Ein Sklave an der frischen Luft

  • Ursus schnappte nach Luft. Baldemar irritierte es nicht. Er erkannte wie der Legat sich drauf einließ. Wie er sich weiter bemühte. Die Sicherheit nahm zu. Baldemar beobachtete Ursus. Dieser schloss die Augen. Der Gesang wurde fester. Sie übernahm die Führung. Baldemar begegnete dem Überraschten Blick von Ursus mit einem zufriedenen Lächeln. Ein Nicken folgte. Bis zum Ende des Liedes übernahm der Marser nun den Hintergrund. Der Römer führte das germanische Lied, die Sage zu ihrem finalen Ende.
    Die anschließende Stille brach er noch immer nicht. Der Germane atmete durch. Gut. Anerkennung in nur einem Wort. Aber was würde folgen? Wie lange waren sie derartig gleich? Baldemar schloss die Augen. Eine leichte Brise erfrischte ihn. Er atmete die Umgebung ein. Fühlte die Luft. Die Hände lagen auf den Oberschenkeln. Der Sitz war bequem. Ein Bein unter sich gezogen. Das andere etwas ausgestreckter. Allmählich gingen die Handflächen auf die Wiese. Die Augen öffneten sich. Die Stimme war gedämpft. Aber kraftvoll. Forschend blickte er den Römer an. Warum bist du hier? Suchte er ihn etwa? Und ohne Pferd. Zumindest sah Baldemar keines. Er bewegte sich nicht. Dachte über weitere Sagen nach. Die Finger bewegten sich nur leicht auf dem Boden.

  • Es war merkwürdig, die führende Stimme zu sein. Und irgendwie nicht richtig. Denn er sah vermutlich nicht die richtigen Bilder, so sehr er sich auch darum bemühte. Aber es war guter Gesang gewesen. Nicht so gut, wie wenn Baldemar geführt hätte, aber dennoch gut. Das kurze Lob des Germanen bestätigte diesen Eindruck.


    Warum war er hier? Eine interessante Frage. Ein kurzes Schmunzeln umspielte die Lippen des Römers. "Zufall. Falls es so etwas gibt." Wer wußte es schon, was ihn gerade heute veranlaßt hatte, allein spazieren zu gehen? Es war Leichtsinn und das wußte er auch. Er hätte sich Begleitung besorgen sollen. Aber vielleicht sollte es heute so sein. Vielleicht sollten sie sich heute so begegnen. Einmal für kurze Zeit gleichgestellt und auf sonderbare Weise verbunden.

  • Ursus hatte die Stimme gut geführt. Doch Baldemar stellte fest das der Römer noch das wahre Wesen erkennen musste. So etwas brauchte Zeit. Zeit die sie nicht hatten. Die sie vielleicht nie haben würden. Baldemar nahm den Moment dennoch für sich auf. Daran sich zu erinnern. Das hatte doch auch etwas von Freiheit.
    Zufall? Der Marser erwiederte das Schmunzeln des Legaten. Guter Zufall. Murmelte der Marser. Gab es so etwas? Die Schultern zuckten. Er sah sich um. Gefährlich. Grummelte er weiter. Die Kiefer arbeiteten. Du bist allein. Fast tadelnd sah er Ursus in die Augen. Ansonsten blieb er entspannt wie er war. Die Finger bewegten sich noch. Die Melodie hallte in ihm nach. Es war ein guter Moment. Einer in dem der Germane nicht nachdachte. Er ließ seinen Bauch reagieren. Sprach aus, was er dachte. Wenn auch nur mit wenigen Worten.

  • "Ja, guter Zufall", grinste auch Ursus. Er lehnte sich ein wenig zurück, stützte sich nach hinten mit den Händen ab und streckte seine Beine aus. Als Baldemar fesstellte, daß es gefährlich war, so allein herumzulaufen, grinste Ursus ein wenig schief. "So populär bin ich zum Glück noch nicht. Ja, Du hast schon Recht. Aber ich Dummkopf gab meinem Leibwächter frei, weil ich dachte, ich bräuchte ihn vorerst nicht. Und eigentlich wollte ich auch gar nicht so weit weg gehen."

  • Baldemar machte es Ursus nach. Er machte es sich so um einiges bequemer. Guter Zufall. Er grinste. Ein Nicken begleitete dies. Er war nicht so populär? Das Grinsen wurde zunehmend schräger. Dummkopf? Der Marser lachte auf. Ja. Bestätigte er knapp alle Worte des Legaten ohne zu deutlich zu machen, was er damit meinte. Sie saßen nun beide mit ausgestreckten Beinen da. Nebeneinander, mit den Oberkörpern zueinander gewandt.
    Gut das ich da bin. Sagte er erheitert. Aber auch ehrlich. Baldemar dachte über einiges nach. Die Sonne wärmte immer mehr sein Herz auf. Der Nachhall des Gesangs tat sein Übriges. Er schien sehr entspannt und zufrieden.
    Was hast du gefühlt? Was gedacht? Der Germane wollte das Ursus darüber nachdachte. Darüber sprach. Ihm war es wichtig. War es auch Ursus wichtig? Er hatte einen Plan, wie dies nun laufen sollte. Blieb abzuwarten, ob der Römer mitmachen würde.

  • Der Germane lachte. Das war ja mal etwas ganz Neues. Ursus lachte mit ihm und fragte sich unwillkürlich, wie das hier eigentlich zustande gekommen war. Aber vielleicht durfte man so etwas nicht fragen. Es war die Art von Wunder, die man besser einfach hinnahm. "Ja, gut, daß Du zufällig da bist." Ein breites Grinsen begleitete diese Worte.


    Doch dann wurde er wieder ernster. Er schaute quasie durch Baldemar hindurch, denn er versuchte, in sich hineinzuhorchen, um die richtigen Worte zu finden. "Was habe ich gefühlt? Was gedacht? Das ist schwer." Er atmete tief durch. "Der Rhythmus war... tief in mir drinnen. Er war irgendwie - ursprünglich und ergreifend. Der Kampf war zu spüren, noch bevor ich die Bedeutung der Worte kannte. Was dachte ich? Eigentlich dachte ich gar nicht, ich... ich habe mich einfach mitreißen lassen." Hoffentlich beleidigte er Baldemar damit nicht. "Ich habe mich gefragt, wie mitreißend das erst sein muß, wenn Trommeln das Lied begleiten."

  • Sie lachten gemeinsam. Baldemar hinterfragte es nicht. Nicht mehr. Er nickte. Zur Bestätigung schlug er Ursus brüderlich, mit der Faust, gegen die Schulter. Gut das er da war. Er pfiff zwischen dem Lachen durch die Zähne. Der Ernst zeigte sich bei Baldemar in den Augen. Der Marser beobachtete den Römer prüfend. Der Blick schien fern. Er wartete.
    Die Antwort schien ehrlich. Ehrlich und tief gehend. Er war also da gewesen. Baldemar nickte. Du hast ES gefühlt. Das ist gut. Es war ein Zeichen. Eines das der Germane nicht zu deuten wusste. Aber er ignorierte es nicht. Ohne Wala bedeutete es nicht, das es keine Zeichen gab. Und er dachte nicht. Wie der Germane. Man ließ es einfach geschehen. Nein, er beleidigte ihn nicht. Nicht im Geringsten. Trommeln? Er schwieg. Er dachte nach. Er fühlte es in sich. Ja, Trommeln. Das wäre Heimat. Das würde so tief gehen. Kannst du Trommel spielen, Ursus? Grinsend erforschte er die Augen des Römers. Wie er ihn nannte war ihm egal. Hier und jetzt zählte es für den Marser nicht. Ob es gut oder schlecht war, würde sich sicher zeigen.

  • Eine kameradschaftliche Geste, dieses leichte Schlagen mit der Faust gegen die Schulter. Ursus fühlte sich in die Vergangenheit versetzt. In seiner Jugend hatte das zuletzt jemand getan. Brutus, ein Junge, mit dem er eine Menge Unsinn gemacht hatte. Er war tot. Aber unvergessen. Es war ein gutes Gefühl, diese Geste noch einmal zu spüren.


    Anscheinend hatte er doch nichts Falsches gesagt. Ursus war erleichtert. Er wollte die gute Stimmung nicht zerstören. Baldemar taute weit mehr auf, als Ursus es je für möglich gehalten hätte. Und auch wenn er selbst irgendwie völlig von seinem üblichen Weg abwich, war es gut so. "Trommeln? Ich habe es nie versucht. Also nie mehr als jedes Kind, das auf irgendwelchen Dingen herumschlägt, um möglichst viel nervenden Lärm zu machen."

  • Baldemar war zufrieden. Die Geste hatte sich gut angefühlt. Auch die Reaktion war positiv. Die Entspannung war dem Marser deutlich anzusehen. Die gute Stimmung ließ der Germane sich nicht so schnell nehmen. Es schien gerade richtig. All die Wut die er in sich hatte war vergessen. Zumindest für den Augenblick. Baldemar lachte. Die Vorstellung eines kleinen Ursus, der auf einer Trommel herumschlug war einfach zu erheiternd.
    Dann sollten wir besser auf die Trommeln verzichten. Er selbst hielt sein Können mit Trommeln eher als mittelmäßig. Dabei dachte er an das Flötenspiel seiner Frau. Aber ihren Namen würde er nicht ungefragt ins Gespräch einbringen. Er würde sie zuerst fragen müssen.
    Nun schwieg er erneut. Der Marser lehnte sich leicht zurück und genoss die frische Luft. Die Beine bewegten sich leicht. Den Takt dafür dachte er sich. Die Finger spielten auf dem Rasen. Doch jetzt wollte er nicht singen. Er wollte von Freiheit träumen. Diesen Augenblick auskosten. Seine Augen prüften abermals Ursus. Sein Blick fragte stumm. Was jetzt?

  • Baldemars Lachen zeigte deutlich, was er vor seinem geistigen Auge sah und Ursus stimmte in das Lachen mit ein. Anscheinend waren Germanen und Römer als Kinder nicht so verschieden, wie sie sich das als Erwachsene einbildeten. "Ja, das sollten wir besser lassen. Aber ich frage mich, ob Cimon nicht vielleicht ein guter Trommler wäre? Hast Du schon mal eine Trommel selbst gebaut?" Der Germane machte zumindest den Eindruck, als könnte er alles mögliche selbst machen, wenn man ihm nur das Material gab.


    Ursus ließ sich zurückfallen und lag nun mit dem Rücken im Gras. Der dunkelblaue Himmel über ihm war makellos. Der fragende Blick war ihm nicht entgangen, aber er wußte nicht, was er erwidern sollte. "Warum diese Wiese?" , fragte er unvermittelt. Er fand ja, daß sie sehr nah an der Castra war. Und hätte gedacht, daß Baldemar sich einen Ort sucht, der etwas weiter weg wäre.

  • Im Lachen unterbrach der Germane sich. Er dachte über die Kindheit nach. Er selbst hatte auf allem möglichem herum getrommelt. Nicht schön aber oft. Cimon? Er überlegte. Dann diese andere Frage. Baldemar zog die Luft mit einem schnalzenden Laut durch die Zähne ein. Ein Nicken. Ein Grinsen. Wir sollten fragen. Denn egal was er vermutete. Sicher sein konnten sie nur, wenn sie den Nubier fragten, ob dieser mit der Trommel umgehen konnte. Die andere Frage ging ihm noch durch den Kopf.
    Noch nie. Aber ich kriege das hin. Holz und Tierhaut. Es würde dauern. Er würde einiges falsch machen. Aber am Ende würde er es hin bekommen. Da war er sich sicher. Das es schneller gehen würde, wenn ihm jemand helfen würde, der in Musik etwas belesener war, kam ihm nicht in den Sinn. Das war nicht seine Art Dinge zu erledigen.


    Der Marser folgte dem Blick des Römers. Dann ließ auch er sich zurück sinken. Die Hände verschränkt hinter dem Kopf. Warum diese Wiese? Die stumme Frage war vergessen. Er kreuzte die Beine übereinander und sah in den Himmel. Burrus ist hier stehen geblieben. Knapp und ehrlich. Zuerst waren sie durch die Gegend geritten. Hatten einen besonderen Ort besucht. Aber ohne Bashir war es falsch. So war es weiter gegangen. Bis das Tier stehen geblieben war. Nach einem Blick. Nach einem Durch atmen, war es entschieden gewesen.
    Wo dieser Ort nun lag war ihm weniger wichtig gewesen. Es war nur wichtig, das er hier alleine war. Nun war es anders. Nun war es wichtig das Ursus dabei war. Ein Bruder, mit dem er zumindest in diesem Moment ruhig und gelassen sprechen konnte.

  • "Woher weißt Du, wie Du es anfangen mußt?" Wenn Baldemar es noch nie gemacht hatte, wie konnte er sich dann so sicher sein, es hinzubekommen?


    Auch der Germane machte es sich im Gras bequem. Und gab eine Erklärung ab, die Ursus mehr als erstaunte. "Du hast es dem Pferd überlassen?" Ja, es war seiner Stimme anzuhören, daß Ursus es kaum glauben konnte. Aber dann grinste er breit, was Baldemar zwar nicht sehen konnte, aber sicherlich an der Stimme hörte. "Kluges Pferd, daß Du da hast. Es scheint gewußt zu haben, daß wir uns hier treffen werden." Ein leises Lachen folgte. Immerhin war es sein Pferd.

  • Woher wusste er es? Eine gute Frage. Keine Ahnung. Sagte er nur knapp. Er stellte sich vor, wie er es machen könnte. Er sah sogar kurz das Endprodukt vor Augen. Einfach versuchen. Das war ehrlich. Baldemar war jemand der einfach so los legte. Der es einfach versuchte.
    Die Überraschung des Römers kam nicht unerwartet. Ja. Bestätigte der Marser erneut, das er es dem Pferd überlassen hatte. Das Grinsen meinte der Germane tatsächlich hören zu können. Also erwiderte er es ein wenig stärker noch.
    Ein kluges Pferd das ER da hatte? Baldemar lachte kurz. Der Gedanke klang gut. Sein Pferd. Es wusste das sie sich treffen würden? Auch ein interessanter Gedanke. Er ließ es sich noch einmal durch den Kopf gehen. Ja. Mein Pferd ist klug. Sein Pferd. Er musste mit in das Lachen einsteigen. Er genoss die Sonne. Die Wärme. Für ein römisches Pferd ist er wirklich sehr weise. Was für ein Gedanke, das die Götter vielleicht sogar eingegriffen hatten? Vielleicht sogar Tanfana selbst? Oder nur die Geister der Wildnis? Also war es vorbestimmt, meinst du? Hmm. Baldemar gefiel dieser Gedanke besser als der reine Zufall.

  • Einfach versuchen. So einfach war das. Ursus schmunzelte. "Dann versuche es bitte. Ich würde das Ergebnis gerne sehen und hören." Dieser Gesang von Trommeln begleitet, das mußte ein beeindruckendes Erlebnis sein. Oder war er heute nur in einer merkwürdigen Stimmung, daß er den Gesang als so ergreifend empfunden hatte? Er konnte es wirklich nicht sagen. Aber ihnen beiden hatte es gut getan.


    Baldemar nahm den Scherz auf und hatte augenscheinlich nicht wenig Spaß daran. Den gönnte Ursus ihm durchaus, solange es ein Scherz blieb. Also setzte er noch einen drauf: "Es ist kein römisches Pferd. Es ist ein hispanisches Pferd", erklärte er ruhig und durchaus amüsiert. "Allerdings aus römischer Zucht."


    Die Frage nach göttlicher Fügung beantwortete Ursus mit einem Achselzucken. Das Baldemar ja nicht sehen konnte, solange sie beide im Gras lagen. "Wer weiß?" Es mochte ein wenig vermessen sein, an eine göttliche Fügung zu glauben. Aber ganz zufällig wäre doch zu seltsam. "Pferde, Gras, Gesang... Du bist mit all dem eng verbunden, nicht wahr?" Für ihn selbst traf das nicht zu, Stadtrömer, der er war. Wobei Pferde ihm schon wichtig waren - wenn sie vor dem Wagen liefen.

  • Er wollte das Ergebnis also sehen und hören. Das steigerte Baldemars Ehrgeiz. Ja. Das sagte, wie so oft alles aus. Der Marser würde sie bauen. Würde sie Ursus zeigen. Er stellte sich bereits vor, wie es klingen musste. Mit Trommeln würde es um einiges besser werden. Um einiges.
    Der Spaß ging in die nächste Runde. Er lachte. Was ist das hier dann? Er brauchte einen Moment um weiter reden zu können. Ein germanisch-hispanisch-römisches Trio? Was für eine Wortschöpfung. Und das von ihm. Manchmal überraschte Baldemar sich selber.


    Die göttliche Fügung war kein leichtes Thema. Der Germane wartete. Wer weiß? Ja. Antwortete Baldemar ähnlich knapp wie Ursus. Sie konnten es nicht wissen. Ob er damit eng verbunden war? Baldemar schloss die Augen und pfiff melodisch durch die Zähne. Eine kurze Melodie. Die Melodie, die der Gode damals den Gesang der Bäume genannt hatte. Er ließ es noch auf sich wirken. Sein Schweigen wurde durchbrochen indem er versuchte dies eben in Worte zu fassen.
    Pferde, Gras, Gesang. Ja. Es ist alles am Ende Natur. Natur ist von Göttern gegeben. Seine Stimme klang ernst. Für ihn war es wirklich mehr als nur ein bisschen singen. Oder ein bisschen reiten. Alles war irgendwie verbunden. Es gab Kraft.
    Ursprünglich. Ja, genau das war es...ursprünglich.

  • Ursus lachte. "Ja, irgendwie schon. Aber klappt doch für den Anfang ganz gut mit der Zusammenarbeit?" Germanisch-hispanisch-römisches Trio. Daß so etwas von Baldemar kommen würde, hätte Ursus nie gedacht, aber der Germane hatte ihn heute ja schon einige Male überrascht. Vor allem auch mit der Fähigkeit, ausführlich zu reden. Naja, halbwegs ausführlich. Und der Gesang war auch sehr überraschend gewesen. Bei einem solch wortkargen Mann umso überraschender.


    Für eine Weile trat Schweigen ein. Offenbar hatte es Ursus mal wieder geschafft, einen empfindlichen Punkt zu treffen. War nur die Frage, ob in positiver oder negativer Weise. Eine Melodie war der Anfang. Leise durch die Zähne gepfiffen. Nicht lang, aber so geheimnisvoll wie der Wind in den Baumwipfeln in den dunklen Winternächten Germaniens. "Ursprünglich. Bist Du das, Baldemar? Ursprünglich?" War es das, was den Germanen so anders machte trotz aller Parallelen? Ursus selbst war alles andere als ursprünglich.

  • Lachend bestätigte Baldemar Ursus' Worte.Ja. Es klappte in der Tat ganz gut. Überraschend gut. Noch einmal dachte er an die Melodie. Die Fragen überraschten den Marser. Er? Ob er Ursprünglich war? So oft dachte er nicht darüber nach. War er das? Vielleicht. Antwortete er zunächst. Ursprünglich. Was bedeutete es genau? Was dachte er darüber? Baldemar betrachtete sein Leben. Sich selbst. Er würde lieber in einer Hütte in seiner Heimat leben als im noblen Rom. Alle Vorteile der Römer gaben ihm nicht, wofür er lebte.
    Ja. Könnte sein, das ich ursprünglich bin. Bist du es? Er dachte bereits, das er die Antwort kannte. Dieser Römer würde sich in einem Dorf seiner heimatlichen Gaue sicher nicht wohl fühlen. Aber was bedeutete das schon? Konnte ein Römer nicht auf seine Art ursprünglich sein?

  • Nur vielleicht? Ursus war anderer Ansicht, aber vielleicht wußte er auch nicht genug über Germanen im Allgemeinen und Baldemar im Besonderen. Ihm jedenfalls kam er sehr ursprünglich und vor allem tief verbunden mit der Natur vor. Aber man ging mit sich selbst ohnehin meist viel kritischer um, als andere es tun würden.


    "Ich? Nein, ich denke nicht. Als Mensch zumindest nicht. Ich bin nicht besonders mit der Natur oder Tieren verbunden. Aber als Römer? Vielleicht. In sehr vielen Dingen habe ich sehr ursprüngliche Ansichten und werde dafür von so manchem belächelt. Ob ich im Recht bin - oder die anderen - wird sich zeigen." Er selbst war natürlich fest davon überzeugt, im Recht zu sein.

  • Auch wenn Baldemar ursprünglich wirkte. Er selber verglich sich mit der Wala oder dem Goden. Die bei weitem wesentlich ursprünglicher waren. Das zu erklären würde zu lange dauern. Zu viele Wörter brauchen. Es war interessant wie Ursus über sich selbst sprach. Es schloss sich eine Pause an. Aber mit Menschen. Stellte er ruhig fest. Der Römer schien tatsächlich eher mit Menschen verbunden zu sein. Das sah man allein an seinem Verhalten den Sklaven gegenüber.
    Ursprüngliche Ansichten? Was meinst du? Baldemars linker Arm ging vom Kopf weg. Über das Gras. Er zupfte einen Halm aus dem Boden. Dieser landete dann in seinem Mundwinkel. Lässig spielte er damit während er sprach. Was seiner Stimme einen seltsamen Ton gab.
    Man kann Ursprünglichkeit lernen. Sie waren auf dem besten Weg dahin.

  • Ursus dachte ein wenig über Baldemars Äußerung nach. So dauerte es mit der Antwort ein wenig länger. "Mit den Menschen, ja, das bestimmt." Bisher hatte er nie so direkt darüber nachgedacht. "Und genau das meinte ich auch mit ursprünglichen Ansichten. Im Umgang mit Menschen vor allen Dingen. Zum Beispiel meine von vielen belächelte Ansicht über Sklaven: Früher hatte man nicht so viele Sklaven, wie das heute der Fall ist. Ein Römer hatte seinen kleinen Hof und versorgte mit dem Ertrag seine Familie. Die Sklaven gehörten dazu, es war selbstverständlich, sie gut zu versorgen und nicht unmenschlich zu behandeln. Früher begab sich so mancher Römer freiwillig in die Sklaverei, wenn er seine Schulden nicht bezahlen konnte. Das war aber zeitlich begrenzt und nach Ablauf der Frist war er wieder frei. Er arbeitete praktisch seine Schulden ab und konnte dann wieder gehen. - Ich habe eben auch heute die Ansicht, daß Sklaven die Pflicht haben, ihre Arbeit ordentlich zu erledigen und die Herren die Pflicht haben, sie dafür anständig mit allem Nötigen zu versorgen. Und wenn ein Sklave seinen Kaufpreis in etwa abgearbeitet hat und die Freiheit ersehnt, dann halte ich es für richtig, ihm die Freiheit zu geben. Wenn mir seine Dienste so wertvoll sind, daß ich ihn nicht entbehren möchte, dann kann ich ihm immer noch anbieten, gegen Lohn für mich zu arbeiten. Denn die Freiheit ist ohnehin ein zweischneidiges Schwert. Man braucht eine Arbeit, um sich zu ernähren."


    Man kann Ursprünglichkeit lernen. Ja, das mochte sein. Aber Ursus wußte wirklich nicht, ob er das wollte. Er war ein Stadtmensch. In der Natur mit der Natur zu leben, das hatte für ihn wenig Reiz. Er brauchte den Trubel, die vielen Menschen. Das Forum und der Senat, das waren die Orte, an denen er das Gefühl hatte, genau an der richtigen Stelle zu stehen.

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