Besuch bei der Classis Alexandrina

  • Da ich bei der Stabsbesprechung meinen Mund nicht hatte halten können, war ich jetzt also für den Kontakt zur Classis zuständig. Und so begab ich mich, nachden ich mich vorher höflich angekündigt hatte, in deren Stützpunkt am Megas Limen. Ich hatte sogar eine Eskorte dabei (und das nicht nur des Auftrittes wegen, ich empfand es mittlerweile als gefährlich, hier in der Stadt unterwegs zu sein, wenn man deutlich als Soldat zu erkennen war.) Sobald ich den Posten am Eingang passiert hatte, ließ ich meine Männer aber zurück.
    Ein Soldat der Classis führte mich über den Stützpunkt, vorbei an einem Trockendock, in dem eine gewaltige Trireme aufgebockt war. Ein Haufen Flottensoldaten war gerade dabei sie zu überholen, sie kratzten Algen vom Rumpf und besserten irgendwas an der Takelage aus. Es roch nach nassem Holz hier, Öl, Teer und Algen. Dieses Schiff war eindeutig für die Seefahrt gemacht, und ich fragte mich, ob die Classis Alexandrina denn auch solche Flusschiffe besass, wie sie die Classis in Germanien auf dem Rhein benutzte. In dem Moment musste ich auch an einen Traum zurückdenken, den ich vor einiger Zeit gehabt hatte – ein ganz seltsamer Traum, in dem ich tatsächlich Soldat der Classis war, und in so einem Flussschiff zusammen mit vielen anderen durch eine flache Sumpflandschaft ruderte... Über uns schwebte erhaben die Göttin Victoria, aber ich sah sie doppelt, so dass ich mich im Traum fragte ob ich betrunken war, und wilde Germanen drängten sich an beiden Ufern, winkten uns freundlich zu und riefen "Salve Varus!"zu uns rüber. Schon verrückt, was man so zusammenträumt.


    Aber zurück zur Realität. Der Soldat brachte mich zu einem Flottentribun, und nach der Begrüssung und Vorstellung erläuterte ich sogleich mein Anliegen:
    "Es ist wegen der Karawanenüberfälle im Süden. Wir von der 22. werden wahrscheinlich bald ausrücken, um dem Spuk ein Ende zu machen. Dabei wären wir dankbar für eure Unterstützung, vor allem beim Transport der Vorräte. Eventuell auch der Truppen – wie sind denn da eure Kapazitäten? Uns würde auch interessieren, wie lange so ein Transport auf dem Nil eigentlich unterwegs ist, von hier bis Syene."

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • "Ahja deswegen. Ich habe schon Anweisung von oben bekommen uns darauf vorzubereiten. Allerdings kann die Provinzflotte alleine nicht eine ganze Legion transportieren. Die meisten unserer Schiffe sind nicht unbedingt Transportschiffe. Wir werden wohl einige requrieren müssen. Die Reise selbst wird wohl knapp zwei Wochen dauern. Zu Pferd war man fast schneller, allerdings konnten Schiffe theoretisch 24 Stunden sich bewegen und bequemer war es auch.

  • Requirieren... seit Edessa, damals, hatte dieses Wort in meinen Ohren einen ganz unangenehmen Klang. Aber ich sagte mir, dass das Requirieren in diesem Fall gewiss ganz anders laufen würde, unter kontrollierten Bedingungen, mit Entschädigungen und so weiter... Ganz bestimmt.
    "Zwei Wochen, das ist gut. Da sind wir etwa doppelt so schnell wie zu Fuss." Ausserdem kamen wir dann ausgeruht im Süden an, und der Rückweg würde sogar noch schneller gehen. "Und mit Hilfe requirierter Schiffe wäre es also möglich die gesamte Legion zu transportieren? Auch die Turmae mit ihren Pferden? - Zur Zeit warten wir ja noch auf den Marschbefehl, und ich weiß nicht, ob wirklich die gesamte Legion ausrücken wird, aber wir wollen alle Optionen bedenken. - Ich werde dann nochmal Rücksprache mit meinem Kommandanten halten, aber ich denke er wird sich für den Wasserweg entscheiden."
    Dann zog ich ein dickes Bündel Wachstafeln aus meiner Ledertasche.
    "Und hier habe ich noch eine Liste dabei, von unserem Praefectus Castrorum, mit den Gütern, die auf jeden Fall mitmüssen, vom schweren Gerät bis zum Getreide. Ist alles mit Stauraum verzeichnet, auch wenn es natürlich noch von der Anzahl der Kohorten abhängt, aber dafür hat er, hier glaube ich, einen Faktor eingefügt..."
    Was für eine schreckliche Kleinarbeit, ich konnte mir echt keinen schlimmeren Posten vorstellen als Praefectus Castrorum.

  • Er kratzte sich an seinen nicht vorhanden Bart, für sowas war es hier einfach zu heiss:"Ein ganze Legion mit Tross und allen Geräten?! Ich weiß es nicht, wage es aber zu bezweifeln. Wir sind nur ein Provinzflotte und daneben können wir natürlich auch nicht alles requirieren, immerhin hängt der Wohlstand der Provinz von der Nilschiffahrt zum Teil ab. Näheres werde ich dir in ein zwei Wochen sagen können, aber du solltest dich darauf einstellen, daß die Möglichkeit besteht, daß ein Teil von euch laufen muß."


    Das waren mit Tross usw. immerhin knapp 6000 Mann,so die Legion Solltärke hatte natürlich.

  • Ich nickte, so tragisch fand ich diese Aussicht auch nicht. Mit dem Schiff wäre bloß praktischer. Aber ich fand es auf jeden Fall erfreulich, dass wir, also die verschiedenen Einheiten, zusammenarbeiten würden.
    "Verstehe. Ich danke dir für die Auskunft. Gib mir dann doch bitte Bescheid, wenn ihr genaueres wisst, ich werde es ebenso machen."
    Darauf verabschiedete ich mich von dem Tribun, und kehrte nach Nikopolis zurück, und natürlich erstattete ich meinem Kommandanten alsbald Bericht über das was ich in Erfahrung gebracht hatte.

    cp-tribunuscohortispraetori.png decima.png

    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Während der Centurio Aulus Trebellius Posca den direkten Weg zum Getreidespeicher eingeschlagen hatte, war Sermo in den Hafen geritten, wo er das Officium der Classis aufsuchte. Er hatte die zweite Centuria mit sich mitgenommen, die sich bereits im Megas Limen verteilte und dort herumlümmelnd ihre Befehle erwartete.


    Sermo ließ sich beim Praefectus Classis Faustus Pedius Saturninus anmelden und wurde schließlich vorgelassen. Man führte ihn über den Stützpunkt. Salzgeruch lag in der Luft und das Gekreisch der Möwen kam einem dauerhaften Hintergrundrauschen gleich, ähnlich dem tatsächlichen Rauschen des Meeres, das man vor lauter Lärm aber nicht wirklich hörte.


    "Salve Praefectus Classis", grüßte Sermo sein Gegenüber letztlich und salutierte. "Ich komme zu dir, weil es neue Nachrichten aus Rom gibt. Appius Cornelius Palma hat in Italia gesiegt, Rom ist befreit. Wir sollen die Getreidelieferungen wieder in Gang bringen. Ich wurde allerdings gewarnt, dass es noch keine Nachrichten aus Ravenna gibt. Diese Warnung gilt der Classis Alexandrina, versteht sich." Er zeigte so etwas wie ein schmales Lächeln. "Ich würde gern mit dir besprechen, wie wir am besten vorgehen, um Rom wieder zügig eine stete Versorgung zu ermöglichen. Der Eutheniarchos wird in diesem Moment bereits informiert, er ist zu den Getreidespeichern unterwegs, um dort alles nötige in die Wege zu leiten."

  • Faustus Pedius Saturninus hatte zwar mit verschiedenen Möglichkeiten gerechnet, auf welche Art dieser Befehl an ihn herangetragen werden würde, aber ein Tribun der Legion aus Nikopolis war nicht darunter gewesen.
    “Und ich nehme an, du hast dazu etwas Schriftliches von der Kaiserlichen Kanzlei?“ fragte er. Nach etwas Schriftlichen vom Praefectus Aegypti fragte er erst gleich gar nicht, von dem hatte er schon lange nichts mehr gesehen oder gehört. “Mir liegt dazu noch nichts vor, keine Nachricht, kein Befehl. Und du wirst sicher verstehen, dass ich das Getreide der Stadt nicht auf gut Glück einfach auf Schiffe laden kann, wenn sie unterwegs von den anderen Classes versenkt werden können, während Alexandria dann wie ein reifer Apfel da liegt.“


    Die zweite Möglichkeit war natürlich auch nicht besser: Der Tribun könnte das alles erfunden haben, da die Legiones in Abwesenheit einer Führung beschlossen hatten, die Unterstützung für Cornelius Palma zu beenden und den vielleicht solventeren Vescularius Salinator zu unterstützen, der ihren Sold sicher für die erneute Lieferung von Getreide aufstocken würde. Bei einem solchen Putsch säße er ein wenig zwischen den Stühlen, da seine Männer es wohl nicht zahlenmäßig mit denen der Legio aufnehmen könnten (und ob sie es tun würden, war noch eine andere Frage). Auf der anderen Seite hatte er keine Ahnung, wie die Bevölkerung Alexandrias reagieren würde, wenn hier bewaffnete Truppen einmarschierten. Wenn sie die Griechen gegen sich aufbrachten, hatten sowohl die Classis als auch die Legio ein weitaus größeres Problem, wie auch schon seinerzeit Caius Iulius Caesar hatte lernen müssen, der sein eigenes Leben nur dadurch retten konnte, dass er sich im Pharos verschanzt hatte und als dieser überrannt wurde, sich erst auf einem Boot absetzen wollte und schließlich ins Wasser gesprungen und bis zu dem nächsten verbündeten Schiff geschwommen war.

  • Selbstverständlich, wollte Sermo bereits lässig erwidern, bis er sich der Bedeutung der Worte klar wurde, die der Praefectus Classis in Frageform da gerade na ihn gerichtet hatte. Wie jetzt, schriftlich? Von der Kanzlei? Woher sollte er denn bitteschön einen Wisch von der Kanzlei haben? Sah er aus wie der Procurator ab epistulis?


    "Äh, wie jetzt?", drückte er deshalb wenig eloquent seine Verwirrung aus. "Hier ist noch gar NICHTS an Nachrichten eingetroffen?" Sermo hatte drei hoch zehn Fragezeichen im Gesicht. "Augenblick", sagte er und drehte sich nach einem Schatten um, der ihm selbstredend auf dem Fuße in dieses Officium gefolgt war. "Cleon, du hast doch dieses Schreiben vom Duccius mitgenommen, oder?" Das hoffte er zumindest für den Sklaven.


    Jener riss erschrocken die Augen auf und begann dann hastig in dem Beutel zu wühlen, in dem er Schreibutensilien und anderen Scribakrempel mit sich herumschleppte, wenn er mit Sermo zu offiziellen Gelegenheiten unterwegs war, die möglicherweise die Verschriftlichung von Gesprochenem erfordern könnten. "Hier, Herr", sagte er schließlich und reichte eben diesem dann auch das Gewünschte.


    "Lies selbst", forderte der Quintilier den Praefectus auf, als er diesem die Wachstafel weiterreichte.


    I. Quintilius Sermo
    Nikopolis
    Aegyptus


    Sermo,


    kurzum: Rom ist in unserer Hand! Der Usurpator (du weißt schon, der Vescularier) ist tot und der Cornelier marschiert auf Rom. Ich habe den Annaeus im Auftrag des Flaminius gebeten, die Getreidelieferungen nach Rom wieder in Gang zu setzen... wir hoffen daran, dass das auch bald geschieht. Die Classis sollte ein Auge auf die aus Ravenna halten, anscheinend hat der Cornelius aber selbst die aus Misenum im Alleingang auf seine Seite gebracht (frag mich nicht wie der das fertig gebracht hat, es ist bereits von einem Wunder die Rede). Noch haben wir nichts großartiges aus Ravenna gehört, aber von Kampfhandlungen im Mare Adriaticum ist keine Rede mehr. Seid aber dennoch vorsichtig, sobald ihr das in Angriff nehmt...


    Achja, und schwing deine Hufe her!


    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/vala/unterschriftvalaroemwachs.png]
    Castra Praetoria | Italia | Roma




    Als erkennbar war, dass Praefectus Pedius am Ende angelangt war, ergriff Sermo gleich wieder das Wort, um seine Sicht der Dinge zu erläutern und warum er nun überhaupt hier war: "Das ist nun schon ein paar Wochen her. Seit dieser Nachricht kam aus der Regia unseres Praefectus Aegypti noch gar nichts. Und auch sonst keine offiziellen Befehle, auch nicht aus Rom. Aber dieser Mann hier, Titus Duccius Vala, das ist einer derjenigen, die schon damals dabei waren, als in Nikopolis beschlossen wurde zu Palma überzulaufen. Seine Aussage ist also verlässlich, das kannst du mir glauben." Er sah den Pedier eindringlich an. "Ich verstehe allerdings nicht, warum hier noch niemand offiziell informiert wurde. In Nikopolis haben wir so lange nichts mehr aus Alexandria gehört, dass wir einfach beschlossen haben, selbst mal nach dem Rechten zu sehen. Und da wir jetzt ja schon hier sind, können wir doch auch gleich bei der Sicherung der Getreideverschiffung behilflich sein." Er lächelte schmal. "Ich habe zwei Centuriae mitgebracht. Ich dachte, nach so langer Zeit könnte das alexandrinische Volk beim Anblick geöffneter Getreidespeicher nervös werden, flinke Finger bekommen. Das wollen wir doch nicht."

  • Faustus Pedius Saturninus nahm, die angereichte Wachstafel entgegen und las über die Zeilen, während der Quintilier weiterredete. Nur ab und zu blickte er dabei vielsagend und resignierend auf. “Wenn man auf Antworten aus der Regia wartet, wartet man hier sehr lange. Ich hab keine Ahnung, ob unser hochverehrter Praefectus Aegypti den ganzen Tag nur säuft oder schläft oder Opium nimmt oder sich schlicht einfach nur weigert, Befehle zu geben. Seit meinem Amtsantritt hier habe ich noch nicht einen Befehl von ihm erhalten. Oh, abgesehen davon, den Hafen abzuriegeln. Und den um genau zu sein auch nicht einmal direkt.“ Der Praefectus zuckte die Schultern und gab dann das Schriftstück zurück.


    “Über flinke Finger würde ich mich nicht sorgen. Weißt du, wie viel Getreide wir haben? Im Sommer fährt sonst jede Woche ein Schiff bis unters Dach beladen, und unsere Speicher sind dennoch voll.
    Und jetzt? Wir haben neue Speicher gebaut. Überall im Land haben die Griechen Speicher gebaut. Und trotzdem wurde viel faulig, weil man keinen Platz mehr hatte, wo man es hätte trocknen können. Schau dir mal im Hafen die Ratten an. Die Viecher sind so fett, die laufen nicht weg, die rollen weg!“

    Er schüttelte den Kopf und atmete danach noch einmal tief durch. “Wenn euch Jungs von der Legion langweilig ist, könnt ihr natürlich beim Getreide-Schleppen helfen. Wobei wir da sonst auch die Hafenarbeiter haben. Ich verhäng sowas eher als Disziplinar-Maßnahme. Aber du bist der Tribun der Legion, scheuch deine Jungs ruhig rum, an mir soll's nicht liegen.
    Die müssten aber eine Weile dann erstmal warten. Wenn wir schon nichts wissen, dann wissen die Griechen garantiert auch noch nichts. Und die Getreidespeicher unterstehen deren Kontrolle, nicht unserer.“

  • Die Resignation des Praefectus Classis war unübersehbar. Hatte Sermo sich etwa so sehr in diesem Annaeus getäuscht? Er hatte den Mann bei ihrem letzten Treffen, damals während der Vorbereitung des Anschlusses von Aegyptus an die Rebellion, eigentlich für einen kompetenten Mann gehalten. Aber vielleicht hatte die Zeit im Amt ihn ja auch fett und träge werden lassen. So wie er diesen Palast in der Basileia einschätzte, konnte man da ziemlich schnell vor lauter Luxus arbeitsmüde werden.


    "Vielleicht sollten wir die Ratten schlachten und geräuchert nach Rom schicken", feixte Sermo mit einem verschmitzten Grinsen. Sollte der Pöbel in diesem Moloch doch am Rattenspieß ersticken, dann wären sie wenigstens das ganze arbeitslose Bettlerpack los.


    "Ich werde mich hüten, Legionäre mit Tagelöhnerarbeiten zu strafen", erwiderte der Tribun ernst, als der Praefectus Classis ein bisschen unverschämt wurde. Diese Männer waren immerhin die besten Soldaten der bekannten Welt! Solche Leute verschwendete man nicht an Packarbeiten. Dabei blendete Sermo getrost aus, dass die Legionen in Friedenszeiten regelmäßig für Bauarbeiten oder ähnliche Tätigkeiten herangezogen wurden.


    Letztlich gab Sermo auf. Er hatte gehofft, die Verschickung des Getreides in einer Hau-Ruck-Aktion ankurbeln zu können. Aber hier war offensichtlich schon Schluss. "Aaach, was soll's. Dann werden wir einfach Quartier bei den Wachmannschaften der Regia Praefecti beziehen. Vielleicht kann ich ja bei einem aktiveren Beamten des Praefectus Aegypti ein paar Anweisungen locker machen, bevor auch das restliche Getreide vergammelt oder von Ratten verspeist wird..." Achselzuckend und ganz offensichtlich genauso resignierend wie der Praefectus Classis erhob Sermo sich und wandte sich zum Gehen. "Dann gehe ich jetzt mal zu meinen Männern bei dem Speichern. Vale Praefectus. Wir sehen uns hoffentlich bald wieder."

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!