Sextus musste sich beherrschen, nicht die Hand vor den Kopf zu schlagen. Sämtlichen Respekt, den der Mann noch etwaig hätte erwarten können, verlor er, als er sich auf das Niveau der Beleidigungen der Mutter seines Gegenübers herabließ.
Wie oft er getötet hatte? Sextus hatte keine Ahnung, kam auch auf die Definition an. Mit 14 hatte er einen Sklaven getötet, der geflohen war. Sein Vater meinte, dass er das als Mann können musste, also hatte Sextus ihm einen Dolch quer über die Kehle gezogen. War auch nicht anders als bei einem Opfertier, dasselbe rote Blut, dieselben Spritzer. Es machte Sextus nichts. Mit 19 hatte er eine Lupa getötet, die ihn ausrauben wollte, auch wenn das eher ein Unfall gewesen war, weil er seine Kraft unterschätzt hatte. Wesentlich öfter hatte er dafür gesorgt, dass jemand starb, es einfach angeordnet. Das letzte war das Kind einer Sklavin im Haus Aurelia, das er direkt nach dessen Geburt hatte aussetzen lassen, ehe es Probleme mit seiner Gattin hätte geben können, die in dem Sklaven noch einen konkurrierenden Bastard zu ihren Kindern hätte sehen können. Sextus war sich bezüglich dieser Einstellung zwar nicht sicher gewesen und hatte da auch kein Gespräch gesucht, aber sicher war sicher gewesen und Streit einfach zu vermeiden. Nur was tat das zur Sache? Ebenso wie der Krieg? Sah er aus wie ein tumber Prolet, der in den unteren Rängen diente? Der Mann vor ihm war ganz offensichtlich nicht nur nutzlos, sondern schlicht dumm.
Sextus seufzte leicht. Das hier brachte nichts, und Sextus hatte etwas gegen Zeitverschwendung. Der Statthalter hatte nur gesagt, er solle sich um den Atier kümmern und sehen, was sich mit ihm machen ließ. Die Antwort darauf war einfach: Nichts. Also blieb nur eine Frage der Unterbringung.
Sextus machte wieder einen Schritt zur Tür – natürlich ohne dem Mann da den Rücken zuzudrehen, der war offensichtlich blöd genug, ihn anzugreifen - und öffnete sie. Draußen standen natürlich noch immer zwei Legionäre Wache, denn entgegen des Gekeifes des Atiers hatte er nicht freien Zugang zur Castra, sondern nur unter Aufsicht und gegen den vor Iuppiter Optimus Maximus geleisteten Schwur, niemanden anzugreifen und nicht zu fliehen. Sextus würde gleich sehen, wie viel der Schwur wohl wert war. “Zwei Contubernia Milites hierher, jetzt“ befahl er einfach trocken und wartete neben der geöffneten Tür, ohne was zu dem Atier noch zu sagen. Den Mann konnte er definitiv nicht mehr ernst nehmen.
Erster Absatz aufgrund eines berechtigten Einwandes bezüglich schlechten Stils editiert. Tut mir leid, kommt nicht wieder vor.