Kandidatur zum Cursus Honorum [04/10] - Marcus Decimus Livianus

  • Die Liste der Kandidaten für die diesjährige Wahl zum Cursus Honorum war lang und trotzdem machte der Consul bei jedem eine gewichtige Mine, als er ihn aufrief, um sich vor dem Senat zu erklären:


    "Es tritt vor: Senator Marcus Decimus Livianus, welcher zum Consulat kandidiert."

  • Die Rede seines Mitbewerbers um das Amt des Consuls, Flavius Furianus, war sehr beeindruckend gewesen und Livianus war für einen kurzen Moment unsicher, ob er jetzt noch die Mehrheit des Senats von sich und seinen Ideen überzeugen konnte. Hätte er von Furianus Vorhaben gewusst, so wäre er einer gemeinsamen Kandidatur nicht negativ gegenüber gestanden. Er ließ sich jedoch nichts von seinen Gedanken anmerken und trat in die Mitte der Senatshalle, als er aufgerufen wurde. Er räusperte sich und begann.


    "Verehrter Consul, geschätzte Kollegen des Senats!


    Ein weiteres Mal im Laufe meines bisherigen Lebens erlaube ich mir vor euch zu treten und mich für ein Amt im Cursus Honorum zu bewerben. Wie der Consul bereits sagte, strebe ich bei den kommenden Wahlen demütig und selbstlos seine Nachfolge an und hoffe auf eure Zustimmung und Unterstützung bei diesem ehrenvollen Vorhaben.


    Zu meiner Person und meinem bisherigen Lebensweg werde ich nicht viele Worte verlieren, da mein Lebenslauf den meisten von euch bestens bekannt sein wird. Zuletzt, sei kurz erwähnt, habe ich dem Senat vor zwei Amtsperioden als Praetor Urbanus gedient und davor dem Kaiser als langjähriger Legionskommandeur und Berater im Consilium Principes. Nun sehe ich den Zeitpunkt gekommen, um auch den letzten und größten Schritt im Leben eines Senators zu wagen und für das höchste Amt unserer Res Publica zu kandidieren. Ich treffe diese Entscheidung wohl überlegt, denn sie sollte keines Falls leichtfertig gefällt werden und ich bin mir sicher auch in eurem Sinne zu sprechen wenn ich sage, dass in Zeiten wie diesen ein starker Senat und ebenso starke Amtsträger im Cursus Honorum für Rom und das römische Volk unverzichtbar sind."


    Livianus Blick, der bisher freundlich und offen durch die Runde der Senatoren geschweift war, verweilte in diesem Moment deutlich ernster bei Vescularius Salinator und ein kurzer Moment verstrich, ehe er weiter sah und das Wort wieder aufnahm.


    "Nach wie vor ist unser geliebter Kaiser fern der Hauptstadt und damit auch gezwungen einen Großteil seiner Regierungsgeschäfte in andere Hände zu legen. Ich weiß, unsere Gedanken sind bei ihm und unsere Gebete begleiten ihn. Doch haben wir als Senat nicht die heilige Pflicht mehr zu tun als nur zu beten und zu hoffen? Haben wir nicht die Pflicht unserem Kaiser mit all unserer Kraft beizustehen und dem Volk von Rom zu dienen, so wie wir uns alle durch unseren Eid verpflichtet haben? ……zum Wohle des Volkes, des Senates und des Kaisers des Imperium Romanum……


    Ich denke das haben wir! Und wie könnten wir das besser als durch ehrenvolle Erfüllung unserer Pflichten und Traditionen, durch die unsere Res Publica seit jahrhunderten Bestand hat und auch weiterhin haben wird. Die Consularen der letzten Jahre, allen voran Consular Aelius Quarto und Consular Tiberius Durus, habe wichtige Reformen durchgesetzt und einen wertvollen Grundstein für zukünftige Nachfolger gelegt. Ihnen habe ich es zu verdanken, dass ich mir im Falle meiner Wahl ein anderes Ziel setzen kann, als die primäre Überarbeitung von Gesetzen und Richtlinien. Ich kann und möchte mein Augenmerk nun auf die tatsächliche Arbeit und das Wirken des Senats legen.


    Im Falle meiner Wahl zum Consul möchte ich gemeinsam mit euch allen und natürlich in enger Abstimmung mit dem Kaiserhaus an einer Wiedererstarkung des Senats und der Ämter des Cursus Honorum arbeiten. Ich bin der Meinung der Senat und auch die einzelnen Amtsträger des Cursus Honorum könnten weitaus aktivere Arbeit bei einzelnen Agenden der Regierungsgeschäfte oder der Unterstützung des vom Kaiser bestimmten Vertreter anbieten und letztendlich dadurch auch Sorge tragen, dass sich die bedauernswerte Abwesenheit unseres geliebten Kaisers, so lange sie auch noch dauern möge, nicht negativ auf Rom und das Volk auswirkt. Es gibt viele Ansatzpunkte die hier angedacht werden können, schließlich sind die meisten Senatoren wichtige Amtsträger in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Mein erster Weg als Cosnsul wird mich daher nach eingehender Beratung mit euch zum Kaiser führen, um ihn diesen Vorschlag zu unterbreiten und ihm dem bedingungslosen Rückhalt und die Unterstützung durch den Senat zuzusichern. Der Senat sollte nicht nur zum zusehen verdammt sein geschätzte Kollegen.


    Ich hoffe, dass ich euch damit ebenso aus dem Herz spreche, wie es in meinem Fall zutrifft, in der festen Überzeugung dem Volke Roms einen wichtigen Dienst zu erweisen. Ich bin ein Mann der Tat, dass wisst ihr und Taten möchte ich mit eurer Unterstützung auch folgen lassen. Ich Danke euch."


    Dann erwartete der Senator die Fragen und Wortmeldungen seiner Amtskollegen. Seine Ziele waren anders als die der Gegenkandidaten. Auch wenn er sich Gesetzesänderungen keinesfalls versperrte, vielleicht sogar selbst den einen oder anderen Vorschlag dazu hatte, so waren sie nur von sekundärer Bedeutung für ihn.

  • Auch bei dieser Kandidatur meldete Macer sich recht bald zu Wort, um bei der Wahl des Consuls wirklich nichts dem Zufall zu überlassen.


    "Decimus Livianus, kannst du uns einige Beispiel nennen, wo du glaubst die Aktivität der Magistrate oder Senatoren bei der Ausübung von Regierungsgeschäften oder anderen Aufgaben steigern zu können? Mir ist nicht ganz klar, was ich mir unter einer solchen Zielsetzung vorzustellen habe, da die Aufgaben der Magistrate ja genauso wie jene der kaiserlichen Curatoren, Procuratoren und Praefecten recht genau definiert sind", hakte er nach, da er die Rede in diesem Punkt etwas vage fand.

  • Decimus Livianus kandidierte also auch - Durus war auch in diesem Falle eher überrascht gewesen, denn so lange war es nicht her gewesen, dass er noch Praetor gewesen war und zwischen diesen Ämtern lag normalerweise eine längere Zeit als zwei Jahre. Dennoch - Livianus hatte alles getan, was man benötigte, um sich für ein Consulat zu qualifizieren: Er hatte militärischen Ruhm gewonnen, den Pöbel beeindruckt (mit einer spektakulären Rückkehr aus der Gefangenschaft), war Mitte Vierzig (fast etwas jung, aber durchaus in angemessenem Alter) und hatte durchaus die eine oder andere gute Verbindung.


    All das konnte ihm jedoch kaum helfen, denn Durus' Stimme gehörte schon einem anderen Kandidatenpaar - obschon Herennius Pulvillus kein besonders guter Freund des Tiberiers war. Aber er war derjenige, den Furianus für sein Gespann gewählt hatte, also musste Durus dem Urteil vertrauen. Und abgesehen davon waren Durus und Livianus ja auch nicht soo gut befreundet - nicht zuletzt aufgrund einer demonstrativen Konfrontation, als Durus als Consul in höchster Bedrängnis gehandelt hatte!


    "Ich weiß nicht, ob man nach nur zwei Jahren vom Praetor zum Consul kommen sollte..."


    murmelte er daher in Richtung seiner Nachbarn - denn nicht überall hatte Furianus so verlässliche Freunde wie bei ihm!

  • "So ist es Senator Purgitius. Die Aufgaben der Amtsträger sind genau definiert, was allerdings nicht heißt, dass man diese nicht, wenn auch nur zeitlich beschränkt, umdefinieren kann.


    Unsere Vorgänger haben bei der Einführung des Prizipats vor über hundert Jahren den Kaiser mit sehr viel Macht ausgestattet und ihm damit zum Regenten über das Imperium Romanum erhoben. Legislative durch Recht auf Einberufung der Volksversammlung und des Senates, Exekutive als Oberbefehlshaber des Heeres und Judikative als oberster Richter, um die drei Wichtigsten zu nennen. Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass niemand außer unserem geliebten Kaiser diese Amtsgewalten auf sich vereinen sollte.


    Die Realität sieht heute wie wir alle wissen und zu meinem großen Leidwesen jedoch anders aus. Man könnte derzeit meinen, dass Vescularius Salinator all diese Amtsgewalten auf sich vereint hat und auch willkürlich ausübt."


    Nun war es endlich passiert. Livianus hatte den Namen des Vesculariers laut und deutlich ausgesprochen und somit als erster Senator klar und deutlich Stellung gegen den Mann und seine Machenschaften bezogen, was auch vielen anderen ein großer Dorn im Auge war. Mit ernster Mine sah er in seine Richtung, während er weiter sprach.


    "Das Amt des Praefectus Urbi, welches ich selbst einige Zeit lang inne gehabt habe und daher sehr wohl weiß wovon ich rede, sieht die Vertretung des Kaisers in allen Belangen in und um Rom vor. Es sieht jedoch nicht die Neubesetzung von Statthaltern und eine Weisungsbefugnis ihnen gegenüber, die Einberufung von neuen Senatoren, die Ernennungen von Rittern und ritterlichen Offizieren, die Einsetzung neuer Kommandanten sowie die Befehlsgewalt über den ganzen Exercitus Romanus vor. All dies und noch viel mehr passiert derzeit jedoch Tag für Tag und die Administratio Imperatoris wird jeden der daran zweifelt bestätigen, dass alle wichtigen Entscheidungen über unser Reich seit längerer Zeit ausschließlich aus der Castra Praetoria kommen. Wo sind sie hier, die genau definierten Aufgaben?"


    Nun war Livianus endlich an dem Punkt angelangt, nach dem Macer ursprünglich gefragt hatte. Er wendete seinen Blick von Salinator ab und sah wieder in die Runde der Senatoren.


    "Einige meiner Vorschläge an den Kaiser und den Senat wären daher die Berufung eines ständigen Consilium Principes, welches sich um alle Belange des Exercitus Romanus kümmert sowie Entscheidungen über die Entsendung von kaiserlichen Statthaltern, Kommandeuren und Offizieren trifft. Einen ständigen Rat der Reichspräfekten, die nur gemeinsam und durch Beschluss aller Praefecten das Recht der Befehlsgewalt über den Exercitus Romanus ausüben können. Eine Ausweitung der Befugnisse aller amtierenden Praetoren, was die Berufungsinstanz gegen gerichtliche Urteile in den Provinzen anbelangt, sowie eine Befugniserweiterung der Aedilen in Bezug auf die Überwachung der Getreideverteilung in Rom, die derzeit ausschließlich in der Hand des Praefectus Annonae liegt, der auch dem Praefectus Urbi unterstellt ist. Weiters sollte das Recht auf die Ernennung von Senatoren und die Erhebung in den Ordo Senatorius ausschließlich im Senat oder durch die vom Senat ernannten Magistrate getroffen werden. Ein wichtiger Punkt ist auch die Verwaltung des Aerarium, die wieder zur Gänze auf den Senat übergehen sollte.


    Ich möchte noch einmal betonen, dass es sich um Vorschläge handelt, die selbstverständlich hier im Senat und immer mit der Zustimmung des Kaisers getroffen werden sollen und die als Übergangslösung zu verstehen sind, bis unser geliebter Kaiser seinen rechtmäßigen Platz hier in Rom wieder einnehmen kann."

  • "Senator Decimus Livianus, ich gratuliere dir zu deiner Redekunst. Eine wirklich fesselnde Rede, das muss ich schon sagen. Sie hat mich wahrhaft gefangen genommen.
    Aber ich habe dennoch eine Frage. In der Vergangenheit hast du schon einmal deine Missachtung gegenüber den Wünschen des Senats offen gezeigt. Warum willst du dich nun als Consul an seine Spitze stellen?"


    Als der dem Decimer noch gratulierte, setzte er noch ein Gesicht voller Freundlichkeit auf, aber bei der Frage danach war er vollkommen ernst. Er hatte die Posse des Decimers nach dessen Rückkehr aus Parthia noch gut in Erinnerung. Mit der Begründung nur dem Kaiser verpflichtet zu sein hatte er sich geweigert, die vollkommen gerechtfertigten Fragen des Senats zu beantworten, was deutlich zeigte, wie wichtig ihm dieser wohl war.

  • Livianus wandte sich leicht verdutzt an den Annaeer. Er hatte mit einigen Reaktionen aus den Reihen der Senatoren gerechnet, aber keinesfalls damit, dass man seine offene Anschuldigung gegen den Praefectus Urbi und seine einschneidenden Änderungsvorschläge einfach abhackte und zur nächsten Frage über ging. Er versuchte die Zwischenfrage dennoch mit gebotenem ernst abzuhandeln. Vielleicht bot dies ja auch dem Vescularier Zeit um eine Stellungnahme zu formulieren. Dieser war nicht unbedingt als großer Redner bekannt, aber er würde Livianus Worte bestimmt nicht auf sich sitzen lassen.


    "Ich denke du ziehst dabei etwas zu streng mit mir ins Gericht mein Lieber. Ich habe damals eine Entscheidung getroffen die jeden von euch zugestanden wäre. Würde ich den Senat generell Missachten oder seine Rolle als höchstes Gremium unseres Reiches in Frage stellen, wäre ich wohl kaum noch ruhigen Gewissens ein Mitglied dieser ehrenwerten Runde. So viel Ehrgefühl kannst du mir zugestehen.


    Als Consul kandidiere ich, weil unser Reich mehr den je einen starken Senat und eine ebenso starke Führung benötigt. Die Führung kann ich euch bieten, doch den Senat zu stärken, schaffen wir nur gemeinsam."

  • Kurios, wer dieser Tage alles kandidierte. Ich sah die Sachlage ähnlich wie Modestus, der mir scheinends immer noch gram war aus einem Grund heraus, den ich nicht rekonstruieren konnte. Skepsis empfand ich bei Livianus' Aufzählung der Dinge, die einem Stadtpräfekten nicht zustanden. Ich fragte mich, ob er mehr wusste als andere, was die konkreten Anweisungen des Kaisers an seinen Stellvertreter anbelangte. Dabei war es ganz und gar nicht so, dass ich Vesularius Salinator traute - ich empfand es nur als unklug, ihn ohne offensichtliche Rückendeckung vor dem Senat - in dem er Mitglied war - indirekt zu kritisieren. Deshalb wandte ich gespannt den Kopf, um Salinators Reaktion auf diese Herausforderung nicht zu verpassen.

  • Potitus hatte seine Augenbrauen ärgerlich zusammengezogen. Seine ganze Miene hatte sich deutlich verfinstert ab dem Moment, in dem Livianus das Wort ergriffen hatte. Nun ließ der Praefectus Urbi sich das Wort erteilen und erhob sich. "Sehr interessant, was Du da für Vorwürfe gegen mich erhebst, Decimus. Wirklich sehr interessant. - Der gute Decimus hat ganz offensichtlich einige Dinge nicht richtig verstanden, daher erläutere ich sie gerne. Ich habe durchaus nicht nur das Amt des Praefectus Urbi inne, sondern wurde außerdem vom Kaiser damit beauftragt und auch von ihm mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet, ihn während seiner Krankheit in sämtlichen Belangen zu vertreten. Dies ist selbstverständlich nicht mit den aus gutem Grund eingeschränkten Befugnissen zu vergleichen, die Decimus Livianus während seiner Zeit als Praefectus Urbi gehabt hat." Salinator machte eine kleine Pause, damit auch alle Zeit genug hatten, diese Worte zu verinnerlichen.


    "Die Willkür, auf die Decimus hier anspricht, betrifft eine Standeserhebung, um die er mich gebeten hat. Ich sprach auf die fehlenden Verdienste des Betreffenden an und bekam von Decimus vorgeworfen, dass Verdienste doch wohl keine notwendige Voraussetzung seien, sondern allein die gute Herkunft für die Standeserhebung ausreichen sollte. Ich verweigerte diese Standeserhebung, nebst den anderen vorgebrachten Forderungen, die Decimus Livianus an jenem Tag an mich herangetragen hatte." Wieder ließ er den Anwesenden Zeit, seine Worte aufzunehmen.


    "Es ist nicht schwer zu erkennen, was Decimus Livianus will, er sagt es sogar ganz offen: Des Kaiser Macht beschneiden. Nicht, dass der Senat oder die Consuln befugt wären, eigenmächtig die Machteinschränkung des Kaisers zu beschließen. Es liegt allein beim Kaiser, eventuell Machtbefugnisse auf den Senat zu übertragen und nicht beim Senat, sie dem Kaiser zu entreißen." Was dieser Decimus hier vorbrachte, war offener Verrat. Daran wurde auch nichts geändert, indem er noch schnell hinterhergeschoben hatte, dass er die Zustimmung des Kaisers für die Beschlüsse einholen wollte.

  • "Ich habe das Gefühl du hast mir nicht richtig zugehört Vescularius….. wo ich doch mehrmals davon gesprochen habe, den Kaiser um diese Änderungen zu bitten und niemals von einem alleinigen Entscheid des Senats gesprochen habe."


    Theatralisch schüttelte Livianus verneinend seinen Kopf und stieß einen tiefen Seufzer aus als wollte er damit zum Ausdruck bringen, dass der Praefectus einfach nur unfähig war seine Worte richtig zu verstehen. Diese Geste löste das eine oder andere Schmunzeln im Senat aus, was Salinators Zorn vermutlich nur noch steigerte.


    "Und glaube mir. Meine eigenen Wünsche und diese abgewiesene Standeserhebung haben nicht das Geringste mit dem Ganzen zu tun."


    Dann ordnete der Decimer kurz seine Gedanken neu und ließ von Salinator abgewandt eine kurze Pause verstreichen, ehe er sich wieder zu ihm drehte und angriffslustig einen Schritt auf ihn zumachte. Er hatte damit gerechnet, dass der Vescularier die Stellvertreterregelung vorbrachte und war dementsprechend darauf vorbereitet.


    "Du behauptest also dass der Kaiser gemäß unseren Gesetzen die Stellvertreterregelung in Kraft gesetzt hat und dich nach § 20 des Codex Universalis zu seinem Stellvertreter ernannt hat."


    Es war eine Feststellung und Livianus wandte sich ohne auf Antwort zu warten wieder an den Senat.


    "Gemäß diesem Gesetz hat der Kaiser bei einer solchen Maßnahme dafür Sorge zu tragen, dass diese Regelung allgemein bekannt ist. Kann irgendjemand der Anwesenden eine solche offizielle Bekanntmachung durch unseren Kaiser bestätigen oder gibt es vielleicht ein kaiserliches Dekret, dass ein Inkrafttreten der Stellvertreterregelung belegt? Gibt es ein Schreiben an den Senat das vergessen wurde zu verlesen?


    Irgendetwas das die Worte unseres geschätzten Kollegen Vescularius Salinator bestätigen können?"

  • Auf die Programmpunkte des Decimers wollte er nicht eingehen, aber wenn sich eine Person dafür Aussprach die Macht des Senats zu erweiteren, stand er diesem Thema stets wohlwollend gegenüber.


    "Du wirst einen brauchbaren Consul angeben, es gab schon viele schlechtere als dich, aber ich hoffe du wirst als Consul auf solche Selbstdarstellung wie bei deiner Rückkehr verzichten, dies wäre unter der Würde des Amtes des Consuls und des Senats."

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    DOMINUS FACTIONIS - FACTIO PURPUREA

    SODALIS MAIOR - GERMANITAS QUADRIVII

    Stadtpatron - Tarraco

  • Macer hatte zwar nicht vor, den Praefectus Urbi in dieser Debatte zu verteidigen, aber es missfiel ihm, dass Decimus Livianus seine Frage nicht so klar beantwortet hatte, wie Macer sich das gewünscht hätte. "Mir ist nicht bekannt, dass dazu ein kaiserliches Decretum nötig wäre", mischte er sich daher ein. "Soweit mir der Paragraph geläufig ist, heißt es nur, dass für die Bekanntmachung zu sorgen ist und ich habe doch den Eindruck, dass allen hier im Saal bekannt ist, dass Vescularius Salinator den Kaiser während dessen Abwesenheit vertritt." Er machte nur eine kurze Pause, der der Grund seiner erneuten Wortmeldung war eben ein anderer. "Im Übrigen hast du meine Frage nicht wirklich beantwortet. Ich fragte nicht, wie du die Rechte der amtierenden Magistrate erweitern möchtest, sondern wie du deren Aktivität steigern möchtest. Genau dieses hast du in deiner Rede versprochen und sich sehe nicht, was die Einsetzung eines ständigen Consiliums gemäß der Stellvertreterregelung mit der Steigerung der Aktivität der Magistrate zu tun hat. Oder die Cura Annonae. Ich für meinen Teil hatte während meines Aedilats genug zu tun, um von morgens bis abends aktiv zu sein, ohne dass ich noch den Praefectus Annonae seine Aufgaben hätte wegnehmen müssen."

  • Livianus wusste nicht ob er über Macers erste Aussage lauthals loslachen oder lieber weinen sollte. Zum einen weil sie an Naivität kaum noch zu übertreffen war und zum anderen weil Salinator es allem Anschein nach tatsächlich nur durch sein pöbelhaftes und selbstsicheres Auftreten geschafft hatte, seine zweifelhafte Vormachtsstellung selbst ohne Bestätigung durch den Kaiser durchzusetzen.


    "Ich entnehme also deinen Worten Senator Macer, dass der Senat niemals eine offizielle Stellungnahme des Kaisers, weder in schriftlicher noch in mündlicher Form erhalten hat und dennoch allen bekannt ist, dass Vescularius Salinator der rechtmäßige Stellvertreter des Kaisers ist. Hmm…. Verzeiht mir, aber dann sitzen hier im Senat entweder lauter Hellseher, oder wir haben uns alle gemeinsam von Salinators Auftreten blenden lassen."


    Gab es denn tatsächlich niemanden in den Reihen dieser ach so ehrenwerten Herren der es wagte sich diesem Möchtegernkaiser gemeinsam mit Livianus in den Weg zu stellen? War ihnen denn die Zukunft unseres Reiches schon so Gleichgültig geworden, dass sie einfach alles als gegeben hinnahmen und wegsahen, wenn es ungemütlich werden konnte? Konnte dann schon jeder hier in Rom einfach so die Macht ergreifen, ohne das es den Senat überhaupt interessierte? Verstand denn niemand, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war, um einfach weg zu sehen und nur an seine eigenen Vorteile zu denken?! Der Decimer atmete tief durch und beantwortete resignierend Macers zweite Frage, die ebenso ärgerlich war wie seine indirekte Verteidigung von Salinator, denn anscheinend hatte der Purgitier nicht gut genug aufgepasst oder versuchte vielleicht sogar mit Absicht Livianus das Wort im Mund umzudrehen.


    "Was deine Frage betrifft, so hast du mich wohl nicht richtig verstanden Senator. Ich habe nie davon gesprochen die Aktivität der Magistrate zu steigern. Ich bin überzeugt jeder der sich für ein öffentliches Amt im Cursus Honorum bewirbt, macht seine Arbeit gewissenhaft und mit dem nötigen Fleiß. Ich hingegen sprach davon, dass die Amtsträger des Senats eine aktivere Arbeit bei einzelnen Agenden der Regierungsgeschäfte übernehmen könnten, welche derzeit noch nicht zu ihren Aufgabenbereichen zählen. Das sind zwei vollkommen untschiedliche Aussagen."

  • Aus mehreren Gründen meldete sich Modestus nun nocheinmal zu Wort. Zum einen wurde die Legimitation des Vesculariers angezweifelt, was Modestus nicht gefallen konnte. Denn es war schließlich dieser der seinen Vetter als Procurator a libellis eingesetzt hatte. Und er wollte Varus auch weiterhin auf diesem Posten sehen. Außerdem war es doch sehr respektlos, wie der Decimer hier den Kaiser und Purgitus Macer anging.


    "Versuche hier nicht mit irgendwelchen fadenscheinigen Debatten abzulenken. Im Senat mögen zwar keine Hellseher sitzen, was ich auch für höchst unrömisch halten würde, aber die Mitglieder dieser Versammlung verfügen über gesunden Menschenverstand! Zumindest die meisten..."


    sagte Modestus scharf und sah den Decimer herausfordernd an. Selbst wenn der Kaiser sich nicht an dieses Gesetz gehalten hatte, konnte er dies jederzeit nach belieben ändern. Und was Weisungsbefugnis gegenüber der Kanzlei anging konnte der Kaiser schließlich verfahren wie er wollte. Und wer war schon der Decimer um den Kaiser an den Pranger zu stellen?


    "Glaubst du wirklich, dass Vescularius Salinator nur durch sein pompöses Auftreten heimlich hinter dem Rücken des Princeps schalten und walten kann? Dass die Kanzlei tut was er ihr sagt, nur weil er sich aufspielt? Dass der Praefectus Praetorio nichts dagegen unternimmt, weil er ihm glaubt, und der Princeps selbst dies nicht erfahren würde? Wir reden hier von der Vergabe ritterlicher und senatorischer Posten und auch von Statthalterschaften. All dies kann man sogar in der Acta Diurna nachlesen.
    Wenn Vescularius Salinator gegen die Wünsche unseres geschätzen Princeps handeln würde, dann hätte dieser längst schon etwas unternommen."


    sagte Modestus und hatte deutlich das Bild eines Praetorianers vor Augen, der dem glatzköpfigen Vescularier ein Gladius in den Bauch stieß. Auch wenn er diese Vorstellung für äußerst unappetitlich hielt, war es doch die deutlichste Äußerung von kaiserlichem Unmut.


    "Also höre endlich auf mit deiner lachhaften Scharade, um von dir abzulenken! Vielleicht rüht das ja aus deiner Zeit in den parthischen Gefängnissen zurück, aber hier ist es fehl am Platz, wenn du die Gunst der Senatoren erlangen willst."

  • Livianus nahm die Scharfe Wortmeldung seines Senatskollegen vollkommen unbeeindruckt und ruhig hin. Das der Vescularier bereits seine Fürsprecher und Speichellecker in den Reihen der Senatoren gefunden hatte, die sich nun aufopfernd vor ihn warfen, um ihn zu schützen, damit hatte er bereits gerechnet. Das jedoch nun kein einziger der Gegner dieses Thronräubers den Schneid besaß aufzustehen und Livianus zu unterstützen, machte ihn wesentlich mehr Sorgen. Hatte er den falschen Zeitpunkt gewählt, um Salinator öffentlich seine Verfehlungen vor Augen zu halten? Begriffen die Senatoren tatsächlich nicht was vor sich ging?


    "Senator Annaeus. Ich versuche keinesfalls von mir abzulenken. Immerhin stehe ich hier vor euch und vertrete meine Standpunkte."


    Dann ließ er eine kurze Gedankenpause ehe er weiter sprach. Ruhig und besonnen antwortete er dem Annaeer vollkommen ernst und von seiner Sache überzeugt.


    "Und was deine Fragen betrifft. Ja, das glaube ich."


    Anders als die meisten Senatoren hatte Livianus die Ehre den Kaiser persönlich zu begegnen und bereits damals hatte er einen sehr angeschlagenen Eindruck auf ihn gemacht. Von Quarto hatte er gehört, dass sich der Gesundheitszustand des Princeps eher verschlechtert, anstatt verbessert hatte. Wer also sollte Salinator im Weg stehen? Wer sollte ihn in seine Schranken weisen? Der Kaiser jedenfalls nicht mehr. Doch dies behielt er für sich. Keinesfalls wollte er den Kaiser als kranken, schwachen Mann darstellen und den Senat und das römische Volk nur noch mehr verunsichern. Eine schwierige Situation.

  • Potitus lachte. Er lachte lauthals und wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. Es dauerte ein wenig, bis er sich so erholt hatte, dass er auf die Worte des Decimers reagieren konnte. "Du hättest Dich besser informieren sollten, Decimus. Was für ein Armutszeugnis für einen Mann, der als Consul Roms kandidieren möchte! Die mir vom Kaiser erteilten Vollmachten kannst Du gerne einsehen, so wie jeder andere hier selbstverständlich ebenso dazu eingeladen ist. Ich frage mich, warum Du nicht danach gefragt hast, als Du damals bei mir warst, um mich zu verschiedenen Entscheidungen zu bewegen. Merkwürdigerweise hast Du damals meine Kompetenzen nicht angezweifelt, als Du noch glaubtest, dass ich alle Entscheidungen ganz nach Deinen persönlichen Wünschen fällen würde. Nein, das ist wirklich lachhaft, was Du hier für eine Vorstellung gibst. - Annaeus hat vollkommen Recht: Du willst von den wirklich wichtigen Themen und vor allem von Dir selbst ablenken."

  • Livianus ließ sich von der heiteren Stimmung des Praefectus Urbi nicht beunruhigen, blieb bei seinem Standpunkt und setzte alles auf eine Karte.


    "Dann bitte ich dich jetzt darum. Es wird bestimmt kein Problem sein einen Schreiber los zu schicken, der uns die offiziellen Dokumente aus dem Archiv holt, oder wo auch immer du sie hinterlegt hast. Vielleicht kannst du mich auch zwischenzeitlich darüber Aufklären, wo der Kaiser deine umfangreichen Vollmachten bekannt gegeben hat, nachdem ich anscheinend der einzige Senator bin, der dies verpasst hat."

  • Potitus lachte noch immer. "Dies hier ist Deine Anhörung zu Deiner Kandidatur, keine Anhörung zu meinen Kompetenzen. Die Vollmachten liegen vor, sie wurden mir offiziell vom Kaiser übertragen, wie eigentlich alle der hier Anwesenden wissen sollten. Nein, ich schicke keinen Scriba. Du wirst Dich schon zu mir bemühen müssen." Dieser Decimer machte sich immer unmöglicher. Wer diesen Mann zum Consul wählte, dem musste doch der Verstand völlig abhanden gekommen sein. Als nächstes würde Livianus wohl versuchen, den Kaiser selbst anzugreifen und dessen Fähigkeit, derlei Entscheidungen zu fällen.


    "Ich bitte nun vielmehr Dich, endlich vorzubringen, was Du wirklich während der Amtszeit als Consul leisten möchtest. Aufgabenumverteilung für Amtsinhaber scheint neben Angriffen auf die Machtbefugnis des Kaisers Dein Schwerpunkt zu sein. Vielleicht erläuterst Du uns, was genau Du da im Auge hast? Welches Amt ist Deiner Meinung nach mit den falschen Aufgaben belegt und soll andere bekommen? Und was geschieht mit denen, von denen Du diese Aufgaben abziehst?"

  • Es gab also keine Vollmachten zu sehen. Livianus hatte es eigentlich auch nicht anders erwartet und daher wirkte er auch wenig überrascht vom raschen Themenwechsel des Vesculariers, der nun in die Offensive ging. Sein Blick wandte sich für einen Moment von Saliantor ab und streifte durch die Runde der Senatoren. Bis auf die Wenigen, deren Loyalität sich Livianus sicher sein konnte, waren die Gesichter eher missmutig und angespannt. Hatte er tatsächlich den falschen Zeitpunkt gewählt? Hätte er besser die Wahlen abwarten und so wie unzählige Kandidaten vor ihm diese Hallen mit fadenscheinigen kurzen Reden entehren sollen, in denen sie irgendwelche Versprechungen und Zugeständnisse abgaben, die sie dann meist doch nicht hielten oder die keinerlei Auswirkungen auf die Geschehnisse im Reich hatten? Dies war schon immer ein Problem des Senats. Schwamm man mit dem Strom, konnte einem nicht viel passieren. Es waren Männer ohne Ecken und Kanten, ohne Charakter oder wirklichen Werten, die meist die höchsten Wahlergebnissen erzielten. Man konnte fast glauben die Wahlen waren meist ein Beliebtheitswettbewerb, als das Ergebnis von politischen Überlegungen. So wie es aussah traf auch ihn nun das Schicksal der Freidenker und Aufzeiger – sein politisches Schicksal schien bereits jetzt besiegelt zu sein. Doch wie es auch ausging, er würde diese Halle gehobenen Hauptes verlassen. Selbst wenn er damit leben musste, dass sein einzig erzieltes Ergebnis nach all dem war, den Senatoren eines Tages sagen zu können - Ich habe es auch schon damals gesagt. Sofern er diesen Tag überhaupt noch erlebte. In seiner Stimme lag wieder eine seltsame Ruhe.


    "Was mit denen geschieht, von denen ich die Aufgaben abziehen möchte, kannst du wohl besser beantworten als ich Vescularius. Es wird, wie ich bereits Eingangs gesagt habe, in erster Linie Ämter betreffen die unter deinen Einflussbereich fallen. Solltest du tatsächlich vom Kaiser bevollmächtigt worden sein, während seiner Abwesenheit seinen Platz einzunehmen und die Geschicke unseres stolzen Volkes zu lenken, so halte ich dies für die schlechteste Wahl die er treffen konnte. Daher ist es für mich als treuer Diener des Kaisers und des römischen Volkes unumgänglich dafür zu sorgen, dass deine Inkompetenz nicht all zu viel Schaden anrichtet."


    Dann wandte sich Livianus wieder an den restlichen Senat.


    "Natürlich hätte ich euch von Anfang an Wahlversprechen wie den Bau eines prunkvollen Gebäudes, die Verbesserung unseres Rechtsystems oder die hundertste Überarbeitung unserer Gesetze vortragen können. Nichts anderes war es, was euch meine Vorgänger in den letzten Jahren versprochen haben und sie alle wurden von euch gewählt. Wenn schon dies alleine reicht um vom Senat für das Amt des Consul würdig befunden zu werden, dann tut es mir leid, denn von mir werdet ihr das nicht hören. Diese Dinge erachte ich für so selbstverständlich wie die Abhaltung der consularischen Spiele zu Ehren unseres Kaisers oder den Vorsitz im Senat. Es geht jedoch um mehr. Es geht um unsere Zukunft.


    Heute befinden wir uns an einen Scheideweg. Wer dies nicht erkennen will, ist ein Thor. Ich weiß ihr seit nicht immer einer Meinung mit mir und viele haben vor mir ihre Stimme aus persönlichen Groll oder anderen unwichtiger Kleinlichkeiten zu verweigern. Doch ich bitte euch, denkt über meine Worte nach. Macht endlich die Augen auf und seht was vor sich geht außerhalb dieser Hallen und eurer meist heilen Welten. Und dann trefft eure Entscheidung."

  • Nachdem seine Frage beantwortet war, nahm Macer wieder Platz. "Danke, dies stellt in der Tat die erhoffte Präzisierung da", ließ er noch in Richtung des Kandidaten hören und schien zufrieden zu sein. Die Frage, wann und wo die Rechte von Vescularius Salinator veröffentlicht worden waren, hielt er zumindest in dieser Debatte für einen Nebenkriegsschauplatz. "Ein Nebenkriegsschauplatz zum falschen Zeitpunkt", raunte er seinen Nebensitzern zu. "Wenn er darauf gesetzt hat, dass die Hälfte desa Senates kein Freund von Salinator ist, hat er vermutlich nicht Unrecht, aber so wie er jetzt hier einen offenen Angriff fährt, wundert es mich nicht mehr, dass er in Parthia verloren gegangen ist." Er schüttelte den Kopf und war wieder still.

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