Im Haus herrschte schon die letzten Tage rege Geschäftigkeit, aber heute war es besonders schlimm. Die Räumlichkeiten waren auf Axillas Anweisung hin blitzeblank geschrubbt worden, kein Staubkörnchen war auch nur irgendwo zu finden, selbst nicht in der Speisekammer, wo der heute erwartete hohe Gast wohl nicht entlanggehen würde. In der Küche war seit dem frühen Morgen auch ein emsiges Treiben am Werk. Die Köchin hatte ein drittel der Sklaven des Hauses dazu abkommandiert, ihr zur Hand zu gehen, und das, obwohl nur ein einziger Gast erwartet wurde. Aber ein Teil der Sklaven wurde geschickt, die Märkte nach allerlei Leckereien abzuklappern, während der andere schon putzte, schälte, einkochte, rührte, Feuer schürte und Wasser holte.
Auch Axilla war schon lange wach. Sie hatte gebadet und sich anschließend von einer Sklavin nochmal sämtliche Haare abseits des Kopfes entfernen lassen. Es war eine sehr, sehr schmerzhafte Prozedur, aber sie wollte hervorragend aussehen. Danach war ihre Haut vorsichtig eingeölt worden, und die nächste schmerzhafte Prozedur hatte begonnen: Das Frisieren. Mit einem heißen Eisenstab wurden ihre Haare in Locken gedreht, so dass diese später kunstvoll herunterfallen konnten. Axilla musste ganz still sitzen, damit der heiße Stab sie nicht verbrannte, und die Ornatrix musste jede Sekunde aufpassen, dass der Stab nicht doch zu heiß war, damit er ihre Haare nicht verbrannte. Als die Ornatrix schließlich fertig war, fühlte sich Axillas Nacken steif an. Dennoch begann die eigentliche Prozedur erst, als mit Kämmen, Spangen und Nadeln die Haare zurechtdrappiert und schließlich mit nur sechs Nadeln zu einem kleinen Kunstwerk hochgesteckt wurden.
Die Ornatrix wollte im Anschluss Bleiweiß auflegen, aber Axilla verweigerte sich. Sie mochte nicht so viel Farbe in ihrem Gesicht, egal, wie hübsch es auch war. Außerdem wollte sie nicht so aussehen, als wolle sie ihren Gast verführen. Oder zumindest nicht so offensichtlich. Außerdem fühlte sich die Farbe so an wie Kleister, fand Axilla. Also kam nur etwas grüner Lidschatten aus Ägypten noch auf ihre Lider, und mit schwarzer Kohle wurden ihre Brauen nachgefahren und ein hauchfeiner Lidstrich gezogen. Jetzt durfte Axilla nur den restlichen Tag nicht weinen oder schwitzen.
Die Auswahl des Kleides danach war ebenso nicht einfach. Oder das Anlegen desselben, durfte sie sich wegen der kunstvollen Frisur doch nicht so bewegen, wie sie wohl wollte. Sie entschied sich schließlich für eines ihrer ägyptischen Kleider – im Zweifel wurde es immer ein Kleid von dort. Sie liebte die leichten Kleider einfach – aus jadegrüner Seide, dessen Ausschnitt zwar nicht sittsam, aber auch nicht zu freigiebig war. Lange Schlitze seitlich am Kleid erlaubten eine gewisse Beinfreiheit – und nebenzu auch Blicke auf die enthaarten und geölten Beine der Iunia. Das ganze kombiniert mit einem goldenen Gürtel um ihre Hüfte, einer feinen, goldenen Kette um ihren Hals mit kleinen Malachitsteinen, schmalen, goldenen Armreifen und feinen, weichen Sandalae. Axilla betrachtete ihr Spiegelbild in dem getriebenen Silberspiegel, den ihre Sklavin hielt, und war zufrieden. Zumindest sah sie schön aus. Besser konnte sie sich kaum vorbereiten.
Es wurde bereits Abend, und die Küche vermeldete auch, dass alles bereit war. Axilla ging ins Triclinum, um noch einen letzten Blick auf den Raum zu werden. Im Grunde war es eine Verschwendung von Platz, einen einzelnen Gast hier zu empfangen, aber sie konnte kaum von dem Consular erwarten, dass er im Sitzen mit ihr speiste. Und dem Wetter traute Axilla nicht genug, als dass sie das Essen im Garten planen würde. Der Frühling war wechselhaft, auch wenn es heute ausnahmslos schönes Wetter gewesen war.
Sie setzte sich in den Korbsessel neben der Cline und betrachtete den Tisch. Die Becher mit dem bunten Glas standen schon bereit, auch wartete der Wein auf einem kleinen Beistelltisch schon darauf, eingeschenkt zu werden. Guter Falerner. Fehlte eigentlich nur der Gast.