Da der Pontifex pro magistro nicht anwesend war, hatte Gracchus bei dem heutig Vorsitz führenden Consul beantragt, die Causa Nefantis Nemorensis auf die Tagesordnung zu setzen und ihm Beizeiten dafür das Wort zu erteilen. Als dieser Zeitpunkt gekommen war, erhob der Pontifex sich, sammelte kurz seine Gedanken, um dem Senat einerseits den Bericht über die Untersuchungsergebnisse, als auch die Empfehlung des Collegium Pontificum mitzuteilen.
"Senatores, wie euch allen zweifellos in Erinnerung ist, liegt der heilige Hain der Diana in Nemi noch immer verwüstet und entweiht brach, ist der Frevel an der Göttin heiligem Land noch immer nicht gesühnt. Das Collegium Pontificum hat eine Untersu'hung zu dieser Causa - in Rom, wie auch in Nemi - durchgeführt, in deren Zuge es deplorablerweise nicht mehr möglich war, den Tathergang welcher zum Zorne der Göttin führte bis in das letzte Detail zu rekonstruieren und alle Zweifel auszuräumen. Der Verlauf, welcher durch die Indizien am ehesten gegeben war, ist jener, dass ein Mann, welcher vermutlich ein Peregriner war, während der Nemoralia versu'hte eine ehrbare, römische Bürgerin zu schänden, sowie einen ihr zu Hilfe eilenden Sklaven mit einem Messer ermordete."
Er erwähnte nicht gesondert, dass es bei dieser römischen Bürgerin um Flavia Celerina sich hatte gehandelt, denn jene, welche es bis dato nicht wussten - was unbezweifelt die wenigsten waren -, brauchten es nicht mehr zu wissen und allen anderen würde dies nurmehr ihren Namen wieder in Erinnerung rufen.
"Nicht lange nachdem auf solche Art der heilige Ritus unterbrochen worden und der Rex Nemorensis zum Ort des Geschehens war geeilt, ließ die Göttin ihrem Zorn freien Lauf und sandte eine ungezügelte Rinderherde, welche blindlings durch den heiligen Hain stob ohne Rück..sicht auf Mensch oder Natur. Woher diese Rinder stammten, wer der Besitzer der Herde ist oder wohin sie hernach gezogen sind, konnte ebenfalls nicht mehr ermittelt werden."
Der Eigentümer mochte wohl alles dafür getan haben, dass dies niemals würde bekannt werden, so dass das einfache Volk wohl tatsächlich an eine göttliche Herde mochte glauben - und selbst Gracchus musste eingestehen, dass die temporale Simultanität dieser Ereignisse doch recht bemerkenswert war.
"Das Ausmaß der Katastrophe in Nemi war und ist überaus ernstli'h, nicht nur in Hinblick auf die zahllosen Opfer - Tote und Verletzte, die sich glücklicherweise hauptsächlich in den Reihen der Sklaven und Peregrini fanden -, sondern ins..besondere auch auf den Zustand des heiligen Haines selbst bezogen, dessen Gedeihen sehr gelitten hat, und wohl wird es noch Jahre dauern, die Spuren der Devastation gänzlich zu beseitigen. Unter den Opfern des göttlichen Zornes war naturgemäß auch der Frevler selbst, dessen Lei'hnam bis vor die Tore Roms verbracht wurde, um dort weiteren Strafmaßes zu harren."
Sonderlich gut kannte Gracchus nicht sich mit Leichnamen aus, und es graute ihm bereits vor dem Augenblicke, da das verwesende Fleisch zur Verurteilung ans Tageslicht würde geholt werden. Allfällig würde es besser sein, ihn auch zur Urteilssprechung nicht mehr innerhalb der Stadtmauern zu schaffen, sondern ihn nurmehr direkt zur Kreuzigung aufzustellen - ein symbolischer Leib aus Stroh wie bei einer devotio mochte für ersteres ausreichen.
"Das Collegium hat selbstredend auch über eine geeignete Sühnemaßnahme beraten und dazu den Willen der Götter eingeholt - was unter anderem zum Ergebnis hatte, dass die Staatsgötter dem römischen Volke nicht zürnen -, so dass letztli'h wir dem Senat folgende Maßnahme zur Wiederherstellung der pax deorum mit der göttlichen Diana empfehlen: Im Tempel der Diana auf dem Aventin ist als piaculum ein großes Opfer durch die Consulen mit Assistenz des Collegium Pontificium durchzuführen. Vor Beginn des eigentlichen Opfers sollte die Verurteilung des Frevlers er..folgen, dessen Kreuzigung während des Opfers der Göttin als Gelübde versprochen wird. Gleichwohl als Gelübde werden der Diana die Hörner der geopferten Kuh für ihren Tempel am heiligen Hain in Nemi versprochen, welche dort similär dem bucranium zu den Weihegaben des Tempels zugefügt werden, um die Gewi'htigkeit dieses Opfers für beide Lokationen symbolisch zu bekräftigen. Nach Vollzug des Opfers zieht eine Prozession mit den Hörner und dem verurteilten Frevler nach Nemi aus, im Zuge deren vor den Toren Roms der Frevler an der Via Appia gekreuzigt wird. In Nemi angekommen wird schlu..ssendlich der heilige Hain durch die Auguren mit einer lustratio neu geweiht und die Weihegaben werden übergeben, womit die Sühnung ihr Ende findet."
Auch Gracchus' Worte fanden damit vorerst ihr Ende, würde doch der Senat nun zu entscheiden haben, ob dies so würde umgesetzt werden, wiewohl kaum mit Interventionen war zu rechnen, existierte das Collegium Pontificum doch schlussendlich dafür, dem Senat solche Dinge abzunehmen, so dass nurmehr ein Beschluss musste gefasst werden.
Causa Nefantis Nemorensis
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- Diskussion
- Manius Flavius Gracchus
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Ein seltsam zwiespältiges Gefühl ergriff Macer, als das Thema aufgerufen wurde. Einerseits gab es für einen Consul sicherlich ehrenvollere Taten zu verbuchen, als einen gewaltigen Frevel gesühnt zu haben. Andererseits hätte Macer den heutigen Vortrag schon sehr gerne in seiner eigenen Amtszeit gehört gehabt, um den Fall unter seinem Vorsitz zum Ende bringen zu können. Aber nun hatte es sich eben anders ergeben und er lauschte aus der Reihe der Consulare der Empfehlung des Pontifex. Für seinen Geschmack fiel sie erstaunlich einfach aus. Er hatte mit mehr Aufwand gerechnet, aber er zweifelte nicht einen Augenblick daran, dass das Collegium Pontificum das richtige Maß würde gefunden haben. Trotzdem meldete er sich recht bald zu Wort. "Pontifex Flavius, in wie weit ist der Senat in seiner Gesamtheit in die Sühnemaßnahmen eingebunden? Nimmt er geschlossen an der Prozession nach Nemi teil?" erkundigte er sich und setzte dabei ganz selbstverständlich voraus, dass er Vorschlag angenommen werden würde.
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Lucius lauschte den Ausführungen des Pontifex den Ereignissen bei Nemi betreffend. Er selbst wusste von dem Vorfall nur das was man eben so gehört hatte. Was in seinem Fall nicht viel war. Da kam ein solch ausführlicher Bericht natürlich äußerst gelegen. Und die Sache zog sich ja wirklich schon einige Zeit hin und der pax deorum hing quasi immer noch schief. Aber wie hatte man aus der Anzahl der Toten und Verletzten denn den Täter auf die Spur kommen können? Lucius stand auf und wartete darauf das er das Wort erteilt bekam.
„Pontifex Flavius Gracchus verzeih mir die Frage aber wie wurde der Täter den der Schult überführt wenn er schon tot war. Ich meine gab es Zeugen für die Tat? Oder wie kam das höchst ehrenwerte Collegium dem Mann auf die Schliche. Ich bin sicher das ihr alles getanen habt das in euere Macht stand. Aber bei einer Sache mit solcher Trag weite interessieren mich die Hintergründe.”Er hatte sich alle Mühe gegeben sein Frag auch wie eine Frag klingen zu lassen. Er hatte keinen Zweifel an der Fähigkeit der Männer im höchsten Colleg. Das der wahre Täter im Kerker der Prätorianer saß wusste er nicht. Es interessierte ihn einfach wie man dem toten die Schuld nach gewiesen hatte. Das das Collegium zweifelsohne die richtigen Sühnemaßnahme gefunden hatte stand für ihn auch nicht zur Debatte. Schon gar nicht da ein Collegiumsmitglied einem anden nicht in die Kompetenzen fuhr. Es ging ihm einzig darum zu erfahren wie man dem Frevler auf die Spur gekommen war.
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Die erste Rückfrage stellte der Consular Purgitius, und obgleich das Collegium die Beteiligung des Senates nicht näher hatte definiert, so war dies für Gracchus ein zweifelloser Bestandteil der Entsühnung.
"Da der Frevel an Diana kein geringer war, wie auch die Göttin bereits durch ihren gewaltigen Zorn zeigte, ist es angebra'ht, dass der Senat als Vertretung des Volkes der Opferung, der Prozession, wie auch der Lustratio beiwohnt."
Ob dies geschlossen würde geschehen, daran zweifelte Gracchus, nahmen doch nicht alle Senatoren ihre kultischen Pflichten so ernst wie etwa Purgitius Macer. Die Frage nach dem Täter indes brachte den Pontifex durchaus ein wenig aus seinem Konzept, denn zweifelsfrei stand die Identität des Mörders nicht fest, und tatsächlich war auch der Leichnam, den er aus Nemi hatte mit nach Rom gebracht, nicht jener des Mörders, sondern der des Ermordeten.
"Was den Täter betrifft, so muss ich offen gestehen, dass wir auch bei diesem nicht gänzlich sicher sein können, dass der Lei'hnam in unserer Obhut der richtige ist. Unsere Vermutung stützt sich auf Indizien des Tatortes und Zeugenaussagen, welche jedoch alles in allem mehr als dürftig waren - wiewohl unsere Untersuchung sich vor..wiegend auf kultische Belange bezog und kriminalistisch zweifelsohne nicht als makellos bezeichnet werden kann. Zweifelsfrei indes handelt es sich bei dem Toten um keinen römischen Bürger, so dass das Collegium Pontificum beschlossen hat, diesen Leichnam für eine Ver..urteilung zu nutzen, welche ohnehin nurmehr von symbolischem Charakter ist."
Einige Augenblicke sann Gracchus darüber nach, ob der Senat wissen musste oder sollte, dass der Leichnam mit großer Sicherheit jener des Ermordeten und damit in jedem Falle eines an dem Frevel beteiligten war, entschied sich jedoch kurzerhand dagegen, würde dies womöglich die Angelegenheit nurmehr unnötig verkomplizieren. -
Es war immer wieder das gleiche. Irgendeine dumme Nuß musste sich von irgendeinem Kerl bespringen lassen (ob sie wirklich geschändet wurde oder nicht... wer vermochte das mit Sicherheit zu sagen) und irgendeine depperte Kuhherde musste einen auf Tollwut machen und wer musste das ausbaden? Der Senat. Wenigstens mussten sie nicht irgendwas sauschweres herumtragen, der eingeklemmte Nerv, den Hungi bei dieser Begebenheit erlitten hatte, kostete ihn unzählige Massagestunden bei einem brutalen Nubier.
Aber als Consular hat man nun mal seine Pflichten. Senator Flavius, an welchem Tag soll dies stattfinden?
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Gracchus wandte dem markanten Antlitz des Vinicius Hungaricus sich zu.
"Ein verbindlicher Zeitpunkt ist nicht vorgegeben, schlussendlich hängt dieser auch davon ab, ob und wann der Senat die Empfehlung akzeptiert, aus kultischer Sicht jedoch sollte der Ritus schnellstmögli'hst stattfinden, insbesondere ob der lustratio und Neuweihung des heiligen Haines wegen. Die viablen Termine indes halten sich in Grenzen, sind doch viele Tage dieses Monats bereits anderen Göttern geweiht, wiewohl dies auch für den Beginn des Aprilis gilt. Optimal wäre darob ein Tag aus dem Zeit..raum vom achten Tag bis zum dritten Tag vor den Kalenden des Aprilis*."Sim-Off: * 25.-30.03.
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Der den Vorsitz führende Consul wartete noch einen Augenblick weitere Wortmeldungen ab, dann erhob er sich würdevoll und sprach mit lauter Stimme. "Pontifex und Kollege Flavius Gracchus, wir danken dir für deine Ausführungen und werden den Ratschlägen und Empfehlungen des Collegiums freudig und tatkräftig folgen. Lasst alles vorbereiten, was nötig ist und lasse mich wissen, wenn ich oder ein anderes Mitglied des Senates euch unterstützen kann, damit die Entsühnung zum genannten Zeitpunkt stattfinden kann!"
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