ursus."


    Und dabei ließ er die Hand sinken. Cimon blieb einfach stehen und sah seinen Herren an. Dann merkte er das die zeit war, ein guter Sklave zu sein und neigte leicht ergeben den Kopf.


    "Ursus? Du solltest dich auch etwas ausruhen."


    Er riet dies weniger als Sklave denn als ...Freund? Nein....oder? Cimon wollte einfach das sein Herr sich ebenfalls ausruhen würde. dabei wusste er das Ursus seine Frau haben würde und Cimon ... der Nubier hatte ... seinen Raum.

  • Ihre Blicke begegneten sich und Ursus sah seinen Sklaven nicken. Dann fühlte er den leichten Griff der Hand auf seiner Schulter. Und hörte die gutgemeinten Worte des Nubiers. "Das werde ich, Cimon. Das muß ich, da hast Du Recht. Morgen werden wir all unsere Kraft brauchen." Er stand auf und stützte sich noch einen Moment lang auf der Platte seines Schreibtisches ab. "Am liebsten würde ich mit euch in die Stadt gehen. Aber ... das wäre wohl dumm. Sucht gründlich. Bringt mir Caelyn zurück. Wenigstens sie möchte ich wieder in Sicherheit wissen."

  • Nachdenklich wartete Cimon ab und hörte ruhig zu. Dann nickte er schließlich. Dabei dachte er über Caelyn nach. Er vermisste sie. Irgendwie war sie etwas Besonderes. Eine gute Freundin, die er nicht verlieren wollte.


    "Ja Herr. Ich werde sie finden. Direkt morgen Früh nach dem Aufstehen werden wir aufbrechen, wenn du erlaubst, Ursus. Denn damit fallen unsere Übungen aus."


    Alles andere war bereits besprochen und Cimon wollte nur noch das eine wissen, um dann so gut es ging zu handeln. Der Nubier wüde auf die Worte seines Herren hören und ihn niemals enttäuschen, denn damit würde er auch sich selbst enttäuschen.

  • "Natürlich erlaube ich. Trainieren kann ich auch alleine, das habe ich früher auch getan. Cimon... Zwar liebe ich sie nicht, wie sie es sich wünscht. Aber sie liegt mir trotzdem sehr am Herzen. Bring sie heim, auch wenn sie trotziges und dummes Zeug reden sollte." Ursus schüttelte den Kopf. "Normal müßte ich sie den Vigiles und den Cohortes Urbanae melden. Aber das möchte ich nicht. Ich weiß genau, sie ist nicht einfach weggelaufen, wie manche Sklaven es versuchen. Sie hat lange genug auf der Straße gelebt um zu wissen, daß sie es hier im Grunde gut hat." Warum redete er eigentlich schon wieder so viel? "Geh schlafen, Cimon."

  • Cimon nickte ergeben und tat, wie sein Herr ihm befahl. Die Nacht würde er nur wenig und schlecht schlafen können. Dabei kamen nicht nur die Bilder von Penelope und Panthea in seinen Sinn sondern auch und besonders grausam Schreckensbilder über Caelyns Schicksal.


    Am Folgetag machte er sich in den frühen Stunden mit Marei zusammen auf den Weg, die Sklavin zu suchen und hoffendlich bald gesund und munter Heim zu bringen.

  • Als die Tür sich hinter Cimon schloß, starrte Ursus sie noch eine ganze Weile an. Er wünschte sich, selbst mehr tun zu können. Er wünschte sich, er hätte die eine oder andere Entscheidung anderes getroffen. Er wünschte sich, er hätte mit Caelyn ausführlicher geredet. Mit Penelope auch. Er .... fühlte sich unzulänglich und schuldig. Seine Hände glätteten den zerknitterten Brief. Noch glaubte er es nicht. Es war eine Verwechslung. Es war ein Irrtum. Und Caelyn? Die hatte sich bei einer befreundeten Familie verkrochen und schmollte. Bestimmt war sie in Sicherheit. Er mußte es sich nur oft genug sagen, dann konnte er es vielleicht glauben.

  • Cimon war nicht sehr schnell gewesen, viel zu sehr hatte er nachdenken müssen. Der Nubier kam über die Seitentür hinein und machte keinen weiteren Umweg zu seinem Herren. Das Wasser gab er unterwegs einem anderen Sklaven, ebenso wie die kleine Tasche die er mitgenommen hatte.
    Auf seine ihm eigene Art klopfte Cimon an die Tür zum officium an. Da er ahnte, das er bereits erwartet wurde, trat er umgehend ein. Nur wenige Schritte brachten ihn zu seinem Herren. Abwartend sah er Ursus an, ob er sprechen dürfte. Nur wenige Zeichen mochten dafür ausreichen. Dabei sah er immer wieder unsicher zu Boden.

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