Romana nickte nur, als Gracchus, verständlicherweise, abblockte. Die Claudia wusste wohl, dass es nicht zum Aufregensten der Welt gehörte, sich Schlafzimmer und gar Sklavenkammern anzuschauen - wiewohl man nicht vom rein theoretischen Standpunkt her die Möglichkeit wohl ausschließen konnte, dass sich in den Cubicula eine ganze Kohorte von Lustknaben und Dirnen, an welchen die Vestalinnen ihre unterdrückten Gelüste auslassen konnten, tummelten. Doch der Gedanke mochte zu abstrus erscheinen, um eine Überlegung wert zu sein. Und freilich hätten die Pontifices in den Kammern nichts gefunden außer dann und wann eine verschüchterte Sklavin, die beim Anblick jener Männer am Liebsten unsichtbar sein würde.
“Fein. Dann war es das einmal. Wir sollten nun die Bäckerei anschauen.“ Sie nickte den beiden Pontifices zu – bei den Göttern, dieser Aurelius war ein schweigsamer Mann – und verließ dann schwungvollen Schrittes das Triclinium, in der Gewissheit, dass die Priester ihr folgen würden. Hinaus aus dem Triclinium trat sie, durch diverse Flure, wieder hinaus in den Innenhof, dann wieder in einen Flur und von dort in die Bäckerei hinein.
“Die Bäckerei“, machte Romana nüchtern. “Wir benutzen sie, um die Mola Salsa herzustellen. Wie die Mola Salsa hergestellt wird, habe ich eh schon früher am Tag erklärt, obwohl ihr beiden das eh schon wisst. Die Mahlvorrichtungen stammen noch aus der Zeit von König Numa.“ Sie ließ die beiden Pontifices sich genau die Kammer anschauen, die, nun ja, aussah wie das Innere einer Bäckerei, nur, dass man den altmodischen Krempel, den die Vestalinnen aus kultischen Gründen hatten, in einer zünftigen Bäckerei schon längst fortgeworfen hätte.
“Die Bäckerei im Übrigen benutzen wir nur für die Mola Salsa; zum Speisen müssen wir nicht unser eigenes Brot herstellen“, schmunzelte sie. “Nicht, dass man etwas Falsches denkt.“ Die Vestalinnen waren schließlich keine Sklavinnen, und hatten mit ihren kultischen und organisatorischen Aufgaben schon genug zu tun.
“Ich zeige euch jetzt das Bad.“ Sie schritt voran, ins nächste Zimmer. “Das hier ist das Balneum“, machte sie, als sie die Tür aufmachte und ein häusliches Bad sich vor ihnen erschloss. Es war, nun ja, ein Bad, so groß, wie man es sich bei einem so zahlenmäßig beschränkten Haushalt wie bei jenen der Vestalinnen vorstellen konnte. “Das hier sind natürlich nicht die Thermen des Agrippa, aber trotzdem ist die Ausstattung ganz passabel. Drei becken, zwei davon warm, eines kalt. Sollen wir weiter gehen?“ Das Balneum war doch vielleicht ein kleines bisschen zu privat, als dass man hier zu lange verweilen sollte – und wer wusste, wer hier drinnen herumturnen mochte?
Sie winkte den Pontifices zu, sie sollen mitkommen. Eilig, aber doch mit Würde, schritt sie in die Exedra. “Das hier ist die Exedra. Schaut einmal die Apsis an, ein Meisterstück der Architektur!“, schwärmte sie, als ob sie tatsächlich eine Maklerin wäre. “Diesen Raum benutzen wir als unseren Gemeinschaftsraum. Von allen Zimmern des Atriums ist sie im Winter die Angenehmste, da am wenigsten feucht und am wärmsten.“ Sie deutete auf die drei Klinen, die in der Apsis des Raumes drinnen standen. “Das wäre es eigentlich schon. Gibt es Fragen zu irgendetwas?“ Fragend blickte sie die beiden Hohepriester an.
Ich habe jetzt mal ein wenig beschleunigt, sonst sitzen wir nächstes Jahr noch hier.