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Das Peristyl war der friedvollste Ort des Domus, an dem man immer irgendwie Entspannung finden konnte. Hier vernahm man keinerlei Straßengeräusche und auch der Dunst, der gelegentlich vom Hafenviertel über die Stadt wehte, drang nicht an die empfindliche Nase. Aber nicht nur friedvoll war dieser Rückzugsort, sondern gleichsam schön anzusehen. Hier rankte Efeu großflächig über dafür vorgesehene Mäuerchen, während geometrisch sorgfältig angelegte Blumenbeete Veilchen und Narzissen zur Schau stellten. Die Kieswege, die vom Säulengang ausgingen und in der Mitte des Gartens ein Kreuz bildeten, waren gesäumt von niedrig gehaltenen Buchsbaumkugeln. Doch den eindeutigen Blickfang des Gartens stellte eine kleine Figur dar. Die Statue aus teurem Marmor stellte eine junge Frau dar, die eine schmale Amphore so gesenkt hielt, als wolle sie etwas ausschütten. Und wahrhaftig, aus der Amphore sprudelte Wasser hervor, sobald man ein abseits verstecktes Ventil betätigte, so dass ein kleines Becken mit Ablaufgitter zu Füßen der Figur gefüllt wurde. Sermo hatte die Statue angeschafft, um einen prägnanten Blickfang im Garten zu etablieren; und da sie ohnehin einen überaus seltenen Wasseranschluss zur Casa hatten legen lassen, kam ihm die kleine Brunnenstatue sehr zupass.
Das Peristyl betrat man über die Exedra, deren breite Flügeltüren heute weit offen standen und so den großzügigen Blick auf den Garten freigaben. Wenn man diesen so betrat, fand man sich im Säulenumgang wieder, dessen Steinpflaster sich hier in den Garten hinein etwas verbreiterte. An dieser stelle befanden noch immer zwei Clinen und ein Beistelltischchen, die dort bereits beim Besuch des Statthalters ihren Platz gefunden hatten. Nur war es heute unvergleichlich warm. Und schwül. Ekelhaft schwül. Die Feuchtigkeit stand quasi in der Luft. Und so fläzte Sermo sich nach seinem Thermenbesuch auf eine der Ligen und las mal wieder. Er las "Wahrer Adel" von Quintus Horatius Flaccus, dem aufmerksamen Leser womöglich eher als "Horaz" bekannt. Und er grinste hie und da über so manche Zeile des längst verstorbenen Dichters.
"Wer? Was?" Sermo schreckte aus seiner Konzentration hoch, als Issa ihn aus dem Hinterhalt attackierte; ach nein, nur ansprach. Aber auch dies jagte ihm einen kleinen Schrecken ein, war doch jeglicher Laut aus dem Peristyl entschwunden, bis Issa seine Worte etwas zu laut an ihn richtete. "Aculeo!" wiederholte der Sklave, wobei er den Namen des Besuchers deutlich betonte. "Germanicus Aculeo. Will dich sprechen. ...Herr."
Sermo runzelte nachdenklich die Stirn. Germanicus wer? Kannte er den Mann? Aculeo...in seinem Hirn arbeitete es angestrengt. Ja, da war etwas. Ostia. Er kannte den Mann aus Ostia. Bei Iuppiters Bart, war er etwa schon so vergesslich geworden? "Äh, ja. Lass ihn rein. Hierher." Er trug zwar nur eine einfache Tunika, aber das würde wohl reichen. Der Germanicus war ja nun kein besonders hoher Besuch, den er mit allen Ehren empfangen musste. So legte er das Buch - das in der Antike zwar "Buch" hieß, aber freilich nicht aus gebundenem Papier, sondern lediglich aus einer Papyrusrolle bestand - zur Seite und ließ Pera zudem eine Karaffe Weißwein und zwei Gläser bringen.