Domus Aeliana - Cubiculum Axilla

  • Caius verstand sie einfach nicht. Sie wollte nicht mal kuscheln! Was hatte er ihr denn getan? Bei ihren Worten versteifte er sich. Dann schob er sie von sich hinunter und stand auf. Ihm war das alles zu viel. Axilla schien streiten zu wollen. Und wenn Caius in diesem Moment gewusst hätte, dass sie sich nur bei ihm so abstrus verhielt und bei alle anderen Kerlen Roms glücklich und niedlich und schüchtern gab, dann hätte er sie einfach stehen gelassen und wär in sein Zimmer gegangen, um da zu leiden und zu überlegen, was er tun sollte. So aber wusste er davon nichts, und deswegen versuchte er irgendwie, die Situation doch noch hinzubiegen. Axilla aber machte ihm das nicht besonders leicht. Er war nun schon zu zwei Kompromissen bereit gewesen, sie zu nicht einem einzigen. Wie sah das denn aus, wenn eine Frau ihrem Mann auf der Nase rumtanzte?


    »Das seh ich nicht so. Warum kannst du nicht mal ein einziges Zugeständnis machen, Axilla?« fragte er sie. Ihm war's doch egal, wen sie mitnahm, solange es nicht ein Hänfterling war, der noch jünger als sie war und nicht wusste, wo bei einem Dolch vorne und hinten war? Er hatte Perisander gekauft, damit sie Gesellschaft hatte. Er schickte ihr Leibwächter mit. Er dachte doch nur an sie und ihre Sicherheit! Da war vielleicht ein klein wenig Eigennutz dabei, aber warum musste Axilla auch so doof sein und das wahre Gesicht des Germanen nicht erkennen? Ihm fielen Serranas Worte wieder ein, und er schob sie weg. Wenn sie ihn, Archias, doch auch so verteidigen würde, dachte er bitter.


    »Das ist gar nicht gemein, das ist die Wahrheit, Axilla. Und so behandle ich dich gar nicht. Und wütend bin ich auch nicht. Ich hab Angst um dich, darum, dass es so bei dir weitergeht, wie es bei ihm aufgehört hat. Aber das willst du ja gar nicht verstehen. Wieso denn auch? Du denkst lieber an dich und daran, wie sehr sich dein Leben verändert hat. Dass du eingesperrt bist, dass ich dich einsperre. Du siehst nicht, dass es mich krank macht vor Sorge, wenn du die Wachen wieder abgehängt hast und noch nicht wieder zu Hause bist von...was auch immer. Ich will ja gar nicht wissen, was du machst, vielleicht triffst du dich wieder mit diesem Germanen und erzählst mir das nicht, weil du Angst hast, ich könnte ihn umbringen.« Und der Gedanke wurde immer interessanter. Caius wandte sich um. Er konnte sie dabei nicht ansehen, aber vielleicht würde sie trotzdem merken, welche Probleme er mit den Worten hatte.
    »Du hättest mich nicht anlügen brauchen. Ich hätte dich nicht geheiratet, wenn du nein gesagt hättest. Ich mein, für mich ändert sich nichts. Aber so geht das nicht weiter. Wir müssen irgendwie eine Linie finden, oder...« Aber daran dachte er nicht. Er wollte nämlich nicht.

  • Jetzt tat er auch noch so, als täte sie ihm damit etwas an, wenn sie sich nicht von seinen Leuten überwachen ließ! Und was hatte er denn jetzt auf einmal gegen Levi? “Warum kannst du nicht einfach akzeptieren, dass ich mir meine Wächter selbst aussuchen will? Und im Moment ist das Levi.“
    Kein einziges Zugeständnis... sie machte doch nur Zugeständnisse, seinetwegen! Sie wohnten hier, sie ertrug dieses ganze Brimborium, nur seinetwegen! Und er? Sie hatte ihr Heim verlassen für ihn. Und er? Was hatte er für sie aufgegeben? Nichts. Nun, vielleicht Seiana. Aber er hatte ja gesagt, er wollte lieber sie heiraten und nicht die Decima! Sie hatte ihm da nie auch nur eine Sekunde reingeredet! Sie hatte ja sogar noch ihn zu beschwichtigen versucht, als sie ihm ihre missglückte Abtreibung gebeichtet hatte. Man konnte ja fast sagen, sie hatte versucht, ihm Mut zu machen, die Beziehung zu Seiana zu retten.


    Aber dann eskalierte die Situation irgendwie. Während sie noch immer auf und ab lief, fing er auf einmal, ihr Vorwürfe zu machen. Axilla glaubte, sie hörte nicht richtig. Weil er paranoid war, war es ihre Schuld, dass er sich so aufführte? Als er Vala erwähnte, blieb Axilla abrupt stehen. Zum Glück mit dem Rücken zu ihr, sonst hätte er wohl kurz den ertappten Gesichtsausdruck in ihrem Gesicht gesehen. So aber stand sie nur da mit vor Zorn zitternden Fäusten, den Rücken ihm zugewandt, und vergaß den kurzen Schreck gleich wieder. Er wusste ja nichts von dem Treffen, welches ja auch ganz harmlos gewesen war. Vala war ein sehr ehrbarer Mensch, der nichts unehrenhaftes tun würde, davon war Axilla überzeugt.
    Sie drehte sich gerade auf dem Absatz herum, um ihm darauf eine Antwort entgegenzubellen, als er sie auf einmal doch perplex machte. Anlügen? “Anlügen?“ Was meinte er? “Was meinst du?“ Aber er redete auch schon weiter. Und dann kam es. Das oder. Axilla wurde mit einem Mal ganz weiß im Gesicht vor Schreck, und ihr Mund war ganz trocken. “Oder was?“ fragte sie erschreckt nach. Auch wenn sie schon wusste, was er sagen wollte.

  • »Aber Levi ist kein Leibwächter! Der weiß noch weniger als ich, wie rum man ein Schwert richtig hält!« wandte Caius ein und runzelte die Stirn. Außerdem war er nicht unbedingt kräftig. Eine Wache stellte man sich doch anders vor. Caius zumindest. Es musste ja nicht gleich ein nubischer Knochenbrecher sein. Caius seufzte. Tief.


    Caius sah Axilla jetzt doch wieder an, und dabei fühlte er sich irgendwie bedröppelt.
    »Ich meine«, sagte er ruhig.
    »Ich meine, dass du mich nicht hättest heiraten müssen. Wenn du mich nicht willst. Wenn du dich hier eingesperrt fühlst und so. Wir zanken uns nur noch.« Caius hob die Schultern und musste jetzt wieder wegschauen, weil Axilla weiß wie eine Wand wurde.
    »Oder...ich weiß auch nicht.« Er wollte nicht mehr sagen, was er gerade gedacht hatte, denn eigentlich wollte er nicht mal dran denken. Und gerade sah sie so erschrocken aus, dass es ihm schon gleich wieder leid tat, dass er sie eben so angeflaumt hatte. Er seufte, mal wieder.
    »Axilla.« Ein prüfender Blick.
    »Ich will nicht immer mit dir streiten. Lass uns zusammen wen aussuchen. Einen Sklaven von Silanus oder irgendeinen anderen Iunischen, wenn du willst. Bitte.«

  • “Du kennst Levi überhaupt nicht! Du hast keine Ahnung, was er kann und was er nicht kann!“ Soviel musste Axilla ihren Sklaven noch verteidigen, dass sie Archias da anfuhr. Levi gehörte zu den sehr wenigen Menschen, denen Axilla haltlos vertraute, und sicher, er wirkte schlacksig und unbeholfen, und er war auch jung, aber na und? Urgulania war von Psymmitychus beschützt worden, ein Schrank von einem Mann, und war trotzdem tot. Leander war auch nicht viel größer und breiter gewesen als Axilla, und dennoch hatte er sie erfolgreich beschützt und dabei sein Leben gelassen. Was sagte schon Erscheinung darüber aus? Levi konnte sehr wohl mit einem Dolch gut umgehen, nur dass Archias das nicht wissen konnte. Immerhin war es Sklaven in Rom auch verboten, Waffen mitzuführen.


    Dann aber kam das Gespräch auf den Teil, der Axilla schlicht zu viel war. Sie fühlte sich schwindelig und schlecht, als würde der Boden wanken. Auch wenn Archias zurückruderte und es nicht aussprach, sie wusste einfach, was er sagen wollte. Sie wusste, was er gemeint hatte. Auch wenn er danach fast schon resignierend klang und sie nichtmal direkt ansah, sie wusste, was er gemeint hatte.
    Er sagte etwas, von einem iunischen Leibwächter und von Silanus. Sie bekam es irgendwie gar nicht ganz bewusst mit. Ihr war gerade einfach nur schlecht. Das war alles zu viel. Viel zu viel. Weitaus mehr, als zu ertragen sie bereit war. “Geh jetzt bitte...“ Sie machte eine abwehrende Handbewegung, als wolle sie ihn vorsorglich auf Abstand halten. Das hier war einfach alles zu viel. Sie konnte jetzt nicht über irgendwelche Kompromisse nachdenken. Wollte sie auch gar nicht. Sie wollte grade nur ihren Magen in den Griff kriegen, der sich verkrampfte.

  • Irgendwie sah Axilla nicht so aus, als würde sie ihm noch richtig zuhören. Sie blinzelte nicht mal, oder Caius hatte es nicht mitbekommen. Er machte ein zerknirschtes Gesicht, das noch zerknirschter wurde, als sie ihn rausschickte und das mit einer Handbewegung unterstirch. Auf die Idee, sich zu widersetzen, kam er erst gar nicht. Er blieb noch kurz stehen, sah Axilla bedröppelt an und drehte sich dann rum, um wortlos zu gehen. Die Tür schloss er leise hinter sich.


    Was Axilla nicht wusste, war dass Caius sich in diesem Moment die schwersten Vorwürfe überhaupt machte. Er lud sich die ganze Schuld wegen der Streiterei auf seine eigenen Schultern (abgesehen davon, dass Axilla zu stur war, um das mit dem Germanen einzusehen!) und hatte ein mordsmäßig schlechtes Gewissen, weil er das mit der Hochzeit überhaupt gesagt hatte. Statt in sein Zimmer zu gehen, verschanzte er sich in seinem Büro und kritzelte auf einem Stückchen Pergament herum, das eigentlich zu teuer war für Caius' sinnloses Geschmiere. Aber irgendwas musste er machen, und seitdem er mit Axilla stritt, war sein Zimmer deswegen immer tiptop, weswegen er einfach nichts aufzuräumen hatte. Also kritzelte er. Und aß für den Abend nichts mehr, weil auch Axilla sich entschuldigen ließ.

  • Die Decke schien immer näher zu kommen, wie ein lebendiges Wesen aus blauer Schwärze, das nach ihr griff und sie erdrücken wollte. Axilla lag auf ihrem Bett und starrte nach oben zu der weiß gekalkten Fläche, die ohne Licht so dunkel und bedrohlich wirkte. Sie hörte ihren eigenen Atem, aber es kam ihr vor, als wär es der Atem des ganzen Raumes. Wie ein großes, lauerndes Tier wartete der ganze Palast darauf, dass sie die Augen schloss, um sie dann mit der ganzen Gewalt der Räumlichkeiten zu ersticken.
    Normalerweise war es nicht so schlimm für Axilla. Zwar fühlte sie sich unwohl, aber nicht so wie heute. Sie konnte nicht schlafen. Das, was Vala ihr gesagt hatte, bekam sie nicht mehr aus dem Kopf. Die ersten tage hatte sie es noch abgetan und ignoriert, weil es einfach unmöglich war. Archias liebte sie. Er würde ihr nicht weh tun. Aber seit nunmehr zwei Tagen schlich sich eine Frage in ihre Gedanken, die immer lauter wurde, wie das Herannahen einer gewaltigen Armee mit zehntausend Schwertern. Und jedes dieser Schwerter war ein kleiner Zweifel. War sie sich sicher? Was wenn doch? Woher wollte sie wissen, dass er damit nichts zu tun hatte?


    Axilla wälzte sich auf die Seite und umschlang fest ihr Kissen. Die Decke lag ihr nur leicht um die Hüften, ihr Rücken lag frei. Sie fröstelte, aber nicht, weil ihr kalt war. Ihr Blick glitt über das Kissen hinweg zur Tür, wie so oft in dieser Nacht. Vom Mond nur schwach beschienen sah sie den Riegel an der Tür, der zugezogen war, wie überhaupt in den letzten Nächten. Sie war versucht, nochmal aufzustehen und zu prüfen, ob er denn auch wirklich schloss, wie schon zweimal heute Nacht, aber sie blieb noch liegen.
    Das ist doch verrückt, ging es ihr durch den Kopf, und sie zwang sich, wieder auf den Rücken zu liegen. Sie starrte wieder hoch zur Decke. Archias würde das nicht tun. Archias würde niemanden ermorden lassen.


    Bist du sicher?


    Wieder zur Seite gedreht, diesmal zur anderen, das Kissen im Rücken. Nein, sie war nicht sicher. Sie dachte an die Unterhaltungen, die sie gehabt hatten, nach der missglückten Abtreibung. Wie er gemeint hatte, er hätte Crios eine Abreibung verpasst und würde wieder hin, wenn der Arzt sie nicht in Ruhe ließe. Und dann, als sie das Kind verloren hatte, wie er dem Arzt an den Kragen gegangen war. Und der hatte ja gar nichts dafür gekonnt.


    Aber das war doch völlig verrückt. Sie drehte sich wieder auf den Rücken und starrte zur Decke. Selbst wenn er eifersüchtig war und da Beschützerinstinkt entwickelt hatte, ohne sich selbst die Finger dabei schmutzig zu machen, warum sollte er Leander umbringen? Leander hatte niemanden bedroht, und er hatte nichts getan. Sie hätte Leander befehlen können, mit ihr ins Bett zu gehen, und es hätte wohl katastrophal geendet. Leander war durch Frauen nicht zu erregen, da hätte sich Axilla nackt an ihm reiben können und es wäre nichts passiert. Deshalb war er ja ihr Leibsklave gewesen, weil sie ihm absolut vertrauen konnte. Er war ein Mann gewesen, ohne männliche Ansprüche an sie zu stellen. Es war perfekt gewesen. Warum also hätte Archias ihn aus dem Weg schaffen sollen. Nein, das ergab keinen Sinn.


    Und was, wenn doch?


    Axilla drehte sich wieder in Richtung Tür. Das vermaledeite Kissen lag nun im Weg und wurde mit einigem Boxen in Form gebracht, so dass es nicht störte. War der Riegel wirklich zu? Axilla bekam dieses ungute Kribbeln in der Magengegend, wenn man sich unsicher fühlte und nicht wusste, ob man eine Sache wirklich gemacht oder doch geträumt hatte. Mit bleiernen Bewegungen kämpfte sie sich aus dem Bett und tappste im Dunkeln hinüber zur Tür. Jede Bewegung schien unendlich schwerfällig, und wo sie im Liegen eben noch hellwach gewesen war, fühlte sie sich jetzt, als würde sie im Laufen schlafen. Sie erreichte die Tür und ruckte einmal am Riegel. Die Tür war verschlossen, der Riegel fest vorgeschoben. Sie konnte sich nicht öffnen. Hundemüde torkelte sie zurück und krabbelte wieder in ihr Bett. Die Decke wehrte sich irgendwie und verhedderte sich bei ihren Füßen, aber nach einem kleinen Kampf war auch das Problem gelöst und Axilla lag da und schloss die Augen. Sie war ja so müde.


    Und sie konnte ja sowas von nicht schlafen!


    Ungehalten über sich selbst stöhnte sie einmal resignierend. “Warum sollte er Leander aus dem Weg schaffen wollen?“ Das ergab doch keinen Sinn. Leander war homosexuell. Archias wusste... nein, er wusste das nicht. Axillas Augen öffneten sich und sie starrte auf einen dunklen Fleck irgendwo an ihrer Wand, wo eigentlich das Bild einer Nymphe prangte. Jetzt im Dunklen war es nicht zu sehen.
    Aber Archias wusste gar nicht, dass Leander nur Männer gemocht hatte. Sie hatten nie darüber gesprochen. Warum auch? Axilla war es nie wichtig gewesen, und Leander war gestorben, ehe sie verheiratet gewesen waren.


    Axilla lag da und hörte zu, wie ihr Herz raste. Konnte das der Grund sein? Dachte Archias wirklich, dass sie und Leander...? Nein, das war absurd! Das war vollkommen absurd! Absolut und vollkommen ausgeschlossen! Ein unwilliges Schnauben herrschte durch den Raum, als sie sich auf den Bauch drehte und das Kissen sich über den Kopf zog. Es war absurd, und sie sollte dringend schlafen.


    Bist du sicher?“


    Axilla hätte heulen mögen vor Verzweiflung. Noch andere Sachen kamen ihr in den Sinn. Die immer wiederkehrenden Diskussionen über Vala, dass dieser sie habe umbringen wollen. Dass der Überfall eben kein Zufall war. Aber woher hätte Archias denn wissen sollen, dass das kein normaler Überfall war, sondern da jemand seine Hände im Spiel hatte? Woher denn?
    Und Vala... der hatte nie etwas getan, außer mit ihr bei dieser Hochzeit zu kommen, und dafür hatte Archias ihm gleich eine Nachspeise über den Kopf gelehrt. Und damals hatte er ja noch nicht einmal irgendeinen Anspruch an Axilla gehabt und hatte sich in aller Öffentlichkeit lächerlich gemacht. Und dann noch die Sache mit der Einladung, die Vala ihr erzählt hatte. Sie hatte das Papier selbst in Händen gehalten. Sie hatte selber das Siegel gesehen, und die gefälschte Unterschrift von Quarto. Sie glaubte Vala, was passiert war. Woher hätte er sonst das aelische Siegel haben sollen für diesen Brief? Warum hätte er ihr das erzählen, warum sie warnen sollen? Vala war ein Freund, der nie auch nur irgendwas getan hatte, um ihre Ehre zu gefährden.
    Ganz im Gegensatz zu Archias, der mit ihr geschlafen hatte, obwohl er mit einer anderen verlobt war. Der sie nachts bei sich hatte übernachten lassen nach Urgulanias Tod, und sie nicht heimgebracht hatte, wie es schicklich gewesen wäre. Auch da war er noch mit Seiana verlobt gewesen.
    Axilla drehte sich auf den Rücken. Sie war ja selber nicht unschuldig daran, aber sie war noch keine zwanzig, und Archias schon bald vierzig. Und ein Mann! Er hätte daran denken müssen und sie nicht darin bestärken sollen, diese unglückselige Affäre fortzuführen. So hatte doch der Eindruck entstehen müssen, sie sie seine Geliebte. Wenn er sie nicht geheiratet hätte... ihr Ruf wäre ruiniert gewesen. Axilla wurde schlecht, wenn sie daran dachte, wie naiv sie gewesen war. Sie hätte mehr daran denken müssen. Sie hätte sich von ihren Gefühlen nicht so überwältigen lassen dürfen, dann wäre das alles nie passiert.
    Eine Hand wanderte an Axillas Stirn, während sie da auf dem Rücken lag, und stützte sich ab, den Ellbogen in der Luft. Der leichte Druck auf ihre Stirn tat ihr gut, als würde er den Druck im inneren ihres Schädels mindern.


    "..denk einmal genauer drüber nach. Aelius Archias reagiert schon übermäßig eifersüchtig, als er noch mit der Decima verlobt war, und ich NUR in deiner Begleitung auf einer Hochzeit war. Ihm war der Skandal darum vollkommen egal, auf der Hochzeit im Hause einer der ältesten und wichtigsten Gentes Roms. Dann heiratet er dich, und fortan ist jeder Kontakt mit mir verboten. Und dann wird Leander auf offener Straße rein zufällig gemeuchelt. Daraufhin pflastert er dich mit IHM treu ergebenen Leibwächtern zu..."
    Valas Worte hallten in ihrem Schädel, als wäre der eine große, leere Halle, und jeder Laut verursachte ein Echo wie ein Hammerschlag in ihr. Ihr Schädel schien bersten zu wollen. Die Zweite Hand gesellte sich zur ersten, übte leichten Druck auf ihre Stirn aus, auf diese Stelle direkt über ihren Augen.
    War das der Grund gewesen? Damit er ihr seine Leibwächter aufdrängen konnte? Damit sie sich nicht vernünftig gegen diese Entscheidung wehren konnte? Er hatte erst davon abgelassen, als sie sich ihm über Wochen hinweg verweigert hatte und sich so weit von ihm entfremdet hatte, dass ihm keine andere Wahl mehr geblieben war. Er hätte sie sonst verloren. Das wusste er auch.
    Und nun erschien auch die Drohung mit der Scheidung in einem anderen Licht. Hatte er das gemacht, damit sie gefügiger war? Damit sie auf ihn hörte wegen Vala, der an dem Tag mal wieder Streitthema gewesen war? Von dem er immernoch wollte, dass Axilla annahm, er habe Leander getötet? War das der Grund gewesen?


    Ein Schluchzen ging durch Axillas Körper, und kurz löste sich die ganze Anspannung in einem kleinen Heulkrampf. Sie wusste es doch nicht! War das wirklcih wahr? Hatte Vala recht? Warum sollte er sie vor ihrem Mann warnen wollen? Warum sollte er das erfinden? Er wollte ja nichts von ihr! Gar nichts! Er hatte ihr nie irgendwelche Avancen gemacht, sie nie um etwas gebeten oder sie zu etwas genötigt. Im Gegenteil, jeder Gefallen, den sie ihm tat, musste sie vor ihm noch rechtfertigen. Warum also sollte er in diesem Punkt sie anlügen?


    Axilla drehte sich auf den Bauch, schnappte das Kissen, biss vor Verzweiflung hinein, während ihr Körper durchgeschüttelt wurde. Die Beine zog sie an, so gut sie konnte. Es tat so sehr weh. Was, wenn es stimmte? Was dann?


    Es dauerte eine Weile, ehe ihr Atem wieder ruhig ging. Mittlerweile wurde der Himmel draußen schon bleiern grau und hellte auf, doch noch war es Nacht. Sie hatte nicht mitbekommen, sollte sie doch einmal eingenickt sein und ein wenig geschlafen haben.
    Sie musste Archias irgendwie darauf ansprechen. Das Thema darauf bringen. Sie brauchte Gewissheit. Sie konnte so nicht weiterleben. Nicht hier. Das zerriss sie. Sie musste wissen, ob er das tatsächlich getan hatte. Sie wollte ihn nicht verurteilen. Er liebte sie doch! Das wusste sie. Aber... war sie sich sicher?

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