Nachdem der Consular sich wenige Tage zuvor einen Termin hatte geben lassen, hatte Sextus sich natürlich die Zeit heute für ihn freigehalten. Als Quaestor Urbanus hatte er bislang ohnehin nicht so viel zu tun gehabt. Überwachung des Reiseverkehrs war nur ein Synonym für Überwachung der Langeweile, denn viel zu überwachen gab es da nicht. Die Leute kamen und gingen, die Wachen an den Stadttoren sortierten die schlimmsten aus. Tags liefen die Leute, nachts fuhren die Karren. Sie kamen und gingen, ab und zu musste mal ein Streit von den Cohortes Urbanae geschlichtet werden, ab und zu wurde jemand abgestochen, was dann ein Gerichtsverfahren nach sich zog. Aber im Grunde bestand Sextus' ganze Aufgabe noch momentan darin, allen zu sagen, dass sie wirklich gute Arbeit leisteten, und die ganzen Projekte nach etwas zu durchsuchen, das seiner genaueren Aufmerksamkeit bedurfte. Vielleicht sollte er auch einmal beim Präfectus Urbi vorstellig werden und ausloten, ob dieser ein Projekt hatte, das ihm am Herzen lag (sofern Vescularius eines besaß). Nur da dieser schon durchaus deutlich gezeigt hatte, dass er wenig für Sextus übrig hatte – so als Patrizier und Klient eines Patriziers. Sextus war weder naiv noch blöde genug, um die wiederholten Fragen bei seinen Kandidaturen anders zu sehen – und es auch keinen Vorwand gab, der so ein Treffen zum jetzigen Zeitpunkt dringlich machte, hatte Sextus das vorerst noch aufgeschoben. Erst einmal wollte er sich in seinem Betätigungsfeld etablieren und ein eigenes Projekt suchen, ehe er dem Vescularier entgegentrat. Mehr als ein gewinnendes Lächeln zu haben war definitiv nicht falsch.
Doch heute war es sowieso nicht der Präfekt, der seine Aufmerksamkeit brauchte, sondern Consular Purgitius, der bei seiner Wahl zwar nicht das Wort ergriffen hatte zu seinen Gunsten, aber ihm dennoch wohlwollend gegenüber aufgetreten war. Und nicht zuletzt sicher auch durch seine Stimme die gemäßigteren Senatoren dazu gebracht hatte, neben den von Tiberius Durus kontrollierten Senatoren und den von Flavius Gracchus beeinflussten Senatoren für ihn zu stimmen. Alles in allem dennoch ein knappes Ergebnis, was für eine deutliche Machtzunahme Salinators sprach, aber es hatte genügt.
Sextus hatte ja überlegt, ihn vielleicht in seinem Arbeitszimmer zu empfangen, aber sich dann doch fürs tablinum entschieden. Es war einfach gemütlicher, herrschaftlicher und dem Treffen angemessen. Selbst wenn es den amtlichen Charakter eines nüchternen officium nicht hatte.
Als also sein Gast hereingeführt wurde, begrüßte Sextus ihn recht herzlich.
“Salve, Consular Purgitius. Ich glaube, ich bin noch gar nicht dazu gekommen, mich für deine Unterstützung bei der Wahl zu bedanken.“ Die ja auch nicht in viel mehr als dem Heben einer Hand war bei der Frage, wer für den Kandidaten stimmen wollte. Aber es war eben eine nicht ganz unbedeutende Hand gewesen.
“Möchtest du etwas trinken?“ Sextus bot dem Mann auch gleich einen Platz, so dass sie sich im Sitzen unterhalten konnten, wenn Macer denn wollte.