~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~
Glühend rotfarbenen brannte der ferne Himmel, loderten züngelnd Wolkenfetzen, suchten den Horizont zu verschlingen, welcher die Glut brach an tristem, graufarbenen Gestein, sandig bröckelnder Ödnis, durchbrochen einzig durch einen Strom dunklen Blutes, dessen Quell zu finden in seinem Ansinnen lag. Schritt um Schritt hob er seine müden, schweren Füße durch das sumpfige, sämige Nass, aus dessen urgründigen Tiefen die dürren Klauen seiner Ahnen sich streckten, ihre knorrigen Finger nach ihm reckten, ihn zu fassen, straucheln zu lassen auf seiner Queste. Unermüdlich zog er weiter, schlug ihr zorniges Angebot aus, sich fallen zulassen und zu ihnen zu legen ihn ihr äsiges Grab, musste er doch angelangen an den Quell seines Blutes, den Ursprung seiner Zukunft. Bleich lag der Leib umfasst von saftigen Grase, kreidefarbenes Gebein auf grünfarbenem Grund, abgeschält die Hülle seiner Selbst, zerfurcht die Fasern, welche einst ihn verbanden, und nur der braunfarbene Schopf erinnerte noch an eine vergangene Existenz, wiewohl das zarte Rinnsal frischen Lebenssaftes, das aus dem kindlichen Körper floss, der Quell seines Blutes, seines eigenen Fleisch und Blutes, das tot vor ihm lag.
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"Minimus!"
schreckte Gracchus aus den verworrenen Reichen seiner Träume empor, und während die letzten Fetzen grausiger Erinnerung in der trüben Dunkelheit der Nacht sich verflüchtigten, blieb in ihm das Sentiment der Machtlosigkeit, stieg aus den Tiefen seines Selbst instinktive Panik empor.
"Sciurus!"
Der Sklave erhob sich von seinem Platz an der Türe als hätte er nicht geschlafen - und manches mal war Gracchus tatsächlich dessen sich sicher, dass sein Leibsklave dies niemals tat - und trat zum Bett seines Herren.
"Ich muss zu meiner Gemahlin! Nein, ... erst zu Minimus! Dann zu meiner Gemahlin!"
Es schlug die Decke zurück und schickte sich an aufzustehen. "Es ist mitten in der Nacht, Herr, etwa die achte Stunde. Du hast nur geträumt, deine Familie schläft sicher und wohlbehütet", suchte Sciurus, solcherlei nächtliches Grausen längst gewohnt, ihn zu beschwichtigen.
"Aber wie lange noch?"
Energisch schob Gracchus seinen Sklaven zu Seite. "So beruhige dich, Herr, es war nur ein Traum." Gracchus fuhr herum.
"Nur ein Traum!"
blaffte er Sciurus an.
"Wie kannst du darüber ri'hten, der du ein Sklave bist und nie in deinem Leben geträumt hast! Heute ist es nur ein Traum, doch wer kennt schon die Wirklich..keit des Morgens?!"
Ohne einen weiteren Einwand abzuwarten strebte Gracchus in seinem knielangen, seidenen Nachtgewand, mit zerzaustem Haupt und baren Füßen der Türe entgegen, sein Schlafgemach zu verlassen, der Unversehrtheit seines Sohnes sich zu vergewissern und hernach seine Gemahlin aufzusuchen.