Das Theatrum Germanica venustris artis Mogontiaci war zum festlichen Anlass der Gedenkfeier zu Ehren des Drusus prächtig geschmückt worden. Überall wehten bunte Tücher und Wimpel von Balkons oder Mauervorsprüngen herab, Blumenkränze zierten Ballustraden der Zuschauerränge und die Szene. Ein beeindruckender Altar stellte den Mittelpunkt der Bühne dar, der nicht minder prachtvoll geschmückt war. Das ganze Theater quoll beinahe über vor Blütenpracht und bestach gleichzeitig mit farbenfroher Leichtigkeit.
Hier würde in Kürze die Supplicatio stattfinden, das Opfer des Flamen Divi Augusti im Namen sämtlicher versammelter Civitates - durch ihre Vertreter repräsentiert - und aller anwesenden Bewohner von Mogontiacum zu Ehren des Drusus.
Es war früh am Morgen, doch hatten sich bereits tausende Menschen einen Platz gesichert. Im Theater fanden gut zehntausend Zuschauer Platz und so wunderte es nicht, dass immer mehr Menschen den Weg hierher fanden. Alle waren festlich gekleidet, hatten sich öffentlichkeitswirksam herausgeputzt. Gerade die wohlhabende Bevölkerung der Gemeinde zeigte heute sämtlichen Reichtum, den sie aufbringen konnte, um ihresgleich und freilich auch den Pöbel zu beeindrucken.
Die Logenränge standen selbstverständlich zunächst dem Statthalter zu, gefolgt von sämtlichen anwesenden Equites Imperii und den Honoratioren der Civitas, um die sich schließlich alle anderen wohlhabenden Bewohner scharten. Besonders fielen auch heute die Abgesandten der gallischen Civitates auf, die wie es üblich war am großen Opfer für Nero Claudius Drusus teilnehmen wollten.
Witjon selbst war wie am vorangegangenen Tage bereits dem Anlass entsprechend gekleidet. Er plauderte mit den bereits anwesenden Honoratioren und betrachtete zwischenzeitlich zufrieden die Szenerie. Die Aedile hatten ganze Arbeit geleistet bei der Vorbereitung der Veranstaltung, womit jetzt nur noch auf einen beeindruckenden Beitrag des Flamen Divi Augusti zu hoffen war. Allerdings war Witjon sich ziemlich sicher, dass der Priester ein pompöses Opfer hinlegen würde, war er doch gewiss solcherlei massenwirksame Schauspiele gewöhnt und in ihrer Durchführung erprobt. So erwartete er das Eintreffen des Statthalters und beobachtete genügsam die sich füllenden Zuschauerränge.