Sie war nun schon einen ganzen Tag in Rom. Und was nur konnte eine junge Frau, die Geld im Überfluss hatte und recht lange verhältnismäßig abgeschieden gelebt hatte, nun mit einem ersten Tag in Rom anfangen? Richtig, den Markt besuchen! Auch das Wetter hatte schon mit den ersten Sonnenstrahlen, die sie allerdings auf Grund eines langen, gesunden Schlafes nicht mitbekommen hatte, angekündigt diesen Tag wunderschön werden zu lassen. Aber gleich wie das Wetter war, ein Tag beim Einkauf konnte auch nur schwer anders werden. Den gröbsten Weg bis zum Markt hatte Livilla mit der Sänfte zurückgelegt, aber erfahrungsgemäß wurde es unangenehm voll und so hatte sie sich entschieden auf das Schaukeln zu verzichten und ihre eigenen Beine zu bemühen. Außerdem hatte sie so einen besseren Überblick über die mannigfaltigen Angebote und ihr Leibsklave sorgte schon dafür, dass ihr Weg nicht allzu voll war. Für ihre Verhältnisse über die Maßen vergnügt, ging sie in ihrem Kopf durch, was sie sich unbedingt noch zulegen musste, wenn sie einen erfolgreichen Einkauf hinlegen wollte! Auf jeden Fall würde sie prüfen was der Stoffmarkt derzeit zu bieten hätte. Es war zwar nicht unbedingt so, dass ihr Repertoire an Kleidung gering war, aber sie hatte schon länger nichts Neues mehr hinzugefügt und das war wirklich an der Zeit. Und Schmuck? Nun, wenn sie etwas Schönes zu Gesicht bekommen würde, würde sie das mit Sicherheit nicht liegen lassen. Tragen müssen würden eh die Sklaven. Sie wusste nicht einmal ihre Namen, aber die interessierten sie auch nicht im Geringsten. Hauptsache sie erfüllten ihren Zweck und trugen ihre Sachen und achteten auf ihr Wohlergehen.
„Apropos, eine neue Sklavin könnt ich auch brauchen, der alten gehen langsam die Ideen für meine Frisuren aus..“ murmelte sie leise vor sich hin und reckte sogleich etwas ihren Hals um den nächstbesten Sklavenstand auszumachen. Für sie war der Ruf des Händlers nicht relevant. Was aus dem Sklaven wurde hing immer ganz allein vom Herren ab. Wenn der Sklave nun gichtgeplagt war und kaum mehr laufen konnte, er aber schwere Arbeiten zu verrichten hatte, die Peitsche konnte alles richten. Die Qualität eines Sklaven konnte man jederzeit wiederherstellen lassen. Viele ließen sie schon wissen, dass ihre Haltung menschenverachtend und gemein war, aber immerhin waren Sklaven doch auch gar keine Menschen. Sie waren Gebrauchsgegenstände die es nicht besser verdient hatten, als eben als solche bezeichnet zu werden. Als sie einen Stand erreicht hatte, fand sie sogleich ein hübsches Mädchen, kaum älter als sie selbst.
„Was kann es?“ fragte sie den Händler mit sachlicher Stimme und deutete auf das blonde Mädchen. Ob sie aus Germanien war? Ob sie dann überhaupt etwas Sinnvolles an Tätigkeiten verrichten konnte?
„Ooooh!“ erwiderte der Händler mit geschäftiger Miene. „Sie hat eine reizende Singstimme und ist sehr lerneifrig. Man kann mit ihr wirklich einiges anstellen…“
„Zähne zeigen.“ Entgegnete Livilla knapp und winkte ihrem Sklaven zu, sich die Blondine einmal näher zu Gemüt zu führen. Sie selbst lauschte noch den Ausführungen des Sklavenhändlers, dass das Mädchen in die Sklaverei hineingeboren wurde und mit römische Gebräuchen aufgewachsen sei, ihre alte Herrin aber leider verstarb und sie nun auf den Markt musste. Livillas Miene jedoch war, trotz wohlwollender Gedanken, ziemlich starr.
"Ich gebe Dir 200." erklärte sie kühl und blickte den Händler direkt an, der nicht sonderlich glücklich mit dem Angebot war. Von Livilla ging eine feindselige Stimmung aus, die sie aber ganz bewusst mit ihrer stolzen Haltung und dem insgesamt recht edlen Auftreten einsetzte...
Reserviert.