Laevinas Augenbraue, die sich ohnehin längst gehoben hatte, strebte einem neuen Höchstand entgegen, während sie Aculeos Antwort lauschte. Und da sie sich dermaßen über ihn ärgerte, bekam sie ausnahmsweise auch nur die Hälfte der übrigen Äusserungen am Tisch mit.
"Ich denke, ein Besuch von dir pro Woche wäre mehr als genug für mein Seelenfrieden, vielen Dank. Schließlich brauche ich meine Nerven noch für die kindlichen Gemüter in diesem Haus, die auch das passende Alter dafür haben." Laevina schnaubte und griff nach ihrem Weinkelch, führte diesen dann aber doch noch nicht zum Mund. "Eine Freundin und Mitarbeiterin, sieh an. Eigentlich zwei Worte, die sich widersprechen, meinst du nicht? Und nein, ob du es glaubst oder nicht, ich halte es nicht für meine Pflicht, über jeden Domestiken meiner Anverwandten informiert zu sein, ein Mindestmaß an Augenmaß für die entsprechende Auswahl gestehe ich sogar dir zu." Ein zweites Schnauben und dann doch ein kurzer Schluck Wein, bevor es weiterging. "Und diese Frau heisst Roxane? Dann kann sie doch wohl schwerlich eine Decima sein, oder hat sich die Namensgebung in den letzten Jahren ohne mein Wissen derartig verändert? Ganz abgesehen davon, dass mit diesen Decimern ohnehin nicht mehr allzuviel los sein kann, wenn sie schon ihre Familienmitglieder bei anderen Gentes einquartieren müssen, wie diesen Vogel, der seit Monaten in unserem Gästezimmer sitzt ...." Schnauber Nummer drei und ein weiterer Schluck Wein, denn irgendwie hatte Laevina das ungute Gefühl, dass sie einen erhöhten Alkoholpegel noch gut würde gebrauchen können. Und dann kam er auch schon, der entscheidende Satz, ganz unschuldig und unbedarft aus Kindermund vorgetragen.
"Sie haben WAS?" Laevinas Blick fuhr zwischen Sabina und Aculeo hin und her und bohrte sich dann unverwandt in seine Augen. "Du machst mit dem Dienstpersonal vor den Augen dieses Mädchens herum und wagst es auch noch, auf diese Episode im Garten anzuspielen, wo du über diese halbnackte Octavia hergefallen bist? Das schlägt ja wohl dem Fass den Boden aus! Wenn du dieses Weib unbedingt bespr... beglücken willst, dann mach das gefälligst in deinem Zimmer, wo dich keiner dabei sieht und nicht vor den Kindern, also wirklich..." Jetzt war der Kelch endgültig leer und Laevina winkte ungeduldig nach dem Sklaven, der schon mit Nachschub bereit stand. Mit einem Ohr bekam sie mit, dass auch Sedulus jetzt nachhakte. Denn Göttern sei Dank, das gab ihr die Gelegenheit ein wenig zu verschnaufen und ihren Blutdruck wieder in halbwegs moderate Höhen abzusenken.