Kandidatur zum Curus Honorum [11/10] - Spurius Purgitius Macer

  • Die Liste der Kandidaten zur nächsten Wahl war lang wie jedesmal und die einzelnen Männer aufzurufen war alles andere als eine erbauliche Aufgabe. Trotzdem stellte sich der Consul ihr tapfer und ohne größere Schwankungen in der Stimme.


    "Kommen wir zum nächsten Kandidaten: Spurius Purgitius Macer möge vortreten und sich zu seiner Kandidatur für das Consulat äußern."

  • Als er aufgerufen wurde, begab sich Macer gemessenen Schrittes in die Mitte der Curia, von wo die Reden gehalten wurden. Dem Anlass entsprechend war er in die Kandidatentoga gekleidet und auch ansonsten gut vorbereitet. Eine solche Rede wie die nun anstehende hielt man schließlich nicht aus dem Stehgreif und wenn man sie total in den Sand setzen würde, würde man auch kaum eine zweite Chance bekommen. Auch nach Jahren im Senat war er dementsprechend etwas aufgeregt, aber sobald er die Reihen empor blickte und die Stimme erhob, verflog diese Aufregung wie von selbst.


    "Patres conscripti, viele von euch wundern sich sicher nicht, dass ich nun hier stehe und meine Kandidatur zum Amt des Consuls bekannt gebe und vor euch vertreten möchte. Nicht wenige haben mir zu diesem Schritt geraten, mich darum gebeten, mich sogar dazu gedrängt. Das Vertrauen, welches ihr mir bei meiner letzten Kandidatur zum Amt des Praetors entgegen gebracht habt war nicht minder eine Aufforderung und Verpflichtung, den Cursus Honorum weiter zu beschreiten. Trotzdem wäre es mir zu wenig, nur hier zu stehen, um Freunden eine Bitte und dem Senat eine Erwartung zu erfüllen. Ich habe mich bisher stets nur dann zur Wahl gestellt, wenn ich der Überzeugung war, damit einen notwendigen und richtigen Schritt zu tun und wann, wenn nicht beim höchsten aller Ämter, die im Cursus Honorum auf diese Weise zu erlangen sind, sollte man die Maßstäbe besonders streng anlegen?" Er machte eine erste Pause und ließ den Blick durch die Curia schweifen.


    "Was sind also diese Gründe, die mich umtreiben? Was sehe ich, wenn ich Rom betrachte und darüber nachdenken, wie ich ihm am besten dienen könnte? Was ist geschehen in der letzten Zeit, weshalb ich jetzt kandidiere und nicht früher oder später? Nun, ihr wisst, was in der letzten Zeit passiert ist. Unser Kaiser weilt noch immer zur Wiederherstellung seiner Gesundheit außerhalb Roms und nur die Götter wissen, wann er wieder bereit sein wird zu einer Rückkehr. Ein jeder von uns schließt ihn zweifellos in seine Gebete ein, doch wir können nichts tun außer hoffen und bis dahin jenen vertrauen, denen er seine Stellvertretung anvertraut hat, ob wir diese Wahl nun gutheißen mögen oder nicht. Doch nach dem Frevel im Hain der Diana stellten uns die Götter noch auf eine weitere Probe und es ist kaum zu übersehen, dass der Friede mit den Göttern gestört ist. Tote hat es gegeben und keiner weiß, ob dies schon das Ende oder erst der Anfang ist. Wieder beten und opfern wir und müssen jenen vertrauen, die mit der Interpretation der göttlichen Zeichen vertraut sind und ihren Ratschlägen zur Wiederherstellung des göttlichen Friedens folgen, mögen sie auch hart sein." Erneut machte er eine Pause, um sicher zu sein, dass sich alle über die Bedeutung des Gesagten im Klaren waren.


    "Nun werden sich sicher einige fragen, warum gerade ich dies erzähle, wo ich doch bisher nicht im Geringsten durch ausgiebigen Dienst an den Göttern in Erscheinung getreten bin. Und es ist wahr. Ich bin kein Pontifex und kein Flamen, kein Augur und kein Septemvir. Doch wäre ich einer, dann würde ich auch kaum hier stehen, sondern hätte genug zu tun! Doch genau das ist es. Sind wir dazu verurteilt, zuzusehen, abzuwarten und darauf zu vertrauen, dass andere ihre Arbeit machen? Sind wir darauf angewiesen zu warten, dass besser Zeiten kommen, wie lange es auch immer dauern mag? Ich sage: Nein! Die Götter werfen die Würfel, aber WIR zählen die Augen! Wenn wir wollen, dass es weiter geht, dass der Zorn der Götter verraucht, dass der Kaiser seine Aufgaben wieder selbst schultern kann, dann müssen wir auch selber etwas tun! Und genau dazu bin ich bereit. Als Curator Aquarum habe ich buchstäblich die Scheiße unter euren Füßen weggemacht, als Statthalter von Germania habe ich an der Grenze des Reiches gestanden, als Kommandeur der Legio I Traiana Pia Fidelis habe ich im Bürgerkrieg gekämpft. Ich bin nicht bereit, einfach nur zu warten - ich bin bereit, selber etwas zu tun." Eine weitere Pause folgte, diesmal weniger aus rhetorischer Dramatik, sondern um Luft zu holen nach diesem emotionalsten Teil der Rede.


    "Was immer uns die fachkundigen Männer des Cultus Deorum zur Wiederherstellung des Friedens mit den Göttern empfehlen, ich stehe dafür ein, dass es umgesetzt wird, wenn ihr mich zum Consul wählt. Was immer wir dafür tun können, dass das Reich auch mit einem geschwächten Kaiser blühen und gedeihen kann, ich stehe dafür ein, dass wir es tun, wenn ihr mich zum Consul wählt. Der Stand eines Senators, der bei vielen durchaus auch mit einem gewissen Vermögen einhergeht - bei manchen von euch auch mit einem größeren vermögen - ist nicht nur eine Errungenschaft, sondern auch eine Verpflichtung. Ich bin bereit, dieser Verpflichtung nachzukommen und als Consul Verantwortung für Rom zu übernehmen. Für eine Amtszeit möchte ich euch vorrangehen, anstatt nur bequem hier zu sitzen. Jeder der mir dabei folgen möchte, möge mir seine Stimme geben."

  • Potitus war sehr erstaunt, dass Macer sich zur Wahl um das Consulat stellte. Auch er selbst hatte kurz überlegt, ob er vielleicht noch ein kleines Consulat draufsetzen sollte. Aber im Prinzip war er ja auch so der mächtigste Mann Roms. Wozu also um die Gunst des Senates buhlen?


    Die Rede des Purgitiers gefiel Salinator allerdings ausgesprochen gut, denn sie bot einen wunderbaren Ansatz, diese patrizierverseuchten Collegia Roms bloßzustellen und vielleicht ein wenig Zwietracht zu sähen! "Purgitius, ich muss dir wirklich zustimmen: Die Arbeit, oder besser Nicht-Arbeit der Pontifices verlangt wirklich nach einem engagierten Consul, der die Dinge selbst in die Hand nimmt! Immerhin geht es um die Pax Deorum!" Der Praefectus Urbi setzte eine besonders gewichtige Miene auf, obwohl ihm dieser ominöse Staatskult eher am Allerwertesten vorbeiging (sonst wäre sicherlich nicht mehr dieser Patrizier-Krüppel Pontifex pro Magistro, sondern der wahre Stellvertreter des Kaisers in allen Dingen!).

  • Macer war zwar etwas überrascht, wie der Praefectus Urbi auf diese Schlussfolgerung aus seiner Rede kam, denn Macer hatte eigentlich nicht vorgehabt, den Pontifices ihre Arbeit komplett abzunehmen, aber im Wahlkampf wäre es wohl töricht gewesen, Beifallsäußerungen wie dieser allzu akribisch zu widersprechen. Auch wenn Macer sonst ein Freund von Sachdebatten war, wäre das hier wohl eher abträglich. Daher lächelte er nur mit einer beschwichtigen Geste und Richtung des Praefectus urbi. "Ich danke dir für deine Zustimmung. Aber ganz alleine werde ich den Pax Deorum auch nicht wieder herstellen können. Das möchte ich auch erst gar nicht erst versprechen. Wir schaffen das nur gemeinsam, jeder nach besten Kräften und jeder an dem Platz, an dem er am meisten dazu beitragen kann!"

  • Auch Durus war sich nicht sicher, ob er aus der Rede Macers nicht leise Kritik am Collegium Pontificium heraushörte. Sicherlich hatte sich dieses in den letzten Tagen eher bedeckt gehalten, doch wohl kaum deshalb, weil man mit der Situation überfordert war! Und als der Purgitier den unpassenden Kommentar Salinators nicht einmal dementierte, war der alte Tiberier doch gezwungen, das Wort zu ergreifen.


    "Ich möchte darauf hinweisen, dass das Collegium Pontificium bereits mit Hochdruck an den Nachforschungen um die Geschehnisse in Nemi arbeitet. Leider liegen bisher nur wenige und widersprüchliche Zeugenaussagen vor, sodass wir noch kein Ergebnis präsentieren können. Dies bedeutet jedoch nicht, dass wir nicht daran arbeiten, sondern dass wir die ohnehin aufgeheizte Stimmung nicht mit Vermutungen und Hypothesen zum Überkochen bringen wollen!"


    Vor lauter Ärger über eine solche Unterstellung verzichtete Durus sogar vorerst auf eine eindeutige Wahlempfehlung, auch wenn er Macer sehr schätzte und ihm das Consulat aufrichtig gönnte.

  • "Der Pontifex Tiberius Durus hat vollkommen recht. Wir dürfen die Bevölkerung nicht in Angst versetzen. Nein, wir müssen sie vielmehr durch unser Beispiel von Einigkeit und Pietät davor bewahren in Panik zu geraten und sie durch diese Krise führen."


    "Und genau dies ist auch genau der Grund warum ich die Kandidatur des Senators Spurius Purgitius Macer unterstütze! Wenn jemand in dieser Versammlung dazu fähig ist, dann Spurius Purgitius Macer. Er ist ein Mann von tadelloser Reputation, dessen Verdienst, dessen Ehre und dessen Gottesfurcht niemand in diesem Raum auch nur im Frage stellen kann. Seine Verdienste um das Reich sind so zahlreich, dass es mir kaum möglich wäre sie alle aufzuzählen. Aber wer könnte schon seine Zeiten als Legatus Legionis und Legatus Augusti pro Praetore vergessen in denen er heldenhaft gegen die grimmigen Germanen focht und sie wieder in ihre finsteren Wälder zurücktrieb? Wer hat nicht noch die grandiosen Spiele vor Augen, die er als Aedil veranstaltete? Wer kennt nicht die gerechten Urteile, die er als Praetor fällte?"


    "Spurius Purgitius Macer ist im Volk beliebt wie kein zweiter Mann nach dem Princeps und ich bin überzeugt, dass er der einzige ist, der dem Volk das Gefühl von Sicherheit wiedergeben kann. Daher sage ich euch, ich folge ihm! Ich gebe ihm meine Stimme und ich bitte euch alle, Senatoren Roms, mir dies gleich zu tun, auf dass er uns sicher durch diese gefährlichen Zeiten leiten möge."

  • Mit Tiberius Durus meldete sich einer der Männer zu Wort, dessen Meinung im Senat zweifellos das leitbild für einen beachtlichen Teil der Senatorenschaft war und Macer musste anerkennen, dass es der Praefectus Urbi mit seiner bissigen Bemerkung gekonnt geschafft hatte, die Diskussion von einer allgemeinen Kandidatur mit einem umfassenden Leitmotiv auf eine konkrete Wahrnehmung der Arbeitsweise einer einzelnen Personengruppe zu bringen. Und Tiberius Durus war ihm sofort auf den Leim gegangen, weil er als Pontifex eben zu jener kleinen Personengruppe gehörte. Aber als Kandidat, der quasi rein physisch im Auge des Sturms stand, durfte sich Macer davon nicht aus der Ruhe bringen lassen. "Es freut mich, dass du uns diesen Zwischenstand euer Arbeit mitteilen kannst, Pontifex Tiberius", erwiderte Macer daher. "Ich bin überzeugt davon, dass eine solche Entscheidung in aller Gründlichkeit gefällt werden muss. Egal wie meine eigenen Kandidatur ausgeht bin ich davon überzeugt, dass wir dies den Göttern schuldig sind und werde alles daran setzen, die vorgeschlagenen maßnahmen umzusetzen." Da konnte man als einfacher Senator schließlich auch genug tun und musste dazu nicht Consul werden.


    Dann meldete sich einer von Macers Klienten zu Wort und Macer war erfreut, wie dieser rethorisch geschickt die Diskussion wieder in die Spur zu setzen versuchte. "Vielen Dank", erwiderte er hier nur halblaut auf das Versprechen der Stimme, denn mehr hatte er in aller Bescheidenheit dazu auch nicht zu sagen.

  • Auch die weitere Beschwichtigung Macers klang für Durus nicht wirklich nach einem klaren Votum für die Arbeit der Pontifices. Spekulierte der Purgitier etwa auf die Unterstützung derjenigen Kräfte, die dem Cultus Deorum kritisch gegenüberstanden? So etwas in den Augen des Pontifex pro Magistro ungeheuerlich, konnte Macer doch wie kaum ein anderer Senator seines Sieges sicher sein!


    Er verzichtete jedoch aus Loyalität auf weitere Einwände, sondern nickte mit einem schwachen Lächeln. Für eine ausgesprochene Unterstützungsrede war er jedoch zu unsicher, ob die Kandidaturrede nicht doch ein Seitenhieb gegen seine Arbeit war...

  • Zweifelsohne wäre Gracchus von sich aus niemals auf den Gedanken gekommen, Purgitius Macer mochte die Arbeit des Collegium Pontificium abwerten, um seiner eigenen Kandidatur ein geeignetes Wahlthema zu geben, war er diesbezüglich doch durchaus ein wenig weltfremd, dass er kaum je hinter pflichteifriger Ambition maliziöses Gedankengut vermutete, so dass er durchaus geneigt war, gerade ob der kultischen Emsigkeit des Senators - zeigte Purgitius doch sich überaus häufig zu den öffentlichen Riten der Hauptstadt präsent - gar seine Zustimmung zu dieser Kandidatur kund zu tun, doch ließen die nachfolgend geäußerten Worte ihn derangiert inne halten, und ein wenig beschlich ihn das Gefühl, dass wieder einmal irgendetwas vor sich ging, wovon er nicht den leisesten Schimmer einer Ahnung hatte - wie so oft nurmehr -, dass er sich nur unverrichteter Dinge zurücklehnte und schwieg. Er würde wohl seine Gemahlin ob dieser Kandidatur konsultieren und bei der Wahl deren Empfehlung folgend votieren.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Avianus saß, wie bei jeder Sitzung bis jetzt in den Rängen zwischen den jüngeren Senatoren und verfolgte interessiert die Rede seines Patronen mit. Es war eine der spannendsten Reden und Kandidaturen, die so hier vorkamen, immerhin war die Besetzung der Consularsämter eine der wichtigsten Wahlen, die sie zu treffen hatte. Ein bedeutungsvoller, mächtiger Posten, ohne Zweifel, dem auch nicht jeder gewachsen war. Doch diese Sorgen hatte Avianus bei seinem Patronen nicht, wusste er doch wie Viele in diesen Hallen, dass Macer ein kompetenter, pflichtbewusster Römer war.
    Avianus war ganz auf Macers Seite. Er war es ihm nicht nur schuldig, nein, auch aus überzeugung war es nötig, die Stimme zu erheben und dem Kandidaten eine kleine Fürstimme zu schenken. Eine zwar Kleine, doch jede Einzelne war es, die zählte. Er lächelte seinem Patronen wohlwollend zu. Gewiss würde es jedoch von diesem nicht gesehen werden. So sprach er, nachdem er das Gefühl hatte, dass sich nun auch jüngere Senatoren zu Wort melden durften.


    "Angesichts der zahlreichen Verdienste, die Purgitius Macer hervorgebracht hat, erachte ich es als eine gerechte Belohnung, ihm die Ehre, die Pflicht - die Chance - zuteil werden zu lassen, die das Konsulat mit sich bringt."

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