Legio XXII | Komm, schau die Nacht

  • Nein, du bist immer noch nicht ganz entspannt mein Adler, aber da spielte keine Rolle mehr. In mir kochte und brodelte es. Mein Blut war übermäßig in Wallung geraten. Ich hätte gut an die Stelle Vulkanos treten können. Natürlich hätte ich besser ausgesehen, aber ich will die Götter nicht versuchen. Ich fühlte mich mit dem was mirmein Aquila angedeihen ließ, so fast im Olymp und er hörte nicht auf mich noch höher zu treiben. Meine Finger gruben sich in die Kante der Bank, hielten dort nicht lange aus und zerwühlten sein Haar. Mein Brustkorb hob und senkte sich immer schneller. Den Kopf in den Nacken gelegt, hatte ich zu Kämpfen, dass mir nicht laute Äußerungen meiner ins unermesslich steigenden Lust über die Lippen kamen. Ich ballte meine Hand zur Faust und biss hinein. Nicht, dass ich mich dessen geschämt hätte, aber wir waren nicht alleine. Nur eine Zeltbahn trennte uns von den anderen. Was ich erlebte überstieg alles, was ich bisher erfahren hatte. „ Aquila ..“ presste ich heraus unterbrach sein Tun. „ Lass nichts übrig von deiner Beute.“ Es kostete mich einiges. Warum tat ich das. Heute hätte ich einmal eigennützig sein können. Bei ihm ging es nicht. Es war nichts Festes zwischen uns und trotzdem fühlte ich mich zusammen mit ihm erst so richtig gut. Ich bot mich ihm an, wollte mit ihm gemeinsam gen Olymp. Naschen konnten wir zwischendurch. Jetzt und hier sollte es ein gemeinsames Essen geben. Die Gelegenheit war da. Sie nicht auszunutzen wäre töricht. Im Nachbarzelt dachte man genauso, es war nicht zu überhören und es lenkte von uns ab.

  • Wie ich es liebte, ihn so vollkommen in... nennen wir es, in der Hand zu haben, ihn mit meinem Tun in einen immer haltloseren Sinnentaumel zu treiben... die Kräfte zu erwecken, sie höher zu peitschen, zu spüren, wie sie aufbrandeten, ihn umtosten, wie ein wilder Sturm... während ich mich an der qualvoll süßen Spannung weidete, die mit dem Hinauszögern der Erfüllung immer weiter wuchs, bis sie nahezu unerträglich war. Da tönten seine Worte wunderbar an meinem Ohr. Wie eine Schlange wand ich mich an ihm empor, küsste ihn gierig mit meinen feuchten Lippen. Nebenan ging es auch ganz schön zu Sache, das war durchaus anregend.
    "...dulcis... dreh dich um...."
    Lag es an der Dunkelheit, lag es an ihm, meine Sinne schienen geschärft und verschleiert zugleich zu sein, ich nahm ihn so unheimlich intensiv war... Massa, meine geheime Droge - sein Geruch, ich atmete ihn, sog ihn tief ein, die betörende kleine Grube an seinem Nacken, direkt unter dem Haaransatz, die rasend schnell pulsierende Ader unter meinen Fingern... Meine Beute... Dann war ich wohl der Jäger. Ich dachte daran, wie ich heute den Stier getötet hatte, was ja irgendwie auch ein mythischer Akt war, und mir war schon so, als wäre ein Teil der... ungestümen Vitalität, der urwüchsigen Potenz dieses Tieres auf mich übergegangen! Hungrig ergriff ich, was Massa mir so freigiebig bot, ich drängte ihn halb gegen die Bank, halb darüber, presste ihn mit meinem Gewicht auf das Holz und ließ ihn spüren wie heiß er mich machte. Und schwungvoll riss ich den Stoff beiseite, der noch irgendwie zwischen uns war. Im Dunkeln verzog mein Mund sich zu einem schelmisch-lüsternen Grinsen – Ha! Jetzt konnte ich es ihm zurückgeben, das unsägliche:
    "Entspann dich..." - Seine Hingabe war wie ein Geschenk. "... so........ ist das gut... mmmhm... was hast du da bloß heraufbeschworen...- geht es...? gefällt dir das... lass mich, so.... ja, so... ich will dich, dich ganz, dich verschlingen!... mein bist du, mein... venustus meus...!"
    Ich nahm ihn leidenschaftlich, mit verhaltener Glut zuerst, ihn genießend, uns genießend, und es ganz ausreizend, mit ihm gemeinsam in die Höhe zu streben... bald immer heftiger, wild entflammt. Mein. Ich keuchte ihm Dinge ins Ohr, die ich hier besser nicht wiedergebe, ich erstickte die Laute, die wild aus mir hervorbrachen, in seinem Haar. Aus den fiebrigen Küssen, mit denen ich seinen Nacken bedeckte, wurden Bisse, ich hielt ihn eisern gepackt, grub meine Zähne in seinen Halsansatz hinein, im Rausch, erfasst und furios hinfortgerissen von der Ekstase der Ekstasen.

  • Die Bank unter mir war hart, es roch intensiv nach Holz, Öl und ihm und war nicht das einzige harte, was ich spürte, was mich ohne Unterbrechung weiter in die fantastischen Höhen atemberaubender Gefühle hob. Ich presste mein Gesicht in meine linke Armbeuge, mein Atem ging schnell, ich keuchte, biss in meinen Handrücken um nicht laut aufzustöhnen.
    Seine Worte hier unaussprechlich, für die Außenwelt ein Geheimnis zwischen uns beiden. Seine leidenschaftlichen Küsse die sich in ekstatische Bisse wandelten, meinen Halsansatz marterten. In mir ein Feuerwerk auslösten, Fontänen, ein Lichtermeer von Blumen aus tausenden von kleinen Sternen, die aufflammten und im Herabsinken langsam erloschen. Er und ich waren angelangt. Der Adler hatte den Olymp mit seiner Beute erreicht und ihr einen Blick in unbekannte Höhen gewährt. Ich war erschöpft, sein Körper dicht an meinem, ich spürte seinen heftigen Atem, der sich langsam wieder beruhigte. Mein Arm war nass vom Schweiß meiner Stirn.
    Die Bank begann unangenehm zu drücken. Was man alles ignoriert, wenn man im Rausch ist. Ich drückte mich von der Bank hoch, drehte mich zu ihm um, fuhr sanft mit meinen Fingerspitzen über seine Wange, versuchte seine Augen zu ergründen, hauchte ihm einen..., zwei..., drei Küsse auf seine Lippen. Löste mich von ihm und zog mich an. Es fiel kein Wort. Man verstand sich auch so.


    Die Schnallen von der Lorica im Dunklen zu schließen war ein wenig problematisch und forderte meine ganze Aufmerksamkeit. Ein leichter Schmerz im Nacken, seine Bisse. Ich richtete mein Tuch, zog es an den Seiten und hinten etwas höher, dass man sie möglichst nicht sah und die Lorica mich dort nicht zusätzlich marterte. Ich war fertig. „ Aquila?“ flüsterte ich. Seinen Namen vermied ich, wer wusste, ob da nicht einer zufällig am Zelt entlang lief. Ich wartete auf ein Zeichen von ihm, dass wir das Zelt verließen. Gemeinsam oder einzeln.....

  • Eigentlich hatte ich ihm ja nur sein Focale zurückgeben wollen. Dann hatte ich lediglich einen kleinen Gang durchs Lager mit ihm machen wollen, Sterne angucken. Dann hatte ich gedacht, dass ein - ein einziger - Kuss doch nicht so schlimm sein könne. Und jetzt... jetzt hockte ich schweißverklebt in irgendeinem Fabrica-Zelt, tastete im Stockdunklen auf dem Boden herum, auf der Suche nach meinem Gürtel, und hatte gerade mal so eben wieder Ruf und Karriere in Gefahr gebracht, nur um des Verlangens willen. Ich schämte mich für meine Willensschwäche..... Seltsam wie sich die Welt verändert, sobald die Lust gestillt ist. Vielleicht wäre es besser, wenn sie nie gestillt würde, dann würde der Zauber der Erwartung nie vergehen, der Rausch nie der Ernüchterung, dem Profanen weichen.
    Ah, da war ja endlich mein Gürtel. Ich legte ihn an, zog ihn mit einem Ruck zu, tastete an mir entlang, um mich zu vergewissern, dass ich nichts vergessen hatte. Dann richtete mich auf und blickte zu Massa. Schemenhafter Massa. Der Nachklang, wenn ich ihn denn zuließ, war eine leise Euphorie. Herrlich war es gewesen. Und wie er mich eben geküsst hatte... Ich hatte Lust, ihm etwas zärtliches zu sagen... aber Angst, dass er es irgendwie... falsch verstehen würde? Habe ich schon erwähnt, dass ich diese Momente nicht mag? Das plötzliche Auseinanderstreben, wo eben noch die Illusion von Eins-Sein war. Ich verspürte eine dumme, melancholische Sehnsucht... nach einem, der bleibt.


    Ausserdem hoffte ich, dass ich ihm nicht zu sehr wehgetan hatte. Normalerweise war ich nicht so grob. Er, dies alles, der Feldzug, irgendetwas daran brachte diese Seite an mir zum Vorschein.
    "Ja?" antwortete ich flüsternd, und trat zu ihm.
    "Venustus. Ich..." Mich loszureissen, fiel mir schwer. Ganz sacht legte ich ihm die Hände auf die Wangen. Umrahmte sein Gesicht, hielt es zwischen meinen Händen. Eigentlich, also bevor mir die Gier die Sinne vernebelt hatte, hatte ich noch was mit ihm besprechen wollen, und zwar den geplanten Einsatz unter Optio Septimius, und Massa fragen wollen, ob er daran teilnehmen wollte. Aber das wäre falsch. Massa, der pflichtbewusste, würde jederzeit einwilligen. Ich würde mit solch einer Frage nur mein Gewissen zu beruhigen versuchen, wenn ich ihn der Gefahr aussetzte.
    "... ich möchte, irgendwann wenn dieser Feldzug ausgestanden ist... einmal mit dir zusammen in die Wüste reiten, in einer Nacht wie dieser. Wir werden unter dem Sternenhimmel lagern, nur wir beide, und uns die ganze Nacht..." lieben... "so richtig miteinander austoben."
    Mit dem Daumen fuhr ich langsam über seine Wange, die hohen Wangenknochen, dann küsste ich ihn noch einmal sanft auf die Lippen. Zeit zu gehen.

  • Immer diese Stille danach. In der Selbstzweifel und Rechtfertigungsversuche im Kopf Gestalt an nahmen, wieder ausgeräumt und zur Seite geschoben wurden. Lag es an meiner Herkunft, frei und ungezwungen herangewachsen, geformt und in Erwartung des letzten Schliffes, der Vollendung. Seine Hände wischten die Gedanken beiseite. Sanft, seine Wärme ausstrahlend, auf mich übertragend.


    Ruhe umfing uns. Er begann zu flüstern, strauchelte, fing sich wieder und sprach einen Wunsch aus. Ich musste nicht überlegen. „ In einer Nacht wie dieser, unter einem Sternenhimmel ähnlich diesem, werde ich auf dich warten und wir werden uns verlieren, miteinander kämpfen und untergehen, wiederauferstehen und unter den Sternen alles hinter uns lassen.“ Ich griff ihm in den Nacken, massierte ihn zärtlich. „ Aquila.“ Seine Finger, seine Lippen, sie waren es, die mich versinken ließen. Ein letzer Kuss. Seine Fähigkeiten, der Zauber, den er damit verbreitete. Er hielt mich gefangen.


    Es wird Zeit zu gehen Massa, kam die nüchterne Erkenntnis. Ich öffnete den Zelteingang und sah durch den Spalt vorsichtig nach draußen. Keine Patrouille zu sehen. Es war besser, wenn wir uns hier gleich trennten. Ein kurzer Griff an seine Schulter, ein Blick zu ihm, dann verschwand ich zwischen den Zelten. Ich legte die Hand auf meine Brust, dort unter der Tunika, trug ich etwas von ihm.

  • So klang es viel besser.... poetisch... schön. Ich lächelte versonnen, gar nicht so sehr ihm zu, als vielmehr leise in mich hinein, und genoß noch einen Augenblick lang seine wohltuende Berührung. Doch diese war schon Teil des unvermeidlichen Abschiedes, noch ein Streifen der Schulter, dann stand ich wieder allein und sah ihm nach, wie die Dunkelheit ihn verschluckte. Wo, so fragte ich mich, wohin war eigentlich meine Überzeugung verschwunden, dass es sich nur ironisch zu begehren, und ironisch zu lieben lohnte... sie hatte sich schon länger nicht mehr bei mir blicken lassen.
    Nach einer Weile verließ auch ich das Zelt und ging, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, durchs Lager, zum Glück unbehelligt. Ich war müde und (jetzt wirklich) herrlich entspannt. In meinem Zelt angekommen, ent-rüstete ich mich ohne ein Licht zu entzünden. Ravdushara schlief schon, ich kroch zu ihm unter die Felldecke. Schön warm war das, angenehm... aber ich wünschte doch, ich hätte statt ihm Massa neben mir... und lächelte wieder still, beim Gedanken an unsere Verabredung, auch wenn das "nach dem Feldzug" mir noch als ferne Zukunft erschien... Dann fielen mir die Augen zu. Ich schlief traumlos und fest bis zum nächsten Morgen.

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  • Der Weg zu meinem Contubernium war nicht so weit wie ich angenommen hatte. An einer der Fackeln vor dem Zelt blieb ich kurz stehen und zog das Amulett aus meiner Lorica. Eine kleine Bronze, Fortuna mit Füllhorn. Ein Amulett, das Glück brachte. Ich versteckte es wieder und ging leise hinein. Stieg vorsichtig über die Schlafenden bis zu meinem Schlafplatz. Es dauerte bis die Lorica fiel. Ich wickelte mich in meine paenula und wartete auf den Schlaf. Mit 7 Kameraden schlief ich hier und trotzdem alleine. Schnarchen. Einer hustete. Ich drehte mich eingerollt zur Zeltwand und starrte schlaflos ins Dunkel. Was hielt mich, was brachte meine Gefühle jedes Mal in Aufruhr. Ich wusste es nicht. Ein Traum jagte den anderen. Den nächsten Morgen hatte ich sie vergessen, konnte mich an Keinen erinnern.

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