Cubiculum|Flavia Domitilla




  • CUBICULUM DER FLAVIA DOMITILLA



    Das kunstvoll gelegte Mosaik, welches den Fußboden schmückt, fällt zuerst ins Auge des Betrachters. Dann erschließt sich dem Auge das Bett, welches aus den edelsten Hölzern Afrikas gezimmert wurde. Desweiteren befindet sich noch eine Kommode in dem cubiculum, welche etwas abseits steht.
    Noch liegt alles jungfräulich bereit. Noch ist das Mobiliar unbenutzt. Es wartet noch auf seine Bestimmung.

  • Semiramis wartete, bis sich im Cubiculum etwas regte und sie dann eine Stimme hinein bat. Vorsichtig öffnete sie die Tür und trat ein. Vor sich sah sie das junge Mädchen zum ersten Mal richtig aus der Nähe. Sie saß auf ihrem Bett und betrachtete sich das Ergebnis ihres heutigen Einkaufmarathons. All die neuen Kleider, Stolae, pallae und Schuhe lagen durcheinander auf dem Boden, die das dort befindliche Mosaik zum Teil bedeckten.
    "Domina, ich bringe dir deine neuen Sklaven." Sie winkte die beiden herein.

  • Wieder waren sie der Frau durch die unübersichtlichen Gänge gefolgt. Die Schwarzhaarige hatte von Domina gesprochen. Das mußte der Name der jungen Frau sein, die sie auf dem Markt gerettet hatte. Die Irin freute sich auf ein Wiedersehen und nahm sich vor, Domina zu danken.


    Aoife hatte kaum Zeit sich die prächtige Ausstattung des Hauses einmal genauer anzusehen. Als Semiramis stoppte, wäre Aoife fast hinten aufgelaufen. Zu viele Eindrücke stürzten auf sie ein und sie konnte sich nicht entscheiden, worauf sie achten sollte. Leise murmelte sie: Oh, sorry! Eine Tür tat sich auf und auf den Wink von Semiramis gingen sie in den großenzügig geschnittenen Raum.


    Neugierig wanderte ihr Blick umher. Wieder schaute sie auf den Boden und sah ein Bild vor sich. Sie legte den Kopf zur Seite und betrachtete es. Es war aus lauter kleinen Steinchen zusammen gesetzt. Eine tolle Leistung, aber auch völlig überflüssig. Man lief doch eh nur darüber! Die Römer schienen einen komischen Geschmack zu haben. Überall jede Menge Kinkerlitzchen, die zu nichts zu gebrauchen waren. Wieder sah Aoife, wie reich die junge Frau vor ihr wohl sein mußte.


    Niemand stellte sich unnütze Gegenstände ins Haus. Selbst in ihrer Heimat hatte der Dorfvorsteher nicht so viele Sachen herumliegen. Gut, er hatte das größte Haus und sogar der Schlafplatz war vom übrigen Wohnraum getrennt. Er hatte auch an den Wänden mehr Pelze und Geweihe von selbst erlegten Tieren, aber unnützen Tand hatte er auch nicht. Aoife mußte schmunzeln. Muiraid, seine Frau, hätte ihm aber auch Beine gemacht. Das Schmunzeln dehnte sich zu einem breiten Grinsen aus, als sie daran dachte, wie stolz Fionnbarr eines Tages mit einer römischen, auf Hochglanz polierten Rüstung vom Markt ins Dorf zurück kam und am Ende jagte Muiraid ihn über den Platz mit der größten Pfanne, die in ihrem Hausstand zu finden war. Das war ein Spaß. Das ganze Dorf stand versammelt und beobachtete das Schauspiel und am Ende saßen sie gemeinsam im Langhaus und feierten.

  • "Das grüne passt ganz hervorragend zu den neuen Schuhen, findest du nicht?" Amalthea, die froh war, wieder zurück in der Villa zu sein, nickte zustimmend. Eigentlich passten alle meine neuen Kleider zu den Schuhen, doch das grüne gefiel mir am besten. Auf meinem Bett hockend, hatte ich den besten Überblick über meine neuen Sachen. Ich war zufrieden, mit dem was ich gekauft hatte. Die Stoffe waren von edelster Qualität, aus schimmernder Seide aus dem Orient. Nur das Beste vom Besten.
    Ein Klopfen an der Tür lenkte mich von alledem ab. Wie selbstverständlich kam das "Herein" über meine Lippen. Es gab wohl nur einen Grund, weshalb es an meiner Tür klopfte. Dort draußen standen die neuen Sklaven, die nur darauf warteten, sich zu den anderen neuen Sachen zu gesellen. Eine unbeschreibliche Freude, das Gefühl, den kommenden Moment kaum abwarten zu können, überfiel mich. Ich hielt den Atem an, als endlich die Tür aufging. Aber es war nur sie, die Sklavin meines Bruders. Ich warf ich einen fragenden Blick zu, woraufhin sie die beiden wundersamen Geschöpfe herein winkte.
    Da war sie wieder, die Frau mit dem feuerroten Haar. Nach ihr trat auch der Mann ein. Sie waren in grobe, wollene Tuniken gesteckt worden, die nicht gerade einen ästhetischen Eindruck machten. Und sauber waren sie. Der Schmutz des Sklavenmarktes war verschwunden. Die Frau aber faszinierte mich aufs Neue. Ihre große, aber dürre Gestalt, die zarten Züge ihres Gesichtes, ihr rotes Haar natürlich und als Gegenpol dazu die blauen Augen. Genau diese Augen waren es, die ganz neugierig umherwanderten, um alles einfangen zu können, was sie entdeckten. Im Gegensatz zu ihr, beobachtete ich nur sie. So entging mir auch nichts ihres Mimikspiels. Neugier, womöglich auch Unverständnis und dann dieses zarte scheinbare Schmunzeln. Ich verstand nicht, was sie belustigte. Es war einfach nur spannend, sie zu beobachten. Eine fremde Spezies aus einer anderen Welt, die es hierzulande nicht zu geben schien.
    "Danke äh.., wie war noch gleich dein Name? … Na, einerlei, du kannst gehen!", sagte ich zu der Sklavin, dann wandte ich mich den neuen Sklaven zu, insbesondere der Sklavin mit dem roten Haar. Diese flammende Haarpracht zog mich magisch an. Ich erhob mich von meinem Bett und trat auf die Sklavin zu. Meine Finger griffen nach ihren Haaren, bis sie eine Strähne erfassten und diese dann ausgiebig untersuchten. In der Tat, es waren echte Haare. Und die Farbe? War auch sie echt?
    "Sind die echt? Sind die wirklich so rot? Wie ist dein Name?" Natürlich hätte ich wissen müssen, dass sie nichts von dem was ich sagte, verstand. Aber wenn sie nun meine Sklavin war, dann musste sie doch verstehen!

  • Aoife hatte nicht gemerkt, daß die junge Frau aufgestanden war. Erst als diese direkt vor ihr stand, schoß ihr ein leichter Schreck durch die Glieder. Die Irin mußte herabschauen, denn die andere war um einiges kleiner als sie selbst.


    Mit großen Augen beobachtete Aoife, wie die Domina ihre Haare faßte und hin und her drehte und diese dabei ganz genau betrachtete. Unsicher, was das sollte, schaute sie zu Aidan. Dieser machte aber nur ein beschwichtigendes Zeichen und lächelte liebevoll. Aoife seufzte und schaute wieder die junge Frau an. Plötzlich hub sie an zu sprechen. Es schienen Fragen zu sein, das war allerdings das Einzige, was sie deuten konnte. Und es schien um ihre Haare zu gehen.


    In ihrer Familie hatten alle von der direkten Linien so ungewöhnlich rote Haare. Sie kannte es also schon, von Fremden so beäugt zu werden. Im Gegensatz zu ihren Geschwistern, war sie aber die einzige mit diesen blauen leuchtenden Augen, die so viel von ihrem Gemüt Preis gaben. Oft hatte sie sich geärgert darüber. Schon als junges Mädchen gefielen ihr die grünen Katzenaugen der anderen besser. Mittlerweile hatte sie sich damit abgefunden. Und Aidan gab ihr auch immer wieder das Gefühl, die schönste Frau auf Erden zu sein.


    Aoife mahnte sich zur Konzentration. Die junge Frau vor ihr wollte eine Antwort. Ins Blaue hinein begann sie zu reden: Sea, tá na mo chuid gruaige. Mo mháthair agus Mamó ag díreach mar an gcéanna. Agus mo chuid deirfiúracha freisin. Tá a fhios agam go bhfuil siad dath neamhghnách. Oh yes, bhí mé go raibh maith agat, a stór domina. Shábháil tú chugainn ó na súile agus lámha garbh sa chathair. Táimid faoi chomaoin agat! Conas is féidir linn an éagóir a chúiteamh?* Aidan räusperte sich hinter ihr: Níl tú go dtuigeann tú, óg!** Oh!, ja, Aidan hatte Recht.


    Wieder machte Aoife es so, wie vorher bei der anderen Frau, die sie hierher begleitet hatte. Sie deutete erst auf ihren Mann: Eiden!, dann auf sich selbst: Iva, und zum Schluß deutete sie auf die junge Frau vor sich: Domina! Lächelnd schaute sie diese dabei an und wartete auf eine Reaktion.


    Sim-Off:

    *Ja, das sind meine Haare. Meine Mutter und Großmutter haben genau die Gleichen. Und meine Geschwister auch. Ich weiß, daß sie eine außergewöhnliche Farbe haben. Ach ja, ich wollte Euch danken, liebe Domina. Ihr habt uns vor den Blicken und den rauen Händen in der Stadt gerettet. Wir stehen in Eurer Schuld! Wie können wir das wieder gut machen?


    Sim-Off:

    **Sie versteht Dich nicht, Liebste!

  • Die neue Kleidung kratzte am ganzen Körper und Aidan sah wie die junge Frau die sie begrüßt hatte verschwand. So richtig verstand er die Zusammenhänge nicht und schaute sich dann einfach im Raum um.Er hatte hier und da ein paar Worte aufgeschnappt, aber ihre Bedeutung war Ihm noch schleierhaft. Das Mädchen vom Markt saß dort auf einem Bett.


    Auch in diesem Raum war alles über die maßen sauber und prunkvoll. Dann stand die kleine Frau vor Aoife, fasziniert von den Haaren seiner Frau. Auch in Irland hatten nicht alle Frauen rotes Haar und so wurde Aoife auch hier bewundert.


    Aoife schien nervös zu sein und schaute in seine Richtung. Er lächelte leicht und beschwichtigte sie. Die Unterhaltung war sehr einseitig. Natürlich würde die Frau uns nicht verstehen und wir verstanden nichts von ihrer Sprache. Er legte seine Stirn in Falten und versuchte sich an die Worte des Gastwirtes zu erinnern. Auf der langen Reise hatten sie viele Häuser und Orte gesehen. Einmal wurden sie sehr freundlich begrüßt und der Mann in schwarzen Leinen hatte etwas erwidert.


    Aidan stellte sich neben die beiden Frauen und berührte das fremde Mädchen leicht am Arm. Er deutete eine leichte Verbeugung an, so wie er es immer tat wenn er sich mit den Frauen seines Volkes unterhielt. Dann formte er die fremden Worte und machte dazu einige Gesten.


    „Ja ich freue mich auch Euch zu sehen. Lass uns ins Wirtshaus gehen und ein paar Weinkrüge leeren.“


    Er lächelte bei den Worten und ja, Aoife hatte ja einen Namen genannt. So betrachtete er abwechselnd Aoife und Domina.

  • Die beiden Neuen traten ein und erregten sofort das Interesse der jungen Domina. Semiramis blieb diskret im Hintergrund stehen, nicht nur weil sie so auf die weiteren Wünsche der jungen Flavierin eingehen konnte. Nein, die Syrerin konnte so auch auf ganz unauffällige Weise ihre Neugier befriedigen. Und diese wurde auch sofort genährt. Die Flavia war ganz gefangen von der Ausstrahlung der Frau. Selbst der Syrerin war von der ungewöhnliche Haarfarbe dieser Frau gebannt gewesen. Auch jetzt wieder starrte sie zu Aoife und der Flavierin, die sich ihr näherte. Fast hätte sie gar nicht die Worte gehört, die die Domina an sie richtete. Lediglich ein leichtes Antippen der Kinderfrau der Flavierin ließ Semiramis wieder aufmerksam werden.
    "Äh, Semiramis, domina," antwortete sie etwas zeitversetzt. Doch, dass sie gehen sollte hatte sie wohl überhört. Wieder war es Amaltheas pantomimisches Talent, die ihr auf die Sprunge half.
    "Äh, ja domina."
    Fast in Zeitlupe näherte sie sich der Tür, allerdings blieb ihr Blick bei den beiden Frauen haften, der Sklavin und der Herrin. Nun untersuchte die Flavia auch noch das Haar der Frau, als wäre sie ein plumper Gegenstand, was sie wohl auch in den Augen der Römer war. Die Frau gab eine weitere Kostprobe ihrer seltsamen Sprache, die niemand verstand.
    Sie war bereits an der Tür angekommen, hatte die Türklinke nach unten gedrückt, war im Begriff hinaus zu treten, als sie dann doch plötzlich wieder inne hielt und sich wieder umwandte. Der Mann hatte gesprochen. Er hatte bisher nicht viel gesagt. Aber diesmal, und das war wohl das überraschendste, sprach er Latein! Er hatte zwar einen üblen Akzent, doch man konnte verstehen, was er meinte. Er wollte ins Wirtshaus gehen! Semiramis kicherte leise in sich hinein. Doch er hatte es sogar gewagt, die Domima zu berühren! Das wurde ja immer besser. Nein, jetzt konnte sie doch nicht gehen! Jetzt, da es begann interessant zu werden!

  • Ein seltsames Kauderwelsch entwisch meine neuen Sklavin. Genau das, was ich bereits schon insgeheim befürchtet hatte, bewahrheitet sich nun. Die Sklavin verstand mich nicht und ich verstand sie nicht. Ebenso der Sklave, der sich nun auch bemerkbar machte. Beste Voraussetzungen also um die beiden mir fügsam zu machen. Doch so schnell wollte ich nicht aufgeben. Ein hilfesuchender Blick zu Amalthea, die mir allerdings auch gleich mit ihren Augen zu verstehen gab, dass auch ihr diese Sprache unbekannt war.
    Meine Unsicherheit überspielend, widmete ich mich wieder der Sklavin, lächelte knapp und zuckte mit den Schultern. Wozu war eine Sklavin nutze, wenn sie kein Wort verstand? Ich begann mich über mich selbst zu ärgern. Flaccus hatte recht gehabt, ich war einfach noch zu jung und unerfahren, um gute Sklaven zu kaufen. Ich hätte auf ihn hören sollen. Ich…. ich sollte aufhören, mir Selbstvorwürfe zu machen. Bisher war ich ein Mädchen, dessen Wege geebnet waren und jeder noch so kleine Stolperstein entfernt worden war. Es war an der Zeit, sich den Herausforderungen zu stellen, die auf mich warteten! Und ich fing auch sofort damit an.
    War es Zufall, dass Aulus´ Sklavin noch immer an der Tür herumlungerte, statt meinen Befehlen zu gehorchen?
    "DU! HIER GEBLIEBEN!", rief ich ihr zu, bevor sie sich doch noch aus dem Staub machte. Ich war mir gar nicht bewusst, dass auch ich über das gleiche gebieterische Organ meiner Mutter verfügte. Selbst Amalthea wurde dadurch aufgerüttelt und wähnte sich wohl wieder zu Hause in Aquilaia.
    Dann begann die Sklavin wieder zu sprechen. Seltsame Worte, die alles Mögliche bedeuten konnten. Indem sie aber auf den Mann auf sich und mich deutete, begriff ich, dass es sich wohl um ihre Namen handelte. Mich nannte sie Domina. Sehr gut! Na, geht doch!
    "Aha, Eiden und Iva. Das sind eure Namen?" Ich ersparte es mir, nachzufragen, was diese wohl bedeuteten. Das musste vorerst warten. Meine Anspannung schmolz wie Schnee, denn ich war mir nun wieder sicher, das Richtige getan zu haben.
    Doch dann passierte etwas ganz ungeheuerliches! Der Sklave berührte mich plötzlich am Arm, als sei er ein Vertrauter. Was fiel diesem Barbaren ein! Wollte er mich angreifen? Ich zuckte zusammen und wusste sofort, dass dies das Ungeschickteste war, was ich tun konnte. Sklaven durfte man keinesfalls mit Furcht begegnen. Das hatte mir Mutter oft genug gesagt. Zeig ihnen, wer der Herr ist und lass dich nicht von ihren rührseligen Geschichten einlullen.
    Der Sklave begann plötzlich zu sprechen. Völlig unaufgefordert natürlich. Zu meiner Überraschung sprach er ein recht holpriges Latein. Wie bitte? Ich hatte mich doch verhört! Er wollte mit mir ins Wirtshaus gehen und einige Weinkrüge leeren.
    "Was fällt dir ein, Sklave! Lass mich sofort los, sonst…." Ja, was sonst. Mir fiel auf die Schnelle nichts passendes ein. In der Tat, deplorabel!
    "Du sprichst Latein? Sehr gut! Dann hast du auch verstanden, dass ihr nun Sklaven seid. Meine Sklaven, um genau zu sein." Ha, Mutter wäre stolz auf mich, hätte sie diese Ansprache gehört, vielleicht.

  • Erstaunt hatte Aoife Aidan angesehen, als er plötzlich diese anderen Worte sprach, die denen, die das Mädchen gesagt hatte, doch sehr ähnlich waren. Seit wann konnte er andere Sprachen? Na gut, die Dialekte in der Heimat verstand er auch schneller als sie, aber eine ganz andere Sprache... Aoife war überrascht und stolz auf ihren Mann. Dtuigeann tú? Cén fáth nach raibh tú ag rá mar sin?*


    Aber Domina reagierte nicht so, wie Aoife es erwartet hatte. Sie war mißmutig und reagierte recht überheblich. Also das mußte doch wirklich nicht sein. Aidan hatte sich solch eine Mühe gegeben, das mußte man doch anerkennen. Was für eine unmögliche Art. Aoife schüttelte leicht den Kopf, hier war so vieles anders als in ihrer Heimat. So beschloß sie erst einmal still zu sein und abzuwarten, immerhin hatten sie Domina etwas zu verdanken. Wahrscheinlich mußte sie froh sein, daß die junge Frau sich ihre Namen merken konnte.


    Aoife hatte nun Gelegenheit, sich Domina einmal genauer anzuschauen. Junge Frau war wohl ein wenig übertrieben. Wie alt mochte sie sein? Vierzehn, fünfzehn vielleicht, sie war aber zurechtgemacht wie eine Frau. Was das wohl wieder zu bedeuten hatte? In Irland waren die Mädchen mit etwa 16 Jahren verheiratet und mußten dort einen Hausstand führen. Aber vorher sprangen sie mit den Jungs über die Gräben und verschwanden stundenlang in den Wäldern. Es waren Kinder! Dieses Mädchen war kein Kind mehr, aber sie war scheinbar unsicher, mit dem, was sie machen sollte. Aoife hörte ein sachtes Zittern in ihrer Stimme, bevor es diesen herrischen Ton annahm und überheblich klang.


    Die große Irin legte den Kopf leicht zur Seite und betrachtete Domina lächelnd. Langsam glitt ihr Blick herab und blieb an dem feinen Stoff ihrer Kleidung hängen. Sehr hochwertig verarbeitet, aber was war das? Aoife mußte das genauer sehen. Schon kniete sie sich hin und nahm den Stoff in die Hand. Ós rud é go earráidí ann! Cad a náire! Snáitheanna breá den sórt sin, agus ina dhiaidh sin i gcomhair poist dona!** Mit den Fingerspitzen verfolgte sie dem Lauf der Fäden und entdeckte immer mehr Webfehler. Mißbilligend schüttelte sie den Kopf. Sie schaute zu Domina auf: Nach maith! Poor cáilíochta!***


    Aoife hoffte, daß das Mädchen vielleicht den Sinn der Worte verstand. Sie deutete auf die Fehler im Stoff, zeigte auch die Fehler in ihrem Gewand, welche überdeutlich zu sehen waren. Immerwieder schüttelte Aoife den Kopf und deutete darauf. Vielleicht kam es ja an. Es war doch eine Schande, wie man mit solchen Rohstoffen umging. Da hatte man die Möglichkeit, Kunstwerke zu schaffen und versaute es. Naja, Aoife mußte zu geben, die Fehler waren gut versteckt und fielen dem ungeübten Auge nicht auf, aber sie sah es. Sie beschäftigte sich, seit sie denken konnte, mit Fäden und Stoffen aller Art und das war nicht in Ordnung!


    Sim-Off:

    *Du verstehst sie? Warum hast Du das nicht gleich gesagt?


    Sim-Off:

    **Da sind Fehler drin! Was für eine Schande! Solch feine Fäden und dann so eine schlechte Arbeit!


    Sim-Off:

    *** Nicht gut! Schlechte Qualiät!

  • Bestürzt über die Reaktion des Mädchens Domina machte er einen Schritt zurück und eine symbolhafte Handbewegung sollte seine Berührung erklären. Er zeigte seine leeren Handflächen und sagte dann zu Aoife. „Thiomsóidh mé cúpla focal, a shíl mé go bhfuil siad cairdiúil. Ach dúirt b'fhéidir go bhfuil mé mícheart ar fad." Aoife kniete vor Domina und untersuchte mit geschultem Blick den Soff der Kleidung.


    Aidan versuchte zu lächeln und stellte sich so hinter seine Frau. Er zeigte wieder seine leere Hände und legte dann eine Hand auf Aoifes Schulter. Wie sollten sie sich verständigen ? Vielleicht in dem er Ihr Gegenstände zeigte und sie es in ihrer Sprache sagte. Am Bett stand eine Schale mit Obst und Aidan nahm ein paar Trauben. Stellte sich dann demonstrativ mit der Frucht wieder hinter seine Frau.


    Aoife hielt immer noch den Stoff in der Hand und Aidan deutete mit seinem rechten Zeigefinger auf den Stoff und sagte auf irisch Éadach olla, Wollstoff. Dann zeigte er auf eine Traube, Fionchaora. Er deutete auf seine Brust und sprach langsam seinen Namen. Dann legte er wieder eine Hand auf Aoifes Schulter und sagte genauso langsam Aoife.


    Er ballte eine Faust und richtete sie auf Domina, dabei schüttelte er den Kopf und nahm die Faust mit der anderen Hand wieder herunter. Vielleicht konnte er dem Mädchen so erklären, dass er ihr auf keinen Fall etwas zu leide tun würde und auch ihre Sprache lernen wollte.


    Langsam machte er einen Schritt rückwärts und seine Hände zeigte er wieder offen vor seinem Bauch. Dann deutete er mit der rechten Hand auf seinen Mund und zu Domina herüber.




    Sim-Off:

    Ich habe ein paar Worte aufgeschnappt, von denen ich dachte das sie freundlich sind. Aber vielleicht habe ich es falsch betont.

  • Die Syrerin hasste Situationen, wie diese, wenn sie bei etwas ertappt wurde. Dabei war sie doch noch genau damit beschäftigt, dem Wunsch der Flavierin nachzukommen. Fast hätte sie sich ganz durch den Türspalt gedrängt, als Domitillas Stimme ertönte. Und zwar so, wie sie sie bis dahin noch nicht erlebt hatte. Sofort blieb sie wie angewurzelt stehen, bis der komplette Befehl auch in der letzten Hirnwindung angekommen war. Erst sollte sie gehen, jetzt sollte sie bleiben. Sollte einer diese Römer verstehen!
    "Wie du wünschst, domina!" Schnell schloss sie wieder die Tür und blieb dezent an der Seite stehen, denn schließlich hatte sie sich ja nicht darüber ausgelassen, weswegen sie hier bleiben sollte. Aber umso besser, so konnte sie weitaus besser das Schauspiel beobachten, welches sich nun direkt vor ihrer Nase abspielte.
    Nanu, hatte sie das eine Unsicherheit bei der jungen Flavia entdeckt? Die Kleine wirkte etwas überfordert mit den beiden Neuen. Genauso überfordert, wie sich Semiramis gefühlt hatte, als man ihr die beiden einfach aufs Auge gedrückt hatte.

  • Ich vermutete fast schon, die beiden trieben ein übles Spiel mit mir, als sie sich wieder in ihrer grausamen Sprache regelrecht absprachen, was sie als nächstes ungehöriges anstellen konnten.
    Wieder kam dieses Gefühl der Hilflosigkeit über mich, obschon solche Gefühle einer Herrin über Sklaven fremd sein sollten. Was hätte Mutter an meiner Stelle getan? Dies Frage stellte ich mir immer wieder. Was sollte ich tun, um diesen beiden meine Macht zu demonstrieren? Oder war dies überhaupt von nöten? Denn als ich noch mit dem Sklaven haderte, ging die Frau bereits vor mir in die Knie. Ein Akt der Unterwürfigkeit, wie ich wohl meinte. Und das Kauderwelsch, welches sie vorbrachte, hielt ich für eine Bitte um Gnade für ihren Mann. Bei genauerem Hinsehen allerdings, wurde mir schnell klar, dass die Sklavin alles andere im Sinn hatte, allerdings keine Spur von Demut.
    "Was machst du da? Lass das!" rief ich. Sie deutete auf ständig auf den Saum meiner Tunika. Für einen Webfehler oder dergleichen fehlte mir einfach der nötige Blick, um diesen als Fehler auch wahrzunehmen. Schließlich schüttelte sie auch noch abfällig ihren Kopf. Dass dies nun keine zuvorkommende Geste war, konnte selbst ich verstehen, und so wuchs mein Zorn. Derartiges hatte ich bis dahin noch nicht erlebt, nicht von Sklaven!
    Als ich meinen Augenmerk wieder zu dem Sklaven richtete, so machte der seltsame Bewegungen, die ich nicht verstand, die mich jedoch ahnen ließen, dass ich es hier mit zwei unverschämten Barbaren zu tun haben musste.
    Gänzlich entnervt, sah ich wieder nach der Sklavin meines Bruders, die… ach wie hieß sie noch gleich? Einerlei! Da stand sie noch, neben der Tür und schaute recht dümmlich daher.
    "Semira.. äh oder Samira, komm her! Du sprichst doch die Sprache dieser beiden Sklaven. Also sage ihnen gefälligst, wer ich bin und frage sie, weshalb sie so unverschämt sind. Wissen sie nicht, was mit ihnen geschieht, wenn sie ungehorsam sind?"
    Plötzlich trat Amalthea wieder aus der Versenkung hervor und tastete mir leicht auf die Schulter, wie sie es immer schon getan hatte, wenn sie mir etwas wichtiges sagen wollte.
    "Domitilla, die Sklavin ist Syrerin. Sie kann die beiden eigentlich gar nicht verstehen. Die beiden kommen aus dem Norden. Noch nördlicher als Britannia!", flüsterte sie mir ins Ohr. Nun ja, das war einleuchtend! Aber trotzdem war mir immer noch nicht geholfen!
    "Semira, oder wie immer du ach heißt, vergiss das, was ich soeben gesagt habe. Aber bringt mir endlich jemand herbei, der die Sprache dieser beiden spricht! Sofort!" Wahrscheinlich hörte ich mich an, wie ein launisches, verzogenes Kind, wenn es nicht seinen Willen bekam.

  • Die Reaktion der jungen Frau war für Aoife völlig unverständlich. Zornig war diese geworden und unsicher, was Aoife falsch gemacht hatte, stand sie auf und trat ein paar Schritte zurück. Mit gerunzelter Stirn beobachtete sie, was weiter geschah.


    Domina verwandelte sich in ein kleines trotziges Kind, was ihren Willen nicht bekam. Eigentlich war Aoife ganz froh, in diesem Moment kein Wort zu verstehen. Allein der Ton reichte ihr. Sollte sie jetzt schmunzeln oder mißbilligend den Kopf schütteln, immerhin war das Mädchen etwa 10 jahre jünger als sie selbst. So benahm man sich doch nicht vor Fremden. Und was hatte es mit der älteren Frau auf sich, die die ganze Zeit stumm stand und jetzt plötzlich doch herantrat und etwas flüsterte. Wie stand sie zu dem Mädchen.


    Vielleicht sollte sich Aoife mit allem erst einmal komplett zurück halten und beobachten. Sie mußte lernen, wie die Leute hier zueinander standen. Die Mutter konnte die Ältere nicht sein oder doch? Vielleicht war es hier üblich, daß die Mutter ab einem bestimmten Alter des Mädchens sich selbst zurück nimmt und ihr die Hausführung überläßt. Jetzt mußte Aoife doch den Kof schütteln. Wenn das wirklich wäre, dann würde man hier deutlich sehen, daß das nicht funktioniert.


    Und was war das für eine Frau, die da an der Tür stand und in Gegenwart von Domina kein gescheites Wort heraus brachte. Sie schien irgendwie zu stammeln. Hm, eine Dienerin wahrscheinlich oder? Es konnte ja fast nur so sein. Oder sie sollte hier auch etwas lernen, wie ihre Lehrmädchen daheim. Manchmal war Aoife sehr streng zu ihnen, aber mußte auch sein. Oft genug hatten sie schon Stoffe verhunzt, die eine Woche Essen wert waren. Eine Woche Essen für sechs Personen und das war eine Menge Geld!


    Egal, irgendwann würde Aoife das verstehen und dann würde sie sich hier einfinden, ihren Platz haben und dem Mädchen ihren Dank beweisen. Sie griff Aidans Hand und lächelte ihn an. Tá gach rud go maith! Is gá dúinn ach chreideann é!*


    Sim-Off:

    *Alles wird gut! Wir müssen nur daran glauben!

  • Semiramis verhielt sich still und beobachtete nur. Sie konnte sich auch keinen Reim darauf machen, was die neuen Sklaven sagten oder warum sie sich so verhielten. Das sah alles nach einem großen Missverständnis aus. Ein Glück, dass es nicht ihre Aufgabe war, die Fäden zu entwirren.
    Doch dann richtete Domitilla wieder das Wort an sie, vielmehr herrschte das Mädchen sie an. Sie behauptete, sie spräche ihre Sprache und befahl ihr, mit den beiden zu reden. Der Syrerin wurde es heiß und kalt zugleich. Sie hatte es kommen sehen, dass man sie verantwortlich machen würde. Dabei hatte sie doch selbst kein Wort von dem verstanden, was die beiden Neuen redeten!
    Die Angst saß ihr in den Knochen. Sie suchte nach Worten der Erklärung, aber ihre Kehle fühlte sich seltsam trocken an. Sie brachte kein Wort heraus. Warum half ihr denn niemand?
    Die Griechin! Die Griechin konnte ihre Rettung sein! Sie flüsterte ihrer Herrin etwas zu. Und siehe da, Domitilla revidierte sofort wieder ihren Befehl. Der Syrerin fiel ein Stein vom Herzen. Stattdessen verlangte sie nun nach jemanden, der die beiden Sklaven verstehen konnte. Das war Semiramis Chance, so schnell wie möglich aus diesem verrückten cubiculum zu kommen.
    "Ich werde sofort nachfragen, ob einer der Sklaven ihre Sprache spricht, domina." Und schon war sie weg! Die Tür hatte sie schnell hinter sich geschlossen, damit Domitilla nicht gleich schon wieder auf die Idee kam, ihre Meinung zu ändern.


    Semiramis eilte durch die Villa und fragte jeden Sklaven, den sie traf. Doch keiner konnte ihr helfen. Mutlos lief sie ins servitriciuum und ließ sich auf ihr Bett sinken. Sie war erledigt, wenn sie niemanden herbei schaffte! Aber dann hatte sie eine Idee. Die Lösung ihres Problems lag so nah!

  • Es gab jede Menge zu tun für Bridhe. Bereits geschlagene zwei Stunden hatte sie damit verbracht, allerhand Schriftstücke zu ordnen und sie an ihren richtigen Platz abzulegen. Es gab beileibe erquickendere Aufgaben, als diese. Da war eine kleine Abwechslung sehr willkommen.
    Bridhe sah auf, als sich die Tür öffnete und sie die Sklavin ihres Arbeitgebers völlig aufgelöst und außer Atem erblickte. Was war denn nur los? Aus der Sklavin sprudelte es nur so heraus, so dass sie ihr kaum folgen konnte. Wenigstens einiges hatte sie herausfiltern können. Ein Mann und eine Frau, zwei Sklaven, seltsame Sprache, Domitilla. In ihr begann es zu arbeiten. Die Möglichkeit, dass die beiden tatsächlich, so wie sie selbst aus Hibernia stammten, war denkbar gering. Doch es war möglich!
    Sie ließ alles stehen und liegen und folgte der Sklavin zum cubiculum Domitillas. Von der erst kürzlich aufgetauchten Schwester Pisos hatte sie schon gehört. Jedoch hatte es bisher noch keine Gelegenheit gegeben, das Mädchen zu sehen. Mit ihrer Besonnenheit, die sie an den Tag legte, sobald sie es mit den Flaviern zu tun hatte, klopfte sie an die Tür und trat dann ein.
    "Salve, domina. Mein Name ist Flaviana Brigantica. Semiramis sagte mir, du könntest eventuell meine Dienste benötigen." Bridhe deutete eine leichte Verbeugung an und sah zu den beiden Sklaven hinüber. Die Frau fiel ihr sofort auf, aufgrund ihres flammendroten Haars. Doch das war noch lange kein Indiz für ihre Herkunft. Dass alle Menschen in Hibernia rothaarig waren, beruhte nur auf einem Klischee.
    Dicht beieinander standen sie, damit sie sich gegenseitig schützen konnten. Der Mann hielt die Hand der Frau. Fast wirkten sie furchtsam. Bridhe konnte gut nachvollziehen, wie sie sich fühlen mussten. Sie selbst hatte es am eigenen Leibe zu spüren bekommen. In der Fremde, unter Menschen, die sie nicht verstanden und die sie zu Gegenständen degradiert hatten. Eine Situation die auswegslos erschien.
    "Beannachtaí! Mo Bridhe ainm. An féidir leat a thuiscint dom?*" Sie sprach die beiden an, ohne abzuwarten, was die kleine Flavierin zu sagen hatte. So sehr brannte sie darauf, festzustellen, ob es sich wirklich um ihre Landsleute handelte.



    Sim-Off:

    *Seid gegrüßt! Ich heiße Bridhe. Könnt ihr mich verstehen?

  • Aidan wurde klar das sie das Mädchen nicht verstehen konnte, es vielleicht sogar gar nicht wollte. Ihre Art und der Tonfall kamen Ihm doch sehr überheblich und kindisch vor. Dabei war sie noch jung und ihre Eltern ließen sie in dieser Pracht wohnen.


    Es klopfte an der Tür und eine weitere Person betrat den Raum. Sie sprach zu dem Mädchen und wandte sich dann zu Aoife und Aidan. Aber als sie die nächsten Worte sagte, fiel Aidan die Kinnlade herunter. „Seid gegrüßt! Ich heiße Bridhe. Könnt ihr mich verstehen? „ hallte es in Aidans Kopf. Die Frau mit dem Namen Bridhe hatte irisch gesprochen.


    Also waren sie doch nicht allein in dieser Stadt und es gab jemanden der ihre Sprache verstand. Aidan hob Stolz den Kopf. Vielleicht klärt sich jetzt alles und man schickt uns wieder nach Erin.


    Er antwortete in der Sprache seiner Heimat. "Breeh, ich freue mich Euch hier zu sehen. Ihr sprecht das gälisch fast so wie wir. Aus welchem Teil von Erin kommt ihr ? Darf ich Fragen ob ihr uns helfen könnt ? Wir wissen nicht warum man uns verschleppt hat und was dieses Mädchen von uns will. Sie kann oder will uns nicht verstehen."

  • Verstehen? Ob wir sie verstanden? Natürlich! Das war die Sprache der Heimat, die Sprache Irlands. Es klang wie Gold in Aoifes Ohren. Ein Strahlen überzog ihr Gesicht. Sie drückte Aidans Hand: Sie versteht uns, mein Schatz, ist das zu glauben. Sie spricht unsere Sprache., flüsterte sie.


    Ein glückliches Strahlen überzog ihr Gesicht und die blauen Augen begannen zu leuchten. Sie hörte Aidans Worte und wartete gespannt auf eine Antwort. Vielleicht konnte die Frau ihnen wirklich helfen. Vielleicht konnte sie dem Mädchen klar machen, daß sie entführt worden sind und daß sie hier nicht her gehörten. Sie wollten wieder nach Irland, nach Hause! Vielleicht würde Domina ein Einsehen haben und von ihrer Schuld absehen. Aoife konnte ja Stoffe schicken bis alles abgezahlt und beglichen wäre. Ja, das würde sich die rothaarige Irin wünschen. Gespannt beobachtete sie Bridhe.

  • Es war schwer, sich in Geduld zu üben. Nachdem Aulus´ Sklavin davon gesaust war, blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten. Dabei vermied ich es, den beiden Sklaven einen Blick zu würdigen. Sie waren das lebende Sinnbild für meine Unüberlegtheit. Verschwendung, reine Verschwendung war ihr Kauf. Wenn sie sich nicht verständlich machen konnten, dann waren sie zu nichts zu gebrauchen. Ich stellte mir vor, was ich dann noch mit ihnen anfangen konnte. Schlimmstenfalls konnte man sie auf eines der Landgüter schicken, wo sie Feldarbeit verrichten konnten. Dazu waren sie doch hoffentlich im Stande.
    Endlich! Die Tür ging auf. Eine mir unbekannte Frau tat auf. An ihrem Äußeren konnte ich sofort sehen, dass sie keine der unseren war. Dafür war ihre Kleidung zu einfach und an manchen Stellen schon etwas abgenutzt. Irgendeine Sklavin wahrscheinlich. Zu meinem Erstaunen aber stellte sie sich als Flaviana vor. Eine Freigelassene also. Von wem? Von meinem Bruder? Welche Qualitäten besaß sie, dass man sie freigelassen hatte?
    Noch ehe ich etwas sagen konnte, begann sie schon, Kontakt mit meinen beiden Sklaven aufzunehmen. Natürlich verstand ich nicht, was sie da sagte, doch auch sie beherrschte diese seltsame fremde Sprache, die auch meine Sklaven sprachen, denn die beiden begannen zu antworten.
    "Salve Flaviana! Wie ich sehe verstehst du die beiden. Das ist sehr gut!" Ich unterbrach ja nur ungern das traute Zusammentreffen der drei. Doch es gab einen triftigen Grund, weshalb die Freigelassene und die beiden Sklaven hier war.
    "Sage ihnen, dass sie von nun an meine Sklaven sind. Ich habe sie heute auf dem Markt erstanden. Sie gehören nun mir!" Wahrscheinlich wussten sie das schon, doch nun konnte auch ich mir sicher sein, dass sie es wussten. Was sonst geschah denn auf einem Sklavenmarkt? Das war doch Normalste auf der Welt. Es gab Herren und Sklaven. Und sie waren nun mal die Sklaven.

  • Es regte sich etwas in den Gesichtern des Mannes und der Frau, als sie die wohlklingenden Laute ihrer Sprache aus Bridhes Mund hörten. Auch in Bridhe wuchs die Gewissheit, dass die beiden sie verstanden hatten und sie aus keinem anderen Land aüßer Éirinn selbst entstammen konnten. Eine unsagbare Freude aber auch Trauer zugleich ergriff Bridhe. Es war das eingetroffen, wonach sie sich so lange gesehnt hatte. Doch welchen Preis hatten ihre beiden Landsleute zuzahlen? Ergriffen hörte sie zu, als der Mann von ihrer Gefangennahme berichtete. Die beiden hatte das gleiche Schicksal erlitten, wie sie selbst vor vielen Jahren, als sie ahnungslos am Strand nach Muscheln gesucht hatte und fremde Männer sie verschleppt hatten.
    "Dort wo der Fluss Boann ins Meer mündet, dort bin ich aufgewachsen. Da war meine Heimat." Bridhe lächelte. Doch in ihrem Lächeln lag all die Sehnsucht nach ihrer Heimat, die sich in den Jahren der Diaspora angesammelt hatte. "Sie kann euch nicht verstehen.", versuchte sie dann zu erklären. Da sprach die junge Flavierin auch schon an, damit sie sogleich klarstellen sollte, was nun Fakt war. Bridhe konnte sich vorstellen, wie schrecklich die Wahrheit für die beiden werden würde. Es fiel ihr schwer, Domitillas Worte zu übersetzen und auszusprechen. Aber auch wenn die Realität grausam war, musste sie es tun.
    Vielleicht gelang es ihr aber wenigstens bei dem Mädchen etwas Verständnis für ihre neuen Sklaven entstehen zu lassen, wenn sie ihr mitteilte, dass die beiden völlig schuldlos in diese missliche Lage gelangt waren. Domitilla war noch jung und vielleicht noch nicht so sehr vom Gift der Hartherzigkeit Roms infiziert.
    "Er sagt, man habe sie verschleppt und sie können nicht verstehen, was nun mit ihnen passiert. Sie sind unschuldig!" Ein flehen lag in ihrer Stimme, als sie sich nun wieder Domitilla zuwandte.

  • Aidan hörte die Worte von Bridhe, Bhóinn er hatte schon mal von dem Fluss gehört. Nun aber was sollte es bedeuten wenn sie sagte das sie nun Sklaven waren und dem Mädchen Domina gehören würden. "Domina hat für uns gezahlt ?" Er sagte die letzten Worte laut und schüttelte dabei fassungslos den Kopf.


    "Bridhe, ihr müsst Euch irren. Man kann keine Menschen kaufen. Wenn Domina will dann arbeiten wir für unsere Freilassung. Auch wenn ich nicht weiß warum man uns überhaupt geraubt hat. Wir müssen nach Eirinn zurück. Unsere Familie warten auf uns."


    Bridhe wandte sich dann wieder Domina zu und sprach einige fremde Worte mit dem Mädchen. Aidan schluckte schwer und beobachtete nur, ein Gefühl sagte Ihm das hier irgendetwas nicht stimmte. Nur Verbrecher wurden in seiner Heimat eingesperrt, aber Sie hatten doch hier in dieser großen Stadt noch nicht mal die Möglichkeit gehabt etwas zu sehen oder unrechtes zu tun.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!