Die Reihenfolge der Kandidatenaufrufe im jeweiligen Amt war ausgelost worden, so dass sich niemand beschweren konnte, durch einen frühen oder späten Aufruf bewusst benachteiligt worden zu sein.
"Sextus Aurelius Lupus kandidiert als Quaestor."
Die Reihenfolge der Kandidatenaufrufe im jeweiligen Amt war ausgelost worden, so dass sich niemand beschweren konnte, durch einen frühen oder späten Aufruf bewusst benachteiligt worden zu sein.
"Sextus Aurelius Lupus kandidiert als Quaestor."
Trotz der mittlerweile 2 vergangenen Jahre, in denen erstaunlich vieles geschehen war, musste Sextus wieder an den allerersten Satz denken, der ihm damals durch den Kopf gegangen war, als er zum ersten Mal hier vor die Senatoren getreten war: Stell nichts dummes an. Oh, er hatte seine Rede geübt, hatte sich vorbereitet, hatte beim ein oder anderen Senator vorgesprochen und ihre Unterstützung erfragt. Er hatte seinen Vetter eingespannt, und seine Frau hatte wohl auch die Fäden gezogen, die Männern für immer verschlossen bleiben würden. Er war vorbereitet. Und dennoch stellte er sich nun wieder vor die versammelte Senatorenschaft, gekleidet in seine Toga Candida, äußerlich ruhig wie ein Fels, und dachte nur an diese eine Sache, die ihm damals Purgitius Macer nahegelegt hatte: Stell bloß nichts dummes an.
“Patres conscripti! Ehrenwerte Senatoren, ich danke euch für die Gelegenheit, in diesen Hallen das Wort an Euch zu richten.
Ich bin Sextus Aurelius Lupus, ein Enkel des Claudius Aurelius Crassus, der einst die Reihen mit euch teilte. Einige von euch werden mich von den Wahlen vor zwei Jahren kennen, als ihr mir die Ehre zuteil werden ließt und mir ein Vigintivirat bei den Decemviri litibus iucandis anvertraut habt.“
Gut, soweit zur Vorstellung. Und noch war nichts dummes passiert.
“Auch dieses Mal hoffe ich auf Euer Vertrauen, wo ich mich zur Wahl zum Quästor stellen will und damit den nächsten Schritt im Curus Honorum tun möchte. Den ersten habe ich mit meiner Zeit als Vigintivir begangen. In diesem Jahr diente ich dem Imperium durch die Bearbeitung zahlreicher Erbschaftsangelegenheiten und deren Zuweisung an die rechtmäßigen Erben. Auch konnte ich hierdurch Einblicke in die Verwaltung gewinnen.
Doch ebenso war ich abseits des Amtes tätig, vor allem im Dienst für die Götter. Ich bin Mitglied der ehrenwerten Salii Palatini, ebenso bin ich Mitglied im Ordo Haruspicium und versuche als Haruspex, den Willen der Götter zum Wohle des gesamten römischen Volkes zu ergründen, wie ich es auch mit Hilfe der Götter und meiner Kollegen getan habe, um die Mittel zur Beschwichtigung des Zorns der Diana zu finden.“ Vielleicht war es gar nicht schlecht, den göttlichen Zorn zu erwähnen und seine kleine Rolle bei dessen Bereinigung. Auch wenn er diese vor allem aus gänzlich anderen Gründen eingenommen hatte. “Zudem habe ich mich weiter gebildet, vor allem im Bereich der Wirtschaft.
All meine Erfahrungen möchte ich nun Rom zur Verfügung stellen als Quästor. Wenn es mir gestattet ist, einen Amtswunsch auszusprechen, so fiele meine Wahl auf das Amt des Quästor Urbanus, da ich denke, dass mein Wissen in wirtschaftlichen Belangen hier am weitesten Früchte tragen würde, sind die meisten Reisenden doch Händler. Doch wäre ich auch mit jeglicher anderen Quästur zutiefst geehrt.
Aus diesem Grunde bitte ich euch, mir im selben Maße eure Unterstützung zuteil werden zu lassen, wie ihr sie mir schon vor zwei Jahren gewährt habt.“
Viel mehr gab es eigentlich nicht mehr zu sagen.
“Ich danke euch, dass ihr mir Gehör geschenkt habt, ehrenwerte Senatoren.“
Avianus saß gespannt zwischen den Senatoren und lauschte interessiert der Rede von Lupus, während derer er auch den Zorn der Diana erwähnte. Es war gar kein übler Schachzug, die Tatsache zu erwähnen, dass er engagierterweise bemüht um den Frieden mit den Göttern war. Dass Lupus sich in seinem Vigintivirat und auch als Haruspex hervortun konnte, gereichte diesem nur zum Vorteil. Er hatte aus seiner Redezeit viel rausholen können und machte selbst mit seinem jungen Werdegang im Cursus Honorum eine gute Figur.
Als Lupus mit seiner Rede fertig war, wartete Avianus kurz auf eine mögliche Stellungnahme der älteren und mächtigeren Senatoren und ergriff das Wort, als er das Gefühl bekam, dass er dies tun konnte:
"Wir sollten den Eifer dieses jungen Mannes belohnen und fördern - ich unterstütze die Kandidatur des Aurelius Lupus zum Quaestor und empfehle ihn wärmstens für dieses Amt, da ich mich selbst von seiner Verlässlichkeit überzeugen konnte!"
Potitus mochte auch diesen Patrizierschnösel nicht, der sich scheinbar viel auf sein großartiges Wissen einbildete! "In wirtschaftlichen Belangen? Willst du den Händlern dann beim Passieren des Tors ein paar Tips für ihre Landgüter geben oder wie?" fragte er daher höhnisch. Diese Patrizier hatten doch von echter Wirtschaft sowieso keine Ahnung, zumal sie sich ja für Handel zu fein waren!
Und wieder war es der Präfectus Urbi höchstselbst, der Sextus eine scheinbare Falle stellte. Doch schon wie beim letzten Mal hatte der Aurelier nicht vor, sich davon aus dem Konzept bringen zu lassen, im Gegenteil.
“Natürlich nicht, immerhin sind die meisten Händler ohnehin ohne nennenswerten Landbesitz. Und doch besuchen jeden Tag eine Vielzahl von ihnen unsere Stadt. Auf den Straßen Italias transportieren ihre Maultiere und Fuhrwerke die Schätze aus Syria, Arabaia, Aegyptus, von Norden her bringen sie uns die feinen Glaswaren aus Germania, übers Meer kommen die Eisenwaren aus Iberia, die dann von Ostia hierher transportiert werden, um auf den Märkten Roms angeboten zu werden. Die meisten Überfälle auf Reisende sind solche gegen diese Karawanen von Gütern, die uns zu unserem Wohlstand gereichen.
Daher sehe ich sehr wohl einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Belangen und denen des Reiseverkehrs. Es gibt wenig andere Gründe nicht-militärischer Art, seinen Heimatort zu verlassen. Von daher kann Wissen über diese Vorgänge in ihrer Gesamtheit, abseits des rein mechanischen Ablaufs des Reisens, nur zu größerem Verständnis und damit zu besserer Problemlösung führen.
Aber natürlich bin ich auch gerne bereit, mein Wissen auch in einer anderen Quästur zur Verfügung zu stellen, wenn der Senat meint, dass dem Imperium dadurch mehr gedient wäre. Ich bin mir sicher, dass die ehrenwerten Senatoren weit mehr Erfahrung in solchen Belangen besitzen als ich.“
Auch wenn seine Worte Bescheidenheit implizierten, hatte seine Haltung und seine Stimme nichts davon. Er war der festen Überzeugung, dass seine Argumente richtig waren, und so sah er keinen Grund, sich da kleiner zu machen, als er war. Nur natürlich konnte er das nicht sagen. Er wollte ja immerhin dennoch gewählt werden.
Natürlich stand auch der alte Tiberier bereit, um seinen Klienten zu unterstützen. Daher lauschte er interessiert der Rede, musste dann aber rasch feststellen, dass Salinator sich schon wieder das Maul über seinen Schützling zerriss - es war wohl seine Aufgabe, hier noch einmal zur Klärung beizutragen.
"Seit alter Zeit ist es auch üblich, dass die Quaestores Urbani für die staatlichen Archive, sowie das Aerarium Saturni verantwortlich zeichnen. Da es insbesondere bei letzterem ebenfalls um Geld geht, ist es wohl erfreulich, dass Aurelius Lupus in wirtschaftlichen Belangen bereits Wissen vorweisen kann.
Im Übrigen kann auch ich in meiner Funktion als Vertreter des Pontifex Maximus erklären, dass er seine Pflichten als Haruspex mit größter Pietas erfüllt und somit auch für den Dienst am Staat in den Magistraturen hervorragend geeignet ist."
Er setzte sich mit einem leichten Ächzen.
Wäre Aurelius Lupus nur der Gemahl seiner Base gewesen, doch sonstig untauglich für jegliches Amt, Gracchus hätte geschwiegen bei seiner Kandidaturenrede und es als familiäre Gefälligkeit angesehen, kein Wort zu sagen, doch da nicht nur bisherig keine Klage über den Aurelier zu vernehmen gewesen war, sondern dieser durchaus akkurat seinen Pflichten nachkam, wiewohl bisweilen durch Tiberius' Bemühungen auch politisch mit seinen eigenen Behufen war verwoben, konnte Gracchus durchaus seine Zustimmung zu dessen Ambitionen äußern.
"Auch meine Stimme wird Aurelius Lupus erhalten, denn ich bin davon überzeugt, dass Rom nur von seinem gewissenhaften Pfli'hteifer und Elan profitieren kann, welche er bisherig in seinen Ämtern und an ihn gestellten Aufgaben auf das Trefflichste bewiesen hat."
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