Domus des Tribunus Angusticlavius Faustus Decimus Serapio

  • Dragonum nickte genügsam, er war nicht in Eile und zu etwas drängen wollte er den jungen Decimer ganz sicher auch nicht, dieser würde schon wissen was er zu tun hatte und welcher Patron zu ihm passte ...


    "Natürlich, nimm dir die Zeit die du brauchst, wenn du mich nach Misenum begleitest werden wir ohnehin genug Zeit miteinander verbringen! Du hast also genug Zeit dich zu entscheiden! ... So nun sollte ich aber gehen, ich will dir und dem Tribun nicht noch länger zur Last fallen, sollte der Zustand Serapios sich verschlechtern gib mir Bescheid und ich werde ihm die Ärzte aus dem Lazarett schicken! Vale Optio Decimus!"


    Damit nahm Dragonum noch einen letzten Schluck aus dem Becher und machte sich daran zu gehen, wobei er sich allerdings Zeit lies, Hektik hatte er schließlich schon während seiner Dienstzeiten genug ....

  • " Vale Praefect Octavius. Dein Besuch hat uns geehrt. Der Tribun wird so bald wie möglich davon erfahren. Ich stehe in deiner Schuld Praefect." Schneller als der Praefect hatte ich mich erhoben und begleitete ihn zur Porta.


    " Ich danke dir nochmals Praefect. " Bis vor die Porta ging ich mit ihm, stand stramm und salutierte. " Vale Praefect Octavius."


    Bis zur Abreise nach Misenium musste Faustus wieder auf den Beinen sein. Ein strammer Zeitplan, den wir vor uns hatten. Zurück Haus, ging ich direkt zu Faustus ins cubiculum. Über den Besuch des Praefecten schwieg ich. Erst wenn er wieder geistig aufnahmefähig war, erachtete ich es als sinnvoll, ihm alles zu erzählen.

  • Zitat

    Original von Appius Decimus Massa
    „ Sie bewacht sie sehr gut, gewisse besondere Umstände zwangen sie dazu Platz zu machen.“ Das sollte genügen. In seiner Lage war es zwecklos weiter darauf einzugehen. Er hatte den Willen aufgebracht sich von der Sucht zu befreien, dafür sollte er jede Unterstützung und Hilfe bekommen, die ich geben konnte. Dem Widersprach es, ihm Opium zu verschaffen, auch wenn er darum bettelte und flehte. Ich hatte ihn an den Handgelenken, versuchte meine Tunika aus seinem Griff zu lösen. „ Ich helfe dir und du wirst es so schaffen, ohne ein scrupulum Opium. Keiner wird dir Opium bringen. Ich werde es Ravdushara und deiner resolute Dame von der Tür verbieten.“ So sicher auf den Tag die Nacht folgte, so sicher war ich mir, dass keiner der Beiden Opium besorgte. Endlich hatte ich seine Hände gelöst. Er lag wieder auf seinem Bett. Den Becher in der Hand, die andere unter seinen Kopf, beugte ich mich zu ihm. „ Du wirst das hier trinken und wenn ich es dir einflössen muss.“ Der Becher wanderte an seine Lippen, den Kopf gestützt blieb ihm nichts anderes übrig als zu trinken. Nebenbei sagte ich ihm , was ich mit Ravdusharas Hilfe vor hatte. " Ravdushara wird dich waschen. Du ziehst eine frische Tunika an, bekommst frisches Bettzeug. Dann isst du Obst. ich füttere dich, wenn du nicht alleine willst. Du wirst viel trinken. Dir wird es schlecht gehen, sehr schlecht, aber es wird besser. So geht es jetzt jeden Tag, bis du ohne das Zeug auskommst und wieder klar bei Verstand bist." Ich wischte sanft über sein Gesicht. Rutschte näher an ihn heran.



    Ein feuchtes Tuch musste zum Nase putzen herhalten. Ich kam mir vor wie der große Bruder, der seinem kleinen Bruder nach einem Sturz aufhalf. „ Du schaffst das Faustus. Du bist stark. Du hast 5000 Männern gezeigt was in dir steckt. Du hast sie zum Sieg geführt. Kämpfe, kämpfe für dich. Kämpfe, um dir selber wieder in die Augen sehen zu können. Denk an deinen Vater Livianus, an deine Schwester Seiana. Ich helfe dir dabei.“ Er musste da durch. Wie wollte er sonst in Rom bestehen, die Familie unterstützen. Was für eine Aufgabe dort wartete war egal. Nur mit ganzem Einsatz seinerseits war sie zu bewältigen. Ich vertraute ihm, dass er es schaffte. Ich war für ihn da, wollte bleiben so lange es ging. Die nächsten Tage gab es nach Dienst nur einen Weg für mich.


    Mein Flehen stieß auf taube Ohren. Wie konnte er so grausam sein? Worte gab er mir, nur Worte, doch Worte konnten mir nicht helfen, mir konnte nur eines helfen, Opium, herrliches Opium, meine einzige Rettung, meine Erlösung.
    "Du hast... keine Ahnung... du weißt nicht wie das ist..." schluchzte ich verzweifelt, "...so hilf mir doch, bitte..."
    Doch ich war gefangen in diesem Albtraum, es gab kein Entkommen, ich hatte keine Kraft mehr mich zur Wehr zu setzen, machtlos ließ ich es geschehen dass er mir zu Trinken gab, mich bevormundete, alle Entscheidungsgewalt an sich riss. Ich brauchte kein Bad, kein Obst, ich brauchte nur eines: Opium. Ich solle mir wieder in die Augen sehen können sagte er, doch er sprach da zu jemand anderem, einem anderen Faustus, nicht zu mir, ich war jenseits solcher Dinge wie Scham oder Stolz.
    "Du weißt nichts!!" heulte die Gier in mir böse auf, "Du läßt mich im Stich!!", voll Haß auf diesen Mann, der mir die Erlösung von meinen Qualen verwehrte, der es zuließ, dass ich mich so vor ihm erniedrigte. Ich wollte aufstehen, mir selbst etwas besorgen – im Valetudinarium hatten sie Opium... ich würde einfach... ins Valetudinarium gehen und denen dort befehlen mir etwas zu geben, und dann wäre all dieser Horror mit einem Schlag vorbei... - aber mir war zu schwindlig, und mein Körper bestand nur noch aus Schmerz und Krämpfen. Ich bat, ich befahl, ich wütete, wimmerte, jammerte und flehte, doch sie gaben mir kein Opium, weder Massa noch die Sklaven, die taten alles, wie er es angeordnet hatte.
    Aber lassen wir das. Ich erinnere mich ungern daran, und was ich durchmachte, lässt sich mit Worten nur sehr ungenügend wiedergeben. Massa kam erstaunlicherweise wieder, kümmerte sich trotz allem um mich, und wie das so ist – irgendwann wurde es besser, und ein paar Tage später dachte ich mit Befremden an das erbärmliche Bündel zuckender Mensch zurück, dass ich in der Zeit gewesen war.


    Auf staksigen Beinen verließ ich mein Cubiculum, blinzelte im Peristyl in die helle Sonne. Die Luft war heiß, trug eine angenehm salzige Note. Ich atmete tief durch, ließ mich auf die Bank unter dem Jasmin sinken und war es für den Moment zufrieden, einfach nur da zu sitzen. Ein Nebel hatte sich gelichtet, meine Gedanken waren klar wie schon seit langem nicht mehr. Natürlich war es mir unangenehm, vor kurzen noch ein so jämmerliches Bild geboten zu haben, doch stärker wog meine Erleichterung. Ich hatte es durchgestanden, wenn auch nur mit einer Menge Hilfe, aber egal, es war vorbei. Nie wieder.
    Ein Grummeln in meinem Magen - ich verspürte doch tatsächlich Hunger. Pontia brachte mir ein Tablett mit Käse, frischem Brot und Oliven, pflückte mir Gewürzkräuter aus dem Garten, trug einen leichten Massiker dazu auf, und machte sich dann gleich daran, mir etwas "richtiges" zuzubereiten. Es schmeckte wunderbar, und es rührte mich zu sehen, dass diese schroffe Sklavin Anteil nahm, auch wenn sie es nicht in Worten ausdrückte.
    Beim Essen fragte ich Ravdushara darüber aus, was denn in der Zwischenzeit so passiert war, danach gab er mir die Briefe, die während meiner Unpässlichkeit angekommen waren. Eine Schneiderrechnung, ein paar Abschriften aus der Museionsbibliothek, ein Bericht meines Verwalters aus Ostia... und ein Brief mit dem imposanten kaiserlichen Siegel. Aufgeregt öffnete ich ihn und las:


    Salve Tribunus Decimus,
    hiermit informiere ich dich über deine Abberufung als Tribunus Angusticlavius. Du erhältst hiermit außerdem den Marschbefehl dich umgehend in Roma zu melden, wo dir die kaiserliche Kanzlei einen neuen Posten zuweisen wird.


    Es war also soweit.
    "Wir reisen ab." sagte ich zu Ravdushara. "Nach Rom."
    Dass die Kanzlei das so spannend machen mußte! Ich hätte doch zu gerne gewußt welcher neue Posten mir denn nun winkte!
    Aber da war noch ein Brief, er lag zuunterst in dem Stapel, und es verschlug mir den Atem, als ich die Schrift erkannte. Von Manius? Ich hätte es nicht erwartet, noch einmal von ihm zu hören... Ungläubig hielt ich das Schreiben in der Hand, verharrte ... bang bei dem Gedanken an meine harten Worte, auf die nun unweigerlich das harte Echo folgen mußte, wagte ich es nicht, das Papyrus auch nur um einen Fingerbreit weiter zu entrollen.

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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Das Haus des Tribuns war fast mein zweites Zuhause geworden. Die Spannungen zwischen Ravdushara und mir waren aus der Welt geschafft. Die vergangenen Tage hatten vieles geändert. Pontia verging die ersten Tage und Nächte vor Sorge um Faustus. Heute war sie wie ausgewechselt.
    Geschäftiges Tun in der culina machte mich neugierig. Pontia begrüßte mich mit einem verhaltenen Lächeln. Geschäftig wirbelte sie um die Feuerstelle. Es duftete verführerisch. Mein Finger schlich sich in einen der Töpfe. Ich wollte probieren. „ Au.“ Die Kelle, klatsche auf meine Hand. Mit einem Schmerz verzerrten Grinsen steckte ich den Finger triumphierend in den Mund, etwas war kleben geblieben. „ Meckt, gut.“ Ich leckte meine Lippe ab. „ Für ihn?“ Pontia nickte, ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Er hatte also Hunger. Mit einer unmissverständlichen Handbewegung scheuchte sie mich aus der culina.


    Durch das Atrium, im Peristyl sah ich ihn sitzen. Blass für ägyptische Verhältnisse, ein Genesender an frischer Luft. Er hatte sich gefangen, die vergangene Tage und Nächte waren vergessen. In eine Schriftrolle vertieft, bemerkte er mein Kommen nicht. „Faustus.“ begüßte ich ihn beim Näher kommen. Ich wollte ihm Gelegenheit geben, das Schreiben beiseite zu legen, ohne dass ich gezwungen war einen Blick darauf zu werfen. „ Blass, aber auf den Beinen.“ Ich blieb bei ihm stehen. „ Du liest deine Post, ein gutes Zeichen. Hunger hast du auch. Pontia konnte es nicht vor mir verbergen. Es duftet so verführerisch aus der culina. Du hast es geschafft Faustus.“ ich lehnte mich an eine der Säulen, ließ mir die Sonne ins Gesicht scheinen. In der Gewissheit, dass die Stunden und Tage der Quälerei vorbei waren. Es blieb dazu nicht mehr viel Zeit, ihm über den Besuch des Praefecten zu erzählen. „ Der Praefect war hier. Er wurde überraschend nach Misenuim berufen und übernimmt das Kommando über die Classis. Hast du eine Nachricht bekommen, wie es bei dir weiter geht?“ sagte ich beiläufig. Mit Berechnung hatte ich die Frage gestellt. Die Schriftrolle aus Rom war durch meine Hände gegangen. Ich hatte sie zu seiner Post gelegt, die sich während seiner geistigen Abwesenheit angesammelt hatte. Der Praefect hatte eine Andeutung gemacht. Ich wollte von Faustus die Bestätigung und was er für einen Posten bekam.


    „ Unsere Wege trennen sich hier in Nikopolis.“ ohne eine Mine zu verziehen, ließ ich mir weiter die Sonne ins Gesicht scheinen. „ Meinst du die XXII. wird ohne uns auskommen?“ es war schwer, keine Regung zu zeigen. „ Der Praefect geht, du gehst, ich gehe.“ Jetzt sah ich ihn an. Ein Moment des Setzen lassens. „ Was hältst du von Misenium, von der Classis? Adjudant des Praefecten der classis?“

  • "Appius."
    Wie ertappt schaute ich von dem noch immer zusammengerollten Brief zu ihm auf, schob das Papyrus beiläufig mit dem Handrücken zur Seite, als wäre es irgendwas vollkommen unwichtiges... dann kam mir das albern vor, und ich schloß wieder fest die Hand darum und steckte es ein. Ich würde es später lesen... Zu einem anderen Zeitpunkt. Wenn ich den Kopf dafür frei hatte...
    Massa blieb lässig an eine Säule gelehnt stehen, ich lächelte verlegen. Er hatte so unglaublich viel für mich getan, ein ums andere Mal, und jetzt wieder, so dass ich nicht wußte wohin mit meiner Dankbarkeit, zugleich war es mir unangenehm so tief in seiner Schuld zu stehen.
    "Ohne dich hätte es ganz anders ausgesehen." murmelte ich, und beschäftigte mich damit, mir noch ein Stück Ziegenkäse abzuschneiden, zupfte ein wenig Rosmarin ab und garnierte es damit. "Magst du auch?" Es war mir ganz recht, dass Massa über die letzten Tage so taktvoll hinwegging, ich hatte nicht das Bedürfnis darüber zu plaudern, wollte sie einfach nur vergessen. Nie wieder.


    "Misenum..." Das war ein großer Schritt für unseren Präfekten... ich hätte mich noch mehr für ihn gefreut, wenn dieser Posten nicht durch den Tod meines Onkels frei gewürden wäre. "Hier im Haus? Jolín! Hat er... was mitbekommen?" Hoffentlich nicht!
    "Ja, ich habe diesen Brief da von der kaiserlichen Kanzlei erhalten. Sie zitieren mich nach Rom, aber auf welchen Posten sie mich versetzen wollen, darüber hüllen sie sich in geheimnisvolles Schweigen." Ich verzog das Gesicht, halbscherzhaft. "Hoffentlich nicht zu den Vigilen!"
    Ob überhaupt ein Militärposten für mich drin war, solange ich noch so halbinvalide war? Ich sollte wohl meine Zunge zügeln, die Vigilen waren immer noch besser als irgendwelche todlangweiligen Finanz- oder Archiv-Aufgaben.
    Unsere Wege trennen sich. Ja... Ich wurde ganz wehmütig, und es versetzte mir einen kleinen Stich, dass Massa so leichthin vom Abschied sprach. So abgeklärt.
    "Ohne uns? – Aber du... oh!" Der Sesterz fiel. "Du gehst auch nach Misenum? Zur Classis, das ist ja... ist..." Eigentlich war ich nicht so begeistert von der Classis, echte Römer gehörten schließlich zur Legion, nicht in eine Peregrinentruppe. "Ähm. Adjutant, das ist toll! Eine große Chance. Das macht die Einheit mehr als wett, denke ich. Er will dich offenbar nicht hergeben." Was mich nicht wunderte.
    "Und Misenum ist nicht aus der Welt..." fügte ich hinzu, streifte ihn mit einem intensiven, gedankenvollen Blick... aber nach allem was vorgefallen war, beließ ich es beim Blicken. "Freust du dich? Darauf unter die Seefahrer zu gehen?"

  • Natürlich griff ich beim Käse zu, lehnte mich mit der Schulter an die, von der Sonne erwärmte, Säule. „ Keine Angst, nichts von hier ist nach außen gedrungen.“ Ich kaute genüsslich den Käse. „ Mhhh..., ...Er hatte Übrigends angedeutet, dass du nach Rom gehst.“ Ein hervorragender Ziegenkäse. Immer einen kleinen Brocken abbrechend, wanderte er in meinem Mund, während ich kauend weiter sprach. Pontia legte sich ins Zeug. Nur das Beste für den Hausherren, er brauchte Kraft für die kommende Reise. „Die Vigilae werde es sicher nicht. Ich würde auf die Cohortes Urbanae tippen. Bei denen kennst du dich bestens aus.“ Die Cohortes Urbanae, Polizeitruppe in Rom, gut für seine angeknackste Gesundheit. Nicht so anstrengend, wie ein Feldzug in der Wüste. Er hatte relative Ruhe sich richtig zu erholen. Seiana war in seiner Nähe und konnte ein Auge auf ihn haben. An sie musste ich noch einen Brief schreiben, wenigstens Andeutungsweise mitteilen, wie es um Faustus stand.



    Sein Verhalten änderte sich, er war betroffen, als ich von der vermeintlichen Trennung sprach. Bis er begriffen hatte was ich meinte. Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Ja, es war NUR die Classis. Nicht das, wovon ein Römer träumte, wenn er den Dienst in der Legion antrat. Ich hatte schnell entscheiden müssen, wog innerhalb kürzester Zeit ab, was für uns das Beste war. Es ging auch in der Classis weiter. „ Es war die einzige und für uns beste Lösung. Wer weiß, ob ich unter dem neuen Praefecten jemals die Gelegenheit bekommen hätte in der Nähe von Rom und dir meinen Dienst zu tun. Praefect Octavius hat es mir unter der Maßgabe angeboten, dass ich meine Bemühungen, weiter zu kommen, ungemindert fortsetze. An mir soll’s nicht liegen, also habe ich angenommen.“ Das letzte Bröckchen Käse landete in meinem Mund. „ Ja..., und er hat mir...“ Ich schluckte den Rest Käse hinunter. „mmhh... den Vorschlag gemacht..., sein Klient zu werden. Ich habe um Bedenkzeit gebeten.“ Wischend, entfernte ich ein paar Krümel von meiner Tunika.



    Augen konnten viel erzählen. Tief drangen sie vor, wenn man es zu ließ. Faustus hatte mich angesehen. Vieles lag in seinem Blick was nicht ausgesprochen, noch durch Gesten untermauert wurde. Seine plötzliche Frage, riss mich aus meiner Starre. „ Freuen? Ich habe gemischte Gefühle. Ich bin am Meer aufgewachsen, weiß um die schönen Tage und die mit Sturm und Unwettern. Von Neptun entfesselte Gewalten. Das tobende Meer, wie die Wellen gegen die Felsen schlagen, sich aufbäumen, aufschreien, zurückfallen. Der Orkan brüllt, ohrenbetäubender Lärm. Am nächsten Morgen ruhige See, flach auflaufende Wellen, nur das leise Rauschen, die Sonne scheint. Als ob es die unheilvolle Nacht nicht gegeben hatte.“ So stand es um die Freude. Die Fahrt auf dem Nil war nur ein kleiner Vorgeschmack gewesen. Auf See wird es nicht so ruhig zu gehen. Bedenken, dass es mir schlecht gehen könnte hatte ich nicht. Der Seegang machte mir nichts aus. „ Weißt du, es ist zwar nicht die Legion, aber die Classis-Milites haben ihren eigenen Scharm. Wir sind etwas Besonderes.“


    Selbstvergessen sah ich Faustus an. Mir wurde bewusst, dass ich mich von Dingen trennte, die vor dem Feldzug keine Rolle gespielt hatten. Nicht vorstellbar damals, heute erbarmungslose Realität. Ich sah sie nie wieder. Unweigerlich griff ich an meine Brust und spürte die beiden Amulette. Etwas Unsichtbares verband uns. Nicht weiter darüber nachdenken, es ändert nichts an der Tatsache, dass ich in nächster Zeit den alexandrinischen Hafen auf einem Schiff nach Misenum verließ.

  • Wieder zu den Stadtkohorten zu kommen, das würde mir gut passen... Geregelte Dienstzeiten und vertraute Aufgaben, das wäre nett. Ich hatte genug von fremden Ländern und blutigen Abenteuern!!
    Je länger ich drüber nachdachte, desto vorteilhafter erschienen mir auch Massas Pläne. Ich nickte. "Ja, da hast du wohl recht." Sein Klient? Ich legte nachdenklich den Kopf schief. "Hm... wenn ich dir einen Rat geben darf... Persönlich halte ich den Präfekten für eine sehr gute Wahl. Er ist integer, ein Mann von Ehre, und hat viele Verbindungen durch seine lange Dienstzeit, und gefördert hat er ja uns beide schon, aber... seine Gens ist ein Problem. Der Ankläger in diesem widerlichen Scheinprozess gegen meinen Vater war ein Octavier. Das sollten wir nicht vergessen, nie! Sie haben sich gegen uns gestellt. Der Ankläger, dieser Witz von einem Senator, der wird das noch bereuen, bitter bereuen!! - Octavius Dragonum selbst hat, davon bin ich überzeugt, mit diesen Machenschaften nichts zu tun gehabt, aber es wäre... ein falsches Signal für die Öffentlichkeit, wenn sich ein Decimer unter ein octavisches Patronat stellen würde."
    Das war meine feste Überzeugung, auch wenn ich Dragonum hoch schätzte. Es machte mir den Brief, den ungelesenen Brief, den ich in den Falten meiner Tunika geborgen hatte, sehr bewußt. Auch Manius hatte Anteil an dem Prozess gehabt, hatte sich gegen meine Gens gestellt. Es war absolut angebracht, dass ich mit ihm gebrochen hatte! Ich hatte genau das richtige getan! Keinen Gedanken sollte ich mehr an ihn verschwenden.


    Das Meer... Ich mochte es sehr, wie Massa, von einem Moment auf den anderen, vom nüchternen Gespräch zur poetischen Schilderung sprang. Etwas, dass ich auch bei Manius... – Halt! Keinen Gedanken mehr, merk dir das endlich!
    Ich lauschte, vor meinem inneren Auge Bilder der Küste bei Tarraco, dann Bilder des Sturmes bei der Überfahrt nach Alexandria, die graugrünen Wasserberge, die Gischtfetzen, zwei Matrosen hatte es das Leben gekostet. Als ob es die unheilvolle Nacht nicht gegeben hätte... das schien mir nicht länger nur auf das Meer gemünzt.
    "Ja... wenn die Wogen sich geglättet haben... verrät nichts mehr die vorangegangenen Stürme" meinte ich vieldeutig, ohne so wirklich zu wissen, was ich denn damit sagen wollte, "oder, was sich in der Tiefe verbirgt."


    Ein Schmunzeln huschte über mein Gesicht, als Massa sich schon so selbstverständlich zur Classis zählte. Ich begegnete seinem Blick, erwiderte ihn, lächelte ihm zu, ein bisschen wehmütig. Dann stand ich auf, kam zu ihm, und umarmte ihn, mit dem linken Arm nur, aber ganz fest.
    "Ich werde dich vermissen." murmelte ich, halb in sein Haar hinein. Dieser Moment... Massas kräftige Schulter, sein mir so lieber Geruch... das Kitzeln einer Haarsträhne an meiner Wange... das Plätschern des Springbrunnens, die Farbenpracht der Blumen, die ihn umrankten... Salz in der Luft... in der Ferne die Geräusche vom Campus... ich wollte all dies festhalten, mit beiden Händen, genau diesen flüchtigen Moment, aber während ich diesen Wunsch noch dachte, war der Strom der Zeit schon weitergeflossen, und hatte uns, und den Moment mit sich getragen. Ein Abbild blieb, tief in meine Erinnerung graviert... bis auch dies irgendwann von jenem Strom hinweggetragen würde.

  • Das Angebot des Praefecten zum Patronat war wertefrei gewesen. Sah man es im Zusammenhang mit dem was Faustus offenbarte, dann war es schwierig. Ich konnte das Angebot nicht annehmen. Das Verhältnis der Decimer zu den Octaviern war empfindlich gestört. Darüber konnte das gute Verhältnis zwischen Octavius Dragonum , Faustus und mir nicht hinwegtäuschen.


    Faustus Blick und seine Umarmung riefen zum Abschied nehmen. Ich legte die Arme um ihn, klopfte ihm leicht auf den Rücken. Sein Stimme, ein warmer Hauch an meinem Ohr. Ich hätte ihn Stunden so festhalten wollen. Eine letzte Vertrautheit. “ Wir sehen uns bald wieder. Grüße Seiana von mir. “ Vermissen? Es wurde fast trostlos ohne ihn. Alles sollte sich für mich von Grund auf ändern. “ Ich schreibe dir, sobald ich in Misenum bin. Pass auf dich auf.” Ich sah ihm in die Augen. Ich merkte wie meine feucht wurden. Ein Kuss, eine sanfter Strich mit meiner rechten Hand über seine Wange. “ Vale Faustus, mögen die Götter dich beschützen und gesund nach Rom bringen.” Ein leichter Schlag auf seine linke Schulter. “ Wir sehen uns.” Es wurde Zeit. Gepackt waren seine Sachen. Es gab für mich nichts mehr zu tun. Lange Abschiedszenen hasste ich. Ein unwohles Gefühl im Magen blieb. Ich salutierte. “ Vale, Tribun Decimus Serapio. Ich melde mich zum Dienst ab und wünsche dir bei allen Göttern einen guten Posten in Rom. ” Das war die offizielle Verabschiedung, sie machte es ein klein wenig leichter. Pontia begleitete mich bis zur Tür. “ Passt auf ihn auf.” war meine Bitte an sie, als ich die Casa verließ.

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