Nachdem er einige Briefe in Angelegenheiten der flavischen Klienten hatte diktiert war Gracchus bei einer Nachricht an seinen Vetter Aristides nach Baiae angelangt, als ein Junge von der Porta den Besucher ankündigte. Gegenteilig zu dem Ianitor wusste Gracchus selbstredend sogleich, dass es sich bei dem Tiberier um Durus' Sohn handelte, so dass er sich Zeit für jenen nahm.
"Salve, Tiberius!"
begrüßte er diesen, nachdem Ahala den Raum hatte betreten.
"Bitte"
, wies er auf einen Stuhl ihm gegenüber an dem massiven Schreibtisch.
"Was führt dich zu mir?"
Einen Augenblick durchzuckte Gracchus' Sinne der Gedanke, dass etwas mit Tiberius Durus mochte geschehen sein, doch schien der junge Tiberier für diesen Fall zu gelassen. Sciurus, der Vilicus und Leibsklave des Flaviers, trat indes heran, dem Gast ein Glas mit Wein einzuschenken.
Officium | MFG et ATAT
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"Salve, Flavius. Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst mich zu empfangen." erwiderte Ahala die Begrüßung seines Gastgebers, nachdem er in dessen Officium angekommen war und nahm dann wie angeboten Platz.
"Nun, es ist so, dass ich mich nach einiger Überlegung dazu entschlossen habe, dem politischen Vorbild meines Vaters zu folgen und bei den nächsten Wahlen für das Amt des Vigintivirs zu kandidieren." erklärte er und nahm dankend das Glas Wein aus der Hand des Sklaven in Empfang, bevor er sich wieder dem Senator und Pontifex zuwandte. "Und ich dachte, es sei eine gute Idee, zunächst einmal die Freunde meines Vaters aufzusuchen und sie um ihre Meinung in dieser Sache zu bitten. Von meinem Tirocinium fori bei Aurelius Corvinus einmal abgesehen bin ich politisch ja noch sehr unerfahren und daher für jeden kompetenten Rat dankbar."
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"Du hast dir viel vorgenommen, dem Vorbild deines Vaters zu folgen. Denno'h bezweifle ich nicht, dass du die Eignung hierzu besitzt."
Anderenfalls hätte Durus den jungen Mann kaum wohl adoptiert, denn während ein Vater sich den leiblichen Sohn nicht konnte aussuchen und darob durchaus mehr als ein Nachkomme konnte vonnöten sein, um das eigene Erbe in tauglichen Händen zu wissen, so war dies bei einer Adoption bisweilen einfacher.
"Ein Tirocinium fori ist eine gute Grundlage, darüber hinaus wirst du zweifels..ohne auch viel von deinem Vater gelernt haben."
Für den Einstieg in seine politische Karriere mochte dies durchaus genügen, es hatte schon Männer gegeben, welche mit weitaus weniger begonnen hatten, insbesondere mit weitaus geringerer familiärer Herkunft.
"Womit verbringst du sonstig deine Zeit, wenn du nicht gerade in politischem Interesse deinem Vater na'heiferst?" -
"Ja, ich weiß, die Wahrscheinlichkeit, auch nur annhähernd so erfolgreich diesem Reich dienen zu können wie Vater, ist eher klein." nickte Ahala, den auch über ein Jahr nach seiner Adoption häufiger mal das Gefühl beschlich, zu seinem Status als Konsuls-Sohn gekommen zu sein wie die Jungfrau zum Kind. "Aber ich denke, ich bin es ihm und auch mir schuldig, so weit zu kommen, wie es mir irgend möglich sein wird." Ja, das klang gut und enthielt sogar ein zwar nicht großes aber doch immerhin vorhandenes Körnchen Wahrheit. Ahala hatte sich ursprünglich, dem väterlichen Druck nachgebend, eher halbherzig in diesen Wahlkampf begeben, aber jetzt, wo er jeden Tag an einer anderen Klinke rubbelte, entwickelte der Tiberius allmählich doch so etwas wie Ehrgeiz.
Bis jetzt war das Gespräch mit dem Flavius höchst angenehm plätschernd verlaufen, doch dann kam sie plötzlich, die erste Stromschnelle, und in Ahalas Hinterkopf begann ein kleines rotes Flämmlein zu kreisen. Wie er seine sonstige Zeit verbrachte? Gute Frage...Die Wahrheit "Wein, Weib und Würfel gepaart mit sonstigem Müßiggang" bot sich als Antwort wohl eher nicht an, zumal sein Gegenüber allgemein als intellektueller Schöngeist bekannt war. Nun gut, alles eine Frage der Formulierung..."Nun, ich fürchte, mein sonstiges Leben ist zurzeit noch nicht besonders beeindruckend. Ich verbringe viel Zeit in den Thermen, um mich körperlich fit zu halten und nützliche Kontakte zu knüpfen und zu vertiefen. Und dann habe ich daran gedacht, meine Studien zu vertiefen vorzugsweise im Rechtswesen und in Rhetorik, weil mir diese Bereiche bei meinem künftigen Werdegang vermutlich am ehesten nützlich sein werden."
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Ein wenig abweisend strich Gracchus die Bedenken des jungen Mannes mit einem Wink aus dem Handgelenk beiseite - mit übermächtigen Vätern kannte er sich wohl aus, auch wenn es der seine tatsächlich nie bis zum Consulat hatte geschafft.
"Es gibt immer Wege, unsere Väter zu überflügeln, denn genau betra'htet haben auch diese alle ihre schwachen Seiten. Dein Vater etwa war niemals beim Militär und sollte dies deine Ambition sein, so wird es keinen Vergleich für dich geben. Doch auch sonstig gibt es zweifel..los immer etwas, das du erreichen kannst, was er nicht erreicht hat."
In einem zuversichtlichen Lächeln hob sich Gracchus' linker Mundwinkel ein wenig an.
"Dennoch wird es dir wohl mehr zum Vorteile denn zum Schaden gerei'hen, Sohn eines solch reputablen Vaters zu sein."
Der Zeitvertreib des Tiberius mochte nicht allzu spektakulär sein, indes war es wohl das, was die meisten Männer seines Alters vor dem Beginn ihrer Karriere taten in der Zeit zwischen dem Abschluss ihrer Ausbildung und dem Beginn einer politischen Vita.
"Du erwähntest eingangs, dass du auch auf der Suche nach Ratschlägen bist. Nun, in Hinblick auf deine Intention lege ich dir nahe, deine rhetorischen Studien zuerst zu intensivieren. Das Re'htswesen mag durchaus relevant sein im Laufe des Cursus Honorum, doch zu Beginn reicht es aus, mit den Grundkenntnissen vertraut zu sein und zu wissen, wo im Zweifelsfalle du na'hschlagen kannst. Auf deine Worte hingegen wird man gerade zum Auftakt deiner Karriere um so mehr achten, und um so observabler diese sind, desto eher wird man sich deines Namens entsinnen."
Gracchus nahm einen Schluck Wein, ehedem er fortfuhr.
"Wie sieht es in Hinblick auf kultische und militärische Belange aus, welches Metier liegt dir näher?" -
Überflügeln? Einen Tiberius Durus? Ahala erschien bereits der Anspruch, die Erwartungen seines Vaters an ihn halbwegs zufrieden zu stellen, mehr als abenteuerlich. Ein Überflügeln stand da weit jenseits all seiner eigenen Ambitionen, und dennoch setzte diese Bemerkung plötzlich einen Gedanken in Gang, den der junge Tiberius bislang noch nie ernsthaft länger verfolgt hatte. Ja, warum eigentlich nicht...
"Nun, vielleicht wäre das Miltär wirklich eine genauere Überlegung wert." murmelte er ein wenig geistesabwesend. Ahala war zwar nicht gerade das Musterbeispiel eines disziplinierten Römers, aber zumindest war er körperlich fit und in hervorragendem Zustand, denn darauf hatte er, Suff und Eskapaden zum Trotz, Zeit seines Lebens immer sehr genau geachtet, wenn auch mehr aus Eitelkeit denn aus sonstigen Überlegungen. "Der Mann meiner Cousine Septima ist Legat der Legio I ins Mantua, vielleicht sollte ich ihn mal ansprechen und um seine Meinung bitten. Meinst du denn, Vater würde einen solchen Schritt überhaupt gutheissen?" Ansonsten sah Ahala nur wenige reelle Möglichkeiten, seinen Senior in irgendeiner Weise zu übertreffen, nahm man vielleicht Disziplinen wie Kampftrinken und erschöpfende Kontakte mit diversen Lupanar-Belegschaften aus.
"Ich denke, Rhetorik kommt mir ohnehin mehr entgegen, daher nehme ich deinen Rat gern an, mich zuerst diesem Schwerpunkt meiner Ausbildung zu widmen." ging Ahala zu dem anderen, vom Flavier angesprochenen Thema über. Und die letzte Frage, oje... Der Tiberius hatte bislang noch keine besondere Ahnung vom Militär, aber der Cultus war auch nicht gerade das, was man eine besondere Leidenschaft seines Lebens nennen konnte. "Ich gehöre den Arvales Fratres an, aber darüber hinaus kann ich in kultischen Belangen leider nicht allzu viel vorweisen." gab er daher wahrheitsgemäß zu und zuckte entschuldigend die Schultern. "Aber ich denke, generell liegen mir die 'handfesten' Dinge des Lebens eher."
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"Du meinst Aurelius Urusus? Nun, ich bin sicher, dass er dir überaus kompetenten Rat bieten kann und allfällig auch ein wenig Einfluss geltend machen, dass du nach deinem Vigintivirat ein Tribunat bei der Legio I ab..leisten könntest."
Daran dass der Tiberius als Sohn eines Consulars würde gewählt werden, bestand für Gracchus kein Zweifel.
"Wenn du diese Ri'htung einschlagen möchtest, so solltest du dich beizeiten auch an der Academia Militaris einschreiben, um dich bereits mit den theoretischen Grundlagen dieses Metiers vertraut zu machen."
Bezüglich Durus' Akzeptanz eines solchen Vorhabens überlegte Gracchus nicht allzu lange.
"Zweifelsohne würde dein Vater dies ebenso gutheißen wie jeden andere ehrbaren Weg. Eine militärische Karriere bedeutet für unsereins schlussendli'h nicht, dass du dich als Legionär in die Frontreihe stellst, sondern beinhaltet ebenso den Cursus Honorum wie etwa eine kultische Karriere. Der Na'htteil dessen ist selbstredend, dass jene Senatoren, welche ein militärisches Amt inne haben, selten in Rom anzutreffen sind, und somit deren direkte politische Unterstützung im Senat fehlt, und doch kann militärischer Rückhalt bisweilen ebenso wichtig sein."
Selbstredend erwähnte Gracchus dies nicht explizit, doch sein Blick verriet einem Mitwissenden seine Gedanken um die Verschwörung, in welche sie beide verstrickt waren, und bei welcher die Unterstützung der Legionen ein essentieller Bestandteil war. -
"Ja, genau der. Ich denke, ich werde ihm schreiben und um seine Meinung bitten, sobald die Wahl hinter mir liegt." nickte Ahala auf die Anmerkung des Flaviers hin. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er nach Abschluss seiner Amtszeit ein wenig Tapetenwechsel ganz gut würde gebrauchen können, vorrausgesetzt natürlich, man wählte ihn auch tatsächlich. Zusätzliches Studium zum ohnehin zu erwartenden Arbeitsaufwand war da schon deutlich weniger reizvoll, aber selbst Ahala hatte mittlerweile eingesehen, dass man ohne ein Mindestmaß an Eigeninitiative nicht von der Stelle kam. Vielleicht schaffte er es ja diesmal, sich fristgerecht bei der Academia Militaris einzuschreiben... Sein Gegenüber sprach weiter, und den jungen Tiberius beschlich bei seinen Worten ein gewisses Unbehagen. In seinem bisherigen Leben hatte er schon einige Wege beschritten, und nur die wenigstens waren ehrbar gewesen. Darüber hinaus sagte ihm eine innere Stimme, dass er sich, Cursus Honorum hin oder her, auch in Zukunft nicht zu einem Vorzeigerömer entwickeln würde und das eigentlich auch gar nicht wollte, denn dafür steckte immer noch zu viel vom alten Celsus in Ahala. Wenn es aber dennoch eine Möglichkeit gab, sich beim alten Durus für dessen unerschütterliches Vertrauen sinnvoll zu revanchieren, dann wollte er diese gern nutzen. Er erwiderte den Blick des Flaviers und nickte. "Ja, ich denke du hast recht. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass ich meinem Vater beim Militär von größerem Nutzen sein könnte. Zumindest mittelfristig."
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Als Tiberius von mittelfristigen Plänen sprach, kam Gracchus in den Sinn, dass eben dies ein Vorteil der Adoption war - die mögliche mittelfristige Planung, während das Aufziehen des eigenen Sohnes nicht nur das Risiko des Scheiterns in sich barg, sondern gleichwohl nur eine langfristige Planung ermöglichte. Dennoch hätte er nicht mit Durus tauschen wollen, denn jeder Erfolg Minors erfüllte Gracchus stets mit unbändigem, väterlichem Stolze, wiewohl der Blutlinie in der flavischen Familie eine gewichtige Rolle war zugesprochen. Die Causa bezüglich der kurz- und mittelfristigen Pläne des Tiberius Ahala war indes soweit wohl zur Genüge elaboriert, ob dessen Gracchus noch einen Schluck Wein nahm, ehedem er fragend zu seinem Gast blickte.
"Gibt es weitere Angelegenheiten, zu wel'hen du Rat suchst?" -
Ahala schüttelte den Kopf. "Ich denke, für heute habe ich schon genug von deiner Zeit in Anspruch genommen. Dafür danke ich dir sehr und auch für die guten Anregungen, über die ich daheim erstmal in Ruhe nachdenken werde. Ich würde mich allerdings sehr freuen, wenn ich dich auch in Zukunft ab und zu nach deinem Rat fragen dürfte. Falls ich die Wahl gewinne und es darum geht, meine weitere Karriere weiter zu planen." Weitere Karriere....wie sich das anhörte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hatte Ahala nicht mal die unterste Stufe des Cursus Honorum erfolgreich erklommen, doch selbst er sah ein, dass es keine Minute zu früh war, um sich bereits weitergehende Gedanken über die mittelfristige Zukunft zu machen.
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"Du bist stets willkommen in diesem Haus, Tiberius, und auch Ratschläge werde ich dir gerne angedeihen lassen, sofern mir selbst ein sol'her will in die Sinne gelangen."
Ein subtiles Lächeln legte sich um Gracchus' Lippen, sah er dies doch nicht als stets gewährleistet an, worüber er indes nicht allzu lange wollte nachdenken.
"Sonstig kannst du dir selbstredend meiner Stimme und Unter..stützung bei der kommenden Wahl sicher sein."
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